Google This is a digital copy of a book that was prcscrvod for gcncrations on library shclvcs bcforc it was carcfully scannod by Google as pari of a projcct to make the world's books discoverablc online. It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books are our gateways to the past, representing a wealth of history, cultuie and knowledge that's often difficult to discover. Marks, notations and other maiginalia present in the original volume will appear in this flle - a reminder of this book's long journcy from the publisher to a library and finally to you. Usage guidelines Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. 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Die Homöopathie Tor dem ärztlichen Ehrenrathe 61 Nachruf an Dr. von Sick 62 Personalien 64 Lehrbuch der homöopathischen Heillehre. Bogen 14—15. Zweites Heft: Dr. H. Gou Hon- Weimar. Die Operationssucht unserer Zeit 65 Dr. Kröner-Potsdam. Carboneum sulfuratum 73 Dr. Nebel, Montreux. Beitrag zur Geschichte der Isopathie (Schluss) . 89 Dr. Windelband-Berlin. Eine neue Heilmethode ohne Arznei .... 93 Sitzungsberichte des Berliner Vereines homöopathischer Aerzte von Dr. Dammholz 95 Aus fremden Zeitschriften. A. Arzneimittellehre 102 B. Therapie 110 Lehrbuch der homöopathischen Heillehre. Bogen 16—17. Drittes und viertes Heft: Dr. Dahlke -Berlin. Unterhaltungen über Themata aus der Arzneimittel- lehre 113 Dr. Boufzutschky- Flensburg. Bemerkungen über einige Hautaff ektionen 122 Dr. Boess er- Chemnitz. Silicea 129 Dr. Windelband-Berlin. Wie wirkt das Terpentinöl in kleinen Dosen längere Zeit genommen? 137 Dr. Mau-Kiel. Stuhlverstopfung und Silicea 143 Dr. Dahlke-Berlin. Tutti frutti 145 Dr. Dammholz-Berlin. Ueber Haarschwund 166 VI Inhaltsyeneiohilifs. S«tte Dr. GisBvias jnn.-Berlin. Besprechnng der akaten exanthemischen In- fektionskrankheiten 175 Sitzungsberichte des Berliner Vereines homöopathischer Aerzte . 185—215 Dr. Windelband. Gebärmatterblntongen 197 Dr. Bastanier. Carbo, Graphit nnd Petroleum 207 Aus fremden Zeitschriften. A. Arzneimittellehre 215 B. Therapie 222 C. Vermischtes 229 Dr. Bastanier-Berlin. Nachruf an Compton Bumett 229 Personalien 282 Propaganda. Arzneiprüfungen 282 Lehrbuch der homöopathischen Heillehre. Bogen 18—21. Fünftes Heft: Dr. A. Pfander-Bem. Cocain. Eine Arzneistudie 288 Dr. Dahlke -Berlin. Unterhaltungen über Themata aus der Arzneimittel- lehre 244 Die 69. Generalversammlung des Homöopathischen Zentral- Vereins in Frankfurt a. M. (9.— 11. August 1901) 255 Referat Dr. Kröner-Potsdam. I. Geschäftliche Sitzung 255 n. Wissenschaftliche Sitzung am 10. August 266 Referat Dr. GiscTius -Berlin. m. Der 3. Tag der diesjährigen Tagung 272 Epicrise zum Referat des Dr. Gisevius .... 1 302 Mittheilungen des Vereins selbstdispensirender homöopathischer Aerzte 804 Lehrbuch der homöopathischen Heillehre. Bogen 22—23. Sechstes Heft: Dr. Kröner-Potsdam. Ueber periphere Nervenlähmungen 305 Dr. Sc hier- Mainz. Cytisus Labumum. Goldregen, Kleebaum 814 Dr. Bastanier-Berlin. Ist die Serumtherapie homöopathisch? 889 Dr. Kröner-Potsdam. Drei Fälle yon Gelenkrheumatismus mit abnormem Verlauf 842 Sitzungsberichte des Berliner Vereines homöopathischer Aerzte . . . 845 Aus fremden Zeitschriften. A. Arzneimittellehre 862 B. Therapie 866 Aufruf 868 Kleine Mittheilungen 368 Lehrbuch der homöopathischen Heillehre. Bogen 24~<25. ~*0..~. vn Namen- und Sachreg^ister, (Die Ziffern betet ehnen die Seitensüil.) Abort, habitueller — Bellad. Sabina 85. Accomodationslälimiiiig 314. Acid. anen. bei g^elbem Fieber 108. Acid. carbol. — Ektropinm 214. Acid. nitr. — Gebftrmatterblatan^en 208. Acid.oxal., Kali carb., Cimicif. bei Krenz- schmerz 25. Acid. phoBph. Abgang yon Prostatasaft 270. Acid. phosph. Blntfleckenkrankheit 38. Acid. phosph. Gebännutterblntnngeii 102, 201, 203. Acid. picr. — Otitis ext. 227. Acid. salicyl.— Gelenkrheumatismus 358. Acid. snlf. — Blntfleckenkrankheit 38. Acid. snlf. — Gebärmntterblntnngen 32. 197. 201. 203. Acne — Graphit 114. Acne und Acne ros. — Behandlung 122. Acne rosacea — Garbo anim. 218. Acne rosacea — Garbo yeg. 218. Acne rosacea — Kali carb. 187. Aconit 191. Aconit — Haemoptoe 192. Aconit — Herzleiden 194. Aconit — Lähmungen 89. 811. Aconit — Morb. Basedowii 282. Actaea racem. u. spie. s. Gimicifuga. Actaea — Ghorea 228. Agaricus — Ghorea 228. Alkoholische Lähmung 308. Alkoholmissbrauch — Banunc. bulb. 192. Aloe — Prolaps, recti 228. Alopecie Diagnose und Behandlung 166. Alumina — Augenleiden 111. Ambra — Gebämutterblutongen 32. 202. Ammon. carb. und mur. Gebärmutter- blutung 27. Anacard. — Neurosen des Magens 848. Anaemie — Kali carb. 187. Aneurysma — Lycop. virg. 50. Ant. cmd. — Augenleiden 111. Ant. crud. — Hyperkeratosis 128. Anus — Incontinenz — Phosph. 222. Apis — Augenleiden 111. Apis — Orarialtumor 128. Apocynum -- Oyarialcyste 227. Apomorphin — Seekrankheit 267. Arg. nitr. — Ektropium 214. Arg. nitr. — Gebärmutterblutung 82. Arg. nitr. — Magenschmerzen, Neurosen des Magens 348. 356. Arg. nitr. — Periphere Neirenlähmung 306. Arg. nitr. -— Bückenmarksleiden 89. Amica — Gebärmutterblutung 85. 199. 203. Amica — Lähmungen 312. Amica — Stickhusten 251. Arsen — Augenleiden 111. Arsen — Belladoima — Neurose des Magens 849. Arsen — Bleiyergiftnng 307. Arsen — Ekzem 126. Arsen — Furunculose 129. Arsen und Hydrastis — Heilung eines Garcinoma mammae 223. Arsen — Jodkali-Vergleich 119. Arsen — Magenschmerz 856. Arsen — Periphere Lähmung 89. 306. Arteriosclerose ~ Kali mur., Plumb. jod., Kali ph. 190. vm Aram triph. — Gebftnnatterblatmig 203. Arzneimittellehre — Unterhaltung über Themata ans derselben, Dahlke, 24. 118. 244. Arzneipr&fnngen 232. Asa foetida — Gebärmntterblntnng 203. Asthma bronch. — Schnnpfpnlver 188. Asthma — Hepar 362. Atropin ■— Nenrose des Magens, Magen- schmerz 348. 349. 356. Anfmf znr Mittheilnng bei malignen Tnmoren nnd Syphilis gemachter Er- fahrungen 868. Angenliderlähmnng 318. Angenmittel, Leitsymptome 110. Angenmnskellähmung 313. Ans fremden Zeitschriften 48. 102. 215. Ausscheidungen, faulige — Kali phosph* 190. Ausschlag — Staphysagria 198. Bacillin — Herpes tons. 112. Bäder, heisse bei Hitzewallungen in der Menopause 227. Baptisia — Influenza 102. Bastanier: Ist Semmtherapie homöopa- thisch? 339. Bastanier: Nachruf an Gompton Bumett 229. Beine-Lähmung 314. Beitrag zur Geschichte der Isopathie — Forts. — Nebel 36. 89. Belladonna — Abort, habitueller 35. Belladonna — Augenleiden 111. Belladonna — Gebärmutterblutung 35. Belladonna und Jodkali — Vergleich 116. Belladonna — Kopfschmerz 132. Bemerkungen üb. einige Hautaffektionen — Bourzutschky 122. Besprechung der akuten exanth. Infek- tions-Krankheiten in derVereinssitzung am 28. März 1901 — Gisevius n. 175. Bism. subnitr., Neurose d. Magens, Magen- schmerz 349. 356. Blasenincontinenz — Conium 222. Blasenlähmung 313. Bleivergiftung — Arsen 307. Blephar. ehr. — Graphit 214. Blindheit, vorübergehende bei Kopf- schmerz, Mittel: 131 Anm. Blutfleckenkrankheit — Kreosot — Ac. ph. — Ac. sulf. 83. Bluthusten — Kali carb. 187. Blutungen — Millefol. 31. Boesser: Silicea 129. Borax — Krampfanfall 227. Bourzutschky: Bemerkungen über einige Hautaffektionen 122. Bovista — Gebärmutterblutung — Zwischenblutnng 27. 32. 201. 202. Bromkalium — Myom. 30. Bryonia — Augenleiden 111. Bryonia — Gastralgie 349. Bryonia — Influenza 102. Bryonia — Influenzakopfschmerz 185. Burkhard: Nachruf an Obermedizinalrath V. Sick 63. Bumett — Nachruf 229. CactUB grandifl. Haemoptoe 192. Cactus — Herzaffektion 368. Galad. seguin. — Pruritus vulvae 189. Calc. carb. — Gebärmutterblutung 28. 32. 201. Calc. carb. — Nierensteinkolik 108. Calc. jod. — Croup 224. Calc. picr. — Otitis ext. 227. Capsicum — Gebärmutterblutung 208. Carbo anim. — Tripperbubonen 213. Carbo anim. — Acne 213. Carbo anim. — Prostatitis 213. Carbo — Graph. — Petrol., mit beson- derer Berücksichtigung der differen- tiellen Wirkung von Carb. veg. u. anim. — Bastanier 207. Carbo ~ Wirkungssphäre 211. Carbon, sulf.: Kröner 73. Carbon, sulf., als Kräftigungsmittel bei tabes, schlaffen Nervenzuständen 88. Carbon, sulf. — Lähmungen 307. Carbon, sulf. camphor. — Cholera 99. Caibon. jodat. — Drüsenmittel 99. Carbo veg. — Acne ros. 213. Carbo veg. — Asthma 213. Carbo veg. — Heiserkeit ehr. 218. Carbo veg. — Neurose des Magens 349. JX Garbo ye^^. — Soodbrennen 213. Garbo veg. — Stickhiuten 254. Garbo veg. — Typhus 213. GarcinomAlingnae — HeilongmitPhosph. 223. Garcinoma mammae — geheilt 111. Garcinoma mammae — geheilt — Ars. n. Hydrastis 223. Garcinoma ventr. — Palliatiymittel 365. Geanothns amer. — Mikleiden 48. Gedron — Nenralgia snpraorb. nach In- fluenza 102. Gerinm Oxal. — Erbrechen bei carc. ventr. 357. Chamomilla — Dysmenorrhoe, Gebär- mntterblntnng 30. 31. China — Gebärmutterblntnng 34. 199. Chin. ars. bei Influenza 102. 184. 185. Cholera — Carb. sulf. camph. 99. Cholera — Kali hydrocyan. 189. Cholera — Naja 112. Chorea — Crocus, Tarantula, Unterschied 29. Chorea — Ignat, Agar., Stramon., Hyos- cyam., Actaea, Mygale, Scutellar. 223. Cicota vir. — Lähmungen 307. Cimicifaga, Kali carb., Oxal. ac. —Kreuz- sehmerz 25. Cimicifuga — Kopfschmerz, Neuralgie, Spinalirritation, Puerperalmanie, Ent- bindung, Schwangerschaft 192. Cina — Stickhusten 250. Cinnamomum — Gebärmutterblutung 35. 200. Clematis — Gebärmutterblutung 203. Clematis — Orchitis 193. Clematis — Strangurie 229. Clematis — Unterschenkelgeschwflrl95. Cocain, Arzneistudie — Pfander 233. Cocain — Magenschmerz, Magengeschwür 356. Cocculus — Gebärmutterblutung 202. Cocculns — Lähmungen 307. Cocculus — Neurosen des Magens 349. Coccus cacti — Stickhusten 249. Condylome, gestielte ~ Staphysagria 193. Coniom — Gebärmutterblutung 202. Conium — Incöntinenz der Blase 222. Conium — Lähmungen 307. Conium — Myome 30. Conium — Stickhusten 251. Colitis — Kali carb. 187. Crataegus oxyac. — Herzleiden 48. 102. 215. 219. Crocus — Blutungen 28. 85. 198. 201. 202. Crocus — Glaucom 215. Crocus und Tarantula — Unterschied bei Chorea 29. Croup — Kai. jod. 190. 224. Cupr. ars. — Neurosen des Magens, Ente- roptose 349. Cuprum — Gebärmutterblutung, Dys- menorrhoe 29. Cuprum — Lähmungen .88. 307. Cuprum — Stickhusten 248. Curare — Lähmungen 307. Cytisus lab. — Meningitis und Mening. cerebrospin. 386. Cytisus lab. — Schier 119. Dacryocystitis — Petrol. 226. Dahlke: Unterhaltungen über Themata aus der Arzneimittellehre 24. 113. 244. Dahlke: Tutti fmtti 145. Dammholz: Sitzungsberichte d. B. V. H. A. 95. 184. 345. Dammholz: Ueber Haarschwund 167. Darmkatarrh — Pulsatilla 194. Delirium trem. — Ranunc. bulb. 192. Detrusor vesicae — Lähmung 313. Diabetes — Sizygium jamb. 221. Die Operationswuth unserer Zeit : GouUou H. 65. Diphtherie — Kali bichrom. 188. Diphtherie — Kali chlorat. 189. Drosera — Stickhusten 226. 250. Drüsenmittel: Carb. sulf. jod. 99. Drüsenschwellungen — Kai. jod. 189. Dysmenorrhoe 225. Dysmenorrhoe — Plat, Chamom., Stram., Cupr. 99. Dysmenorrhoe — Xantoxylum 112. dktropium — Acid. carb. 214. Ektropium — Arg. nitr. 214. Ektropium und Entropium — Graph. 214. Bkaem — Graphit 214. Ekzem — Graph., Sep., Natr. m., Viola tric. 125. Ekzem — Lednm 365. Entbindung — Cimicif. 192. EnteroptoBe — Cupr. ars. 346. Enteroptose — Hyperic. 855. EpididymitiB — Puls. 196. Epilepsie — Kali brom. 188. Epilepsie — salzlose Diät 226. Epüeptifonne Anfälle: Bannnc. bolb. 192. Erbrechen bei Carcinom — Gerinm oxal., Ejreosot 367. Erbrechen, fanliges — Kreoöot 367. Erbrechen, Schwangerschafts- — Ant. cmd. 864. Erbrechen, Schwaagerschafts- — Podo- phyllnm 357. Erigeron — Gebärmutterblutung 36. 198. Erysipelas — Mittel dabei 183. Euphrasia — Augenleiden 110. Exanth. yesicul. — Banunc. bulb. 192. Facialislähmung 313. FaTUs 169. Ferrum — Gebärmutterblutung 27. 203. Ferr. picr. — Otitis med. 227. Fieber — Pulsat 194. Fissura ani — Graphit 214. Furunculose: Sulf., Sil., Ars. 129) Furunculose: Kali bromat. 188. Gangrän — Mittel 366. Gastrektasie 354. Gebärmutterblntungen — 196. Gebärmutterblutungen — Gebärmutterblutungen — 201. 203. Gebärmutterblutungen — 203. Gebärmutterblutungen — 202. Gebärmutterblutungen — u. mur. 27. Gebärmutterblutungen — Windelband Ac. nitr. 203. Ac. ph. 197. Ac. sulf. 197. Ambra grisea Ammon. carb. Arg. nitr. 32. GebärmutterblutUDgen 208. Gebäimutterblutungen 203. Gebärmutterblutungen Gebärmutterblutungen Gebärmutterblutungen 201. 202. Gebärmutterblutungen 201. Gebärmutterblutungen Gebärmutterblutungen Gebärmutterblutungen 203. Gebärmutterblutungen 30. 31. Gebärmutterblutungen Gebärmutterblutungen 200. Gebärmutterblutungen Gebärmutterblutungen Gebärmutterblutungen Gebärmutterblutungen 198. 201. 202. Gebärmutterblutungen Gebärmutterblutungen 198. Gebärmutterblutungen 203. Gebärmutterblutungen 203. Gebärmutterblutungen injection 199. Gebärmutterblutungen 201. 203. Gebärmutterblutungen Gebärmutterblutungen 199. 203. Gebärmutterblutungen 26. 30. Gebärmutterblutungen Gebärmutterblutungen Gebärmutterblutungen u. mur. 27. Gebärmutterblutungen Gebärmutterblutungen Gebärmutterblutungen 31. 38. 201. 202. — Amica 85. 199. — Amm triph. ^ Asa foet. 203. — Beilad. 36. — Bovifita 27. 82. — Calc. carb. 28. — Gapsic. 203. — Ca8toreum202. — Caulophyllum — ' Chamomilla — China 84. 199. — Cinnamom. 35. — Clematis203. — Cocculus 203. — Conium 30. 202. — Crocus 28. 85. — Cuprum 30. — Erigeron 35. — Ferrum 27. 33. — Hamamelis 200. — Heisswasser- — Hydrastis 30. — Jod 208. — Ipecac. 34. — Kali carb. 24. •— Kreosot 33. — Lycopod. 32. — Magnes. carb. — MiUefol. 80. — Nux mosch. 33. — Nux vom. 30. XI Gebänniitterbliitiingeii -^ Piatina 29. 80. m Gebämmtkerbliitiuigeii ~ Plnmbam 80. Geblnnuttorblntiuigeii — Ptüsat 80. GeMnnatterblvtnngeii — Sabina 86. 107. Minnntteiblntniigeii — Sangninaria 208. Gebiramtterblntiiiigen — Seeale 82. 85. 198. 200. 208. Oebinnntterblatiiiigeii — Sepia 88. Oebärmntterbliitaiigen — Stramon. 80. GebSrmntterblntiingen -— Snlfur 88. GebftcmatterblntDngeii — Trill. pend. 86. 198. 200. 203. OebftnnntterblatDngen, typhöse 82. 88. 6ebirmiitterbliitiiii|ren — Uitilagt» mayd. 82. 108. 200. 208. Gebirmntterblatnngen — Vibumnm 83. Qebftrmntterblataiigeii — Zinciiin 27. Gebflnnntteirbintiiiigeii bei Myomen — Brofflkalinm, Ooninm, Kali carb., Killefol., Nnx Tom., Piatina, Plnmbam, Pnlsatilla 80. Gebärmntterblntnngen — Zwiichen- blntnngen, BoviBta, Ambra, Calc. carb., Jod, Lycop., Silicea 82. Gdsteskiankheiten — Kali ph. 110. Gelbes Fieber — Ac. an. als Prophylac- tienm 108. Gelbsncht mit Diarrhoe nndHensschwJlche Lycop. Tirg. 60. Gelenkrhenmatisrnns, drei Fftlle mit ab- normem Verlauf — Krdner 842. Gelenkrhenmatismns, aknter — Ac. laUeyl. 858. Gdenkrhenmatismns — Lachesis 225. Gelseminm — Augenleiden 111. Gelseminm — Influenza 102. Gdseminm — Influenza-Kopf schmerz 185. Gelseminm — Lfthmung 88. 807. Gicht — Pulsat 194. Gisevius 11.: Besprechung der akuten exanthemischen Infektions - Krank- heiten in der Vereinssitzung Tom 28. März 1901 176. Giaeyius 11.: Organotherapie, Isopathie und Serumtherapie 279. GiseTius n.: Wie ftthrt man am besten in die Arzneimittellehre ein? 278. Glaucom — Crocus 216. Glaucom — Makroün 194. Gold und SUber 217. Gonllon H., die Operationssucht unserer Zeit 66. Granatum — Schwindel 104. Graphit — Acne 214. Graphit — Analfissuren 214. Graphit — Augenleiden 111. Graphit — Bleph. ehr. 214. Graphit, Garbo, Petrol. 207. Graphit — Ek- und Entropium 214. Graphit — Ekzem 125. 218. Graphit — StuhlTerstopfung 214. Greenfield: Aus fremden Zeitschriften 102. 217. Haarschwund, ttber — Danmiholz 167. Haemophilie 205. H&morrhoiden, Behandlung 862. Hals und Nase — Merkurpräparate 50. Hamamelis — Gebärmutterblutung 200. 208. Hamsäureretention — Urtica urens. 222. Heilmethode, eine neue, ohne Arznei — Windelband 98. Heisswasserinjection bei Gebärmntter- blutung 199. Heiserkeit — Carbo veg. 213. Helleb. niger 198. Hepar — Asthma chron. 362. Hepar — Bartflechte 124. Hepar — Neurosen des Magens 349. Hepar — Pyelitis 362. Herpes tons. 169. Herpes tons. — Sepia 112. Herpes tons. — Bacillin 112. Herpes zoster., Mittel dabei 184. Herzentzündung, rheumatische — Mittel dabei 867. Herzklopfen — Lycop. yirg. 60. Herzleiden ~ Crataegus ozyac. 48. 102. 216. 219. Herzleiden — Naja trip. 219. Herzschwäche — Iberis amara 109. Herzschwäche — Kali carb. 187. xn Herzsymptome ondklinische Erfahrungen von Lycop. virg. ÖO. Henfieber — Sticta polm. 54. Heufieber — Ranunc. bulb. 192. 196. Homöopathie, die in Deutschland an der Wende des Jahrhunderts — Kranz- Busch 1. Homöopathie vor dem ärztlichen Ehren- rath — Windelband 61. Homöopathie vor Gericht — Windelband 55. Husten — Kai. jod. 190. Husten — Lactuca 226. Husten bei Schwangeren — Kali bichr. 189. Hydrast. canad. 193. Hydiast. canad. und Arsen — Heilung eines Carcin. manunae 223^ Hydrast. canad. — Gebärmutterblutung SO. 201. 203. Hydrocele, angeborene — Puls. 194. Hydrocephalus — Helleb. nig. 193. Hydrocyani acid. — Lähmungen 307. Hydrops — Kali carb. 187. Hyoscyam. — Chorea 223. Hypericum — Enteroptose 365. Hyperkeratose — Ant. crud. 128. Iberis amara — Herzschwäche 109. Icterus — Kali picronitr. 190. Ignatia — Chorea 223. 224. Ignatia — Neurose des Magens 349. Influenza — Bryon. bei Kopfschmerz 186. Influenza — Cedron bei Neuralg. supra- orb. 102. Influenza — Chin. ars. 184. 185. Influenza — Gelsem. gegen Kopfschmerz 185. Influenza — Mittel dabei 102. Influenza — Rhus radicans — pleuri- tische Schmerzen 186. Intercostalneuralgie — Bannnc. bulb. 195. Jod — Gebärmutterblutung 32. 203. Jod — Neurosen des Magens 849. Jodkalium, Arsen-Vergleich 119. Jodkalium, Bellad.-Vergleich 116. Ipecacuanha — Gebärmutterblutung 34. 199. 203. Ipecacuanha — Stickhusten 252. Ischias — Kali bichr. 188. Ischias — Kali jod. 190. Isopathie, Beitrag zur Geschichte der- selben. Forts. — Nebel 37. 89. Ist die Serumtherapie homöopathisch? — Bastanier 339. Kali bichr. — Magenkatarrh, Diphtherie, Leucorrhoe, Ischias 188. Kali bichr. mit Hydrast. Schnupfpulver bei Asthma bronch. 188. Kali bichr. — Bhinitis, Nasopharyngitis, Ozaena, Syphilis 188. Kali bromat. — Furunculose, Epilepsie 188. Kali bromat. — Asthma MilL, Tabes, Leberkolik, Vaginitis, Masturbation j Pruritus vulvae, Husten d. Schwangeren, Urtica ner?. 189. Kali carb. — Augenleiden 111. Kali carb., charakteristisches 26. Kali carb., cimicif., oxal. ac. — Unter- schied bei Kreuzschmerz 25. Kali carb. — Gebärmutterblutung 25. 30. Kali carb. — Herzschwäche, Hydrops, Bleichsucht, Stickhusten, katarrh. Pneumonie, habitus phth., Bluthusten, Pleuritis, Kreuzschmerz in der Gravi- dität, Coxitis, Acne ros., Milchknoten, stockende Milchbildung, Schnupfen 187. Kali chlorat. — Stomatitis, Stomacace, Scorbut, Prosopalgie, Speichelfluss nach Quecksilber, Nephritis 189. Kali chloricum — Scorbut 189. Kali hydrocyan. — Cholera, Keratitis 189. Kali jod. — Antidot gegen Quecksilber, Drttsenschwellungen, Bheumatismue 189, Kali jod. — Croup, Milchdrüsenhyper- trophie, Ischias, Ozaena, Pneumonie, Prostatitis, Zahnschmerz 190. Kali mur. -— Arteriosclerose 190. Kali phosph. — faulige Ausscheidungen 190. Kali phosph. — Arteriosclerose 190. Kali phosph. — Geisteskrankheiten 110. Kali picronitr. Icterus, Prostatahyper^ trophie 190. xm XjJiprSparate, Diflcossion 187. Kftimia — Henaffektion 368. £iturhe — Sticta pulm. 54. Keratitu — Eili hydrocyan. 189. Xopfschmerz von Ueberanstrengnuig der Augen — Onosm. yirg. 104. Eopfschmerz — Beilad. 132. Kopfschmen mit vorübergehender Blind- heit 131. Kopfschmerz — Cimicifuga 192. Kopfschmerz — Gelsem. 131. Kopfschmerz — Onosmod. virg. 104. Kopfschmerz — Paris qaadr. 131. Kopfschmerz — Sangmnaria 132. Kopfschmerz — Silicea 129. Kopfschmerz — Spigel. 132. Kopfschmerz ~ Stront. carb. 132. Krampfanfall — Borax 227. Krankheitigerach 229. Kranz -Bosch: Die Homöopathie in Deutschland an der Wende des Jahr- hunderts 1. Kreosot — Blutfleckenkrankheit 33. Kreosot — Erbrechen, fauliges 357. Kreosot — Erbrechen bei Carcin. ventr. 367. Kreosot — Gebärmutterblutung 33. Kreosot — Leucorrhoe 38. Kreosot — Hagenerweitemng 355. Kreuzschmerz und Ereuzschwäche in der Gravidität — Kali carb. 187. Kreuzschmerz — Kali carb., Cimicif., Oxal. ac. 25. Kröner: Aus fremden Zeitschriften 48. 109. 215. Kröner: Drei Fälle von Gelenkrheuma- tismns mit abnormem Verlauf 342. Kröner: lieber periphere Nerven- lähmungen 305. Lachesis — Gelenkrheumatismus 225. Laphesis — Bheum. Herzentzündung 367. Lactura — Husten 226. Lähmungen — Lathyrus 307. Lähmungen, periphere 89. 305. Lähmungen, rheumatische 89. Lähmungszustände , schlaffe — Carb. . Bulf . 88. Landkartenzunge 227. Lathyr. sat. — Lähmungen 307. Lathjr. — Rückenmarksleiden 89. Leberkolik — Kali brom. 189. Ledum — Ekzem 126. Ledum — Haemoptoe 192. Leucorrhoe — Kali bichr. 188. Leucorrhoe — Kreosot 33. Lipom — Silicea 206. 282. Lungenblutung — Crocus 28. Lycopod. — Gebärmutterblutung 32. Lycopod. — Neurose des Magens, Magen- schmerz 848. 356. Lycopus virg. — Aneurysma 50. Lycopus — Gelbsucht mit Diarrhoe und Herzschwäche 50. Lycopus — Herzklopfen 50. Lycopus — Herzsymptome und klinische Empfehlung 50. Magen-Darmerkrankungen, neurasthe- nische — Cupr. ars. 349. Magen-Neurosen 346. Magenerweiterung 354. Magenkatarrh — Kali bichr. 188. Magenkatarrh — Pulsat. 194. Magenpumpe 354. Magensäure — Sulfur 227. Magenschmerz, Katarrh, Geschwür, Neu- rose — Arg. nitr., Arsen, Atropin, Cocain, Bismuth nitr., Lycopod., Phosph. 356. Magnes. carb. u. mur. — Gebärmutter- blutung 27. Magnes. phosph. Stickhusten 251. Makrotin — Glaucom 194. Makrotin — Nachwehen 194. Masern, Mittel dabei 181. Mastdarmsphinkter — Lähmung 313. Masturbation — Kali brom. 181. Mau: Stuhlverstopfung und Silicea 143. Meningitis und Mening. cerebrospin. — Cytisus lab. 336. Menopause — Hitzewallungen, heisse Bäder 227. Menyanthes — Kopfschmerz 131. Mephitis — Stickhusten 249. Mercur — Ekzem 126. XIV Mercüipräparate und ihre Einwirkung^ auf Nase und Hals 50. Methylenblau — Neuralgie 62. Milchbildung, stockende —Kali carb. 187. Milchdrüsenhypertrophie — Kali jod. 190. Milchknoten — Kali carb. 187. Millarsches Asthma — Kali brom. 189. Millefol.-Blutungen 31. MillefoL-Blutungen bei Myom 30. Millefol. — Haemoptoe 192. Milzleiden — Ceanoth. am. 48. Mittelohrkatarrh, ehr. — Petrol 215. Mittheilungen 368. Morb. Basedowii — Aconit 282. Morb. Basedowii — Thyreoidin 282. Moschus — Stickhusten 249. MuskelrheumatiBmus — Ranunc. bulb. 195. Mygale — Chorea 224. Ifachruf für Compton Bumett — Bastanier 229. Nachruf für ObermediEinalrath y. Sick — Burkhard 63. Nachwehen — Makrotin 194. Naja tripud. — Cholera 112. Naja tripud. — Herzkrankheiten 219. Nasenbluten — Crocus 28. Nase und Hals, Mercurprftparate 50. Nasopharyngitis — Kali bichrom. 188. Natr. mur. — Ekzem 125. Natr. mur. — Prüfung 220. Natr. phosph. — Soodbrennen 357. Nebel: Beitrag zur Geschichte der Iso- pathie. Forts. 37. 89. Nephritis — Kali chlorat. 189. Nephritis scarlat. — Helleb. nig. 193. Nerrenlähmungen, über peripherische — Kröner 305. Nervenlähmungen, Mittel: Arg. nitr. 306. Nervenl&hmungen — Arsen 307. Nervenlähmungen — Carb. sulf. 307. Nervenlähmungen — Cicuta vir. 307. Nervenlähmungen — Cocculus 307. Nervenlähmungen — Conium 307. Nervenlähmungen — Cuprum 307. Nervenlähmungen — Curare 307. Nervenlähmungen — Gelsem. 308. Nervenlähmungen -* Hydrocyan« ac. 308. Nervenlähmungen -* Lathyr. sat. 806. Nervenlähmungen — Nux vom. 308. Nervenlähmungen — Oleander 308. Nervenlähmungen — Phosphor 309. Nervenlähmungen — Physostygma und Physostygmin 309. Nervenlähmungen — Plumbum 309. Nervenlähmungen — Seeale com. 310. Nervenlähmungen — Stamnum 310. Nervenlähmungen — Zincum 310. Nervenlähmung der Augenlider 313. Nervenlähmung der Augenmuskeln 313. Nervenlähmung des Detrusor urinae 313. Nervenlähmung der Extremitäten 314. Nervenlähmung des Facialis 313. Nervenlähmung der Pharynzmaskulatur 313. Nervenlähmung des Sphincter ani 318. Nervenlähmung des Sphincter vesicae 313. Nervenlähmung der Zunge 313. Nervenlähmungen nach Ausschlägen, unterdrückten 312. Nervenlähmungen nach Diphtheritis 312. Nervenlähmungen nach Erkältung 311. Nervenlähmungen nach Infektionskrank- heiten 312. Nervenlähmungen nach Bheumat chron. 312. Nervenlähmungen nach schwächenden Krankheiten 312. Nervenlähmungen nach Ueberanstren- gung 812. Nervenlähmungen nach Verwundungen 312. Nervensystem — Carb. sulf. 88. Neuralgie — Chin. an. 185. Neuralgie — Cimicifuga 192. Neuralgie — Methylenblau 52. Neuralgie — Pulsat 194. Neuralg. supraorb. nach Influenza-Cedron 102. Nierensteinkolik — Calc. carb. 108. Nux mosch. — Gebärmutterblutung 33. Nux vom. — GebärmutterblutUBg 201. 202. Nux vom. — Gebärmutterblutung bei Myomen 80. Nux vom. — Influenza 102. XV Nu vom. — Läbmimgen 807. 5ax Tom. — Lätkmnngen, alkoholische 306. Olirenschmen — PiÜBat 104. Oleander — Lahmniigea 808. Onosmod. yiig. — Kopfschmers Yon üeberanstrengfong der Augen 104. Orchitis — Clematis 198. Oiganoth6rapie,l8opathie, Semmtherapie - GiseTins n. 279. Otitis ext. — Acid. picr., Calc. picr. n. Femim picr. 227. Orarialcyste — Apocynam 227. Orarialnenralgie — Staphysagria 125. Oraiialtiimor — Apis 228. Ozaena — • Kali bichrom. 188. Ozaena — Kali jod. 190. Parametritisches Exsudat — Ars. jod., Phosphor. 268. Paris qnadrifol. — Kopfschmerz 131. Passiflora — Stickhusten 226. Pemphigns — Banunc. bulb. 192. Personalien 64. 232. Petroleum, Garbo, Graphit 207. Petroleum — chron. Mittelohrkatarrh 215. Petroleum — Ekzem 126. 216. Petroleum — Dacryocystitis 225. Petroleum ^ Pruritus ani 228. Petroleum — Seekrankheit 228. Pfander : Cocain, eine Arzneistudie 288. Pharynxmuskulatur — Lähmung 813. Phosphor — Augenleiden 111. Phosphor — Carcinoma linguae 223. Phosphor — Incontinentia ani 222. Phosphor -- Lähmungen 808. Phosphor — Neurosen des Magens 849. 356. Phosphor — Progressive Muskelatrophie 100. 266. Phosphor — Pseudohypertrophie der Muskeln 809. Phosphor — Stickhusten 258. Phthisischer Habitus — Kali carb. 187. Physostygma — Augenleiden 111. Physostygma und Physostygmin — Lähmungen — 89. 808. Placenta angewachBen — Pulsat 194. Piatina — Dysmenorrhoe 29. Piatina — Gebärmutterblutungen 29. 30. 202. Pleura, Adhäsionen — Ranunc. bulb. 192. Pleuritis — Kali carb. 187. Pleuritis, Schmerzen — Ranunc. bulb. 295. Plumbum — Gebärmutterblutungen bei Myomen 80. Plumbum — Lähmungen 88. 809. Plumbum — Poliomyelitis ant 809. Plumbum — Progressive Muskelatrophie 809. Plumbum jod. — Arteriosclerose 190. Pneumonie — Kai. jod. 190. Pneumonie, Schmerzen danach — Ranunc. bulb. 192. Pneumonie — Unfreiwillige Homöo- pathie 228. Poliomyelitis ant. — Plumbum 809. Progressive Muskelatrophie — Phosphor 100. 266. Progressive Muskelatrophie — Plumbum 309. Prolapsus recti — Alo6 228. Propaganda 282. Prosopalgie — Kali chlorat. 189. Prostatasaftabgang — Ac. ph. 270. Prostatavergrösserung ~ Puls. 194. ProstatavergrOsserung — Sabal serr.- Präparat 221. Prostatavergrösserung •— Kali picronitr. 190. Prostatitis — Carbo anim. 213. Prostatitis — Kai. jod. 190. Prunus — Augenleiden 111. Pruritus ani — Petroleum 228. Pruritus vulvae — Calad. segu. 189. Pruritus vulvae — Kali brom. 189. Pseudohypertrophie der Muskeln — Phosph. 809. Psorin — Erfahrungen damit 276. Puerperalmanie — Cimicifuga 192. Pulpitis — Staphysagria 195. Pulsatilla — Augenleiden 111. Pulsatilla, Charakteristisches 198. Pulsatilla — Epididymitis 195. XVI Pulsatilla — Myome 30. PaUatilla — Stickhasten 252. PupiUenbewegnng^ — Lähmung 313. Pyelitis — Hepar 362. C^aecksUber — Antidot Eal. jod. 189. Ranonc. bulb. 192. 196. Ranonc. sceler. 192. RheamatismnB — Kai. jod. 189. Rheomatismas — Polsat. 194. Rhinitis — Kali bichrom. 188. Rhns rad. — Plenritische Schmerzen nach Influenza 185. Rhus tox. — Augenleiden 111. Rhus tox, — Rheum. Lähmungen 89. Rückenmarksleiden — Seeale, Arg. nitr., Zinc, Lathyr. sat. 89. Sabal aerr. — Proatatahypertrophie — Präparat 221. Sabina — Gebärmutterblutung 35. 197. 203. Sabina — Habitueller Abort 35. Salzfluss — Sulf. jod. 214. Sambucus — Stickhusten 249. Sanguinaria — Gebärmutterblutung 203. Sanguinaria — Kopfschmerz 132. Scharlach — Mittel dabei 175. Schier: Cytisus lab. 319. Schlucksen ~ Ranunc. bulb. 192. Schnupfen — Kali carb. 187. Schwangerschaft -— Cimicifuga 192. Schwangerschaft, Erbrechen — Podo- phyll. 367. Schwindel — Granatum 104. Scorbut — Kali chloric. 189. Scutellaria — Chorea 224. Seeale — Gebärmutterblutung 32. 35. (tct. c. ac. mur. par.) 198. 200. 203. Seeale — Lähmungen 309. Seeale — Rückenmarksleiden 89. Seeale — Vergiftung 53. Seekrankheit — Apomorphin 207. Seekrankheit — Petrol. 228. Sepia — Ekzem 125. Sepia — Gebärmutterblutung 33. Sepia — Herpes tons. 112. V. Sick, Nachruf 63. Silicea: Boeser 129. Silicea — Furunculose 129. Silicea — Gebärmutterblutung 32. Silicea — Kopfschmerz 129. Silicea — Lipom 206. 282. Silicea — Stuhlverstopfung 143. Sitzungsberichte d. B. V. H. A. : Damm- holz 95. 184. 345. Soodbrennen — Carbo veg. 213. Soodbrennen — Natr. phosph. 357. Soodbrennen — Ac. mur. u. alle Säuren 357. Speichelfluss — Kali chloric. 189. Sphincter ani, Lähmung 313. Sphincter vesicae, Lähmung 313. Spigelia — Herzaffektion 368. Spigelia — Kopfschmerz 132. Spigelia — Supraorbitalneuralgie nach Influenza 268. Spinalirritation — Cimicifuga 192. Stannum — Lähmungen 309. Stannum — Vergiftung 221. Staphysagria — Condylome gestielt, Feigwarzen 193. Staphysagria — Ovahalneuralgie 195. Staphysagria — Zähnschmerz 195. Stickhusten — Amica 251. Stickhusten — Belladonna 247. Stickhusten — Carbo veg. 254. Stickhusten — Cina 250. Stickhusten — Cocus cacti 249. Stickhusten — Conium 251. Stickhusten — Cuprum 248. Stickhusten — Drosera 226. 250. Stickhusten — Ipecacuanha 252. Stickhusten — Kali carb. 187. Stickhusten — Magnes. phosph. 251. Stickhusten — Mephitis 249. Stickhusten — Moschus 249. Stickhusten — Passiflora 226. Stickhusten — Phosphor 253. Stickhusten — Pulsatilla 252. Stickhusten — Sambucus 249. Stickhusten — Stramonium 247. Stickhusten -— Tart. em. 252. Stickhusten — Veratrum 253. Sticta pulm. — Heufieber 54. xvn SticU pulm. — Inflnenza 102. Sticta pulm. — Katarrhe 54. Stomacace — Kali chloricnm 189. Stomatitis — Kalinm chloratum, Kali chloricam 189. Stramoninm — CJiorea 223. Stramoniam — Dysmenorrhoe 29. Stramoniam — Gebärmatterblatuii|fen 29. Stramoniam — Stickhnsten 247. Strangnrie — Clematis 229. Strontiana — Kopfschmerz 132. Stnima — Thyreoidin 100. Strychnin — periphere Lähmnng 89. SlahlYerstopfang — Graphit 214. StohlTeratopfong und Silicea: Man 148. Salfor — Ekzem 126. Snllnr — Foroncolose 129. Snlfor — Gebärmatterblatnng 33. Sulfor — Hageniänre 227. Sycosis simpL, Bebandlong 124. Sycosis trichophyta, Behandlang 124. Syphilis, Erfahrangen darftber 286. Syphilis — Kali bichrom. 188. Sizygiam jambolatom — Diabetes 221. ■ Tabes dors. — Carb. salf. 88. Tabes dors. — Kali bromat. 189. Tibes dors. — Zincom 210. Tuantala, Crocas — Unterschied bei Chorea 29. Tut em. — Stickhasten 262. Terebenthina, drei Fälle 106. Thyreoidin — Horb. Basedowii 282. Thyreoidin — Stnima 100. i Trichophytie 128. Triil. pend. Gebärmatterblatong 198. 200. 203. Tripperbnbonen — Garbo anim. 213. Tripper — Pulsat. 194. Tuberkulin Bomett, Erfahrangen dar- über 284. Tuberculocidin 290. Tntti fmtti: Dahlke 146. Typhöse 290. Xj^hfu ^ Garbo veg. 218. Heber peripherische Nervenlähmungen : Kröner 306. Unterschenkelgeschwüre — Glematis 196. Urtica urens — Hamsäureretention 222. Urticaria nerv. — Kali bromat. 189. Ustilago maydis — Gebärmutterblutungen 34. 198. 200. 203. Uterus — Pulsatilla 194. Taginitis — Kali bromat. 189. Veratrum — Stickhusten 263. Veratrum viride — rhenm. Herzentzün- dung 367. Verein selbstdispensirender preuss. hom. Aerzte, Mittheilungen 304. Vibumum — Gebärmutterbiutnng 83. Viola tricolor — Ekzem 126. Weissfluss — Graphit 114. Wie führt man am besten in die Arznei- mittellehre ein?: Gisevius ü. 273. Wie wirkt das Terpentinöl längere Zeit genommen. Inauguraldissertation des Dr. Brummer: Windelband 187. Windelband: Eine neue Heilmethode ohne Arznei 98. Windelband: Gebärmutterblutungen 196. Windelband : Wie wirkt das Terpentinöl längere Zeit genommen? Inaugural- Dissertation des Dr. Brummer 137. Windelband: Zur Situation: a) Die Homöopathie Tor Gericht 66. b) Die Homöopathie vor dem ärzt- lichen Ehrenrath 61. Xantoxylum — - Dysmenorrhoe 112. Zahnschmerz — Kali jod. 190. Zahnschmerz — Staphysagria 196. Zeitschriften, Aus fremden 48. 102. 216. Zentralvereinsversammlung 1901 266. Zincum — Lähmungen 309. Zincum — Rückenmarksleiden 89. Zincum — Tabes dors. 310. Zunge, Lähmung 313. Die Homöopathie in Deutschland an der Wende des Jahrhunderts. Von Dr. med. &. philos. H. F. Srani-Buseliy Arzt zu Wiesbaden. Referat fttr den VL Internationalen homöopathischen Kongress in Paris, Juli 1900. Auf dem vorigen internationalen Kongress in London konnte der Berichterstatter schon manches Erfreuliche Ober den Fort- schritt der Homöopathie in Deutschland w&hrend des vorher- gegangenen Quinquenniums mittheilen, und heute dürfen wir mit ganz besonderer Genugthuung auf die letzten Jahre zurttckblickeu; denn die Homöopathie hat jetzt in ihrem Heimathlande einen solchen Aufschwung genommen, dass wir mit den besten Hoff- nungen und voller Zuversicht ihrer weiteren Entwickelung ent- gegen sehen können. Dies verdanken wir neben der eifrigen und erfolgreichen Thätigkeit vieler unserer homöopathischen Kollegen auch zum grossen Theile dem Umstand, dass mehrere Professoren deutscher Hochschulen durch ihre Forschungen zur Anerkennung der Wahrheit der homöopathischen Grundprinzipien geführt worden sind und dies auch zum Theile offen bekannt haben. Dass her- vorragende Gelehrte der allopathischen Schule, wie es heute ge- schieht, mit Wort und Schrift für die früher gerade in Deutsch- land so arg verfolgte und verfehmte Lehre Hahuemann's eintreten, ist eine Erscheinung, die beispiellos in der Geschichte der Ho- möopathie dasteht. Jahrzehnte hindurch war Nordamerika die Pflegestätte der Homöopathie, und unsere Kollegen jenseits des Ozeans haben mit grossem Erfolge für die Erhaltung und Ausbreitung derselben ge- 1, B«L zx. 1 2 Zeitschrift des Berliner Vereinei homltopadiiseher Aente. wirkt Es mosste die Homöopathie, in ihrem Vaterlande geächteti zuYor im Lande der politischen and wissenschaftlichen Freiheit gleichsam neu erstehen und von dort ans in gewaltigem Auf- schwang sich die Welt erobern, ehe sie in Deutschland diejenige gerechte Beurtheilung und Anerkennung finden konnte, die ihr zukommt und die man ihr ein ganzes Jahrhundert vorenthalten hat, die sie sich aber jetzt, des sind wir sicher, vermöge ihrer inneren Wahrheit erzwingen wird und zwar in einem Maasse, wie nie und nirgends zuvor. Wir denken hier unwillkürlich an ähnliche Schicksale auf anderen Gebieten der Wissenschaft. Ich erinnere nur an eins: die Antisepsis. Ein deutscher Arzt, der in seinem Leben so verfolgte und geschmähte und nach seinem Tode so berfihmt gewordene Semmelweiss^), war der Begründer der Lehre von der Infektion, aber trotz der zwingenden Logik seiner Deduktionen und trotz der schlagenden Wahrheit seiner Statistik fand er mit seinen dringenden Rathschlägen kein Gehör bei der Mitwelt und es mussten Jahrzehnte darüber vergehen, bis durch Listers geniale Neuentdeckung die antiseptische Methode, einer der grössten Fortschritte in der Medizin, zur Herrschaft ge* langte. Und heute hat Deutschland durch die Einführung der idealen Wundbehandlung, der Asepsis, aach auf diesem Gebiet wieder die führende Stellung eingenommen. Semmelweiss und So i8t*8 aber immer gewesen, adion seit Alters. Galen (181—210), dessen System länger denn ein Jahrtansend in der medLdnischen Wissenschaft geherrseht hat, wnrde Ton seinen römischen Kollegen mit solch leidenschaft- lichem Hass verfolgt, dass er darüber die ewige Stadt verlassen mnsste. Der geniale Paracelsns (1498 — 1641), der die Fesseln der gaienischen Tradition sprengte, führte n. A. das Antimon als ein :werthYolles Medikament in die Praxis ein; man verfolgte ihn wegen dieser „Neuerung'* und das französische Parlament stellte das Verschreiben dieses Mittels unter Strafe 1 Ambroise Par6 (1609—1690) erfand bekanntlich die Unterbindung der Gef&sse — an Stelle der bis dahin geübten grausamen Methode der BlutstiUung. — Er wurde von der Fakultät auf das heftigste angegriffen und geschmäht, weil er „das Leben des Patienten einem Faden anvertraute, wo doch siedendes Oel sich durch Jahr- hunderte bewährt habe'M Harvey (1678— -1667), der grosse Entdecker des Blutkreislaufes, wurde mit Vorliebe „Vagabund und Quacksalber*^ titulirt und hatte während seines ganzen Lebens bittere Anfeindungen su erdulden. Jenner ftthrte im Jahr 1796 die Vaccination ein und das Royal College ef Physicians begrttsste die Entdeckung mit Hohn und Spott und suchte anfangs die neue Idee lu unterdrücken. Und heute? Das wären so einige Beispiele (tristissimae memoriae!) aus verschiedenen Jahrhunderten mediiinischer Geschichte. Br. Krans-Biueh, Die HomOop. in DentseUftiid am d«r Wende dei Jahrh. 3 Hahnemann, beide umleuchtet die Gloriole des Martyriamsl und wie SemmelweisB, so kommt auch Hahnemann und seine Lehre in der deutschen Wissenschaft jetzt wieder zu Ehren. Ja, die Homöopathie ist heute, dank der eifrigen Forschung ihrer Ver- treter und deren Gesinnungsgenossen im allopathischen Lager eine Richtung in der Heilkunde, ttber die man auch in den Kreisen der Hochschule nicht mehr wie frUher einfach zur Tagesordnung über- gehen kann, sie ist ein Faktor geworden, mit dem in der medi- zinischen Welt gerechnet werden muss. Die Höflichkeit gebietet, dass wir bei der Aufzählung der literarischen Erscheinungen der letzten Jahre zuerst von den Arbeiten der allopathischen Kollegen sprechen. Wir nennen da in erster Linie den uns sehr nahe stehenden Professor der Phar- makologie an der Universität Greif swald, Dr. Hugo Schulz. Von seinen beiden früher erschienenen Schriften „Aufgabe und Ziele der modernen Therapie'' und „Studien zur Pharmakodynamik des Schwefels'' war schon in dem letzten Bericht die Rede. In diesen Arbeiten hat Schulz auf Grund von Experimenten schon Grund- sätze entwickelt, die sich vollständig mit den Prinzipien der Ho- möopathie decken. Von seinen weiteren Schriften in dieser Richtung interessiren uns ganz besonders „Ein Beitrag zur Kennt- niss der Colchicum-Wirkung" (Wiener Medizinische Presse 1897, No. 31 ff.), Allgem. Homöop. Zeitung, Band 136, Zeitschrift des Berliner Vereins homöop. Aerzte, Band 17) und dann „Die Grund- gesetze der arzneilichen Organtherapie und ihre Bedeutung f&r die Praxis" (Deutsche medizinische Wochenschrift 1899, No. 14, All- gemeine Homöopathische Zeitung, Band 138). Professor Schulz weist hin auf die hohe Bedeutung des Arzneiversuchs am ge- sunden Menschen^ er beweist die Richtigkeit des homöopathischen Grundgesetzes Similia similibus, er bestätigt in seinem Vortrag über die Organtherapie unser Gesetz der elektiven Affinität, er stellt die dringende Forderung auf, der Arzt solle, um gute Er- folge am Krankenbett zu erzielen, die differentielle Mitteldiagnose zum Gegenstande eingehenden Studiums machen — „die Arznei- mittel wollen in dieser Hinsicht ebenso studirt und gekannt sein, wie die Identitätsreagentien des Chemikers" — , er stellt fest, dass kranke Organe schon auf Arzneireize reagiren, die für gesunde noch als wirkungslos angesehen werden können, und betont zu- gleich die Wichtigkeit der therapeutischen Anwendung niedriger Dosirungen. Das ist Homöopathie bis in die letzten Konsequenienl 1* 4 Zeitschrift des Berliner Vereines homöopathiseher Aente. In dem vod den Professoren Eulen barg and Samuel herausgegebenen grossen ausgezeichneten Werk: „Lehrbuch der allgemeinen Therapie und therapeutischen Methodik"" hat Professor Schulz die Pharmakotherapie geschrieben, und zwar ganz im Geiste der Homöopathie. Professor Dr. Behring in Marburg sagt in seiner »Allge- meinen Therapie der Infektionskrankheiten^, der Grundsatz Hahne- mann's: Similia similibus sei „nach unsern jetzigen Kenntnissen gar nicht so übel''. In diesen Worten hat sich Behring mit mehr Reserve ausgedrückt, als man nach den thatsächlichen Verhält- nissen hätte erwarten sollen, besonders wenn man bedenkt, dass die Erfolge und der Ruhm dieses Forschers auf der einfachen That- sache beruhen, dass die Entdeckung der Serumtherapie ihren Ursprung hat in der Anwendung der homöopathischen Gesetze auf die Eiperimente zur Erforschung des immunisirenden resp. heilen- den AgensO- Ferdinand Hüppe, Professor der Hygiene in Prag spricht in seiner „Naturwissenschaftlichen Einführung in die Bakteriologie* von dem „gesunden Kern"" in der Lehre Hahnemanns, und lässt überhaupt der Homöopathie Gerechtigkeit widerfahren. Wenn Professor Strümpell in seinem ausgezeichneten Lehr- buche der speziellen Pathologie und Therapie — ein Standard- book, das im Besitz jedes deutschen Studenten der Medizin ist — bei der Besprechung der Tabesbehandlung mit Ergotin sagt: „Es ist sehr wohl möglich, dass dasselbe Mittel, welches in grossen Dosen gewisse Fasersysteme zur Atrophie bringt, in kleineren Dosen irgendwie günstig (erregend) auf dieselben Fasersysteme ein- wirkt*^; so ist heute, nicht nur bei uns Homöopathen, die wir die ^) Man hat des Oefteren versacht, die therapentisohe Anwendnng der bazillären Prodakte, sei es der nach homöopathischen Grnndsätzen bereiteten Verreibnngen resp. Potenzen, sei es der Immnnsera, als ein nicht homöopathisches Verfahren sn erklären, da es sich hier nicht um Homöopathie, sondern nm Iso- pathie handle. Dem gegenüber mnss betout weMen, dass dnreh die Präpa- rationen des Vims dieses stets derart modifizirt wird, dass man nicht mehr von einem Ison, sondern von einem Homoion sprechen mnss, worauf schon früher der bekannte englische Homöopath Dr. GomptonBnrnett hingewiesen hat. C o m p t o n Bar nett hat, wie man weiss, schon fast ein Dezennium vor Robert Koch das Tuberkulin (von ihm „Bacillinum" genannt), wenn auch in anderer Form, ange- wendet. In der Herstellungsweise seines „Neuen Tuberkulin 1897*^ hat sich tlbiigeBS Keeh seinem Vorgänger Bumett aufßftUend genähert Dr. Er»iu-Bii8oh, Die HomOop. in Deutschland an der Wende des Jahrk. 5 Thatsache schoo seit vielen Dezennien kennen, diese Möglichkeit zur Gewissbeit, diese Hypothese zum Gesetz geworden. Rudolf Arndt, Professor der Psychiatrie in Greifswald, hat bekanntlich in seinem Werke ^Biologische Studien^ ganz in Ueber- einstimmung mit dem Aehnlichkeitsprinzip der Homöopathie das „biologische Grundgesetz'' aufgestellt, und Schulz betont in dem oben genannten Lehrbuch der allgemeinen Therapie nachdrAcklich die hohe Bedeutung dieses biologischen Grundgesetzes sammt den daraus sich ergebenden FoIgeruDgen für die Pharmakotherapie. „Jedes Mittel, welches in bestimmter Konzentration Protoplasma tötet und vernichtet, hebt in geringeren Mengen die Entwickelungs- fiLhigkeit auf, wirkt aber in noch geringeren Mengen, jenseits eines Indifferenzpunktes, umgekehrt als Reiz und erhöht die Lebens- eigenschaften', so lautet dieses Gesetz und es findet seine glän- zende Bestätigung in den prägnanten Resultaten unserer modernsten bakteriologischen und biologischen Forschung. Arndt u. A. stutzten dasselbe in scharfsinniger Weise dnrch das Pflüger'sche Zuckungs- gesetz und das Ritter- Valli'sche Gesetz, also wahrhaftig mit wissenschaftlichen Gründen, und trotz alledem hat man ihm immer noch diejenige Beachtung versagt, die es bei seiner Bedeutung für die gesammte Medizin in hohem Maasse verdient, weil — Arndt den zur Zeit noch geföhrlichen Satz ausgesprochen hat, dass mit dem biologischen Grundgesetz die Möglichkeit einer Verständigung zwischen der Allopathie und der Homöopathie gegeben sei! Man sollte denken, dass diese ganz im Einklang mit der Homöopathie und zugleich auf dem Boden der naturwissenschaftlichen For- schungen und Anschauungen der Neuzeit stehenden Arbeiten bald zu einer allgemeinen Anerkennung der Grundprinzipien der Ho- möopathie in der wissenschaftlichen medizinischen Welt führen müssten ; aber alle Bestrebungen der Vertreter der homöopathischen Doktrin und der ihnen nahestehenden allopathischen Forscher, diesen Grundsätzen Geltung zu verschaffen, scheiterten bisher an der Starrheit der offiziellen Medizin, an ihrem Dogmatismus und an ihrer Voreingenommenheit und tief gewurzelten Abneigung gegen die Lehre Hahnemann's. Doch es geht, wie Professor Schulz sich treffend ausdrückt, ein unruhiger, weil durch Un- sicherheit erzeugter Zug durch die pharmakotherapeutischen Be- strebungen unserer Zeit, und, wir zweifeln nicht daran, diese Strömung nimmt mehr und mehr die Richtung zur Homöopathie hin. La \6nt6 est en marchel Daran ändert auch nichts die 6 Zeitsehrift des Berlinor Vereines homöopathischer Aerste. jetzt wieder hier und dort aufflammende Animosität unserer Gegner, wie sie u, a. sich äussert in einem Angriff des Professors Kobert in seiner 1897 erschienenen Pharmakotherapie. Be- dauerlicher Weise führt der Autor hier eine Sprache, die weit über das Maass der unter Gelehrten üblichen Höflichkeit der Dis- kussion hinausgeht. In diesem Werke weist Robert, und zwar unserer Meinung nach nicht mit Glück, die Behauptung Hüppe's zurück, dass Arndt's biologisches Grundgesetz für alle Lebewesen ohne Ausnahme gelte, und lässt sich zugleich zu beleidigenden AusfiLUen gegen die Homöopathie und die homöopathischen Aerzte hinreissen. Wir bedauern dies um so mehr, als wir im übrigen Herrn Professor Robert, der unbestritten ein Pharmakologe von eminenter Begabung und ausserordentlicher Produktivität ist, sehr hoch schätzen. In erfreulichem Gegensatz hierzu steht die ThatsachOi dass jetzt öfters die Homöopathizität der Wirkung mancher Arznei- mittel seitens unserer allopathischen Rollegen zugestanden wird. Hier ist von ganz besonderem Interesse die Bemerkung des be- kannten Berliner Pharmakologen Lewin, der in seinem kürzlich erschienenen Werke „Die Nebenwirkungen der Arzneimittel** sich bezüglich des Ghinaversuchs von Hahnemann folgendermaassen äussert: „Die vielfach angezweifelte Selbstbeobachtung von Hahne- mann, der nach Einnahme einer grösseren Menge der Chinarinde von einem kalten Fieber, ähnlich dem Sumpfwechselfieber, befallen wurde, ist als eine zulässige anzusehen**. Also endlich die An- erkennung der Richtigkeit dieses bisher stets angefochtenen und oft für baren Unsinn erklärten Fundamentalexperiments der Ho- möopathie! — Wie ändern sich doch die Zeiten 1 „Das Hahne- mann'sche Prinzip ist ein Prinzip ohne Prinzip', damit begrüsste man die erste Publikation unseres grossen Meisters, und heute wird die Wahrheit dieses homöopathischen Prinzips von Tag zu Tag mehr zugestanden; „der Gedanke, die Arzneien an gesunden Menschen zu prüfen, ist widersinnig, Vernunft- und naturwidrig**, so urtheilte man früher über die Experimente Hahnemann's, und in unseren Tagen erheben sich viele gewichtige Stimmen für die Er- forschung der Wirkungen der Arzneien am gesunden Menschen, da man einsieht, wie unzureichend, ja oft nutzlos das pharma- kologische Experiment am Thier für die Therapie ist; schon bald nach dem Auftreten Hahnemann's prophezeite man der Homöopathie ihren baldigen Untergang, im Jahre 1828 behauptete man sogar Dr. Kram-BiiMh, Die HemOop. in DentMhland an der Wende dei Jahrh. 7 8chOD, sie läge in den letxten Zügen, — hier war offenbar der hasserfftllte Wunsch der Vater des Gedankens —, man glaubte, sie werde bald aus der Welt verschwunden sein, und heute ist sie ftber den ganzen Erdball verbreitet, und ihre Anh&nger sfthlen nach Millionen 1 Wie weit war Hahnemann's Geist seiner Zeit voraus 1 Eine f&r die HomSopathie sehr wichtige Arbeit ist die von dem Leipziger Professor der Chemie, Dr. W. Ostwald unter dem Titel: ,|8tudien ftber die Bildung und Umwandlung fester Körper. I. üebersittigung und üeberkaltung^ erschienene Abhandlung (Zeitschrift fflr physikalische Chemie XXII. 3. 1897 und AUg. Homöopath. Zeitung Bd. 134). Ostwald hat interessante wissen- schaftliche Versuche angestellt ftber das AuskrystaUisiren in ftber- sittigten resp. flberkalteten Lösungen durch Hinzufügen von Spuren desselben Stoffes im festen Zustande (oder eines im strengen Sinne isomorphen Körpers). Er suchte zu ermitteln, wie gering die Menge der betreffenden Substanz sein könne, die vorhanden sein muss, damit das Experiment noch gelinge, und dabei kam Ostwald zu höchst merkwflrdigen Resultaten. Streicht man mit einem Haar nur ganz leise ftber einen festen Erystall, z. B. von Salol, und bringt es dann in die ftberkaltete Lösuug desselben Stoffes, so tritt sofort die Erystallbildung resp. Erstarrung auf. Dm die Sache nach dieser Sichtung noch weiter verfolgen zu können, verwendete Ostwald homöopathische Verreibungen der zu untersuchenden Substanzen aus der homöopathischen Apotheke von Dr. W. Schwabe in Leipzig, und es stellte sich heraus, dass dieselben Resultate erzielt wurden mit ausserordentlich geringen Mengen, und zwar bei Salol und Thymol mit Spuren der 6., bei Natriumthiosulfat der 9., und bei Natriumchlorat sogar noch der 10. Dezimalverreibung. Bei den Versuchen mit Salol zeigte sich noch folgendes auffallende Verhalten. Gleich nach der Herstellung der Verreibnng brachten Proben der 4. und 5., ja oft noch der 6. Dec-Pot. die ftberkaltete Lösung zum Erstarren, diese Eigen- schaft verlor sich aber mit der Zeit und nach 1 bis 2 Tagen war die Wirkung schon bei der 4. Dec.-Pot. verschwunden. Wie Ost- wald durch genaue Analysea nachweisen konnte, handelt es sich hier nicht, wie man zuerst hätte annehmen können, um ein Verschwin- den des Salols aus den Verreibungen, und er schloss daraus, dass die Substanz nicht zerstört, sondern in einen andern Aggregat- zustand abergegangen war. Die Oberfläche des Verdftnnungs- 8 Zeitsehiift des Beriiner Vereines bomOopathischer Aente. mittels, Quarz — dessen sich Ostwald bei seinen Experimenten bedient hatte — oder Milchzucker, muss den Saloldämpfen gegen- tlber eine Verdichtungswirknng ausüben und dahin streben, sich mit diesen zu sättigen. Dies sind fQr uns Homöopathen nach vei^ schiedenen Richtungen hin sehr wichtige Beobachtungen, die sicher nicht verfehlen werden, Anregung zu eigenen Forschungen auf diesem Gebiet zu geben. Kollege Dr. Schlegel in Tttbingen hat in einem Artikel (Allgem. Homdop. Zeitung Bd. 135 No. 17 u« 18) einige sehr interessante Bemerkungen vom Standpunkt des ho- möopathischen Arztes aus zu der Arbeit von Ostwald gemacht. Die bekannten Forschungen Nägelis aber «oligodynamische Erscheinungen in lebenden Zellen^, welche von hervorragender Bedeutung für die Homöopathie sind, wurden allgemein mit grossem Interesse verfolgt, aber die Untersuchungen sind leider von uns noch nicht wieder aufgenommen worden; sie erfordern allerdings einen grossen Aufwand von Zeit, ein aussergewöhnliches Maass von Geduld, sehr viel Uebung und — ein gut ausgestattetes Laboratorium. Von nicht zu unterschätzendem Werth für die Erklärung mancher Thatsachen der Homöopathie sind ferner eine Reihe anderer bedeutender Errungenschaften auf dem Gebiet der mo- dernen naturwissenschaftlichen Forschung. So die Kathoden- und Röntgenstrahlen. Welch wunderbare Vorgänge in den Crookes'- schen Röhren mit ihrer Evacuirung bis auf 1 Milliontel Athmo- sphärendruckl Mit Staunen beobachten wir hier die Wirkung von Kräften, die erst zur Ent<ung kommen bei solch hohen Qraden der Verdünnung. Sind das nicht Erscheinungen, die wir in Pa- rallele setzen dürfen mit den Wirkungen unserer homöopathischen potenzurten Arzneien? Hier, wie dort höchst verdünnte Materie, Molekularisation, Kohäsionslosigkeit der Moleküle, und gerade da- durch intensive Wirksamkeit. Wie durch viele Beobachtungen festgestellt ist, rufen die Röntgenstrahlen in manchen Fällen, besonders bei zu langer Be- strahlung, unter anderm heftige Hautentzündungen mit Geschwür- bildungen hervor, und diese Erkrankungen zeigen wenig Tendenz zur Heilung, so dass solche Patienten eventuell viele Monate lang, oft mit grossen Schmerzen unter den Folgen der Behandlung mit Röntgenstrahlen zu leiden haben. Da ist es nun für uns Homöo- pathen sehr interessant zu erfahren, dass mehrere derartige Fälle hartnäckiger Röntgenstrahlengeschwüre, die oft jeder anderen Dr. KraiuhBnsoh, Die HomOop. in Deutiohland aa der Wende des Jahrb. 9 Therapie trotstes, durch die Anwendung des elektrischen Bogen- lichtes schnell zur Heilung gebracht wurden. Kollege Dr. Gramer in Karlsruhe berichtet (AUgem. Homöop. Zeitung Bd. 137, No. 17 u. 18) über einen FaU yon schwerer Schädigung durch Röntgen- strahlen, der in der Anstalt des Dr. Gebhardt in Berlin nach ganz kurzer Bestrahlung mit elektrischem Bogenlicht zur Heilung gebracht wurde. Auch ich hatte dnen solchen Patienten zu be- handeln, bei dem in Folge einer nur einmaligen Durchleuchtung mit Böntgenstrahlen (wie mir berichtet wurde, hatte die Sitzung allerdings über V) Stunde gedauert) schnell ein grosses Geschwür am Abdomen entstanden war. Patient litt Monate lang fürchter- lich, und keine der verschiedenen Behandlungsarten hatte etwas genfitzt, bis schliesslich die grosse Wunde spontan unter An- wendung sehr Terdflnnter antiseptischer Lösungen von der Pe- ripherie aus langsam zuheilte, aber in der Mitte blieb noch eine Fläche von etwas über Francstück-Grösse frei, und diese zentrale Partie zeigte durchaus keine Neigung, sich zu schliessen. Hier half nun die Anwendung'des durch Linsen konzentrirten elektrischen Bogenlichtes in überraschender Weise. Nach wenigen kurzen Sitzungen unter meinem Reflektor war die Wunde glatt und dauernd geschlossen. Dr. Gramer fragt, ob wir hier nicht eine Bestätigung des Aehnlichkeitsprinzips haben. Ich glaube ihm hierin YoUständig beistimmen zu müssen. Das elektrische Bogenlicht ist ungemein reich an ultrayioletten StrahleUi und mit diesen letzteren sind die Röntgenstrahlen, wie auch die Katbodenstrahlen, sicher nahe verwandt. Wir können also mit gutem Grund auch hier von einer Homöopathizität der Wirkung sprechen^). Ich meine, wir sollten schon aus dem Grunde uns dem Stu- dium und der Forschung auf allen diesen neuen Gebieten eifrigst widmen, weil wir damit auf Schritt und Tritt G-elegenheit haben, Thatsachen zu entdecken, die vom höchsten Werthe für die £r- kenntniss und für die wissenschaftliche Begründung unseres ho- möopathischen Heilprinzips sein können. Es ist in neuerer Zeit im Gegensatz zu früheren Jahrzehnten, in Folge der täglich sich mehrenden Verständigung zwischen den Vertretern der allopathischen und homöopathischen Richtung, ein entschieden würdigerer Ton im Verkehr und in der wissenschaft- lichen Diskussion zu konstatiren, und so macht sich jetzt auch im Gonfr. die ABmerknng S. 4 betr. lion imd Homoicn. 10 Zeitielirift dei Beriinor YereinM komOop»tliiiohir Aente. Allgemeinen in der Polemik, bis auf Tereinselte Ausnahmen, weniger gehässige Verartheilang und mehr gerechte Beurtheilung geltend. An Objektivität lassen allerdings die meisten Schriften unserer Gegner immer noch Yiel su wünschen übrig, wenn auch Prof. Samuel in der Einleitung su seiner kritischen Darstellung der Homöopathie im zweiten Bande des schon mehrfach erwähnten Handbuches der allgemeinen Therapie mit Nachdruck betont, dass ,,di8 Medizin you ihrer wissenschaftlichen und humanen Aufgabe zu tief durchdrungen sei, um nicht Objektivität und Gerechtigkeit nach allen Seiten flben zu wollen*. In dieser neuesten Darstellung der Homöopathie seitens eines hervorragenden Vertreters der offizieUen Medizin begegnen wir den alten, schon zum üeberdruss gehörten irrthflmlichen Auffassungen 41ber das Wesen der Homöo- pathie, und es ist nur zu bedauern, dass in diesem sonst so vor- trefflichen Handbuch dieses Slapitel nicht anders bearbeitet worden ist, denn diese Bearbeitung steht durchaus nicht auf der Höhe der Zeit, die Resultate der modernen medizinischen und natur- wissenschaftlichen Forschung sind hier einfach ignorirt Es sei nur auf eines hingewiesen : Samuel erklärt das China-Experiment Hahnemann's immer noch f&r vollständig falsch, während doch schon vor geraumer Zeit einer unserer bedeutendsten Pharma- kologen, wie schon vorhin erwähnt, Hahnemann's grundlegenden Versuch als durchaus richtig anerkannt hat. Hinsichtlich der Wirksamkeit der homöopathischen Dosen sagt Samuel: «Sie be- sitzen keine.*' Wie richtig bemerkt doch Professor Hugo Schulz, ,Es ist viel leichter zu behaupten, das ist Unsinn und das nicht, als sich die Mühe zu geben, nachzuspüren, ob das eine wirklich Unsinn und das andere nicht.* Die Methode, die Hahnemann zur Erforschung der Wirksamkeit der Arzneimittel angewendet hat, ist nach Samuels Meinung „unglaublich kritiklos*. Aber die Zeit ist vielleicht nicht mehr so fem, wo über die Meinung des Herrn Professor Samuel hinweg diese Methode eine sehr dominirende Stellung in der Pharmakdogie und Therapie einnehmen wirdi Das homöopathische Aehnlichkeitsgesetz wird durch Herrn Professor Samuel falsch interpretirt. Bezüglich der auf homöopathischem Wege erzielten Heilerfolge wird mit grosser Naivität einfach er- klärt, dass es sich hier stets lediglich um Spontan-Heilnngen oder Suggestions-Heilungen handele. Das ist so leicht behauptet, und dergleichen Behauptungen braucht man nicht zu beweisen! Es verdient hier erwähnt su werden, dass im vorigen Jahre der be- Dr. Erani-Biisdh. Die HomOop. in Dentaehluid ui der Wende dei Jahrh. H kannte Dr. von Scbrenk-Notzing (Allopath) in öffentlicher Oe- richtsaitzung erklärte, der Homöopathie habe man lange Zeit nnr psychische, keinerlei therapeutisch-physiologische Wirkungen zuge- schrieben, heut zu Tage aber denke ein grosser Theil der Aerzte Aber die Homöopathie ganz anders. Gegen Hahnemann*s Auf- fassung von den Ursachen der Krankheiten wendet sich Professor Samuel mit den Worten: „Der dynamische Ursprung der Krank- heiten ist unhaltbarer Mystizismus, der durch Millionen von Sektionen widerlegt wird''. Die Cntwickelung der biologischen Wissenschaft hat uns heute auch hinsichtlich der pathologischen Er- scheinungen zu Anschauuogen geführt, die sich nicht mehr ver- tragen mit der alten einseitigen Auffassung von der Materialität der Krankheitsursachen — trotz oder vielmehr gerade in Folge der gewaltigen staunenswerthen Fortschritte auf dem Gebiete der Mikroskopie und Chemie! Es ist kein Zweifel, wir steuern mehr und mehr vom Mechanismus hinweg, dem Vitalismus ent- gegen. Angesichts dieser durchaus modernen wissenschaftlich be- gründeten Erkenntniss ist es doch sehr bedenklich, von ,unhaltr barem Mystizismus' zu reden, und wenn Samuel in der heute schon antiquirten und nicht mehr haltbaren, rein materialistischen Auffassung von dem Wesen der Krankheit befangen i die in unserer Zeit geltenden Prinzipien und die aus denselben f&r die Pathologie zu ziehenden Konsequenzen einfach ignorirt, so wird wahrlich der Werth einer derartigen Kritik auch für den allo- pathischen Leser stark herabgesetzt. Ich verweise bei dieser Ge- legenheit auf einen höchst interessanten Aufsatz unseres Kollegen Dr. Schlegel (Tübingen), der im 15. Bande der Zeitschrift des Berliner Vereins homöopathischer Aerzte erschienen ist: „Die Ueberwindnng des wissenschaftlichen Materialismus und die Ho- möopathie* • In dieser Arbeit giebt Schlegel vom Standpunkt des Homöopathen einen Kommentar zu einem bedeutungsvollen Vortrag des Prof. Dr. Ostwald, den dieser auf der Versammlung deut- scher Naturforscher und Aerzte zu Lübeck gehalten hat. Samuel streift ferner mit einer Bemerkung nahe an den auch heute noch der Homöopathie dann und wann gemachten Vorwurf, dass sie die medizinischen Hilfswissenschaften und die pathologische Anatomie verachte und die Diagnose nicht genügend kultivire. Dieser Vor- wurf ist durchaus unbegründet. Die Wahrheit ist nur, dass wir homöpathischen Aerzte neben der Krankheitsdiagnose das Haupt- gewicht auf die differenzielle Arzneimitteldiagnose legeni eine Auf- 12 ZeitBohrift des Berliner Vereines homOopathisclier Aenste. fa&suDgy die heute schon nicht mehr ausschliesslich in unserm eigenen Lager anzutreffen ist, und wenn wir bei aller Würdigung der pathologisch-anatomischen Forschung diese doch nicht als „die oberste Instanz und unfehlbare Richterin in allen Fragen der Pa- thologie^ anzuerkennen vermögen, so stehen wir jetzt auch hierin nicht allein (cfr. Prof. Ottomar Bosenbach u. A). Eine kräftige und schlagende Erwiderung auf die Ausfährungen Samuel's hat Herr Ober-Medizinalrath Dr. von Sick gegeben in seiner auf der 67. Generalversammlung des Homöopathischen Gentralvereins am 10. August 1899 zu Elberfeld gehaltenen Rede „Professor Samuel und die Homöopathie^ (s. Zeitschrift des Berliner Vereins homöo- pathischer Aerzte, Bd. 18). Schon vor mehreren Jahren hatte ein in der »Deutschen Me- dizinischen Wochenschrift (Jahrgang 1896)^ erschienener Aufsatz des Geh. Medizinalraths Dr. 0. Schwartz „Die Errichtung be- sonderer Lehrstühle für Naturheilkunde, Hydrotherapie und Ho- möopathie^ Veranlassung gegeben zu einer gründlichen Ausein- andersetzung mit unsern allopathischen Kollegen. In jenem Auf- sätze wurde natürlich der Gedanke, eine Professur für Homöopathie auf einer deutschen Universität zu errichten, mit Entrüstung zu- rückgewiesen, und die Ausführungen des Herrn Dr. Schwartz be- wiesen eine so unzulängliche Eenntniss von dem Wesen der Ho- möopathie und eine so schroffe Parteilichkeit, dass man den Ver- fasser keineswegs als kompetenten Gutachter in dieser Sache an- sehen konnte. Sehr geschickte Widerlegungen erfuhren die Be- hauptungen des Dr. Schwartz durch die Herren Dr. Wapler- Leipzig („Was versteht man heute unter der als Homöopathie bezeichneten Heilmethode?^ Deutsche medizin. Wochenschrift 1876 No. 18, und ^Zur Verständigung noch einmal die Grundsätze der modernen wissenschaftlichen Homöopathie', Allgem. homöop. Zeitung Bd. 133) und Dr. Müller-Eypke („Eine Antwort auf Geh. Medizinalrath Dr. 0. Schwartze's Artikel^ Allgem. homöop. Zeitung Bd. 132). Auf einige andere in der letzten Zeit gegen die Homöopathie gerichteten Schriften einzugehen, verlohnt sich nicht der Mühe. Einer dieser Angriffe, kläglich nach Form und Inhalt, wurde von Dn Schlegel-Tübingen mit kaustischem Witz in seiner Broschüre: „Zuckungen eines Homöopathen nach seiner Hinrichtung'' beant- wortet. Auf eine gehässige Anfeindung der Homöopathie in der Tagespresse erwiderte Kollege Dr. Grünwald in Frankfurt a. M. mit einem von der betreffenden Zeitung bereitwilligst aufge- Dr. EmuE-Bnsoh, Die HomOop. in Dentsohland an der Wende des Jahrh. 1 3 nommenen Artikel, der sich durch ruhige Sachlichkeit und vor- nehme Sprache auszeichnet. Wenn wir auch sonst das Hinein- ziehen der Homöopathie in die Tagespresse unsererseits per- horresziren, so wäre es doch sehr zu wünschen, wenn im allge- meinen jeder öffentliche Angriff auf unsere Heilmethode in dieser Weise sofort zurückgewiesen würde. Ein denkwürdiger Tag in der Oeschichte der deutschen Ho- möopathie ist der 7. Mai 1899. In der Sitzung des preussischen Abgeordnetenhauses wurde damals von verschiedenen Seiten der Antrag gestellt, an einer deutschen Hochschule einen Lehrstuhl für Homöopathie zu errichten, und über diesen Antrag, der mit schlagenden Gründen gestützt und von einer ganzen Reihe von Abgeordneten zur Annahme empfohlen wurde, entspann sich eine Debatte, die von allen in durchaus würdigem Ton geführt wurde — ausser von Herrn Prof. Virchow, der sich von seiner be- kannten Feindschaft gegen uns hinreissen liess, in einer im Aus- druck so gehässigen und in der Schlussfolgerung so bedenklichen Weise die Homöopathie anzugreifen, wie man es von einem Mann von seiner Bedeutung trotz allem doch nicht hätte erwarten sollen ^). Die Homöopathie wird weiter leben durch die Generationen und sich immer weiter ausdehnen über den Erdball, daran wird auch Virchow's Bannfluch sie nicht hindern. Wie sagt doch der grosse Baco von Verulam: Truth is the daughter of time — not of authorityl Bei den Verhandlungen war es andererseits sehr er- freulich konstatiren zu dürfen, dass die Königliche Staatsregierung sich der Homöopathie gegenüber durchaus wohlwollend zeigte. Eine Polemik, mehr im eigenen Lager, rief die Arbeit des Herrn Prof. Hugo Schulz „Experimentelle Untersuchungen über die sogenannte Neuralanalyse' hervor. Bekanntlich hat im Jahre 1881 Prof. Dr. Gustav Jäger in Stuttgart eine Schrift er- Ein kleinlicher Zug an einem Mann von so imposanter wissenBchaftlioher Grösse I Aber es ist nns ein Trost — wenn wir eines solchen bedürfen — dass aneh manche unserer allopathischen Kollegen sich zu beklagen haben über Yirchow's Art der Kritik, die bezüglich „der neneren Erscheinungen nnd Rich- tungen der Wissenschaft oft blos absprechend, ja manchmal geradezu nörgelnd ist". Das ist allerdings verständlich, wenn man einerseits bedenkt, dass die moderne Medizin, wie wir oben zeigten, Bahnen eingeschlagen hat, auf denen sie sieh der Homöopathie immer mehr nähert, die aber zum Theil weit ab liegen vom Yirchow'schen Ideenkreis, und andererseits die hochgespannte üeberzeugung dieses Gelehrten von seiner wissenschaftlichen Unfehlbarkeit mit in Rechnung zieht 14 ZeitBohrift des Berliner VereineB homöopathischer Aente. scheinen lassen, die damals viel Aufsehen erregte: „Die Neural- analyse, insbesondere in ihrer Anwendung auf die homöopathischen Verdflnnungen*. In dieser Schrift hat Jäger die Ergebnisse einer grossen Reihe von Versuchen niedergelegt, die er mit Hilfe des Hipp'schen Ghronoskops angestellt hatte, um die physiologische Wirkung der hochpotenzirten homöopathischen Arzneimittel nach- zuweiseuy und war dabei zu sehr überraschenden Resultaten ge- langt. Pro£ Schulz hat nun im Jahre 1898 diese Versuche wieder- holt und kam nach dem negativen Ausfall derselben zu der An- sicht, dass es sich bei den Experimenten Jäger's mehr oder weniger um Autosuggestion gehandelt habe. Prof. Jäger hat nun nicht ermangelt, in einem ,,Oifenen Sendschreiben*, originell und ur^ wttchsig, wie alles, was aus der Feder dieses geistreichen Ge- lehrten kommt, die Ausführungen des Herrn Prof. Schulz einer scharfen Kritik zu unterziehen, wobei er die negativen Resultate, die Schulz erzielt hatte, auf Fehler in der Methode zurückführte. (S. AUgem. homöop. Zeitung, Bd. 136 u. Zeitschrift des Berliner Vereins homöopathischer Aerzte Bd. 17). Jedenfalls sind weitere Versuche zur Klärung der Frage durchaus nothwendig. In der deutschen homöopathischen Literatur ist während der letzten Jahre ein sehr erfreulicher Fortschritt zu konstatiren. Während vordem neben den älteren klassischen deutschen Büchern nur die üebersetzungen der bedeutendsten Werke ausländischer, be- sonders amerikanischer Autoren auf dem Studirtisch des deut- schen homöopathischen Arztes zu finden waren, hat jetzt bei uns wieder eine Periode eifriger eigener literarischer Thätigkeit be* gönnen. In erster Linie ist da die neue „Deutsche homöopathische Arzneimittellehre'* in grösserem Stil zu nennen, die vom Central- verein herausgegeben wird. Die Anregung dazu ging von dem rührigen Berliner Verein homöopathischer Aerzte aus. Es soll in diesem Werk neben der möglichst vollständigen Aufzählung der bei den homöpathischen Prüfungen erzielten Symptome bei jedem Mittel auch ein besonderes Kapitel der Deutung der Symptome ge- widmet werden unter Berücksichtigung der Ergebnisse der physiologi- schen, experimentell- pathologischen und' toxikologischen Forschung, und es ist zu erwarten, dass auf diese Weise eine umfassende und auf der Höhe der Zeit stehende Materia medica geschaffen werde, die der deutschen Homöpathie Ehre machen wird. Schon das erste Heft, welches die in diesem Sinne durchgeführte Bearbeitung von Aconitum napellus enthält und von den Herren Dr. Gisevius jun.. Dr. Knuii-BaMli, Die HonOop. in DevtielilMid Mi der Wende dei Jelirh. 15 Dr. Kröner and Dr. Dahlke abgeiasst ist, ist geradenu eine Mueter- leistang. Im AnschliUB an diese Neubearbeitung der homöopathischen Materia medica sollen viele Mittel, um fttr das zu schaffende Werk in aUen Theilen möglichst genaue Prdfungsbilder su erhalten, neu ge- prüft werden. Während der vergangenen Jahre sind die Arznei- inittel*Prüfungen von Herrn Dr. Schier in Mainz und seinen Mit- arbeitern fortgesetzt worden, und zwar wurden folgende Mittel in Angriff genommen: Lolium temulentum, Spiraea ulmaria, Spartium Bcoparium, Arum maculatum und Lathyrus sativus. Die Ergeb- nisse dieser Prüfungen sind niedergelegt in den letzten Jahrgängen der „Allgemeinen homöopathischen Zeitung*. Ferner erscheint seit kurzem ein neues Lehrbuch der homöopathischen Therapie, dessen einzelne Lieferungen als Beilagen zur Zeitschrift des Ber- liner Vereins homöopathischer Aerzte herausgegeben werden. Auch dieses Werk wird nach dem bisher Erschienenen zu urtheilen» sicher zu dem Besten gehören, was heute auf dem Gebiet der homöopathischen Literatur publizirt wird. Im Jahre 1896 erschien die deutsche Ausgabe von Dewey's Essentials of Homöopathie Materia medica in bedeutend erweiterter Form mit pharmako- l(noBtischen und pharmazeutischen Zusätzen und einer grösseren Anzahl recht guter Abbildungen. Ein sehr interessantes Buch ist das in demselben Jahre herausgegebene Werk von Dr. H. Donner „üeber die Spätformen der angeborenen Syphilis (Syphilis congenita tarda). Eine Neuauflage des bekannten therapeutischen Kompen- diums von Bönninghausen wurde 1897 durch Dr. E. Fries besorgt. Wissenschaftliche homöopathische Zeitschriften haben wir in Deutschland zwei: die altbewährte « Allgemeine Homöopathische Zeitung**, die mit ihrem 140. Bande in das neue Jahrhundert trat und seit mehreren Jahren unter der vorzüglichen Leitung des Herrn Dr. Mossa steht und dann die gleichfalls mit viel Ge- schick und feinem Takt geleitete „Zeitschrift des Berliner Vereins homöopathischer Aerzte**, die jetzt im 19. Jahrgang erscheint, bis zum Ende des vergangenen Jahres redigirt von den Herren Dr. Windelband und Dr. Sulzer; nach dem Tode des letzteren trat Dr. Burkhard in die Schriftleitnng ein. Diese beiden ge- nannten Journale enthalten in ihren verschiedenen Jahrgängen eine grosse Reihe gediegener Aufsätze aus allen Gebieten der ho* möopathischen Pharmakologie und Therapie und geben so ein deutliches Bild von dem regen Eifer und der erfolgreichen Arbeit der deutschen Homöopathen. 16 Zeitaehrift des Beriiner Yeremes homOopftthischor Aetste. Es existiren in Deutschland auch mehrere popoläre homöo- pathische Zeitungen, unter denen die hervorragendsten sind die ^»Leipziger Populäre Zeitschrift für Homöopathie* (jetzt im 31. Jahr- gang) und die in Stuttgart erscheinenden ,, Homöopathischen Monatsblätter'', beide gut geleitet und jede in ihrer Art der Pro- paganda dienend. Die Zahl der homöopathischen Aerzte in Deutschland hat in letzter Zeit bedeutend zugenommen: es sind ihrer jetzt gegen 600. Allerdings hat der Tod auch im vergangenen Quinquennium wiederum reiche Ernte unter uns gehalten, und unter den Heimgegangenen befindet sich mancher, dessen Name mit leuchtenden Lettern in den Annalen der Homöopathie geschrieben steht, und dessen Tod daher für uns einen schweren Verlust bedeutete, aber es erstand uns auch eine homöopathische Jugend, auf die wir grosse Hoff- nungen setzen dürfen und die schon gezeigt hat, dass der Fort- schritt der Homöopathie in Deutschland auch fernerhin ge- sichert ist. Etwa 30 Kollegen sind uns seit dem Jahre 1896 durch den Tod entrissen worden. Wenn wir die Beihe dieser Entschlafenen, die nun von ihrer Arbeit und dem Kampfe ruhen, überschaaeni so sehen wir, dass eine erhebliche Anzahl von ihnen sich um die deutsche Homöopathie grosse Verdienste, sei es in wissenschaft- licher, sei es in praktischer Beziehung, erworben hat. Wir wollen einige besonders hervorragende Namen nennen. Am 2. Januar 1896 starb der zugleich als Chirurg und Gynaekologe ausge- zeichnete homöopathische Arzt Geheimer Sanitätsrath Dr. Karl Adolf Mayländer zu Berlin im 66. Lebensjahr. Er war ein ausserordentlich geschickter Operateur. Seine im 1. und 2. Bande der Internationalen homöopathischen Presse erschienene Schrift „Skizze chirurgischer Erfahrungen' (1872) ist heute noch lesens- werth. Am 27. September desselben Jahres starb zu Baden- Baden Dr. Ferdinand Katsch, der auf verschiedenen Gebieten schriftstellerisch thätig war. Im Jahrgang 1890 der Zeitschrift des Berliner Vereins homöopathischer Aerzte ist eine vorzügliche geschichtliche Studie von ihm enthalten: „Die Entwickelung des Aehnlichkeitsaxioms von Empedokles bis auf Hahnemann^. Bald darauf, am 1. Oktober, schied der geniale Schöpfer der Lehre von den Schmerzpunkten, Dr. August Weihe zu Herford in West* falen, aus dem Leben im Alter von 61 Jahren. Er sachte die An- schauungen Bademacher's mit der Lehre Hahnemann's zu ver- Dr. KnMU-Biutthy Die EomSop. ia DantsehlAad «n der Wende des JihilL 17 binden. Im Jahre 1897 Terloren wir dnrch den Tod mehrere ana- geseiehnete Kollegen, ao den namentlich durch aein omfangreichea Werk „Der Phoaphor, ein grosBes Heilmittel'' bekannten Dr. Gott- hold Wilhelm Sorge in Berlin, einen Mann Ton eminenter Be- gabung und groasem Wiesen. Dann den leider allzu früh Ter- atorbenen henrorragend tüchtigen Praktiker Dr. Kaspar Simrock zu Frankfurt a. Main, Sohn des berühmten Dichters und Ger- manisten Prof. Karl Simrooki und femer den mit grossem Fleiss und Eifer für die Homöopathie wirkenden, ideal gesinnten Dr. Karl Friedrich Kunkel in Kiel, der das hohe Alter von 78 Jahren erreichte. Am 80. März 1898 starb der geistreiche und originelle Schöpfer der ^biochemischen Therapie* Dr. Schfissler in Olden- burgi dessen bekanntes Werk „Die abgekürzte Therapie^ 25 Auf- lagen erlebt hat und in den Händen vieler Kollegen ist. Seine Lehre steht der Homöopathie sehr nahe. Dr. Oscar WislicenuSi Sohn des Freundes und Mitarbeiters Hahnemann's, Dr, Wislicenua' d. Aelteren, starb, 71 Jahre alt, am 4. August 1898 zu Eisenach, wo er seit vielen Jahren als homöopathischer Arzt thätig war. Er hat, namentlich in seinen jüngeren Jahren sich auf literarischem (Gebiet sehr ausgezeichnet, wovon die früheren Jahrgänge unserer homöo- pathischen Zeitschriften Zeugniss ablegen. Für eine seiner Arbeiten ^hk welcher Beziehung steht die Lehre von den Krisen au dem Wesen der Homöopathie?* erhielt er im Jahre 1856 vom Kongress homöopathischer Aerzte zu Bordeaux die goldene Medaille. Seine Schriften, besonders diejenigen kritischen Inhalts, in denen er die Angriffe der Gtogner der Homöopathie mit Geschick und Erfolg zurückwies, sind noch heute von hohem Werth. Anfangs des Jahres 1899 starb in Frankfurt a. Oder Staatsrath Dr. Karl Friedrich W^alz im 79. Lebensjahre. Ursprünglich Gynäkologe, war er während 22 Jahren dirigirender Arzt eines Hospitale für Frauen- krankheiten in St Petersburg, wohin er auf den Vorschlag seines Lehrers, des Qeheimraths Prof. Dr. Busch in Berlin, berufen worden war; dort lernte er den bekannten Dr. Dominions von Villers und damit die Homöopathie kennen. Nach Deutschland zurückgekehrt, hat Dr. Walz in Frankfurt a. Oder noch 26 Jahre als homöopathischer Arzt in einer ausgedehnten Praxis gewirkt. Er war einer der tüchtigsten Vertreter der Homöopathie im Osten des Reiches. Mit dem Heimgang des Dr. Arnold Lorbacher hat die deutsche Homöopathie einen ihrer Besten und Edelsten verloren. Er starb am 10. Mai 1899 zu Leipzig im hohen Alter BAXX. s fm 81 J*ltf«D. Bis in die letite Zeit von wtmderbarer FHeche des Oeietes mid Körpers, hat Dr« Lerbacber während eetnee langm Lebern utiermadlich ntid mit grosser Anfopfemng der HosoSopathie in Wort und Schrift und mit der That gedient. Seit 1872 war Lorbaeher als Arat der Poliklinik des Homöopathischen OentMl^ terelBS in Leipsig thVAig, nnd sogleich bis 1895 Vorsitxendar des Gentralf ereins. Im Jahre 1878 abemahm er die SchriftleitaDg der Allgemeinen homöopattisehen Zeitung und redigirte diese Zeit*^ Schrift bis 1889 in musterg<iger Weise. Ausser vielen Yorxfiglichen AilMiten, die in den homöpathischen Journalen niedergelegt sind, kat er eine kleine, sehr praktische Schrift herausgegeben, »Am« leitung Bum methodischen Stadium der Homöopathie". Lorbacher war eine liebenswürdige Persönlichkeit, von grosser Herzensgflte «id sittlichem Ernst. Man hat ihn als den »Praeceptor Homde* pathiae Gentianicae** beieichnet, und das mit vollem Recht. Noch bin iweiter schwerer Verlust traf uns, als am 22. Dezember desselben Jahres Dr. Ludger Sulxer in Berlin aus drai Leben schied. Er hat nur ein Alter von 53 Jahren erreicht, aber sein Leben war ein sehr inhaltreiches, ganz dem Dienst der Wissenschaft and den Kranken geweiht. Er war Mitbegründer des Berliner Vereias homöopathischer Aerste und 18 Jahre lang, bis zu seinen Tode, Redakteur an der von ihm in Verbindung mit Dr. Windelband las Leben gerufenen Zeitschrift dieses Vereins, an der er selbst fleiasig mitgearbeitet hat, wovon viele vorzflgliche Aufsätze aus seiaer Feder zeugen. Dr. Sulcer war seit dem Jahre 1895 Mitglied det Kgl. Prüfungskommission f&r homöopathische Aerzte in Berlin als Nachfolger des unvergesslichen Dr. med. u. phil. Hermann Alezander Fischer. Was Dr. Sulzer besonders auszeichnete, war seine grosse Freundlichkeit und vornehme Oesinnung, seine Ge- wissenhaftigkeit und Pflichttreue. Wir haben viel an ihm ver- loren. Der homöopathische Gentralverein Deutschlands hält seine Oeneralversammlungen alljährlich am 9. und 10. August. Im Jabre 1896 fand die Versammlung in Nürnberg statt (Vorträge; Dr. Gross-Magdeburg über «Strophantus hispidus*, Dr. Kröner- Potsdam fiber „äussere Augenerkrankungen*, Dr. Bohowsky- Leipzig ftber |,Soodbrennen''), im Jahre 1897 in Berlin (Vorträge : Dr. Gisevius jun.-Berlin ,Strophantus-Prfifung mit Demonstration von Sphygmogrammen^, Dr. Schwarz-Baden-Baden über „Nephro* miiiiais''X im Jahre 1898 in Salzbarg (Vorträge: Dr. Kranz-- Dr. Xriiif-B^eb, Die Hondop. In Üeuiehlttnd an der Wende de« JiUrh. 10 Bneeh -Wiesbaden Aber *Gholelithia8i8''i Obermedteinalrath Dt. V« 8ick-9tnttgart Aber »Die neue homöopatbisehe Arzneimittellehre und eine Apisprflfting''), im Jäbre 1899 in Elberfeld (Torttäge: Obermedizinalrath Dr. t. 8ick Ober »Professor Samuel und die Homöopathie^) Dr. Dammholz-Berlin Ober ^Perityphlitis*). Die GeneralTersammlongen waren gut besucht nnd die lebhafte Bo' theilignng bei den Diskussionen und Berathungen zeu^e YOn dem regen Interesse, mit welchem die Mitglieder des Gentralvereins an den Yerhandlungen theilnahmen. Die Zahl der Kitgliedef ist auch in erfreulicher Weise gestiegen. Während in den vorhergehenden Jahren im Durchschnitt 146 homöopathische Aerzte dem Central-^ verein angehörten, war der Mitgliederbestand im Jahre 1899 bin auf 170 angewachsen. Diese Zunahme ist in erster Linie der rfthrigen Thätigkeit des Berliner Vereins su verdanken. Den Vor- stand des Gentralvereins bildeten von 1896—1899 die Herren Dr. Windelband-Berliui Dr. Weber-Köln und Oberstabsarzt Dr. Rohowsky-Leipzig; an die Stelle des letzteren trat im^ vorigen Jahr Dr. Stifft-Leipzig. Ausser dem Gentralverein bestehen noch eine Anzahl protinzialer Vereinigungen homöopathischer Aerzte, so der Berliner Verein ho* möopathischer AerztOi der Bftchsisch-Anhaltinische Verein^ die Ver- einigung der homöopathischen Aerzte Norddeutschlands, der Verein der homöopathischen Aerzte Wflrttembergs etc. Die Versammlung der sflddeutschen und schweizer homöopathischen Aerzte findet all- ]&hrlich am Bodensee statt An klinischen Anstalten besitzen wir in Deutschland das homöopathische Krankenhaus zu Leipzig (dirigirendetr Arzt war bisher Dr. Stifft, jetzt Dr. Wapler , ca. 300 Patienten p. a.). femer das homöopathische Spital in Manchen (Dr. Köck und> Dr. Quaglio), und einige kleinere PrivatUiniken. In Stuttgart ist Herr Obermedizinalrath Dr. v. Sick als homöopathischer Arzt am Diakonissenhause thätig. Die Poliklinik des Gentralvereins in Leip" zig wird von Dr. Stif f t und Dr. Wapler geleitet (ca. 1800 Patienten). In Verbindung mit der grossen weltbekannten homöopathischen Gen- traloffizin von Dr. Will mar Schwabe in Leipzig besteht schon seit vielen Jahren eine Poliklinik, an der jetzt Herr Dr. Hengste^ beck ordinirt (6000 Patienten p. a.). Die Poliklinik des Vetrina homöopathischer Aerzte in Berlin erfreut sich eines steigenden Zuspmchs (jetzt Aber 7000 Patienten pr. a.). Homöopathische Apotheken haben wir jetzt sehr viele, ihrtf 20 Zaitsdirifk dei Berliner Verelnei homOopathinher Aento. Zahl wächst Yon Jahr zu Jahr — auch ein Zeichen der sanehmenden Yerbreitang] der Homöopathie in Deutschland. Die bedeutendsten sind die Offizinen von Dr. Schwabe und von Marggraf (Steinmetx) in Leipzig, femer die Gruner'sche Apotheke (A. Kittel) in Berlin etc. Die bekannte homöopathische Pharmakopoe Ton Dr. Schwabe er- scheint soeben in sehr erweiterter und yerbesserter Ausgabe. Durch terschiedene Legate hochherziger Spender ist in den letzten Jahren fflr Vergrösserung schon bestehender und fOr Er- richtung neuer homöopathischer Krankenhäuser viel geschehen. So hat u. A. der vorhin genannte Dr. Hermann Fischer 50000 Mk. dem homöopathischen Krankenhaus in Leipzig testamentarisch Ter- macht Fflr das projektirte Berliner homöopathische Krankenhaus ist im vorigen Jahre ein grosses Terrain im Westen Berlins an- gekauft worden. Möchten wir bald die Freude erleben, dort ein stattliches Hospital erbaut zu sehen, das neben der Fflrsorge f&r die Kranken der wissenschaftlichen Forschung, dem klinischen Unterricht und der Ausbildung homöopathischer Aerzte dienen soll« Frtther mussten die jungen Aerzte, die sich mit der Homöo- pathie vertraut machen wollten, in Leipzig am dortigen homöo- pathischen Krankenhaus und an den beiden Polikliniken unsere Heihnethode studiren, denn nicht jedem war es möglich, die Vor- lesungen und die Klinik des Herrn Prof. v. Bakody an der Universität Buda-Pest zu besuchen. Seit 2 Jahren bestehen nun homöopathische Kurse ffir Aerzte in Berlin, eine Schöpfung des so thatkräftigen Berliner Vereins, fflr die wir diesem nicht genug danken können. Zweimal im Jahre, im April und Oktober, werden diese Kurse abgehalten und zwar in der Poliklinik des Berliner Vereins homöopathischer Aerzte, Charlottenstr. 77. Die Vor- lesungen erstrecken sich auf Geschichte und Prinzipien der Ho- möopathie, homöopathische Pharmakologie und Therapie, verbunden mit praktischen Uebungen an dem sehr reichen Material der Poli- klinik. Zugleich wird in einem homöopathisch-pharmazeutischen Kursus Oelegenheit gegeben, sich mit der Arzneimittelbereitung nach homöopathischen Grundsätzen und mit den Reaktionen der Arzneimittel bekannt zu machen. Der Erfolg war ein Aber alles Erwarten g&nstiger. Die Zahl der Theilnehmer belief sich jedes Mal auf 10—20 Kollegen aus Deutschland, Oesterreich, Holland und der Schweiz, und von den 50 Aerzten, die bis jetzt die Kurse besucht haben, sind ca. 40 dem homöopathischen CSentralverein als Mitglieder beigetreten. Eine im Jahre 1897 auf Anregung des ür. Knas-Bitteli, Die HonOop. in DeutaehUiid an der WTende dw JiSurL 21 Berliner Vereins verfMste PropagandaBchrift «Die Homöopathie in Theorie nnd Praxis^ wird jedes Jahr allen neu approbirten Aersten sngeschickty nnd ist in vorsfiglicher Weise geeignet, den jnngen Kollegen einen Begriff von dem wahren Wesen unserer Heilmethode an geben nnd ihnen die falschen Vorstellungen von der Homöopathie, mit denen sie die üniversit&t yerlassen haben, so nehmen. Im vorigen Jahre erschien noch eine weitere vor- treffliche Werbeschrift »Die Homöopathie Tor dem Bichterstnhl des Experiments* Ton Dr. Gisevius jan« Eine sehr erfreuliche Thatsache ist es femer, dass die Pharmakologie durch Herrn Prof. Schulz an der Universität Greifswald ganz im Geist der Homöo- pathie vorgetragen wird. In Greifswald werden jetzt homöopathisch denkende Mediziner ausgebildet, und es ist einleuchtend, dass auf diese Weise viele junge Aerzte für '^unsere Sache gewonnen und in unsere Beihen gefOhrt werden. Wenn das so fort geht, so werden die allopathischen Fakultäten bald selbst uns der Sorge entheben, Lehrsttthle f&r Homöopathie an den deutschen Hochschulen zu er- richten. Es kann jedem jungen Arzt des In« und Auslandes, der sich eine breite theoretisch-wissenschafUiche Grundlage für die Ho« möopathie verschaffen will, nur dringend gerathen werden, sich'auf einige Zeit bei Prof. Schulz zum Arbeiten einzufinden, eine Gelegen- heit, wie sie auf der ganzen Welt besser nicht vorhanden sein dürfte. Besonders von Niederländern wird diese Gelegenheit schon jetzt viel benutzt, und auf diesen umstand ist es wohl auch zurfick- zufBhren, dass wir gerade von einem holländischen Kollegen, Herrn Dr. van der Stempel, im vergangenen Jahre mit einer Schrift ,De Grondbeginselen van de Homöopathie^ erfreut wurden, in der er in sehr glficklicher Weise die Grundprinzipien der Homöopathie an der Hand der Forschungen von Schulz, Arndt u. A. zu be- weisen sucht. Wir halten dafür, dass das Studium unter Prof. Schulz in Greifswald zugleich die beste Vorbereitung für einen erfolgreichen Besuch der Berliner homöopathischen Kurse ist. Bekanntlich besteht in Preussen seit langem die Bestimmung, dass diejenigen Aerzte, welche homöopathische Arzneien selbst dispensiren wollen, vor einer von der Kgl. Begierung eingesetzten Kommission in Berlin ein Examen in Homöopathie, Chemie und Pharmakognosie abzulegen haben. Als Examinator für Homöo- pathie ist nach dem Tode Dr. Sulzer's Herr Dr. Windelband be- rufen worden. Entsprechend dem Aufochwung der Homöopathie in Deutschland hat auch die Zahl der preussischen homöopathischen 2St 2$eit8oiirift des Berliner Vereinee homOopftÜdflAer Aente. AeiBte, welche sich dieser Prüfung unterziehen, in der letaten Zeit sehr erheblich zugenommen. Vor einigen Jahren wurde dae Dispensirrecht durch neue Verordnungen des Ministers der M Dr. Altschul in Prag veröffentlicht im 15. Band der A. H Z. die Heilung einer Jodinalcachezie mit Jodum SO C. und stützt die Isopathie mit Citaten aus Shakespeare, aus den Acta sanctorum und aus Jeremias dem Propheten. Wie tief die Aktien der Isopathie nach und nach gesunken waren, davon zeugt eine redaktionelle Bemerkung der sonst gewiss toleranten 38 Zeitflehrift des Berliner Vereines homöopathisoher Aerzte. A. H. Z.| Bd. 18 zu einer Arbeit von Dr. Bicking: „WaB ftberhaapt die Isopathie anbetrifft, so können wir fflglich darflber schweigen, da die UnStatthaftigkeit derselben schon mehrfach dargethan ist'S Genzke sagt (im 21. Bd. der A. H. Z.): „Dnrch die flüchtige Idee eines geistreichen Mannes zuerst erweckt und sodann von andern in's regere Dasein gezerrt, ist die Isopathie einem Nebel- bilde vergleichbar, welches von Ferne Oestalt und Umriss zeigt, in der Nähe betrachtet aber in leeren Danst sich anfklärt und nicht unähnlich einer Seifenblase, auf deren spiegelnder Anssen- fläche prachtvolle Paläste und Baumgruppea erscheinen, die aber ein leichter Hauch zu vernichten im Stande ist. Unter allen After- produkten, welche in neuerer Zeit aus dem Schoosse unserer experimentirenden Heilmethode hervorwucherten, giebt es wohl keines, welches so wesentlichen Nachtheil verursachte, wie dieses Wahngebilde, indem es hemmend unsem Forschungen entgegentrat und auf unser Bestreben den Schein des Lächerlichen warf, wozu unsern Gegnern neue — und insofern sie nicht ganz ungerecht waren — gefährliche Waffen in die Hände gegeben wurden'S Ich lasse hier, zeitlich vorgreifend, noch ein Entrefilet von Bummel folgen (A. H. Z., 36. Bd.): „Ungeachtet von gelehrten Herren mit den bestverfassten Be- weisen ihre Nichtigkeit nachgewiesen worden ist, taucht die Idee doch immer wieder von neuem auf, nur ist man noch nicht recht im Klaren, welcher Art man den Vorzug geben solle, ob dem Ison der Körpertheile, oder dem der Erankheitsstoffe. Behaupten doch manche Aerzte, von alten Weibern, der berQbmte Heim sogar von Scharfrichtern, manches gelernt zu haben, so können wir auch von den Hottentotten eine delikate Eur annehmen. Nach Herrn W. v. Meyer (Reise in Südafrika während der Jahre 1840—43) bereiten die Buschmänner ihre Gifte, womit sie ihre Pfeile so gefährlich machen, aus einer giftigen Zwiebel (das Malkopgift), aus dem Milchsaft einer Euphorbia (Boomgift), das gefilhrlichste liefern verschiedene Schlangen (Slanggift) und das vierte (Berggift) ist wahrscheinlich ein Mineral. Es soll nach dem Reisebeschreiber Thatsache sein, dass nichts das Leben eines mit einem vergifteten Buschmannspfeile Ver- wundeten retten kann, als die Eunst eines hottentottenschen Gift- doktors. Nur ein Beispiel wollen wir nacherzählen. Der 19 jährige Beer Strauss war von einem vergifteten Pfeile am Fuss verwundet und in Ermangelung eines Giftdoktors mit Dr. Nebel^ Beitrag inr Getehiehte der^Isopatliie. 39 Salmiakgeist und Alaun bebandelt worden. Als er in dem Hause ankam, wobin er getragen worden, war die 3 Zoll grosse Wunde schon ganz in Fäulniss geratben, sein ganier KSrper war starr und steif, er kannte Niemanden mebr, konnte kein Wort mebr sprecben und man glaubte jeden Augenblick, dass er sterben wflrde. Am 4. oder 5. Tag kam der Giftdoktor, band sein von Schweiss fettes, schmutziges Kopftuch auf die Wunde und hielt dem Erstarrten seine Hände, die er unter den Armen erwibrmt hatte, unter die Nase und vors Gesicht, ungefähr wie ein Magno- tiseur thun würde. Die Wirkung war schnell, der Kranke hatte einige Konvulsionen und erwachte dann aus seinem lethargischen Zustande, in dem er zwei Tage gelegen hatte. Er beklagte sich Aber furchtbare Schmerzen in der Gegend der Wunde, wollte aber nicht ein Paar Löffel vom Urin des schwarzen Arztes nehmen, wie ihm vorgeschlagen wurde; als er sich endlich dazu bereden liess, war er bald hergestellt. Der Urin soll nicht scharf, sondern sttss wie Quellwasser geschmeckt haben. Diese Giftdoktoren fangen damit an, Gift zu verschlucken, dann impfen sie sich damit und verschlucken von Zeit zu Zeit neue Gaben Gift und wiederholen die Impfung. Von einem Anhänger in dieser Kunst wird erzählt, dass er sich habe von einer giftigen' Schlange beissen lassen, um zu sehen, ob er schon giftfest sei; das war aber nicht der Fall, er schwoll am ganzen Körper, wurde steif und wäre gestorben, wenn nicht ein alter Giftdoktor ihm seinen Urin und einen Aufguss eingegeben hätte, den man aus einigen Lappen seiner mit Schweiss ge- schwängerten Kleider gezogen hatte. Dann impfte er ihn an Schultern, Brust, Mcken, Armen und Stirn mit dem Gift der gelben Schlange, der Puffotter und anderer Beptilien. Er wurde gesund und seitdem ein berfthmter Giftdoktor, doch war seine Aus* dfinstung so verpestet, dass man es kaum eine Minute in seinem ekelerregenden Dunstkreise aushalten konnte. „Nichts charakterisirt das Schicksal der Isopathie besser ab zwei Auslassungen Griesselich's: „Die sogenannten isopathi- sehen Mittel sind nur homöopathische und mit ihnen werden die exaktesten Kausalkuren gemacht'' (HyS*! 314). Und... „bis endlich, Gott sei's geklagt, Unwissenheit und Mysticismus die grÖBsten Trinmpfe feierten und der Schmutzfink (die Isopathie) an's Licht trat, den z. B. Dr. Gross für den lange gesuchten Stein der Weisen ausgab" (Hygea XXI 154). 40 Zeitiehrift des Berliner Yaeinea homOopathiBeliar Aente. Beseichnend ist auch, dasB Bammel und Wolf in den 18 Thesen sich YoUständig über die Isopathie ausschwiegen. Herr mann' 8 „wahre Isopathie^' erschien in Angsbnrg im Jahre 1848. Schon im Jahre 1845 veröffentlichte er Einiges Aber Hepatin nnd Pulmonin in der A. H. Z. (Bd. 27). Ans dieser Ver- öffentlichnng geht hervor, dass der Gegenstand Hemnann schon längere Zeit beschäftigte nnd dass er schon nm's Jahr 1840 an Gross davon Mittheilnng machte. Gross selbst sagt in einer An- merkung, dass Dr. Herrmann ihn schon mehrere Jahre zuvor damit bekannt gemacht habe, er aber, weil er es nur empirisch anzu- wenden vermochte, nur wenig zahlreiche Beobachtungen ge- macht habe. Man kann sich denken, wie Griesselich und Genzke uihI El wert über Hemnann losfielen. Man machte Witze über poten- zirte Eselsohren und Armensünderfett, Leberknödel und Lungen- mus. Man nannte Hermann ein Wasserschloss von einem ho- möopathischen Mystiker, Hochpotenzirer oder auch Ueberschwänk- li^hen und Phantasten. Herrmann blieb die Antwort nicht schuldig und erliess im 31. Bd. der A. H. Z. eine geharnischte Vertheidigung. Er äussert sich über die Kritik Genzke's: „Ich habe in der Hygea schon starke Ausbrüche von Anmaassung und Insolenz gelesen, aber von diesem Kaliber sind sie mir nicht vorgekommen'^ Im ganzen macht seine Vertheidigung einen ausgezeichneten Eindruck und ich bedauere es lebhaft, Herrmann's Buch nicht analysiren zu können, aus dem einfachen Grunde, weil ich dasselbe nicht auf- zutreiben vermochte. Hermann's entschiedenes Auftreten hatte doch den Erfolg, dass Dr. Kurz in Dessau in der Hygea (23. Bd.) noch einmal auf sein Buch zurückkam und die harten Urtheile von Griesselich, Genzke und Elwert abschwächte. Ich führe zur Orientirung aus dieser Kritik an: „Was den Inhalt seiner (Herrmann's) Schrift betrifft, so zer- fiUlt diese in fünf Theile, von denen die S ersten sehr leicht hätten zusammen gearbeitet werden können, indem in allen doch nichts anderes abgehandelt wird, als die über Gerebrin, Dentin, Sto- machin, Hepatin, Lienin, Bilin, Pancreatin, Benin, Vesicin, Testi- culin, Dterin, Tänin, Bronchin, Pulmonin, Cordin gemachten kli- nischen Erfahrungen. Der IV. Abschnitt enthält eine Zusammen- Dr. Nebel, Beitrag nur Geeehichte der Isopatbie. 4] steOang der animalischen Heilmittel ans Lonicer's Eräuterbaeh, der y. aus PliniuB' Natorgeschicbte lib. 28. Ob der Verfasser die unbedingte Hanptrficksicbt seiner Iso- patbiky nämlich die Anforderung des urerkrankten Organes überall scharf in*s Auge gefasst habe, möchte ich nicht gerade vertreten; auch die Berichterstattung lasst nicht selten gar manches zu wünschen flbrig. Es scheint daher das rathsamste, sich blos an die freilich etwas kärglichen therapeutischen Resultate zu halten, was man freilich um so eher wagen darf, da der Verfasser offen und ehrlich ebenso die negativen als die positiven Erfolge be- richtet Auch wenn sogar alles Täuschung wäre, verdiente er daher doch keinen Vorwurf ^ Kein Wunder, dass Herrmann*s Isopathie auf steiniges Erdreich fiel und in*s Dornengestrüpp und dass erst die Allopathie in neuester Zeit sein Erbe antrat mit den organotherapeutischen Be- strebungen (Opotherapie). Soviel ich weiss, blieb von uns dies Gebiet als Brache liegen, J. Clark allein lieferte uns neuerdings eine Prüfung des Thyreoidins. War der Erfolg von Herrmann' s „wahrer Isopathik'' an und Ar sich auch gering, da Nachprüfungen nur spärlich stattfanden und sogar Hering sich dagegen aussprach, so loderte doch für einen Augenblick das Interesse für die Isopathie wieder auf. Vor allem trat Hering wieder auf den Plan in einem Artikel „das Psorin und seine chemische Bettung" (A. H. Z., 43. Bd.), in welchem er nochmals den Entwickelungsgang seiner Versuche über die „Nosoden" darlegte. In seiner derben Art drückte er sich über das Schicksal seiner Ideen aus: „Theils wurde die ganze Sache ignorirt, theils fiel sie in die Hände von Dieben, Räubern und Mördern*'. Ich führe folgende Stelle noch an, weil wir da das erste Mal auf die Bezeichnung Nosoden stossen: „Ich habe bis auf weiteres die Mittel dieses ganzen Gebietes im Arzneireiche Nosoden genannt und verstehe darunter nur Krankheitsprodukte und zwar insbesondere die darin enthaltenen wirksamen Salze . . • Die Erfahrung hat gelehrt und hinreichend nachgewiesen, dass diese Nosoden als Arzneien zwar in Fällen dienlich sein können, welche dem Anschein nach keine Aehnlichkeit haben mit der Krankheit, deren Produkt sie waren, dass aber in denselben Krankheiten, unter Bedinguogen, welche wir noch nicht kennen, 42 Zeitachrift des Beriiner Vereinet hoMOopathJicher Aente. ein sehr bedeutender und zwar ein auflfallend heilender EinfluBS bemerkt worden ist. Mir ist es niemals wunderbar, noch weit weniger mystisch erschienen, dass dies so sei, es giebt aber Leate, welche darin etwas Wunderbares erblicken und Andere, welche de»- wegen es mit Schauder und Entsetzen yerwarfen oder sehr tölpel- haft verschimpfirten". Er fährt dann fort: „Ich kam durch die Prüfung der Nosoden auf die Prüfan^^ der Bestandtheile des Körpers und hatte Grund anzunehmen, dass jeder in Weingeist lösliche fiestandtheil eines Organes auch auf dieses Organ Torzugsweise wirke. Ich erwähnte dies in Briefen, die gedruckt wurden (Archiv XI7 2, pag. 98) und man erhob viel albernes Geschrei über diese Mystik, weil man es nicht verstand, oder nicht verstehen wollte. Mittlerweile kam ich dadurch auf die Prüfung der im Körper fungirenden, chemisch darstellbaren Salze, des phosphorsauren Kalke», Natrum, Magnesia, der Flusssäure und des flusssauren Kalkes, der Oxalsäure u. s. w. Die Erfolge berechtigten mich zur Annahme des Grundgesetzes aller Wirkung: Diese Bestandtheile wirken dadurch auf Gesunde, dass die ihnen physiologisch zukommende Thätigkeit und Verrichtung erhöht wird und hervortritt (1834). Was aber kein Bestandtheil des Leibes wäre, würde sich einem anderen ähnlichen Be- standtheil substituiren und alle Wirkung bei Gesunden dadurch zu erklären sein (1843). Also auch die Wirkung bei Kranken, denn es ist jedenfalls, was einmal Wirkung ist, immer dieselbe Wirkung, es findet sich nur ein anderes vor und erscheint also, dadurch bedingt als anderswirkend. Ich erkenne aber gar keinen Unterschied an in der krankmachenden und heilenden Wirkung, es ist immer ganz dasselbe Gesetz, dieselbe Wirkung. Wahrscheinlich wirken auch die in den verschiedenen Orgauen der Thiere enthaltenen Salze auf dieselben Organe bei dem Menschen, und alles was nöthig ist, wäre 1. Feststellung dieser Sake, 2. Prü- fung an Gesunden, 3, Heilung der Kranken. Auch aus dieser Ansicht, die sich schon dunkel im Volke vor- fand, hat man einen Scherwenzel zu machen gesucht, man wollte den allerdings mühsamen Weg der Prüfung am Gesunden er- sparen, wollte mit plump ausgesuchten Schablonen malen, wollte es bequem haben. Auf der anderen Flanke erschien eine Kritik, Dr. Nebel, Beitrag; sor Geichichte der Isopathie. 43 die sich's ebenso bequem za machen suchte'*. (Auf Herrmann und seine Kritiker gemUnzt). Wen es interessirt, findet bei diesem Artikel Hering's auch eine Literaturangabe Aber Psorin. Noch schärfer spricht sich Hering aus in seinem Artikel des 46 Bandes der A. H. Z. Protest gegen Verfälschung der Geschichte: „Ich halte es für eine Lebensfrage bei der weiteren Ent- wickelung unserer Arzneilehre, dass das'&esetz der Wirkung richtig erkannt werde. Das beruht aber auf demselben Satz, der zur Isopathik der Kontagionen durch Lux und zur wahren Iso- pathik der Fuchsleber durch Hermann Veranlassung wurde. Deshalb war ich yon Anfang einer der ersten und schärfsten Gegner der Isopathie und es ist absichtliche Verfälschung, wenn dies verschwiegen wird; es ist eine Entstellung der Wahrheit, wenn man unter dem Unsinne, bei dessen Widerlegung mich als Zeugen des Unsinns anfahrt und meine wie das Donnern dem Blitz folgende Protestation ver- schweigt. Noch schlimmer ist es, dass die wichtigsten Sätze, welche durch eine Menge unbestreitbarer Thatsachen sich ver- theidigen lassen, mit in die Seifenbrühe geschmissen werden, wenn das Kind mit dem Bad in die Gosse geschattet wird. Wem die Zigeuner oder Bereiter eine Tochter stehlen und er findet sie dann wieder erwachsen unter den Landstreichern, der fahlt etwas ähnliches, der weiss, wie mir's geht, wenn ich dieses gestohlene — Kind mit Fetzen und Lumpen bedeckt, zu Gaukeleien abgerichtet, wiederfinde. Was wird ein Vater dann thun? In England geschah's, dass einer den Dieb und geistigen Mörder auf der Stelle erschlug und vom Gerichte freigesprochen wurde; aber was half das? Auch ich protestirte damals auf der Stelle, aber was half das? Was einem Vater dann obliegt, ist nur das Eine, was noth thut, er sucht seiner Tochter Seele zu retten. Das habe ich gethan seitdem und protestire deshalb wieder und wieder, doch nur, dass die Seele gerettet werde. Wenn besagte Tochter vor Gericht gestellt wird und als Landstreicherin und lüderliche Dirne verurtheilt, warum beschuldigt man den Vater und zerrt ihn mit unter das Gesindel, trotzdem dass er sogleich seinen Abscheu deutlich genug ausgesprochen? Ich habe aber Ober dem Bilde schier vergessen, dass man auch den Ursprung ableugnet und ofienbar historischen Thatsachen 44 ZeitMlurlft dei Bttrliner Yoninei homitopatliiaeliei Aente. frech in'B Gesicht schlägt. Man will mir nicht einmal die Ehre gönnen, der Vater der Dirne zu sein. Ans Liebe and Schonnng aber gewiss nicht. Das ist jedoch Nebensache, das ist nichts, als eine ganz einftltige Ungerechtigkeit, weil sich Leute, yor deneo man sich zu fürchten beliebt, unter den Dieben befinden. Das kommt mehr vor in dieser Welt." Der Wichtigkeit wegen gebe ich die Thesen Hering's an dieser Stelle wieder: Uebersichtliche Wiederholung der Lehrsätze. Erste Stufe. Vermuthung. Das Schlangengift musa auch innerlich genommen, wirken. 1822—1828 (Archiv X, 2, S. 4 gedruckt 1831. Versuch. Es wirkt im ersten Versuch 1828 d. 28. Juli u. in mehr als 100 folgenden. (Archiv X 2, S. 20, XIII 1, S. 166, XIV 1, S. 170 Monographie des Schlangengiftes.) Beweis. Hinreichend gegeben im Erwähnten und spätem. Zweite Stufe. Vermuthung. Das Hundeswutbgift muss auch innerlich wirken. Versuch. Andere dazu aufgefordert 1830 d. 18. Juni. Archiv X 2, S. 17, Xni 3, S. 82; aber niemand hat's gethan. Selber ge* macht, sobald als möglich, Juli 1833. Es wirkt auf Gesunde ent- schieden und so mächtig, als irgend ein anderer Stoff. Beweis im Obigen, mehr kann gegeben werden, sobald man will. Dritte Stufe. Vermuthung. Auch andere pathiscbe Produkte mflssen innerlich wirken. 1830. Archiv X 2, S. 27, 29, 30, XIII 3, S. 32. Versuch mit Psorin oder Krätzeiter S. 30 1. c, mit Variolin 1830 angestellt S. 17 und mit Vaccinin oder Pockengift S. 29 1. c. 1838 im Herbst angestellt Beweis. Kann gegeben werden auf Verlangen. Vierte Stufe. Vermuthung. Die Wirkung dieser Pro- dukte (Nosoden) muss einen Bezug haben auf die Krank- heit, durch welche sie entstehen. 1830. Arch. X 2, S. 27, besonders aber S. 30 und viele folgg. XIII 3, S. 1. XIV 2, S. 99. Versuch. Zahlreich und entschieden genug. Beweis. In den Vorarbeiten. Fünfte Stufe. Vermuthung. Auch gesunde Leibes» Produkte und -Theile wirken und zwar ebenfalls auf die- Dr. Nebel, Beitnif Zur GMohi^ta der Iiopetlile. 46 selben Organe Torzugsweisei von denen sie genommen werden. Archiv XIV 2, 8. 98, 99. Yersncb. In grosser Menge angestellt 1829—1834. Beweis. In den Vorarbeiten zn geben. Sechste Stnfe. Vermuthnng. Die chemisch darstell- baren Ornndlagen mflssen das Wirksame sein, daher dergleichen Stoffe aaf die Organe, welche sie bilden helfen, Yorzugsweise wirken massen, jedes nach seiner Art, ebenso anf die Verrichtungen, bei denen sie be- theiligt sind. 1883. XHI 3, S. 65. 1884. XIV 3, S. 143. Versuche mit Phosphorkalk, Fluor, Chlor, Ozygen und anderen Gtasen, Kohlensäure u. a. m. Bearbeitung des Eisen, Mangan, Schwefel, Phosphor, der Säuren, der Sake, dann des Kali und Natron u. s. f. Siebente Stufe. Vermnthung. Alle Wirkung aller Arzneien beruht auf dem durch sie bedingt werdenden Heryortreten der Verrichtung» welche sie beim Gesunden als dessen Leibesbestandtheile haben, oder indem sie an die Stelle solcher Leibesbestandtheile sich drängen, deren Verrichtungen abändernd. Archi? XXII 3, 8. 106 und frfiher. Versuche und Beweise in den amerikanischen Arznei- Prüfungen.^ In der Versammlung der hom. Aerzte Westfalens und des Rheinlandes erzählte Dr. Bredenoll (ein unmittelbarer Schüler Hahnemaon's) die Heilang eines mehrjährigen Nierensteinleidens bei einem Landpfarrer auf isopathischem Wege durch eine einzige Oabe calc renales und Dr. Oauwerky referirte Aber Psorin, das er sehr rflhmte (A. H. Z. 44. Bd.). Sogar auf der Gentralvereinsversammlung kam durch Staats- rath Dr. Brutzer aus Riga die Wirksamkeit der isopathischen Heilmittel zur Sprache. Seine Bede ist im 44. Band der A. H. Z. veröffentlicht. „Es ist das (die Isopathie) allerdings ein Gegenstand, der ge- wiBsermaassen im Verruf ist; — erstlich wohl, weil leicht abzu- sehen, dass eine öffentliche Besprechung unsern Gegnern neuer- dings wieder Tiel Stoff zu Ausfällen liefern würde, Stoff, wie man ihn gern mag, indem man eine eigne Art des Witzes nur allzu leicht an ihm Oben kann. Dann ist aber nicht zu leugnen, dasB mit einigem Bechte man ihn unsererseits von sich ge- 46 ZeitBohrift des Berliner Vereines homOopathiseher Aente. wiesen, weil mit ihm grossentheils das ärztliche Wissen auf wissen- schaftlicher Basis umgangen und einem argen gedankenlosen Schlendrian Tbür und Thor geöffnet werde." .^ Mir aber, meine Herren, steht die grosse Bedeutung der sogenannten isopathischen Mittel längst schon apriorisch fest" Auf ergangene Angriffe antwortet dann Dr. Butzer: „Die Mit- theilungen geschahen, indem ich zu einer Prüfung und Würdigung der sogenannten Isopathie aufforderte, indem ich höflich Yoraus- setzte, es sei die Versammlung das geeignete Forum für die Be- handlung dieses wichtigsten Gegenstandes, um ihn zu einem wissen- schaftlich gebildeten Resultate zu führen. Dass der Gegenstand wichtig, wenn der Sache überhaupt nur etwas Wahres zu Gtrunde liege, wird Niemand in Abrede stellen. Dass der Isopathie aber nichts Wahres zu Grunde liege, und dass sie nunmehr nie wieder auftauchen werde, einer solchen Behauptung wird man allgemein beizupflichten nie wagen, solange Männer wie Moritz, Müller und Trinke, Kurz und Hering, Stapf und Goullon sich mehr oder weniger für dieselbe interessirt und ausgesprochen haben und diese Männer werden doch dadurch noch nicht widerlegt, dass andere wie GL Müller und Hirschel, Griesselich, Rau und Genzke die Sache verwerfen'^ Aber Brutzer hatte tauben, Ohren geredet; wohl erschienen noch hie und da yereinzelte Notizen über isopathische Mittel, aber thatsächlich nahm sich in Deutschland niemand der wissen- schaftlichen Bearbeitung der Isopathie mehr an, womit aber nicht gesagt sein soll, dass die betreffenden Mittel Yollständig ausser Gebrauch kamen. Der Mangel an ausreichender Literatur gestattet mir nicht, die Entwicklung der Isopathie in andern Ländern zu verfolgen. Ich erwähne nur als sehr bemerkenswerth eine Prüfung des Hy- drophobins von Dr. Johann Redawe Coxe jun. in Philadelphia, in Uebersetzung mitgetheilt von Dr. Friedrich Müller (A. H. Z. Bd. 54). Die Prüfung fand mit der 3., 6. und SO. C. statt an 6 Personen. Mit angeführt ist die Prüfung Hering's und anderer Prüfer. Im British Journal of Homoeopathics Heft IV 1857 , findet sich ein Artikel über Hippozaenin von Dr. Wilkinson, Ich mache darauf aufmerksam, weil das Rotz gif t ein sehr kräftiges Mittel zu werden verspricht bei genauer Prüfung und es nach vorliegenden Angaben bei Krebs Bedeutendes zu leisten verspricht. Dr. Nebel, Beitiftg mr Gewhiehte der Isopathie. 47 Ich Bchliesee die zweite Periode der Isopathie mit den Unter- sachungen von Dr. A. Ton Eaczkowski über Variolin und Vac- cinin: yiGenesis der homöopathischen Impfung durch M. Dr. A. Bitter von Eaczkowski in Vorschlag gebracht, Yon Isidor Ritter von Csajkowski; Gutsbesitzer in Jarostawice» durch phjsiologisch-pathologische Proben t. J. 1862 — 1870 an seiner Schafherde praktisch dnrchgef&hrf Durch einen im Central verein (1869 in Leipzig) gehaltenen Vortrag aufmerksam gemacht, interessirte sich C. Hering sehr für diese Versuche, was am besten den Werth dieser Mittheilungen beweist. Die Arbeit erschien im 3. Band der internationalen ho- möopathischen Presse (1873) und ist wohl die bedeutendste expe- rimentelle Arbeit über Isopathie. Ich bringe nur den Scbluss derselben: „Mögen nun sowohl homöopathische Aerzte, Naturforscher und rationelle Landwirthe, wie auch Schafisüchter die homöopathi- sche Impfung sowohl an Menschenkindern mit Variolinum humanum, an Schafen mit Variolinum ovium nach den genau beschriebenen Vorschriften erproben, um auf diese Weise die Richtigkeit der von mir an Menschenkindern und von meinem seligen Freunde Isidor von Gzajkowski an seinen Schafen gemachten Erfahrungen zu konstatiren, oder deren Wichtigkeit zur Evidenz zu bringen. Denn im ersten Falle wird die Homöopathie eine Siegeskrone sich er- werben und die oft mit so viel Gefahren verbundene gewöhnliche Impfung der Menschenkinder mit der Zeit gänzlich verbannen; im Falle aber, wenn die natürlichen Menschenblattern epidemisch auf- treten, ein sicheres Heilmittel gegen diese verheerende Krankheit der leideoden Menschheit liefern.'* Dr. Carl Müller, Stadt- und Qeriohtsarzt in Brüx, konnte die Wirksamkeit des Vaccinins in einer schweren Blattern epidemie bestätigen (Internat, hom. Presse Bd. 3): Ein Zeugniss in Sachen der Blattern. Er schUesst aus seinen Erfahrungen: „1. Bisher ist mir noch kein besseres und kein anderes, so ver- lässliches Mittel gegen die Blattern bekannt geworden, als dieses. 2. Ich ziehe dessen Gebrauch als eine innere Impfung durch die Schleimhaut des Mundes und der Zunge jeder anderen Impfung vor. 3. Ich erkenne es als ein echt homöopathisches Verfahren nach dem Gesetze: Similia Similibus. 4. Es ist 48 Zeitsehrift des Barliner Veteinet homSopathiaohMr Amste. nicht allein präservativ, sondern ebenso Heilmittel bei schon aus- gebrochener Blatternkrankheit'^ In einer Anzeige: Behandlung der Blattern mit Va- riolin von Dr. Blakely theilt Dr. Brückner in Basel selbst einen sehr schlagenden Fall von rascher und sicherer Heilwirkung des Variolin mit. So sind wir an die Zeitperiode angelangt, in welcher die Forschungen Pasteur's und Eoch's es ermöglichten , die Wahr- heiten der Isopathie experimentell nachzuweisen. (Fortsetzung folgt.) Aus fremden Zeitschriften. Arznelmittellelire. Ceanothus Amerteamui. Ein Tierzehnj&hriges Mädchen hatte beim Hochreichen plötzlich einen heftigen Schmerz im linken Hy- pochondrium verspürt, der nicht weichen wollte. Die Untersuchung zeigte Schwellung und beträchtliche Sehmerzhafbigkeit der Milz. Geanothus 30 heilte in 2 Stunden den Schmerz, nach einigen Tagen war die Milz zur normalen Grosse zurückgekehrt. Dr. Glarke hat das Mittel nur auf klinische Anzeigen hin gegeben, da 0. noch nicht geprüft war. Inzwischen ist seine Wirksamkeit auf die Milz durch Fahnestocks .Prüfungen erwiesen. (S. diese Zeitschrift 1900 p. 185, 259.) Hom. World Oct. 1900, S. 442. Kr. Crataegus oxyaeantlia. Dr. Gordon (The Clinique 1900) be- richtet folgenden Fall: Ein 38 jähriger Patient, seit Jahren hers- leidend, jetzt bettlägrig, mit enormen Oedemen, Cyanose, kaum fühlbarem Puls, Eollapserscheinungen. Aorten- und Mitralin- suffizienz, starke Dilatation. Crataegus dreistündlich Tag und Nacht lässt in 4 Tagen den Hydrops vollkommen verschwinden und stellt die Kompensation her. Er. Crataegus oxyacantha. Dr. W. E. Reily theilt aus einem Material von ungefähr 100 Fällen, die im Laufe von zwei Jahren mit verschiedenem Erfolg behandelt wurden, zwei sehr günstig ver- laufene mit. Ans freaden Zeitaehriftsn« 49 1« FalL 37jährige unverheirathete Lehrerin, m deren Familie sowohl Lungen- wie Herzleiden erblich waren, litt seit 3 Jahren an Husten und zeitweise an Athemnoth. Sie war sehr deprimirt, nerYöSy schwarzsseherisch, hatte schlechten Appetit und Schlai Die Untersuchung ergab Mitralinsuffizienz mit starker Dilatation; im Urin Eiweiss und Tiel Phosphate. Crataegus 0, TierstQndlich 5 Tropfen, bewirkte in einer Woche schon merkliche Besserung, nach vierzehn Tagen konnte sie schon ohne Luftmangel Treppen steigen. Appetit vom ersten Tag an besser; das Gemflth heiterte sich auf; der Urin wurde in 3 Wochen normal Gewichtszunahme 20 Pfund. Ein schwaches Mitralgeräusch blieb. 2. Fall. Eine 65 jährige Frau, sehr korpulent, erkrankte an Wassersucht. Seit einem Jahr litt sie an kurzem Athem, seit drei Monaten begannen die Beine zu schwellen. Die Untersuchung zeigte keinen Klappenfehler und geringe Dilatation. Herzschlag unregelmässig, aussetzend, ca. 120 Pulse: Patientin war verstopft und von verzweifelter Stimmung, hatte schlechten Appetit. Cra- taegus 0f 3 stündlich 6 Tropfen, brachte in acht Tagen bedeutende Besserung in jeder Beziehung; die Oedeme verloren sich, der Puls wurde kräftiger, die Stimmung besser. Seit einem Jahr befindet sich Pat. vollkommen wohl. Verf. giebt folgende Symptome (bis jetzt nur klinisch aus den von ihm gebesserten Fällen eruirt) an: Oemath: Verzweiflung, deprimirter Gemüthszustaiid« Brust: Oppression, starke Atemnoth bei der geringsten An- strengung, Husten trocken oder mit eiweissartigem Auswurf. Manch- mal Schmerzen in der Herzgegend. Herz; Gewöhnlich dilatirt, erster Ton schwach oder fehlend. Puls beschleunigt, unregelmässig, aussetzend. Mitralinsuffizienz. Verdauung: Nervöse Dyspepsie mit Stuhlträgheit. Appetit wechselnd. Nerven: Nervös , reizbar, mit Bücken- und Kopfschmerzen. Grosse Erschöpfung bei der kleinsten Anstrengung. Urin: üebermaass von Phosphaten. Glieder: Oedem der Hände und Füsse mit grosser Schwäche. Verschlimmerung von körperlicher oder geistiger An- strengung im warmen Zimmer. Besserung in frischer Luft, körperlicher und geistiger Buhe. Hom. Becorder 1800, p. 461. Kr. l.Bd.ZX 4 90 Zeittdffft te BttÜMr Tcniaei konBopatfcinlMr Amte. L y ef M Tkghdcn, H«n«jaftos6. Nteh neiiereD Prflfimgen. ¥•1 Ik*. F. Kopp. Klopfender oder stechender Schmers in Hereea, Bspfittdlichkeit mid ZagammenechnfiraogBgefllhl io der Hengegmd; dimpfes schweres Klopfen des Henens; Pols bei jeder Inspimtion rtseher; scharfer Schmers in der Herzspitie, mit Znssmmeneiehang der IntercosUImoskdn, schlimmer dorch rechte Seitenlage; Herzens- angst, Pnls häofig, aossetsend; eigenthflmliches schmersloses Oe- flhl, wie ein Dringen nach aossen in der Hersgegend; heftiges HersklopAm bei jeder Anstrengung, sowie beim Erwachen; Hen- sehmerzen mit aUgemeiner Schwäche; Pols schwach, weich, kaum zn ffthlen; Herzschwiche mit Ohnmachtsgefühl, besoDders beim Steigen; auch leidlich kräftiger Pols bei kanm wahrnehmbarem Herzschlag; Systole knrz, Intervall zwischen zwei Kontraktionen länger; Pnls wechselt sehr in Rhythmus und Stärke; Herztöne un- bestimmt, gehen unTermerkt in einander Ober; häufiges Oähnen und Senfsen. Klinisch empfiehlt sich das Mittel bei Husten mit Blntaas- worf und schwacher Herzthätigkeit ; es wirkt oft gut pdliadT bei organischen Herzleiden, indem es das Angstgefbhl lindert, dmnso das heftige Herzklopfen. Besonders angezeigt ist es bei Herz- klopfen in Folge von Plethora, auch bei Aneurysmen. Bei den Prüfungen sind die Herzensangst, von der Spitze ausgehend, und die scharfen Schmerzen an der Herzspitze besonders ausgeprägt. Der Puls wird zuerst gekräftigt, später in der oben geseichneten Weise geschwächt. Auffallend ist die grössere Fre- quena beim Einathmen. Fortwährende Frostigkeit, besonders beim Sitzen, femer rheumatoide Schmerzen im lioken Vorderarm, Ver- schlimmerung beim Aufwachen sind ebenfalls charakteristisch. Ferner empfiehlt E. das Mittel bei Gelbsucht mit Diarrhoe und Herzschwäche, ferner bei Herzleiden mit Exophthalmus. Hom. World 1900, p. 602. Kr. Merenrprilparato In Ihrer Sinwlfknng auf Nase nnd Hais. 1. MercuriuB vivus und solubilis. Seine Prüfungen zeigen Anfkreibung nnd Berflhrungsempfindlichkeit der Nasenknoehen, Schwellung nnd Röthe der Nase; Nasenbluten im Schlaf, Fliess- schnupfen mit wundmachendem Sekret. Uebler Geruch ans der Nase» Schorfe in den Nasenlöchern. Trockenheit im Pharynx oder Anhäufung von sihem Schleim. Uebler Mundgeruch, Speichelfluss , metallischer Geschmack, oft Aw iimdm SBtltatMflMi. 51 kleine SchleirohaatblatimgeD. Zunge geschwollen, schlaff, zeigt den Abdruck der Zähne, dick weiss belegt, EntEftndug imd oberflftchliche UlceraAion der Mundschleimhaut Zahnflebch ge- schwollen, livide, schwammig, sehr empfindlich und leicht blutend, oft geschwfirig. Die Zähne werden schwarz, lose und fallen ans. Zäpfchen geschwollen, Pharynx kupferroth, Maadehi geseh wollen. Mandeleitemng. Schwellung der SubmaxiUardrQsen und der Lymph-^ drfisen. Stimme heiser, Bohheit im Kehlkopf. Klinisch ist daa Mittel angezeigt bei chronischen Katarrhen des Kehlko^eSi der Luftröhre und der Bronchien, sowie in allen Formen ton Pharyn- gitis mit SpeichelfluBS, Drasenschwellung und fibelriechendem Aihem. Mercurius corrosirus. Hauptsächlich bei akuten Bat* zfindungen heftigen Charakters, welche die Gaumen-, Bachen- und Nasenschleimhaut betreffen, insbesondere wenn auch das submnoSse Bindegewebe betroffen ist und starke Exsudation stattfindet. Heftiger brennender Schmerz im Pharynx, unerträglich durch jeden äusseren Druck. Insonderheit bei syphilitischen Erkrankungen verdient das Sublimat in erster Linie verwendet zu werden. Speziell ist es angezeigt, wenn in der Nase dickes, fast leimartiges Sekret ist mit geschwttrigen Nasenldchem und Neigung des Septums zur Perforation. Die Munderscheinungen sind ähnlich wie bei Merc. BOlobilis; im Pharynx: weicher Gaumen und Zäpfchen ge- schwollen, dunkehroth, auf den geschwollenen Mandeln sitzen Ge- schwfire. Schlucken sehr erschwert; ErstickuugsanfiUle. Heftiger brennender Schmerz in Hals und Oesophagus, grosse Empfindlich- keit der Drfisen. Heiserkeit, Aphonie. Beim Husten ist der Aus- wurf oft blutig. Mercurius cyanatus: Diphtherie bösartigen Gharakten« Nasenbluten. Die Membran ist zuerst weiss, wird dann grau, lederartig, droht brandig zu werden. Von Anfimg an Prostration. Zunge braun oder schwarz belegt, viel Speichelflnss, fMider Athem. Auch bei Larynxdiphtherie nützlich. Cinnabaris: Subakuter oder chronischer Nasenkatarrh, Druck anf die Nasenwurzel. Strähniger Schleim, besonders reichlich in den Choanen. Hals geschwollen, Mandeln roth und dick. Trocken- heit im Schlünde, besonders Nachts quälend. Oedem der Epi^ottis, Heiserkeit, Laryngitis. Mercurius dulcis: Hauptsächlich bei blassen skrophulSsen Kindern und Drüsenschwellungen angezeigt, femer bei Eataxrh der Tuba Eustachii mit Schwerhörigkeit und Ohrgeräuscben. 4^ 52 Zeitaehrift dag Berliner Feninee homOopathiBcher Aente. MercariuB bijodatuB ruber: Schnupfen, Nase beiss, Schwellung det Muscheln; viel Sekret; auch tiel Schleim im Hals. Gefflhl von einem Klumpen im Hals. Schmerzhafte Schwellung der Mandeln und Unterkieferdrflsen« Schluckschmerzen, besonders beim Leerschlucken. Oberflächliche Halsgeschwfire ; Schleimhaut dunkehroth, NackendrQsen geschwollen. Linke Seite mehr ergriffeD. Zu verwenden bei katarrhalischer, lakunärer, diphtheritischer, haupt- sächlich linksseitiger Entzündung. Auch Group; Aphonie. Auch bei subakuten Prozessen zu verwenden. Mereurius jodatus flavus: Mehr chronische Katarrhe. Zunge an der Basis mit dickem, schmutziggelbem Belag; Spitze und Rinder roth. Zäher Halsschleim, . fortwährendes Räuspern. Brennen im Hals; Pharynx roth, entzündet, Schwellung der Hals- drüsen. Gefühl von einem Klumpen in der Brust. Kleine Ge- schwüre auf der hintern Rachenwand. Heiserkeit, Aphonie. Oft auch bei Diphtherie. Dr. Vehslage, Hom. Eye, Ear and Throat Journal, Okt. 1900. Kr. ■ethylenblan. Dieses allopathisch neuerdings als Anti- neuralgicum gebrauchte Mittel hat Haibert auch in homöopathischen Verdünnungen (D. 3) mit gutem Erfolg gegen Neuralgien gebraucht. The Glinique 1900. Er. Seeala eomvtam. Eine kräftige Frau, Blondine, nahm zwei ünsdn Ergotin in selbstmörderischer Absicht. Die ersten Tage erfolgte passive Gebärmutterblutung mit heftigem Brennen im Leib, danach stärkere hellrothe Blutung in Güssen, heiss, schlimmer von Bewegung; wenn die Blutung eine Zeit lang stand, Abgang von dunklem, klumpigem Blut; am nächsten Tage kam wieder die Hä* morrhagie. Dann setzten die Blutungen von drei Wochen bis zu drei Monaten aus, wenn sie kamen, waren sie sehr stark. Nach dem Aufhören der ersten Hämorrhagien stellte sich olivengrüner Fluor ein. Bald nach dem Einnehmen des Mutterkorns stellten sich schwache Krampfanfälle ein, die ^/a— 2 Stunden dauerten. Sie kamen plötzlich, mit einem Gefühl von Herzstillstand und etwas Schwerem in der Brust, dann Sausen im Kopf, Gesichtsverdunklung, die Ohren wie zu, rasches, beklemmtes Athmen. Während der Anftlle waren die Finger weit gespreizt und zum Theil gebeugt; Auf firemden ZeitMhriften. 5S Krämpfe in den Füssen, Taubheit- und Steifheitsgeftthl Ober den ganzen Körper, Kalte, Unfähigkeit zu schlacken ; Pat war bei Be^ wasstsein und glaubte su sterben. Der Anfall endete mit Nausea and Erbrechen, darauf wieder profuse Blutung unter wehenartigen Sehmerzen. Während des Anfalls war die Mund- und Kinnpartie todtenblass. Die Anfälle kamen in den ersten acht Tagen ziem- lich hftufig und arteten dann zu richtigen Erampfanf allen aus. Zunächst Frost, dann Oähnen, Prickeln in den Fingern, krampfhaftes Zusammenbeissen der Zähne; Finger und Fflsie zu- sammengezogen. Druck in der fossa suprasternalis, allgemeines Taabheitsgefähl. Die Krämpfe waren immer tonisch. Pat lag bei vollem Bewusstsein auf dem Boden, konnte weder sprechen noch sich bewegen. Nach dem Anfall, der eine halbe Stunde währte, grosse Madigkeit. Mit der Zeit wurden die Krämpfe weniger allgemein, dafür stellte sich Krampf im Uterus ein. Einige Stunden nach dem ersten Anfalle hatte sie heftiges Nasenbluten. Innerlich ein Gef&hl von Hitie, äusserlich von Eises-' kälte. Nachts schlaflos, Gef&hl von Stecknadeb; sie konnte es im Bett nicht aushalten; grosse Unruhe. Nausea 6 Tage lang, konnte nichts bei sich behalten; Wnnd- heitsgefahl im Abdomen. Die Haut war roth; Kratzen mit dem Fingernagel macht sie blase, nach 16 Minuten wird sie erst wieder roth. Das Gesicht sah fleckig, roth und weiss, aus, wechselte häufig die Farbe. Ein Jahr nach der Vergiftung setzte die Begel sieben Wochen aus, dann ging ein eigroßser Sack ab, der aber nichts als eine wässrige Flflssigkeit enthielt, gleichzeitig dunkler, flbelriechender Ausfluss. Zwei Jahre nachher gebar sie einen Knaben. Einen Monat vorher heftige Wehen und Abgang von viel Wasser, so dass der Leib viel dünner wurde. Zur richtigen Zeit setzten die Wehen wieder ein, krampfartig, unregelmässig, aussetzend. Nach dem kBnstlichen Blasensprung (bei gänzlich erweitertem Muttermund) hOrten sie ganz auf. Zangenentbindung; spontaner Abgang der Placenta, normales Wochenbett. Drei Jahre nach der Vergiftung erkrankte sie an Cholerine mit heftigem, unstillbarem Erbrechen und grosser Prostration und Unruhe. Eines Tags waren die Füsse bis su den Knien entblösst und gegen die eiserne Bettstelle gepresst. Pat. sagte, die Fflsse seien brennend heiss, so dass sie sie kühlen müsse. Objektiv 54 Zeitfohrift des Berliner YereiaeB homöopathischer Aente. irarea die Beine eiskalt. Verf, erinnerte sich, dass sie einen lioiiat naeh der Vergütung einen ähnlichen Anfidl gehabt haMe, gab Seeale in Hoehpotens, woran! sofortige Besserung. Frflher sanften Oemftths, worde sie nach der Vergiftung heftig. Nachts grosse Unruhe und Angst, sieht Leute im Zimmer^ aoch (GMiörshalluzinationen. Während eines spätem Aborts erschienen viele der alten Seealesymptome wieder. Auch das Eind zeigte eine Reihe nervöser Symptome» grosse Unruhe im Schlaf, Diarrhoen mit ausgesprochenen Secale- symptemen. Verl schliesst seinen Artikel mit folgenden Bemerkungen: Socale erinnert an Arsen in der Unruhe, Aengstlichkeit, nächtlichen Verschlimmerung und der brennenden Fieberhitze, aber sein Fieber kommt plfttzlich. Wie Arsen hat es brennenden Durst und das Trinken von kleinen Wassermengen, welche alsbald wieder er- brochen werden. Neben dem innerlichen Brennen hat Seeale äussere Kälte, Pat. wünscht sich trotzdem noch abzukühlen. Bei Seeale sind die Krämpfe tonisch und stärker ausgeprägt als bei Arsen. (Die Oernftthssymptome, welche sich bei der Frau einstellten, habe ich nicht genauer ausgefOhrt, weil ich den Verdacht habe, dass die Patientin, die wegen eines geringfflgigen Streites mit iteem Mann sich vergiften wollte, hysterisch war. Auch die KrampfanflUle sind wohl auf hysterischem Boden entstanden. Ref.) Vortrag von Dr. Oladwin, Philadelphia, vor der Am. Hahne- manaian Association. Journal of Hom. 1900« p. 881. Er. Bttcta pnlmonaria. Nach Douglass (Baltimore) empfiehlt sich das Mittel besonders bei Katarrhen mit schmerzhafter Trocken- heit der Schleimhäute; das Sekret trocknet zu Schorfen ein; der weiche Qaumen wie Leder, Schlucken unmöglich; Beiz in der Brust, schlimmer Abends und Nachts. Heftiger Schnupfen mit Kopfechmerz und Conjunctivitis. Bei Influenza mit zuerst wässrigem, scharfem, heissem Schleim, später dicker, blutiger, grüner oder gelber Ezpectoration ; die Sekrete trocknen hauptsächlich in der Nase ein. Qleichzeitig rheumatische Schmerzen in den Oelenkea. Der Husten ist unaufhörlich, erschöpft sehr. Auch bei Heu- fieber mit obigen Symptomen zu empfehlen« Harn. World 1900, p. 506, nach Am. Hom. Er. Zur BitaatMiL 5§ Zur Situation. A. Hie HomSopüihto m SerUki Vor der Strafkammer des Landgerichte II htersellMit hat sich folgaader Prosess abgeepielt, dessen SchUderong und Erörttmig «na anr Kläroag der Stellung der Homöopathie gegenüber den aar Zeit masBgebenden Anecbaunngen über die Frage einer inneren und in specie einer inneren homöopathiachen Behandlung bei Pleuritia etc. an Nota und Frommen der lebenden homSopathiichen 4erzte sehr geboten erscheint. Die Anklage laatet: Der praktische Arzt Dr. . . • an « « . wird angeklagt: Im Jahre 1896 zu • • • durch Fahrlässigkeit dk Kfeperrerletzung des Knaben T. 8. Terursacht au haben und awET, indem er diqenige Aufmerksamkeit aas den Augen setata, au welcher er yermöge seines Berufes besonders Terpflichtet wmt. (Vergehen gegen § 230 Abs. 2 Straf- Ges.-Buehes.) Beweis: a) Theilweises Geständaiss des Angeschuldigten (?)» b) Zengaiss L des Buchhaltera P. 8. (Vater des Kindes), 3. dessen Ehefrau, 3. der Diakonissin S. c} Zeugniss und Outachtea 1. des Dr. m. J. P. au C, 2. des Dr. med. P. K. au G«, 3. des Dr. m. A. K. zu C, 4. des Dr. m. F. zu B., 5. des Dr. m. B. K. zu P. d) das Gutachten des Kreisphysikus Sanitätorath Dr. E. zu B. e) die Krankengeschichte Blatt 41, deren Original Dr. K. ia der Hauptverhandlung vorzulegen haben wird. Thatbestand: Am 23. April 1896 erkrankte der damals 4jihrige Knabe T. 8. zu G. unter Fiebererscheinungea. Der herbeigerufene Dr. K. zu G. stellte eine doppelseitige Lungenenteündung fest und behandelte etwa 8 Tage lang. Am 9. Mai wurde die Behandlung Aem An- geschttldigton, der Homöopath ist, übertragen. Dies« erkl&rte in den nächsten Wochen den Zustend dea Kranken für recht be- friedigendi kam jeden aweiten Tag, T^schrieb einige Pillen (?) und 56 Zeitsehriffc des Berliner Vereines homöopathiseher Aente. Medizinen und verbat sich auch dieZaziehung eines Allopathen. Als aber das Fieber wieder stieg und immer heftiger auftrat, meinte er, der Kranke wäre tuberkulös und eine weitere Behandlung hätte keinen Erfolg« Hierbei beruhigte sich Frau S. (die Mutter des Kindes) nicht, sondern brachte an demselben Tage, am 11. Juni 1890, ihren Sohn zur Untersuchung in die Einderklisik der Charit^, wo eine eitrige Brustfellentzftndung festgestellt und zur schleunigen Operation gerathen wurde. Diese Operation wurde am 12. Juni 1890 durch den Dr. m. P. (siehe c. Zeugniss und Outachten) zu G. vorgenonunen. Es wurde durch Einschnitt und Bippenresektion der Brustfellraum eröffnet und dem Eiter Abfluss verschafft. Die Lunge lag stark zurflckgezogen an der Wirbelsäule. — Nach der Operation schwand das Fieber und der Patient erholte sich langsam. Die yöllige Ausheilung wurde durch die nur sehr zögernd vor sich gehende Wiederentfaltung der Lunge aufgehalten und gelangte erst Mitte September 1890 zum Abschluss, nachdem 2 Mal, am 28. Juli und 26. August, eine Er- weiterung (!) der Abflussöffnung hatte vorgenommen werden müssen. — Während dieses Heilungsverlaufes stellten sich von Mitte August an zeitweise heftige Schmerzen über dem rechten Auge und an der rechten Schläfenwand ein. Anfangs September trat ein mit Uebelkeit und Erbrechen beginnender Anfall von mehr- stündlicher völliger Bewusstlosigkeit ein, denen in den nächsten 8 Tagen allabendlich Erregungszustände mit krampfartigen Be- wegungen des Kopfes nach der linken Seite, heftigen rechtsseitigen Kopfschmerzen und starken Oeruchsempfindungen (?) folgten. Ende September 1896 wurde zum ersten Mal rechterseits eine be- ginnende Entzündung der SehnervenpapiUe, Mitte Oktober auch eine solche links, festgestellt. Während die rechtsseitige Seh- nervenentzündung allmählig zurückging, so dass die Sehkraft, wenn auch in vermindertem Maasse, erhalten blieb, ging leider die Erkrankung links in eine sich schnell entwickelnde Sehnerven- Atrophie über, welche eine fast vollständige Erblindung des linken Auges zur Folge hatte. Dass diese Sehnervenentzündung auf eine Fahrlässigkeit des Angeschuldigten zurückzuführen ist, hat bisher nicht festgestellt werden können. Als Sachverständiger ist in dieser Richtung der Augenarzt Dr. F. (siehe c. 4 der Zeugenaufführung) benannt worden. Der Angeschuldigte hat dadurch, dass er die Krankheit nicht erkannte (?), dieselbe verschleppt und durchs eine Fahrlässigkeit dem Zur Sitiation. 57 Kinde, das Monate lang litt und drei Mal operirt werden masste (sie) erheblichen Nachtheil bereitet. Das Gutachten des EreiS"* physikus Dr. S. lautet folgendermasBen: Es wird dem Angeschuldigten der Vorwurf gemacht, dass er während der lilngeren Behandlung des Kindes vom 9. Mai bis II. Juni den Krankheitszustand nicht erkannt, die sich ansammelnden Eitermassen im linken Brustfell- raum nicht rechtseitig entfernt und somit den schweren Krank- heitSYerlauf, insbesondere auch die Erblindung des Kindes auf dem einen Auge Yerschuldet habe(l)« Nach den Ermittelungen (I) ist anzunehmen, dass gleichzeitig oder in unmittelbarer Folge von der Lungenentzfindung des Kindes auch eine Brustfellentzündung eingetreten ist, da dies von Dr. E. bereits am 1. und 3. Mai (Blatt 28 der Akten) festgestellt wurde ; es muss auch ein beträchtlicher Erguss damals schon vor- handen gewesen sein, da Dr. Er. kurz nach Uebernahme der Be- handlung durch den Angeschuldigten die Pflegeschwester S. (Bl. 38) gefragt hat, ob eine Punktion bei dem Kinde vorgenommen sei d. h. eine Entleerung der Ausschwitzungen, welche sich bei der BrustfeUentzfindung ansammeln. Diese Ausschwitzungen bei Brustfellentzündungen sind durchaus nicht immer von vornherein eitriger Natur, sondern bestehen aus einer Uaren Flüssigkeit; sogenanntem Serum, welche erst durch das Hinein- gelangen von Eiterserum in Eiter verwandelt wird. Wann dies ge- schieht und ob es geschieht, lässt sich nicht immer durch eine ein- fache äussere Untersuchung feststellen; falls jedoch bei dem Kranken dauernd mehr oder weniger Fieber auftritt, liegt die Vermuthung sehr nahe, dass Eiterbildung eingetreten ist; man wird, um alle Zweifel zu beseitigen, durch Vornahme einer Probepunktion sich eine Probe der im Brustfellraum enthaltenen Flüssigkeit ohne besondere Schwierigkeit herausziehen kSnnen und die Diagnose feststellen, nach welcher sich das weitere Handeln des Arztes richten muss. Während eine seröse Ausschwitzung bisweilen wochenlang in dem BrustfeBraumy erbleiben kann, ohne dauernde Schädigung des Kranken zur Folge zu haben, und schliesslich vom Körper selbst resorbirt wird, ist bei Eiterbildung eine schleunige Entfernung der Ansammlung geboten, da eine Resorption so gut wie ausgeschlossen ist, da ausser- dem durch Verbleiben der Eitermassen im Körper die mannigfachsten Organ Veränderungen bedingt werden köunen. Wenn wir fragen, ob der Angeschuldigte nach diesen Grundsätzen die Behandlung des Kindes geleitet hat, lässt sich diese Frage gar nicht bejahen. Wie 58 Zeitsehrift des Berliner VereiMe kffii5opathi8clier Aente. aus den Akten hervorgeht, hat d«r Angeschuldigte dem Kuide «Pillen* gegeben, hat die Eltern nach Möglichkeit über den be* sorgnisserregenden Zustand wochenlang sa beruhigen gesacbt, bis er schliesslich zugab, das Kind muss wohl tnberknlfts sein (efr« BL 20). — Es kann au seiner Entschuldigung nicht herangeacfen werden, dass er den Zustand nicht erkannt hat, de er als appio- birter Arzt die erforderliche Saohkenntniss haben musste, um, su- mal im Laufe einer mehrwöchentlichen Beobachtung, die richtige Diagnose zu stellen, jedenfalls, wenn er in Zweifel Ober den Zu- stand war, einen andern Arzt zur Konsultation herbei ziehen kennte. Dass die Eiteransamndung vielleicht schon wochenlang beatand, als sie am 11. Juni entdeckt wurden liegt auf der Hand^ denji »dickflüssiger Eiter* kann nicht voi heute zu morgen entsteheni auch spricht das lange Bestehen der Fiebertemperatur fttr obige Annahme. Wenn somit der Angeschuldigte nieht zur geeignatm Zeit die erforderlichen Schritte zur Entfernung der Eiteransamnünag gethan hat, so trifft ihn ein Verschulden gegen die Ärztliche Be- rufspflicht, da durch das Ungere Verbleiben des Eiters im Brest- fell der Verlauf der Krankheit verzögert und die Krlfte des Kindes konsumirt sind. Der Angeschuldigte will sich der Einzelheiten (nach SVs Jahnn Bef.) nicht mehr genau erinnern und meinte es sei möglich, dags die in der Charit^ festgestellte Eiterung erst nach seiner letirtm Untersuchung am 11. Juni zum Ausdruck gekommen und eckenn- bar geworden sei. — Es wird beantragt: Das Hauptver&hna zu eröffnen etc. So weit die AnUageschrift, die wir wörtlich wiedergegebw haben, weil wir dies für das Verstilndniss der ganzen Angelegenheit fflr nothwendig hielten. Als weitere Thatsachen mflssen nun folgende hervorgehoben werden; Der Angeklagte hat nach etwa 87» Jahren, nachdem er die Behandlung hatte aufgeben müssen und er von dem weiteren Verlauf der Krankheit keine Mittheilungen erhalten, dem Vater des Kindes, um Veijährung seiner Forderung zu vediaten, seine Liquidation geschickt und da keine Zahlung erfolgte, einen Zahlungsbefehl durch seinen Beehtsanwalt ergehen lassen, auf den die Zahlung erfolgt ist — Nach 3Va Jahren ist es denn den Eltern eingefallen, dass der damals schleppende Verlauf der Krank- heit und die Erblindung des einen Auges auf die fehlerhafte Be* handlung des Angeklagten zurQckzuffthren sei und haben sie das Zu SiiQAtioii. M gutftcl^Üicbe Z«ugDi88 des Dr. F., des damalB behandelnden Chi- rurgen, beigebracht Wer diese Erkenntnise hervorgerufen , ist im Verlaufe der Verhandlung nicht festgestellt, wfirde aber bei einer eventuellen Verurtheilung von Interesse gewesen sein. Auf Orund des P.'schen Zeugnisses hat der Ereisphysikus, der das Sind damals natürlich nicht gesehen oder behanddt hat, sein theoretisches Gutachten nach den Akten abgegeben, worauf hin die Anklage erhoben worden ist. Wir kSnnen die weiteren Vorgänge Übergehen und der Kfirse halber mittheilen, dass in dem Hauptverhandlungstermin, zu dem ausser den oben genannten Zeugen und Sachverständigen der Ober- medisinalrath Dr. v. Sick, Dr. Burkhard und der Unteraeichnete als homöopathische Sachverständige geladen waren, am 3. Dezember 1901 der Hauptpunkt der Anklage, welcher allein eine wirklich gravirende Beschuldigung enthielt, nämlich die Behauptung der Anklage, dass der Angeschuldigte durch sein fehlerhaftes Vorgehen die Erblindung des einen Auges herbeigefünrt habe, fallen gelassen worden war, indem der Chirurg Dr. P. betonte, dass man mit eben demselben Recht seiner eigenen chirurgischen Behandlung den Eintritt jener Augenzufälle hätte in die Schuhe schieben können, und indem der zugezogene sachverständige Augenarzt er- klärte, dass die Retinaerkrankung Folge einer Thrombose bez. Embolie sei, die von einem in der Nähe befindlichen Hirnabscess Ausgegangen sei, ftber dessen Bestehen in Bezug auf Zeit und Ursache nichts Bestimmtes sich sagen lasse. Es blieb also nur die Anschuldigung zurück, dass der homöo- pathische Kollege fOr den schleppenden und schlechten Verlauf der Ersnkheit verantwortlich gemacht werden mttsse und derselbe Aet schweren Körperverletzung schuldig sei. Zu seinem Glflck gingen die verschiedenen Ansichten der Sachverständigen über die Zeit auseinander, welche man für das Bestehen der Eiterung im Brust» fellraum annahm. Während die einen und unter ihnen natürlich der Kreisphysikus anivihmeu, dass die Eiterung schon seit Wochen bestanden, gab der Chirurg F. und andere die Möglichkeit zu, dass die Umwandlung des serösen Exsudates in ein eitriges erst kurze Zeit vor der Punktion erfolgt sei, und dies bestimmte auch den Standpunkt des Gerichtshofes, der zwar mit der Anklage annahm, dass in der That eine Schädigung des Kindes angenommen werden mfl88e(!), dass aber der Zeitpunkt des Eintritts der Eiterung nicht habe festgestellt werden können und deshalb der Angescbuldigte 60 Zeitsehrift des Berliner Verdnes homöopathischer Aente. nicht für die weiteren Folgen verantwortlich gemacht werden Icönne, da ihm ja am 11. Juni bereits die Beeinflassung des Zu* Standes entzogen worden sei und die Möglichkeit zugegeben werden können, dass er den Eingriff nach stattgehabter Erkenntniss auch habe machen können. Also eigentlich ein Non liquet — Die Sache liegt nun aber nach unserer Ansicht ganz anders und so, wie der Verlauf des Prozesses war, besteht eine grosse Gefahr zur Zeit für alle homöopathischen Aerzte, welche sich nicht auf den neuen chirurgischen Standpunkt stellen, dass sofort bei Erkennung des Eiters operirt werden muss, bezw. dass unter allen Umständen bei jeder sich länger hinziehenden Pleuritis mit Er- guss wenigstens eine Punktion gemacht werden muss, wenn das entgegengesetzte Verhalten nicht als ein Eunstfehler angesehen werden soll. Dies ist die bedenkliche Seite, die sich für die homöo- pathischen Aerzte der Jetztzeit herausstellt, auch für solche, die aus der neueren Aera stammen, die aber gewohnt und gelehrt sind, auch schwerere Erkrankuugen des Brustfellraumes, eitrige oder seröse, mit ihren dureh die Erfahrung bewährten, innem ho- möopathischen Mitteln zu behandeln und einen operativen Eingriff nur dann zu machen sich für verpflichtet halten, wenn durch grosse Verdrängungen eine Gefahr für edlere Oigane, Lunge, Herz etc. besteht, wenn ein Durchbruch des Eiters nach der Lunge be- fürchtet werden muss, wenn hochgradige Athemnoth, hohes Fieber, schlechtes Allgemeinbefinden eintreten, genug, wenn eine sogenannte Indicatio vitalis vorliegt Alle unsere älteren Autoren, Kafka, Bär, Hartmann, wie auch neuerdings Farrington stehen auf diesem Standpunkt, den Unterzeichneter als Sachverständiger auch an- geführt hat, indem er ausserdem betonte, dass „der zweifellose Charakter der Erkrankung des Kindes als tuberkulöser *) das Unter- lassen jeden Eingriffs rechtfertigte und ihn nur gebot, wenn jene ge- nannten Erscheinungen eintraten, die als Indicatio vitalis an- zusehen waren, die aber bei dem Kinde nicht vorgelegen hätten. Trotzdem und obwohl auch allopathische Autoren wie Bosenheim, Hienn kommt noch, dass festgestellt wurde, dass das Kind in frfikester Jugend rhaohitiseh und schwer skrophnltts gewesen and es noch sei und dMs der Angesehnldigte wfthrend seiner Behandlung auch vereiternde Drüsen bei dem Kinde in beseitigen hatte, so daas die Praesnmption einer Tuberkulose absolut gerechtfertigt erschien. — Dr. Burkhard und 1^. Dermitiel bekundeten ausser- dem, dass sie Fälle von eitrigen Exsudaten auch ohne Operation hätten heüea sehen. Zur SituaCloii. 61 Strttmpel, Liebenneister als auf jenem Standpunkt stehend, von der Vertheidigung und auch von Dr. Siek angeführt wurden. Alles das h&tte den Angeschuldigten von einer Verurtheilung nicht ge- rettet, wenn nicht jener angedeutete Zwiespalt in der Aussage der Sachverständigen bestanden hätte. Wir können also aus dem Verlaufe dieses Prozesses die Lehre ziehen, dass wir woU oder übel von dem gewohnten Standpunkt abweichen und dem neuern mehr dem aktiven Handeln zugeneigten Zeitgeist Konzessionen machen müssen, wenn wir unsere früher bethätigte Ueberzeugung nicht an unserm Leibe bezahlen wollen. Dies war der Hauptzweck unserer Veröffentlichung. B. IMe Homöo]Niihie vor dem änllidien Ehrenrafke. Eine neue Begebenheit beleuchtet die jetzt geschaffene Situationi welche die neue Einrichtung des ärztlichen Ehrenrathes mit sich gebracht hat und giebt zu bedenken, ob es nicht klüger von den Aerzten, auch von den homöopatbischeni gewesen wäre, die neuen Ketten sich nicht um den Leib legen zu lassen, welche das Handeln des Arztes in sozialer Beziehung unter eine Beurtheilung stellen, der sie sonst nicht unterstellt waren und welche die Grenzen der freien Selbstbestimmung, sonst ein hoher Vorzug unseres Standes, der manche schweren Leiden desselben aufwog, erheblich enger gezogen hat. Das besagte Faktum ist folgendes: Ein junger Kollege, der in seiner Vaterstadt seine Praxis als ho- möopathischer Arzt im vorigen Jahre begann, einem Orte des Ostens, in welchem die Homöopathen nur spärlich vertreten sind, hatte das Bedürfniss, seine noch nicht durch reichliche Praxis be- schränkte Zeit zu verwerthen, indem er in einem nahe gelegenen Nachbarort, dessen Bevölkerung der Homöopathie zwar zugeneigt, aber ohne einen homöopathischen Arzt war, wöchentlich ein- oder zweimal regelmässig Sprechstunden abhielt. Der (kujawisohe) Aerzteverein des Ortes und seiner Umgegend theilte ihm bald darauf in einem offiziellen Anschreiben mit, dass er das Abhalten dieser Sprechstunde nicht mit dem Anstände vereinbar halte, den der ärztliche Beruf zur Pflicht mache und dass er diese Handlungsweise für einen Betrieb des ärztlichen Oewerbes im Hausiren halte. Der junge Kollege wandte sich an den Berliner Verein, als den Vorort des Vereins preussischer salbstdispenairender Aerzte und fragte an, wie er sich dabei ver- halten solle. Br erhielt zur Antwort, dass nach unseren Er- 02 ZeitBehrift des Berliner VereiBes homOopathiseher Aente. fahrimgen und Ansichten das Abhalten von Sprechstanden in einem Nachbarort durchaus nicht gegen die Regeln des Anstandes sa Verstössen scheine, welchen zu beobachten Pflicht des Arztes ad, und riethen ihm, den Spiess umzukehren und den kujawisehen Aerzteverein beim Ehrenrath der Provinz Posen zu verklagen, besw. die Entscheidung des Ehrenrathes zu provoziren, bevor der ka- javische Aerzteverein gegen ihn selbst Anklage erhöbe. Als Ana- logen dürfte die Thatsache anzuführen seiUi dass bei den Rechts- anwälten das Abhalten von Sprechstunden an Nachbarorten durch- aus fftr statthaft gilt Nach langer Zeit des Schweigens ist dem Kollegen nun die Antwort zugegangen , dass der Ehrenrath in Posen gegen ihn die Anklage wegen einer Handlung erhöbe, welche sich mit dem dem ärztlichen Stand gebotenen Anstand nicht vereinigen lasse, und diese Handlung bestände darin, dass er ausser seinem Wohn* ort in einem Nachbarort regelmässige Sprechstunden abgehalten habe. Wir sind nun äusserst gespannt, ob diese Anklage mit einer Verurtheilung enden wird und haben dem Kollegen unsre ganze moralische und materielle Beihftlfe in diesem wunderbaren Streite zugesagt, indem wir der Meinung sind, dass die Berufungs- instanz einen verurtheilenden Standpunkt des Posener Ehrenrathes nioht theilen würde. Windelband. Nachrut Am Schlüsse der letzten Nummer dieser Zeitschrift konnten wir nur noch als kurze Notiz den soeben unerwartet eingetretenen Tod unseres Kollegen des Ober-Hedizinalraths Dr. v. Sick mit- theilen. Es ist diese traurige Nachricht wohl seitdem in alle ho- möopathisch^ärzüichen Kreise gedrungen. Wenn wir entsprechend dem seltenen Erscheinen dieser Zeitschrift nicht früher ausführlicher des Verstorbenen gedenken konnten, so möchte dies heut fast überflüssig erscheinen, nachdem das Leben und Wirken desselben von berufenster Seite, dem Kollegen Mossa in Stuttgart, in der A. H. Z. eingehend geschildert worden ist. Wenn wir dem Dahin- gegangenen trotzdem noch einige Worte über das Grab nachrufen, so geschieht dies, weil wir es für eine Ehrenpflicht halten, seine grossen Verdienste auch unsererseits nicht mit Stillschweigen zu übergehen. Zar «tiatfoB. 8S 1886 la Stuttgart geboren, lieee sieh Paid Sick 1863 in seiner Vaterstiidt aU Ant nieder, nachdem er in Tfibingen studirt hatte. Sdion damals hatte er durch ErCahrnngen am eigenen Körper jene YorKebe sur Homöopathie gefasst, wdche sich später an seiner fasten nnumstösslichen Ud>erseugang aasbilden sollte. Er hatte bald nach seiner Niederlassung als Arst Gelegenheit, die Homöo- patfiie in einw ausgedehnten Armenpraxis su erproben. Wenige Jahre später, 1866, hatte er durch seine Erfolge die allgemeine Aufinerksamkeit schon in dem Maasse anf sich gelenkt, dass er sum Leiter der Diakonissenanstalt gewählt wurde, welcher er nun während einer Tierunddreissigjährigen Thätigkeit seine besten Kräfte widmete. Wie er dort gewirkt hat sum Segen der Anstalt, lehrt am besten die Thatsache, dass, während bei seinem Eintritt die Anstalt fänfzig Schwestern sählte, er dieselbe jetat hinterlässt mit sieben Hundert. In demsdben Jahre wurde Sick in das wflrttembergisebe Me* disinalkollegium berufen, wo er Beferent filr Hygiene wurde. Die Achtung und das Ansehen, welches er sich in äratlichen Kreisen erworben hatte» konnte nicht besser beleuchtet werden, als durch diese Berufung, welche, wie Mossa hervorhebt, erfolgte, nicht weil, sondern obgleich er Homöopath war. Selbstverständlich war es dann allerdings nur konsequent, wenn die Begierung ihm auch das Beferat fiber Homöopathie und die Kontrole ftber die homöopathischen Apotheken ftbertrug. Seine herrorragenden Kenntnisse in der Hygiene hatte Sick hauptsäch- lich gesammelt in seiner Stellung als Arzt des Diakonissenhauses, als welcher er die Schwestern in derselben unterrichten musste was er entsprechend seiner ernsten Lebensauflfassung nur durch eigenes Studium glaubte möglich machen su können. Eine Frucht dieses Studiums ist sein Werk „Die Kranken- pflege in ihrer Begründung auf Gesundheitslehre, mit besonderer Berttcksichtigung der weiblichen Krankenpflege^. Auch noch einige andre Schriften gab er heraus. In unser aller Händen ist wohl ^Die Homöopathie am Krankenbett erprobt*'. An den Ar- beiten tut das „Deutsche homöopathische Arzneibuch^, welches im Auftrage des preussischen Ministers in Bearbeitung ist und in nächster Zeit erscheinen wird, betheiligte er sich mit regem Interesse. Uns, seinen speziellen homöopathischen Kollegen, trat Sick, der im flbrigen eine ziemlich abgeschlossene Natur war, am nächsten 64 Zeitaehiift des Berliner Vereinee höknOopftthifloher Aence. im Centralvereiiit dessen eifriges Mitglied er bis zu seinem Tode war; dort hatten wir häufig Gelegenheit, seine Buhe und die Schärfe seines Geistes zn bewandern. Wie oft, wenn die Ge- mttther auf einander zu platzen drohten, wusste er darch sach- gemässe Worte die hochgehenden Wellen zu beruhigen; wie oft waren seine klaren^ logisch-scharfen Bemerkungen und Beden aus- schlaggebend in zweifelhaften Fällen 1 Wenn Sick aber auch, wie wir eben sagten, eine abgeschlossene Natur war, so war er es doch keineswegs in kollegialer Beziehung. Im Gegentheil, wo Jemand Bath brauchte, gab er ihn stets und gern, und wo m einem Kollegen helfen konnte» that er es mit Freuden, ja mit Auf- opferung« Unvergessen wird es uns bleiben, dass er noch im An- fang des vergangenen Dezember, also nicht vierzehn Tage vor seinem Tode von Stuttgart nach Berlin kam, um einem hiesigen Kollegen, welcher eines Kunstfehlers wegen angeklagt war, durch seine Begutachtung des Falles beizustehen. Diese That erscheint uns heut doppelt gross, nachdem wir erfahren haben, dass er damals schon krank war. Es war das letztemal, dass wir die Freude hatten, mit ihm Gruss und Bede auszutauschen. — Damals ahnten wir nicht, dass wir den allgemein verehrten Kollegen nicht wiedersehen wftrden. Friede seiner Asche und Ehre seinem An- denken 1 Burkhard. Personalien. Das homöopathische Diipensirezamen haben am 4. Februar bestanden : Herr Dr. Eisenberg, Kassel, „ „ Jentsch, Naumburg a. S., „ 9 Jürgen 8; Berlin, 9 9 Lemcke, Berlin. Die Operationssucht unserer Zeit Von Dr. H. Goullon in Weimar. „Ich habe die üebersengang gewonnen, dase viel m viel operirt wird, nicht nnr von Gyn&kologen und Bhinologen, sondern anoh von Chirurgen vom Fach.*" — Dr. C. L. Sohleich*). Es ist nicht zu leugnen, dass die heutige Chirurgie auf einer Höhe angelangt ist, welche die grössten Triumphe feiert. Man schreckt vor nichts mehr zurfick. Man entfernt den Kehl- kopf und setzt einen sprechenden künstlichen ein. Man resecirt den Magen, schneidet ein grosseres oder kleineres Stftck aus und vereinigt ihn wieder mit dem Dünndarm, nachdem der gewöhnlich am Pylorus sitzende krebsig entartete Theil weggenommen wurde. TJnd handelt es sich um Krebs des Mastdarmes, so wird jetzt auch drauf los operirt, und man muss in der That staunen, wie sauer es sich die Herren Operateure werden lassen bei einer Arbeit, die doch meistens erfolglos war. Betteten sie aber auch nnr hier und da ein Menschenleben, so wollen wir sie nicht tadeln, sondern ihren Muth und ihre Geschicklichkeit loben. — Kürzlich stürzte ein sächsischer Prinz beim Rennen und die Bulletins sprachen von einem „leichten Schädelbruch.*' Auch das wäre wohl früher nicht möglich gewesen, d. h. ein Schädel- bruch galt immer für lebensgefährlich. Man hört auch jetzt nicht selten von schweren, aber nicht lebensgefährlichen Ver- letzungen, das will sagen: im Besitz der heutigen chirurgischen Erfahrungen gestaltet sich die Prognose weit günstiger als sonst. Und geschieht die Vereinigung klaffender Wunden auch nicht mit *) 8. 164 2. Aufl. aeiiies klaraiBdien Werkes: Nene Methoden der Wand- keüung, ihre Bediagnagen und Vereinfaehimg für die Praxis. Bd. XX K 66 ZeHMhrift dei Berliner Veretnte hornttopfttibiMher Aente. der NähmaBcbine; wie der hamoristische Professor Volkmann zum Kaiser Friedrich sagte, als er sich Aber die i^angeschmierten'' Studentengesichter wanderte, so ist doch eine verfeinerte Technik im ganzen Gebiete der Chirurgie eingetreten. Man lässt die durch Operation beider Ffisse Beraubten auf Gummif&ssen gehen, wie kfirzlich von jener unglücklichen 17 Jahre alten Russin erz&Ut wurde, die sich hatte vom Zug aberfahren Ussen. Beiltufig bemerkt, sah ich schon 1861 zu Paris in dem von Ghassagnac geleiteten Hftpital Loripoisi^re einen Mann ohne Stock herum- spaziren, dem der ganze Oberschenkel aus dem Pfannengelenk exartikulirt worden war; diese kühnen Operationen alle werden heutzutage unternommen im Vertrauen auf die grossartigen unbestreitbaren Segnungen der aseptischen und antiseptischen Behandlung und Nachbehandlung von Wunden. Eiterungen und Wundstarrkrampf, Wundfieber u. dergl. giebt es nicht mehr oder gehören doch zu den Ausnahmen. Ich erinnere mich noch der Zeit, wo man sich die Nase zuhalten musste und nur mit Grauen den Saal betrat, wo ein Amputirter lag. Denn beim Biossiegen des Amputationsstumpfes quoll der dicke Eiter hervor und die jetzt verpönte Charpie, welche nachweislich die Erankheitskeime, Eitererreger oder Pyocokken birgt und weiter trägt, wurde in Massen aufgelegt Das alles galt flLr nothwendig und selbst- verständlich. Es wäre thöricht, die Errungenschaften der Neuzeit zu unterschätzen, aber die Sache hat auch ihre Kehrseite. Es wird zu viel operirt. Namentlich trifft aus naheliegenden Granden dieser Vorwurf die Leiter chirurgischer Kliniken und die Herren Spezialisten. Sie sehen Jeden, der hereintritt, für ein Objekt oder Subjekt ihrer Kunst an. Er kommt zu dir, argumentiren sie, also musst du ihm chirurgische Hilfe angedeihen lassen. Im Nothfall war die Operation ftberflüssig, aber den Qbeln Ausgang schliesst ja die vortreffliche Nachbehandlung aus. Nun, so ganz richtig ist dieses Baisonnement nicht, und wir möchten die Kehr- seite der Medaille etwas näher beleuchten. Schon die psychische Aufregung und Beunruhigung des Kranken vor der Operation kann von nachhaltigen Folgen begleitet sein, von den betheiligten Angehörigen gar nicht zu reden. Dasselbe muss gesagt werden von dem Einfluss und der Nachwirkung der Narkose, ganz abge- sehen von den unmittelbar tödtlichen Ausgängen, nicht zu selten bei Gelegenheit einer Zahnextraktion oder bdiebigen „kleinen^ Dr. H« GoqUoii, Die OperationBiveht niiMrer Zeit 67 anderen Operation* Die Blutungen bedingen ihrerseitB nicht immer berechenbare Schädigungen, zumal bei Ton yomherein su Anämie Geneigten. Ein grelles Licht aber wirft und boU werfen auf diese moderne Operationssucht der folgende concreto Fall, den ich zum Ausgangspunkt dieser Philippika genommen habe. Am 3. Not. consultirte mich Fräulein W. wegen eines kleinen Exanthems auf dem B&cken der Hand. Anfangs ekzemartig (absondernde Bläschen) hat es später mehr flechtigen Charakter angenommen, juckt sehr, kann aber fast yerschwinden , um dann von neuem intensi? aufzutreten. Gegenwärtig war gerade wenig zu sehen. Interessant war aber die Hartnäckigkeit doch, mit der der Ausschlag auch dem Einfluss von Salben widerstanden hatte, die in der gutgemeinten Absicht yerordnet worden waren, das äussere Uebel von der Bildfläche yerschwinden zu lassen, unein- gedenk der wahren Thesis: Quaecunque exanthemata critica sunt. Als Ursache gab die etwa 50 Jahre alte Patientin nur an, es könnte yon einer staiken Erkältung herrfihren. Während nun das heutige Leiden seit einem halben Jahre bestand, hat sie yor 6 Jahren ungleich mehr durchgemacht, damals litt sie an Knötchen in der Brust. Auf Anrathen des Hausarztes wird Professor L. consultirt und die Ordre lautet der Klientin yollkommen unerwartet: Gleich hierbleiben, Operation nothwendig. Und welche Operation? Es werden beide Brttste weggenommen, bei stundenlanger Narkose und dreimonatlicher Nachbehandlung. Als sie abreiste, war die Wunde noch lange nicht yerheilt. Aber das Schlimmste kommt nach. Durch die Narbenbildung war die Haut derartig zusammen- gezogen, dass sie jetzt den Arm nicht benutzen kann. Neue Operation, die sie abermals schrecklich angreift. Es wird die Haut im ganzen Umfang des Schnittes getrennt, wobei, zum Ruhme des Operateurs sei es gesagt, die persönliche Anstrengung eine ganz ungeheure gewesen sein muss. Die Patientin ist nun so fertig, dass sie einer psychiatrischen Klinik flbergeben werden muss, und die grösste Neryosität mit allen ihren lästigen Konse- quenzen ist sie auch heute noch nicht los. Es schien Oberhaupt in jeder Beziehung ein Unstern Über dieser Kranken und ihrer Krankheit und ihrem Berather zu stehen. Der Operateur yerfiel aus einer Täuschung in die andere. Er irrte sich in Bezug auf die Natur der Geschwulst, welche durchaus als gutartige befunden wurde, er irrte sich fiber die 68 Zeitsohrift des Berliner Vereinet homOopatkigeher Aerste. Art der Heilung bez. Narbenbildaog, sowie über den Umfang und die Folgen der Operation. Man mnsB aber seiner Selbstverlengnong und Selbsterkenntniss alle Oerechtigkeit widerfahren lassen. nHier steht der Ochse am Berge 1^ hat er der Kranken erklärt» als die vielen Unberechenbarkeiten ihren Höhepunkt erreicht hatten. Der Arzt aber, dem dann die Patientin das wiedererzählte, äusserte: «Ja, wenn er doch nur vor dem Berg stehen geblieben und nicht hineingedrungen wäret** — In solchen Fällen des Fiaskos und der unzeitigen Operation heisst es dann gewöhnlich: wenn auch der Tumor sich als gutartig (Adenoid- Geschwulst) herausgestellt hat, so konnte er doch frfther oder später bösartig (Krebs I) werden. Nun, eine solche Behauptung halten wir eben fQr nicht stichhaltig und mfissen vielmehr auf das Referat der einem wahren Martyrium ausgesetzten Kranken hin das traurige Yorkommniss fQr ein eklatantes Beispiel der Operationssucht unserer Zeit erklären. Es dient mit zur Ver- vollständigung einer Blumenlese analoger Fälle, die ich in kurzer Zeit zusammenstellen konnte und hier folgen lasse. Vorher aber noch ein Wort von der Nothwendigkeit der Einwilligung der Eltern bei dringenden Operationen an Kindern. Diese Frage war kürzlich der Qegenstand einer lebhaften Diskussion in der Pariser Soci^tä de p^diatrie. In einem Vortrage über den Typhus im Kindesalter wurde ein tödtlich verlaufener Fall von Darmperforation erwähnt, welcher möglicherweise bei sofortiger Operation hätte gerettet werden können, wozu aber die nicht sofort zu erholende Einwilligung der Eltern nöthig war. In der lebhaften Debatte, welche dieser Umstand hervorrief, erklärten Lannelongue und Sevestre, dass sie in solchen Fällen ohne Skrupel sofort operiren würden, selbst auf die Gefahr der straf- rechtlichen Verfolgung hin, die sich aus den Gesetzen ergiebt Die Soci^t^ de Pädiatrie beschloss daher folgendes Votum: „Eine Anzahl Kinder sterben in den Krankenhäusen nur in Folge Hinaua- schiebens einer wichtigen Operation, welche Verzögerung der Noth- wendigkeit entspringt, vor der Operation stets die Einwilligung der Eltern zu erholen. In solch' dringenden Fällen sollte der Chirurg ermächtigt sein, ohne diese Einwilligung vorzugehen.^ Ob wohl alle Eltern mit dieser Beantwortung der heikelen Frage einverstanden sind? Dr. H. Gonllon, Die OperaUoimiieht tuuerer Zeit. 69 Also nun zu den weiteren Beispielen von Fehlbarkeit der Scbalmedizin. Dem Briefe eines Kranken (vom 9. März v. J.) entnehme ich das folgende^ keines Eommentares bedürfende Vorkommniss. »Ich hörte hier von einem authentischen Fall, dass ein junger Mann zwei Jahre lang von einem Homöopathen an Gelenkeiterung, die allmählich weiter wanderte, behandelt und geheilt worden ist Er ist seit 12 Jahren ganz gesund. Ursache kenne ich allerdings nicht, aber soviel weiss ich, dass man ihm die Glieder abnelunen wollte^. Was dann geworden wäre, kann man sich lebhaft denken, zumal wenn man noch das folgende Beispiel von Fehlbarkeit hinzunimmt. Im ersten Falle handelte es sich aller Wahrschein- lichkeit um ' tuberkulöse Gelenkentzündung (Caries) und spielte sicher Silicea bei der Behandlung eine Rolle. Hierher gehört auch das Faktum, dass man unserem wackeren, jetzt im 83. Jahre stehenden Breslauer Kollegen, Sanitfttsrath Dr. Schweikert, das Leben absprach in der Zeit, wo er in Berlin studirte. Zwei ärztliche „Autoritäten^ hatten ihn für lungenschwindsttchtig erklärt. Und vielen wird noch bekannt sein, dass man auch der ermordeten Kaiserin von Oesterreich eine solche Lebensprognose gestellt hatte. — Nun zu einem weiteren, diesmal wiederum chirurgisch- therapeutischen Irrthum verhängnissvoller Art. „Vor nun 5 Jahren^, schreibt die beklagenswerthe Kranke, „bekam ich, nachdem ich Influenza und Bronchialkatarrh gehabt hatte und mich sehr schwach fühlte, ein Knötchen, wie eine Erbse gross an der rechten Brustwand. Die Aerzte machten meinen Mann und mich so ängstlich, dass ich mich entschloss, operiren zu lassen, wobei man mir die ganze rechte Brust- drüse abnahm. Diese furchtbare Operation um so ein winzig kleines verschiebbares Knötchen hat mich nur geschwächt, aber gar keinen Nutzen gehabt. Denn nach 1^ Jahren hatte ich wieder einen Knoten und jetzt drei derselben, einen in der Achselhöhle, die andern beiden auf der Brust an derselben Seite wie früher. Vor einigen Monaten hat sich der eine Knoten auf der Brust geröthet; es kam nach und nach etwas Eiter heraus. Jetzt ist ein kleines Loch entstanden und so fort.** Das weitere Schicksal dieses Erankheitsprozesses muss man nun abwarten, vielleicht wird mir aber Gelegenheit, nochmals darauf zurückzukommen. 70 Zeitfiohrift des Berliner Vereines homOopathiMher Aente. Irrthum ist menschlich und daher verzeihlich, aber die excessive Schneidelast der Herren Chirurgen sollte doch durch Eenntnissnahme solcher ominösen Ereignisse eine humane Ein- schränkung erfahren. Wir sind in der Lage noch ein Beispiel anzufügen. Am 30. März erhielt ich einen Brief mit den Worten beginnend: «Geehrter Henri Ich habe eine schwerkranke Mutter. Sie leidet an Brustgeschwflren. Seit 1897 bildete sich unt^ dem linken Arm ein Enötcheui was immer grösser wurde. Dann ist sie Ende Mai 1898 nach H. in die Klinik gegangen und dort operirt worden« Den Sommer über ging es dann auch so einiger- maassen, jetzt aber, seit Weihnachten, ist es immer schlimmer geworden, da kaben rieh auf der Sehnittwonde wieder neue Knötchen gebildet und haben wir mehrere Aerzte zu Rathe gezogen, aber die Herren yerordnen nur alle, sie soll wieder in die Klinik, und das will nun unsere liebe Mutter nicht. Jetzt liegt sie nun schon einige Tage im Bett und hat grosse Schmerzen zu ertragen.'' Diese schlichten Worte enthalten einen neuen Mahnruf, das Heil nicht im Operiren zu suchen, wenigstens den operativen Eingriff nicht flberschätzen zu wollen. Ich weiss ja heute noch nicht, ob es gelingen wird, durch innere Mittel dem jedenfalls bösartigen Krankheitsprozess (Krebs) Einhalt zu thun. Indessen war der Patientin Heilung vor der Operation in sichere Aussicht gestellt worden. Man hat aber garnicht selten nach der Operation ein Wiederaufleben und Weiterwuchem solcher Leiden beobachtet, weil sie auf einer Dyskrasie und keineswegs auf einem örtlich begrenzten pathologischen Vorgang beruhen. Also Vorsicht in der PrognosOi Vorsicht in der Therapiel Die Alternative: Operiren oder Sterben wird nur zu oft ohne die genügende Unterlage, ohne den Schatz reicher persönlicher und fremder Erfahrungen gestellt. Das ärztliche Ideal bleibt, auf schonende und doch sichere Weise auf dem Wege innerer Behandlung zu helfen. Dazu freilich gehört, sich unablässig zu vertiefen in das Studium der Arzneimittellehre, in die Litteratur und medizinische Kasuistik und nicht skeptisch und ungläubig anderen Heilmethoden gegen- über zu sein. Fast könnte man sagen, wo Tauben sind, da fliegen Tauben zu. Während der Zusammenstellung obiger schon hinlänglich belehrender „Fälle^ stellt sich mir ein weiterer zur Verfügung, Dr. H. Gonllon, Die Opemtioiiafiiolit uuerer ZeiU 71 der Yielleicht das grösste Interesse bietet (üebrigens hat der Tübinger homöopathische Kollege Schlegel in einem besonderen umfangreichen, bereits in zweiter Auflage erschienenen Werke seinerseits zahlreiche Beispiele der konserrirenden Chirurgie gesammelt, also Beispiele, wo operirt werden sollte, aber glück- licher Weise nicht operirt worden ist, sondern die Betreffenden durch geeignete innerliche Behandlung, jedenfalls ohne das Messer, Heilung fanden.) Frau S. bekam an der einen Schulter ein „Sarkom^; wie der weitere Verlauf zeigen wird, ist der Ausdruck „Tumor^ richtiger, weil Sarkom absolut unheilbares zu bezeichnen pflegt. Der Hausarzt, ein älterer erfahrener und sehr geschfttzter Landarzt wurde gerufen und hielt die Sache nicht für bedenklich und meinte, die Geschwulst Hesse sich wegbringen. Er gab ihr auch nicht obigen ominösen Namen Sarkom. Indessen wollte der Mann der Patientin noch anderen Rath einholen und ging mit seiner Frau nach einer bekannten Uni- versitätsstadt zu Professor — . (Beide Namen stehen zu diskreter Verfftgung.) Dieser Kliniker sagt: «Operation sofort, aber sie sei auf Leben und Tod; denn er müsste tief in die Brust ein- schneiden und wisse nicht, was er finden werde. Es sei Sarkom.' (Die Lage: in der Höhlung zwischen Schulter und Brust.) — — „und wenn ich mich nicht operiren lasse, wie lange kann ich leben ?^ — „Höchstens 6 Wochen.^ Von da nach B. zu S. — auch eine namhafte Autorität, welche aber nebenbei als brutal und rücksichtslos bezeichnet wird in der Art, wie er Patientin untersucht, geknetet und gequält hat. Er fand nichts zu operiren, denn die Sache sei hoffnungslos. Auch dieser Professor gab der unglücklichen Kranken den Trost mit auf den Weg, sie könne im besten Falle noch 6—8 Wochen leben. — Von da begab man sich zu dem weltberühmten Professor B., an dessen Kompetenz wohl die Wenigsten gezweifelt haben würden. Indessen folgen wir auch hier dem nomina sunt odiosa. „Die Geschwulst ist schwer zu operiren und die Operation nutzlos^, lautete sein niederschmettenides Verdikt , mit dem Zusatz, dass der Kranken noch 6 Wochen „höchstens*^ beschieden seien. 78 Zeitoehrift d6S Berliner Vereines homitopatliiseher Aente. In Besag auf die Prognose herrschte also zwischen den zwei chirurgischen Grössen (und einer nicht chirurgischen) eine ver- hängnissToUe Einmüthigkeit. Eine sogenannte Wissenschaft liehe Einmttthigkeit. Mit diesem dreifachen Todesurtheil kehrten die armen Lente in ihr Heim zurück. Der Landarzt wurde gerufen, mit der Bitte, die bevorstehende Leidenszeit nach Kräften erträglich zu machen. — Er blieb bei seiner ersten Behauptung und nahm nun die Ge- schwulst in Behandlung. Nach geraumer Zeit hatten seine Mittel geholfen. Sie bestanden in „Einölen, Massage, Umschlägen etc.^ nnd jetit ist die Gesehwulst spurlos Terschwimdieii und Frau S. ist frisch nnd munter« „Ich hoffe ^ — schliesst mein Referent — , „dass der Gatte soviel Gerechtigkeitssinn hat, den drei Herrn mitzutbeilen, wie ihre einstimmige Prophezeiung sich nicht erfüllt habe.^ Inzwischen ist mir ein auf das beste verborgter weiterer verhängnissvoller Irrthum zu Ohren gekommen, der aber keine so glflckliche Lösung fand, wie der eben beschriebene Fall, und allein hinreicht, das Anathema sit auszurufen über die heutige Art und Weise, wie rasch und nnmotivirt man sich zu den lebensgefähr- lichsten Operationen entscheidet. Herr E., der Schwager der offenbar durch ärztlichen bezw. diagnostischen Eunstfehler sozusagen fahrlässig Getödteten, erzählte mir den Hergang der Sache, wie folgt. — Seine Schwägerin, wohl 50 Jahre alt, hat Influenza gehabt. An diese schliessen sich Darmstörungen an, welche der Hausarzt auf Blinddarmerkrankung zurückschieben zu mttssen glaubt. Er räth, noch einen anderen Arzt zuzuziehen, und die Wahl fällt auf Professor X., der sich eines gewissen Bufes als Diagnostiker erfreut. Dieser nun stösst die erste Diagnose um und konstatirt einen Abscess in der Leber, dem man sofort operativ entgegentreten mfisse. Auch der dritte Arzt, Professor Y., erklärt peremptorisch, es müsse sofort operirt werden, sonst sei die Eranke in 24 Stunden eine Leiche, natürlich in Folge von Blutvergiftung. Schweren Herzens giebt der Gatte seine Einwilligung. Sonnabend findet die jedenfalls gelungene Operation statt, Sonntag ist die Frau todt. Von Leberabscess keine Spur. Ein dritter Professor wird nämlich auf Veranlassung des mit einem Male zum Wittwer gemachten Mannes veranlasst, die Sektion vorzunehmen. Er erklärt Leber, Lunge, Herz, Nieren etc. fQr durchaus gesund, üebrigens hatte keiner, der Dr. Kröner, Caibeneiim BQlfaratiim. 73 zuerst zugezogenen Herrn Aerzte VeranlasBung genommeni dem unglflcklichen Ehemann eine Erklärung abzugeben oder das Er- gebniss der Operation ihm auseinander zu setzen. — An der Sache ändern konnten sie ja dadurch freilich nichts. Aber befremden muss doch eine solche unmenschliche Handlungsweise. Später hat sogar einer der Betheiligten erklärt, wenn ihm ein Kranker wieder so zur Behandlung käme, d. h. mit denselben Symptomen, wie die so leichten Herzens operirte Patientin, so wfirde er sich veranlasst sehen, wieder so zu verfahren. Das heisst doch mit dOrren Worten: Nichts gelernt und nichts vergessen! Und man ist geneigt, von einem Cynismus in der Medizin und speziell in der Chirurgie zu reden. Carboneum sulfuratum. Von Dr. KrQner, Potsdam. L Chemischer TheiL Der Schwefelkohlenstoff, GSs^ wird dargestellt durch Ueber- leiten von Schwefeldämpfen über glühende Kohlen. In unreinem Zustande bildet er eine gelbliche^ in gereinigtem eine mehr weisse, schwere, ölige, brennbare Flüssigkeit von unangenehmem, be- täubendem Geruch und üblem Geschmack, die an der Luft leicht verdampft. Man bewahrt deshalb das Präparat unter Wasser auf. Beim Verbrennen entwickelt sich schweflige Säure. Schwefelkohlenstoff löst sich in Alkohol, Aether, Chloroform and ist seinerseits ein vorzügliches Lösungsmittel für Schwefel, sowie insbesondre Gummi und Kautschuk, weshalb er in der Gummi- fabrikation eine ausgedehnte Anwendung findet. Zum homöopathischen Gebrauch wird das gereinigte Präparat mit starkem Alkohol potenzirt. (In der älteren homöopathischen Litteratur finden sich manchmal Verwechslungen zwischen dem Alcohol sulfuris (der alte Name für den auch nach seinem Entdecker als Spiritus Lampadii bezeichneten Schwefelkohlenstoff) mit unserm gewöhnlichen Schwefelpräparat, dem Spiritus sulfuratus.) 74 Zeitschrift des Berliner Vereines homöopathischer Aente. II. Symptome und klinische Hinweise« Namen der Prflfer. 1. Dr. Knap, DisB. Prag 18S5, wiedergegeben in: Bnchner n. NuBser, AUg. Z. f. Hom. II, Beilage 59. 2—20 Tropfen der SabstanE, wiederholt 2. Dr. Büchner (ibid.)i 3 Tropfen, später %—% Tropfen. 3. M. H. (ibid.)i (Frau von 24 Jahren), 1—2 Tropfen« 4. Dr. Held (ibid.), 1—2 Tropfen. 5. A. G. (ibid.), Vergiftung durch ^ Drachme. 6. Dr. KönigBhöfer (ibid.), 1.— 2. Verd. 7. DesBon Frau, 26 J., 1. Verd. 8. L. M., 60 J. (ibid.), 1.— 2. Verd. 9. Dr. Prims (ibid.), 6. — 1. Verd., nachher 1—6 Tropfen Sub- Btanz. 10. Dr. Pemerl, 36 J. (ibid.), 1.— 8. Verd. 11. Dr. Moser (ibid.), Substanz und 1. Verd. 12. Dr. Quaglio (ibid.), 2—8 Tr. Substanz. 13. Dr. Koch, N. Am. J. of Hom. 2, 374; 7., 2., 1. Verd. 14. Gazette hom. de Paris 1850. Leboucher, an auxiliaire sans vouloir. Journal de la Soc. Gallic. de M6d. Hom. Bd. VI, Heft 23, 1856. Französische Prüfungen und Besprechung der Arbeit Delpechs, dessen Angaben vollständig mit den homöopathischen Prüfungen übereinstimmen sollen. Ebenfalls auf Delpechs Arbeit fusst Jousset, L'Art M6d. Sept 1856. Mir nicht zugänglich gewesen. Vergiftungen. 15. Delpech, L'Union m6i. 1856, No. 66. Derselbe, Nouvelles recherches sur Tintozication speciale, que d6termine le sulfure de carbone. Paris 1860. 16. Bergeron et L^vy, Gaz. des höp. 1864. 17. Bernhardt, Berl. klin. Wochenschr. 1871, p. 13. 18. Mendel, Berl. klin. Wochenschr. 1886, p. 503. 19. Eäther, Ueber Schwefelkohlenstoffyergiftung. Diss. Berlin. 1886. 20. Maass; üeber Schwefelkohlenstoffvergiftung. Diss. Berlin. 1889. 21. Bosenblatt, Ueber die Wirkung von Schwefelkohlenstoff- dämpfen. Diss. Würzburg. 1890. Dr. SrOner, Carboneam salfarattun. 75 22. Westberg, Beitr. zur Schwefelkohlenstoffvergiftang. Diss. Dorpat. 1891. 23. Hirschbergy Centr.-Bl. f. prakt AugenheilkuDde. Z, p. 49. 1886. 24. Transactions of the Ophthalm. Soc. of ü. Eingdom. V, 167. 1885. 25. Bergeron et L^vy, Oaz. M^d. de Paris. 1864, p. 584. (Wirkung auf das Auge.) Die flbrige, ziemlich reichhaltige Litteratur findet sich bei Koberty Lehrbach der Intoxikationea S. 606 f., in Eulenburg's Realencyclopaedie Bd. 18, sowie Aliens Mat. Med. Bd. IL h Seellselie Symptome. Munter, geschwätzig (Excitationsstadium bei chronischen Vergiftungen häufig). Nachts sehr erregt (10). Geftthl von Be- trunkenheit (11). Heiter und sorglos (13), Lust, zu singen (13). Wechselnde Stimmung, die geringste Kleinigkeit kann ihn ärgern (Delpech). Niedergeschlagenheit mit Reizbarkeit (3). Jäh- zornig (4). Tiefe Abspannung, Entmuthigung, Traurigkeit, träumerisches Wesen (Tox. bei Delpech). Aufregungszustände, Tobsucht (Tox.). Angstanfälle (Tox.). Verstandesthätigkeit vermehrt (1, wiederholt); leichterer Gedankenfluss (Excitationsstadium bei Vergiftungen). Zerstreut, kann nicht erfassen, was er liest (10). Benommener Kopf, Ver- wirrung, schwieriges Denken (8). Gedankenverwirrung, Un- besinnlichkeit (Tox. öfters). Gedächtniss sehr schwach, reicht nicht far Minuten (Tox. bei Delpech). In späteren Stadien Ge- dächtnissschwäche häufig (Delpech). 2. Nenrensystem. a) Sensibilität. AufregungsgefÜhl im Körper, einige Minuten lang, gleich (4). Allgemeine Hauthyperftsthe sie (24). Schmerz- hafte Schwere und ZerschlagenheitsgefShli am meisten im Bficken, Lenden, Füssen (13). Wandernde rheumatische Schmerzen 13). Lancinirende Schmerzen (Delpech). Ameisenlaufen vom r. Ellbogen nach den Fingern, der r. Arm schläft ein (3). Eises- kälte in der untern Eirperhälfte (Tox.)- Schweregefühl im ganzen Körper, besonders im 1. Arm (9). Wacht müde auf (13). Jede Bewegung macht Ermüdungsgefühl (Tox. öfters). Wirkt als allgemeines Anästheticum, wie Chloroform, erregt aber bei Manchen 76 Zeitschrift der Berliner Vereines homOopAthiseher Aente. anangenehme Visionen (Simpson); die Cornea wird schon Tor Ein- tritt der allgemeinen Anästhesie anempfindlich (26). Der Rompf ist durch die Sensibilitätsstörungen weniger betroffen, als die GUeder (24). b) Motilität Allgemeine MuskelschwächOi Zittern, die Kranken gehen wie betrunken (Tox.). Muskelkraft besonders in den Extremitäten herabgesetzt (Tox.). Muskelcontractionen schwach, zitternd, fibriUäre Zuckungen, bei normaler Sensibilität und normalem elektrischem Verhalten (Delpech). Die Hände hängen herunter wie bei Bleikranken; in andern Fällen sind auch die Flexoren gelähmt (Delpech). Medianuslähmung (18, nach Ein- tauchen der Hände in CS3). Krämpfe in den Handmuskeln, Gontracturen in verschiedenen Muskelgruppen; epileptiforme Krämpfe (Tox.). Abmagerung der gelähmten Muskeln, besonders an den Händen: Daumenmuskulatur und Interossei (24). Entartungs- reaktion meist nicht vorhanden, doch in einigen Fällen beobachtet (Bruce, Edinburgh med. Journ. 1884, Mai). Reflexe in manchen Fällen erhöht, bald erloschen. Ataxie, Pseudotabes (Tox.; Leval Picquechef, des Pseudotabes, Th^se de Lille 1886). Klinlsehe Anwendung. Vgl. Theil DI. 3. Schlaf und Träume. Schläfrigkeit 2, 3 Uhr Nachmittags (8, wiederholt). Unge- wohnte Schläfrigkeit Abends (6), die Augen wollen ihm zufallen (7), schläfrig den ganzen Tag (11). Spätes Einschlafen (3. 4). Schlaf sehr unruhig (oft). Wirft sich Nachts umher (11). Schläft gut ein, wacht aber nach Mittemacht auf und kann nicht wieder einschlafen (2. 18). Schlaf durch unangenehme, schreckhafte Träume unterbrochen (2. S. 13. 15). Schreckt aus unangenehmen Träumen empor (15); Schlaf durch Muskelkrämpfe unterbrochen (15); Schlaf durch Stiche von der Innern Seite des Knies nach der grossen Zehe unterbrochen (4). Erwacht auch nach guter Nacht mflde (13). Nachts sehr aufgeregt (9). Alpdrücken Nachts (15). Profuse Schweisse Nachts (15). 4. Fieber und fteberartige ErselieinungeB. Frost 7 Uhr Nachm. (13). Nachts ruhelos, frostig, darauf Hitze und profuser Schweiss (15). Frostig den ganzen Tag Dr. KrOner, Carbontnai fnüforatiim. 77 (13 und öfters). EiBeskältei beaonders der untem Eörperhälfte (15). Eftltegefahl in den Wangen bei Bauchbeschwerden (10). Kalte Füsse (2. 7). Frostigkeit mit grosser SchwILche (8). Hitze: Nachts öfters Fieber (15). Heisse Haut mit nessel- ähnlichem Brennen (11). BlutwaUungen mit beschleunigtem Puls (3). Heisser Kopf, heisses Gesicht (5. 9). Hitse in der Stirn mit Kopfschmerz und Verlangen, die Stirn zu reiben (9). Hitze im ganzen Körper, mit Kopfschmerz und vollem Puls (8). Schweiss: öfters ganz unterdrückt (11, wochenlang). Nachts profuser Schweiss (15). 6. Haut Herpes&hnlicher Bläschenausschlag auf beiden Wangen und über der Nase, mit Brennen der Nase und Lippen (13). Herpes auf der Oberlippe (Wilson). Später kleine Schüppchen an der Stelle der Bläschen (13). Derselbe Ausschlag öfters wiederholt (18). Bläschenbildung zwischen den Fingern, juckend und stechend (13). Nesaelähnlicher Bläschenausschlag am r. Vorderarm, juckend (10). Kleiner Furunkel am 1. Oberschenkel (13). Juckender, bei Eratzen leicht blutender Bläschenausschlag auf der Brust und in der rechten Lumbaigegend, nach Kratzen mehr gereist und leicht blutend (10). Empfindungen: Zuerst Kälte-, dann Hitzegefühl nach örtlicher Anwendung (1). Kriebeln, besonders an den Vorder- annen (3). Jucken in verschiedenen Körpertheilen (15). Jucken und Stechen (öfter). Jucken an den Armen und Füssen (18), auf dem Bauch (10), auf der Brust (10), auf dem Rücken (4), an den Oberschenkeln (4. 10), auf dem r. Arm, besonders der Ellbogen- beuge (10), an den Händen, zwischen den Fingern (18), an den Beinen Abends beim Bettgehen (10). 6. Knoelieii und ftelenke. 7. Drttsen. 8. Kopt Verwirrung (1); V., langedauernde, wie von Alkohol (4); V. mit dem Gefühl, als ob sich die Himhemisphären zusammen- Kögen (2), V. mit Neigung, vorwärts zu fallen (2). Benommen- heit, VoUheit im Hinterkopf (Wilson u. A.); B. und Schwierig- keit, zu denken (3); Schwere im Kopf (1), S. im Hinterkopf (öfter). 78 Zeitscbrifk des Berliner Vereines homOopathisoher Aente. Schwindel, sofort, im Sitzen schl. (4); Schwindel im Hinterkopf (Wilson); Seh. mit GefAhl, als ob vor ihnen ein offenes Loch wate, in das sie zu fallen fDrchteten (24, mehrere Fälle). Kopfschmerz, langdauemder, nach der Narkose (Simpson). E. klopfender, schl. durch Bewegen (18), schl. Nachmittags (13), besser durch Schweiss (13). Dumpfer E. mit Schwere im Eopf (3). Drei Monate lang heftige Eopfschmerzen, dann allgemeines Debelbefinden und heftiger Schwindel (15). Die meistenPrflfer verzeichnen Stirnkopfschmerz. St. besser im Freien, scU. im Zimmer (3); St. mit Brennen der Augen und Empfindlichkeit der Eopfhaut beim Bfirsten (13); spannender St (13); St. mit Stechen im LOhr (wiederholt 13); reissender St. (4); St. Yom L Stimhöcker nach der Schläfe (9). Drückender Eopf- schmerz von der Nasenwurzel nach den Schläfen, mit Benommen- heit, wie betrunken (16). Schläfekopfschmerz, klopfend, früh beim Erwachen (13); wogender Seh. beim Schütteln und festem Auftreten (6) ; einwärts- drückender Seh. bis zum Scheitel (2). Druck im r. Scheitelbein (9); Schmerz im r. Scheitelbein wie von einem harten Eörper (13). Druck im Hinterkopf (7). Druck im Hinterkopf, Augen- höhlen, Schläfen (1). Fettdegeneration der Ganglienzellen des Grosshirns (Tos.). Aeusserer Eopf: Schmerzhafte Bläschen auf der Eopfhaut (10). EopQucken (3). 9. Auge und Sehen. Augen eingesunken, mit grauen Bingen (Tox.). A. während der Narkose weit offen, ausdruckslos, mit erweiterter Pupille (Simpson). Druckgefühl in den Augen (9). Druck und Hitze im linken Augapfel, A. wie zerschlagen. Dicker Eiter im Auge (4). Stiche in den Augen (öfters). Anfallsweise Schmerzen, anscheinend in verschiedenen Augen- muskeln (10). Lider, wie geschwollen (nur subjektiv; Wilson). Eleine Pustel am Oberlid, juckend (4); Zerschlagenheitsgefühl in den Lidern (Wilson); Lider entzündet, Gerstenkörner (Wilson); Brennen an den Lidrändern (7), Lider schwer (3). Jucken in den L. Schmerz in den Lidern, schl. durch Bewegen des Auges und Druck. Dr. KfOneTi CArboii«iiiii snlfnratiia. 79 Hornhaut schon Tor Eintritt der allgemeinen Narkose unempfindlich (16); H. unempfindlich, mit OeaichtsTerdunklung (16). Keratitis^ Iritis. Pupillen meist erweitert, reagiren trige (8 schon bald nach dem Einnehmen). Thränen beim Lesen (9). Sehen: Von leichter Verdunklung des Gesichtsfeldes bis zu erheblicher Herabsetxung der Sehsch&rfe alle Orade (16. 8. 10. 17). Alle Gegenstände wie im Nebel, zuweilen besser durch Essen (24). Centrales Scotom f&r Roth, kann zwar blau und gelb, nicht aber roth und grfin unterscheiden (24). Papille oft Mass, Bänder verwaschen (24). Leichte Neu- ritis optica; Arterien eng, Venen erweitert (24). Fort- schreitende Sehnervenatrophie links. Olaskörpertrflbungen und kleine -Blutungen (24). 10. Ohr und Geh5r. Stiche im 1. Ohr, wiederholt (13), schlimmer Abends (9); krampfhafte Schmerzen in beiden Ohren (18); Druck im r. Ohr (öfter), wie wenn ein stumpfer Gegenstand gegen das Trommelfell drückte (9). Fortwährender Schmerz im rechten Ohr (9). Bohren im Ohr (10). Klingen in den Ohren (4); Summen, wie von fernem Wind (Wilson), geht nach dem Hinterkopf Ohren, wie verstopft» 1. Ohr wie taub während und nach dem Essen (Wilson). Fast völlige Taubheit, die nach einiger Zeit vorschwand (15). U. Naae und Qenieh. Jucken an der Nasenspitze, wie zum Niessen (10). Dicker Schnupfen, mit Augenthränen und Kopfschmerz (Wilson). Nase verstopft (4). Nasenspitze roth, brennt (13). Schnauben, mit Blut- spuren im Sekret (10). 12. AngMieht Gesicht gedunsen (18). Augen eingesunken, mit grauen Bändern (18). Grosse Blässe (15). Ausschlag im Gesicht, wieder- holt nach D7 (18). Drttcken und Ziehen in den Muskeln des Mundhöhlenbodens, bis zum Kehlkopf (13); Ziehen im linken Unter- kiefer (9). 80 Zeitsehrift des Beriiner Venttw hom»opatbii«lier Aente. 18. Mvnd nnd Kiindhölile. Klopfender Schmerz im letzten Backzahn (wozu er aach sonst geneigt war), die ganze Nacht; am nächsten Tage Zeichen einer Wurzelhaatentzfindang« Am 7. Tage wiederholt (4). Zahnschmerz in den 1. untern Backzähnen (13). Zähne thun beim Spülen mit kaltem Wasser weh (18). Schiessender Schmerz in einem hohlen Backzahn r. oben, später unten (10). Stumpfheitsgefflhl in den Zähnen (1). Verschlimmerung der Zahnschmerzen Nachmittags und Abends und durch Kälte (4). Brennen im Mund, auf Lippen und Zunge (sofort) (12). Mund- und Rachenschleimhaut sehr empfindlich (5). Brennen am weichen Gaumen (2)« Zunge: Zuerst nach dem Einnehmen Kältegef&hl, dann Brennen (1. 2. 4. 6). Zunge belegt (nach 6 Std.) (13). Speichel vermehrt (1. 6. 9). Klebriger Speichel (2). Wasser- zusammenlaufen (10), mit Uebelkeit (10). Ansammlung von sfiss- lichem Wasser im Mund (6). 6 e s c hm ack. Schlechter Oeschmack (2) ; bittrer G., besser nach Frühstück (13); scharfer, knoblauchartiger G. (13); metallischer G. (9); bittersüsser G. (4). Bier hat seinen richtigen Geschmack nicht, macht Druck im Magen und Aufstossen (13). Salzig- saurer Geschmack (13). Salziger Geschmack steigt aus dem Hals auf (10). Zwiebelähnlicher Geschmack in Mund und Hals (13). 14. Sehlmid nnd Hals. Brennen und Katarrh im Hals (3). Brennen in der Speise- röhre (3). Jucken im Schlund, das harten, trocknen Husten nach dem Niederlegen Abends verursacht (13). Stechen, wie von einem Knochen im Anfang des Oesophagus (18). Kratzen im Hals, Räuspern (7 und öfter). Gefühl von einem Haar im Hals (3). Trockenheit im Hals (7), zwingt sie, viel Wasser zu trinken (17). Schlucken erschwert (5). Ziehen im r. Sternocleidomastoideus (6). Ziehen nnd Spannen in den Muskeln des Mundhöhlenbodens bis zum Kehlkopf (13). 15. Magen. Appetit vermehrt (4), mit Durst auf Bier (4). Appetit unersättlich (15, überhaupt als Erstwirkung bei chronischer Ver- giftung sehr häufig). Später Appetit vermindert (1 und öfter, Dr. XiOnaTy Oulwiieiuii ralteatiuii. 81 regehnäsBig im weitem Verlauf der VergiftuBgeD). HungergefUhl mit AbneigoBg gegen Essen (10). Bestftndiges S&ttigangBgefahl, einige Wochen lang (11). AnfstOBsen regelmässig beobachtet; fürchterliches Aufstossen (13). A. und Blähungen beim Gehen (13). Magen volli mit Auf- stossen und Uebelkeit (2). Saures A. (3). A. mit dem Ge- schmack des Mittels (1). Uebles A. (1). Saures, ätzendes A. (13). Magendruck mit A. sofort (13). Soodbrennen wiederholt (13). Uebelkeit (9. 17), besser durch Aufstossen (2). Ü. mit Brechneigung (6). Ü. mit grünlichem Erbrechen (13), Ü. mit Magendruck (3). U. mit Wasserzusammenlaufen im Mund (10). Bittres Wasserbrechen (7). Grünes, galliges Erbrechen, mit Uebel- keit und kaltem Schweiss (13). Druck im Epigastrium, nachher lautes erleichterndes Auf- stossen (13). Angenehmes Wärmegefühl im Magen und mehr Appetit, bald (1). Magendruck, Vollheit und Aufblähung in der Magengegend die ganze Zeit über (1 • 13 u. öfter). Frühstück macht Druck im Magen, besser durch Aufstossen. Stechen vom Epigastrium nach dem Rücken bei jedem tiefen Athemzug (13). Magen druckempfindlich; Zusammenschnüren im Magen bei gutem Appetit (9). No. 13 notirt bereits 24 Stunden nach Einnehmen der D7 einen wohlausgeprägten Status gastricus mit den oben be- zeichneten Symptomen. Derselbe wiederholt sich bei einer spätem Prüfung. 16. Baneh. Eolikschmerzen (Prüfungen und Tox. sehr häufig). Ver* mehrte Darmbewegung mit Blähungsabgang nach 3 Std. (1). Leib aufgetrieben, dann Schwindel (2). Wundheitsgefühl in den Bauch- wänden (9). Epigastrium aufgetrieben, druckempfindlich (oft). Stechen vom E. nach dem Rücken bei Tiefathmen (13). Dumpfschiessender Schmerz auf Druck im Hypogastrium (13). Kolikschmerzen um den Nabel (3). Blähungen sehr gewöhnlich, meist fibelriechend. 17. Mastdarm und After. Brennen und Jucken im After (9). Stechen und Jucken in der Yordem Commissura ani, nach Stuhl (13). Bd. 1^ Ol. £ d2 Zeitsehrift dea fieriiner Vereines homttopatluselier Aente. 18. Stau. Hftofiger Stuhldrang (2. 9. 13). Stuhlzwang (3). Diarrhoe nach dem Frahstück (13); Stuhl unwflMrliGh beim Hamen (13). Reichliche dttnne gelbe Ausleerungeui nachher Brennen am After (13). Nach der Diarrhoe Schwäche (13). Diarrhoe plötzlich nach dem Mittagessen (9). W&ssriger Stuhl (10). Teigiger Stuhl (10). In den ersten Stadien der Vergiftung meist Diarrhoe mit Verstopfung wechselnd, später mehr Verstopfung mit Bläh- sncht Stuhl 3 Tage verhalten, dann weicher Stuhl und reichlicher Abgang hellen kirschrothen Bluts (13, öfter). 19. Hamwerkienge. Stechender, krampfartiger Schmerz in Blase und Blasenhals, um Mittemacht beim Hamen, nach einem Glas Wein, der sich in die Hamröhre zieht und fast unerträglich ist (13). Jucken im vordem Theil der Hamröhre (13). Leichte Beizung der Hamröhrenschleimhaut (15). Heftiger ürindrang (1), ü. mit Reiz in der Fossa navicularis (4). unwillkürlicher Harnabgang (17). Heisses Gefühl beim Hamen (15). Gemch des Hams nach Schwefel (15). Garbonate und Sulfate im Ham vermehrt. 20. OeBchlechtswerkzeuge« Genitalien schlaff (2). Penis ranzlig (13). Linker Neben- hoden geschwollen (13, wiederholt). Stechen und Brennen im 1. Samenstrang (13). Geschlechtstrieb bei beiden Geschlechtem stark vermehrt (meist Erstwirkung bei Vergiftungen). Nachts Erectionen und Pollutionen (9 wiederholt), mit Brennen in der Hamröhre (9). Aufregungszustände mit erhöhtem Geschlechtstrieb (15). Geschlechtstrieb vermindert (Prüfer öfters, Vergiftungen in spätem Stadien regelmässig). Psychische und physische Impo- tenz, welche oft unheilbar ist (15). Regel 5 Tage zu früh (3). Unregelmässige Menstruation (15). Unfruchtbarkeit und erloschener Geschlechtstrieb bei Frauen (15). Schwund der Ovarien (von der Weyde). Dr. KrSiiir, Ourbonenm ndteatun. 88 21. AfhmimgBwerkieuge. Beis im Kehlkopf (2), Zasammenschnüreii im K. mit Husten und Bchnellem Athmen (2), Beiz an der Stelle der Biforcation der Luftröhre, mit Hustenreiz, 36 Stunden lang (2). Hitze im E. (2). Heiserkeit (10. 13). Beiz an der Hinterwand des Kehl- kopfs (2). Gefilhl Ton Gongestion in den Oberlappen der Lunge (2). Athemnoth, Druck in der Stemalgegend, schL in schlechter Luft und geschlossenem Baum, sowie bei Treppensteigeni mit Aengstlich- keit. Athmung beschleunigt (2). Athmuugsbeklemmung (2. 6). Athem heiss (2). Heftiger Husten nach dem Niederlegen, wie von Schnupf- tabak, auf dem Zäpfchen (13). Trockner Husten (6). Quälender Husten, ohne charakteristische Sputa (15). Heftiger Husten mit dickem Schleim (Wilson). Viel Auswurf (15). 22. Brust Empfindlichkeit der Brust beim Schneuzen (2). Vollheit auf der Brust, mit Athemnoth, Tom vordem rechten Theil des Zwerch- fells ausgehend (2). Starkes Wärmegefühl steigt durch die Brust nach dem Kopf (1). Brustbeklemmung, Zusammenschnüren (öfters). Drückend spannender Schmerz in Brust, Magen und Bauch (13). Stiche unter den 1. kurzen Bippen (10). Druck unter dem Sternum (9). Stiche unter der Mitte des Sternum, gehen blitz- artig nach oben (13). Brennen in der liDken Brusthälfte (9) Dumpfer Druckschmerz in der rechten Brusthälfte (6). Juckende Stiche in der rechten Brustwarze (10). 28. Kreislauftiorgane. Herzklopfen (öfter). Pulszahl stark vermehrt (1. 3. 4). Puls auf 52 vermindert (Fall von Delpech). Sausendes Geräusch in den Halsgefässen (15). Hohe Pulszahl in der Narkose (Simpson). Zerfall der rothen Blutkörperchen, Methämoglobinbildung (Westberg). 24. Bfleken. Schmerzhafte Steifigkeit im Nacken, kann den Kopf nicht drehen (13). Gefühl von einer schweren Last über die Schultern, sodass das Haupt vorwärts sank, beim Gehen (13). Lumbal- und Lumbo- 6* 84 Zdtaehrift des Beriiner VeioineB honöopathisoher Aente. sacralBchmerzen, beim Aufwachen frfih (13). Reissen und Druck im Sacrum (9). Spannen im Sacrum beim Treppensteigeui mit Rucken im Hüftgelenk (2). Empfindlicher Schmerz im r. tnber ischii beim Reiten (10). 25. Gliedmassen. A. Im Ganzen. Muskulatur atrophischi in manchen Fällen Entartungsreaktion. Heftige rheumatoide Schmerzen in den Gliedern, dumpf, stechend, lancinirend. Par&sthesien, hauptsächlich Ameisenlaufen. Schmerzhafte Schwere und Zer- schlagenheitsgeffthl im ganzen Körper, zumal den Extremitäten (13). Verlust der Muskelkraft in den Gliedern, in hochgradigen Fällen müssen die Kranken gefahren werden oder an Krücken gehen (15). Schwäche der Streckmuskeln (15), in vielen Fällen auch der Beuger (15). B. Oberglieder. Schweregefühl und Einschlafen im linken Arm (9). Ameisenlaufen im ganzen rechten Arm und Yom linken Ellbogen bis zu den Fingern (3). Stiche in den Armen Ton der Schulter bis zum Handgelenk (3). Rheumatische Schmerzen im rechten Arm und der rechten Schulter (13), im linken Oberarm Abends (13). Stiche vom Ellbogen bis zum Handgelenk (3); Schiessen im linken Unterarm bis zum Handgelenk (9). Heftige rheumatische Schmerzen im 1. Ellbogengelenk, zum Schreien, nur bei Bewegung (13). Die Hände hängen pronirt herunter von Schwäche der Extensoren, wie bei einem Bleikranken (15). Schiessende Schmerzen im rechten Handgelenk und im linken Spann (6). Schläfrig, kann nur mit Mühe die Hände bewegen (akute Vergiftung). Gefühl- losigkeit der Hände, merkt Nadelstiche nicht (17). Stechende Schmerzen in verschiedenen Fingern (öfters). Beine schwer, mit Brennen und Prickehi in den Fuss- gelenken (11); Beine schwer, mit ziehenden Schmerzen in den Kniegelenken (12). Hüfte: Verrenkungsschmerz (13); Ziehen bis nach dem Knie (4). Rheumatische Schmerzen in Lenden, Knien, Fusssohlen (13). Oberschenkel: An der Innenseite intermittirender dumpf- Bchiessender Schmerz und schmerzhaftes Muskelzucken (10). Neuralgischer Schmerz und Zucken durch den Oberschenkel (2); Muskelschmerzen (13). Verrenkungsschmerz im r. Oberschenkel und 1. Fuss (13), Zucken und Rucken, 2 Tage lang (4); Ziehen Dr. KfOner, Oarboneiim tmlfufttmiu 35 beim Gehen (7). Knie: Schmerz in der rechten Kniekehle (10). Spannen daselbst beim Ausstrecken des Beins (6). Zerschlagenheits- schmerz (4). Verrenkungsschmerz in Knie und Sohle (18). Nachts öfters Stiche von der Innenseite des 1. Knies nach der grossen Zehe (4). Stechen in beiden Kniekehleo, an der Auheftungsstelle des Oracilis und SartoriuSi sowie im Sitzhöcker (10). Unter- schenkel. Rheumatoide Schmerzen (18 und öfter). Waden- krämpfe (8). Schmerz an der Anheftungsstelle der Achilleaeehne beim Treppensteigen (10). Schmerz zwischen Tibia und Fibula, Nachmittags (2). Starke Schmerzen in den Fussgelenkeu, besser bei fortgesetztem Gehen (13). Ffisse: Schmerz in der L Fuss- Wurzel beim Gehen (6. 13). F. kalt (7). F. kalt, Oberkörper warm (2). MBdigkeit und schmerzhafte Schwere in den Sohlen (13). Ameisenlaufen in beiden Füssen (13, wiederholt). Dumpf- drückender Schmerz in der 1. Ferse (6). Heftiger Krampf in der r. Sohle, besser durch festes Auftreten (10). Stiche in den Zehen (wiederholt). 2%. Nihere ÜBistiiide. a) TerseUlnimeriuig. Morgens: Bittrer» saurer Geschmack. Kopfschmerz. Diarrhoe. Zahnschmerzen. Vormittags: Leib- schmerzen. Nachmittags: Aufstossen. Abends: Kopfschmerz. Nachts: Durchfall. Fieber. Durch Bewegung: Kopfschmerzen. Durch Treppensteigen: Brustsymptome. Nach Essen: Durchfall, Aufblähungy Aufstossen. Von Bier undWein: allgemeines üebelbefinden. In geschlossenem Baum: Brustbeklemmung. Im Liegen: Husten. Kaltes Wasser: Zahnschmerzen. Waschen mit k. W.: Jucken am Bauch. b) Bessermig. In frischer Luft: Hagen- und Kopfsymptome. Nach dem Essen besserten sich oft die Magenbeschwerden. Durch Buhe: Kopfschmerz. Im Sonnenschein: Glieder- schmerzen. in. Physiologischer Theil. Die Vergiftungen durch Schwefelkohlenstoff sind zum (prössten Theil gewerbliche, in den Kautschukfabriken beobachtetOi die auch Delpech das Material zu seiner klassischen Arbeit geliefert haben. Eine Reihe fleissiger Beobachtungen, Thier- und Selbst- Yersuche haben eine Ffille weiteren Stoffes geliefert. g6 Zeitsohrift d«i BoUner VereineB homOopathifleker Aente. Der Schwefelkohlenstoff hat zwei Hauptangriffspunltte, das Blut and das Nervensystem. Bei der akuten Vergiftung kommt es zum Zerfall der rothen Blutkörperchen und zur Bildung Ton Methämoglobin. Bei der chronischen Vergiftung treten dagegen die Blutveränderungen mehr in den Hintergrund und man findet meist nur einfache Anämien. Wichtiger für uns ist der Schwefelkohlenstoff als Nervengift In grossen Mengen eingeathmet, wirkt er gleich dem Chloroform als Betäubungsmittel (in England wurde er auch früher zu Narkosen verwendet), wobei die Thatsache zu bemerken ist, dass die Hornhaut schon vor Eintritt der allgemeinen Narkose unempfindlich wird. Die unangenehmen Nebenwirkungen jedoch (ine Kopfschmerzen, Schwindel, Erbrechen, Collapse) verbieten diese Anwendung des Mittels. Interessante Versuche an seiner Person hat Rosenblatt (s. 0. 21) angestellt. Neben der reizenden Wirkung des Mittels auf die Atbmungswerkzeuge beobachtete er vorftbergehende GemQthserheiterung, auf welche ein Lähmungszustand mit Be- nommenheit, dumpfem Kopfschmerz, Präcordialangst und Parästhesien in den Gliedern folgte. (3—10 mg GS» auf 1 Liter Luft). Die anfängliche Aufheiterung und Anregung der Denkthätigkeit ist ein sehr konstantes Symptom der chronischen GSa-vergiftung, denn wir finden sie bereits von Delpech in seiner klassischen Arbeit, sowie bei mehreren unsrer homöopathischen Prüfer angegeben. In andern Fällen fehlt freilich dieses erste Stadium. Während desselben zeigt sich bei den Vergifteten eine auffallende Munterkeit, Geschwätzigkeit, Jähzorn; sie zeigen oft Interesse ffir Dinge, die ihnen sonst fern liegen. Dieser Zustand erleichterten Ideenverlaufs kann unmittelbar zu maniakalischen Zuständen fahren. Schon während des Erregungsstadiums, theilweise auch vor demselben oder mit ihm abwechselnd, zeigen sich Lähmungs- sjmptome, bestehend in Benommenheit, Schwindel, Kopfschmerzen in der Stirn und Über der Nasenwurzel nach den Schläfen hin. Im weitem Verlauf der Erkrankung treten auf dem Gebiet der Psyche die entschiedenen Lähmungssymptome auf. Die Kranken werden schwer besinnlich, besonders sehr vergesslich; geistige Arbeit wird unmöglich. Die Heiterkeit weicht einer tiefen Schwermuth und Energielosigkeit. Melancholische Psychosen sind wiederholt beobachtet worden. Dr. XiOmti OMbiBmuB ndftmtnm. 87 Fflr uns besonden interoBsant sind diejenigen Symptemei welche vom Bfickenmark and den peripheren Nerven ausgehen. Die motorischen Nerven zeigen anftnglich noch Beiz- symptome, wie fibrill&re Maskelzuckungen, klonische Krämpfe in einzelnen Moskeln und Muskelgroppen, dann auch tonische Krämpfe und Contracturen« Allmählich stellt sich Zittern und Nachlass der Muskelkraft ein, welche bis zur vollständigen Lähmung gehen kann. Delpech's Patienten mussten zum Theil an Erflcken gehen. Die regehnässig auftretende Muskehitrophie ist meist eine einfache, seltener eine degenerative mit Entartungs- reaktion. Bei solchen Arbeitern ^ welche mit den Händen im Schwefelkohlenstoff arbeiteten^ erkrankten vorzugsweise die Muskeln an den Händen und Fingern. Ein Kranker Delpech's zeigte das Bild einer Bleilähmung, während in einem von Mendel beschriebenen Falle der Medianus gelähmt war. Die Sensibilität erleidet mannigfache Störungen. Vor allem sind Taubheitsgefflhl und Ameisenkriechen in den Oliedmassen sehr konstant. In sehr vielen Fällen besteht femer erhebliche Anästhesie und Analgesie. Verschiedene Autoren haben beobachtet» dass die Hornhaut häufig ihre Empfindlichkeit verliert AndrerseitB , findet man regelmässig spontane rheumatoide Schmerzen, die nicht selten einen lancinirenden Charakter annehmen. Die Beflexe sind zuweilen stark, viel häufiger aber erloschen. Nicht selten treten Goordinationss^törungen in den Vordergrund, so dass das Erankheitsbild grosse Aehnlichkeit mit der Tabes dorsalis hat (Pseudotabes der Schwefelkohlen- Btoffarbeiter). Neben den nervösen Gentralorganen sind es weiterhin die Verdauungswerkzeuge, deren Thätigkeit frühzeitig und regel- mässig gestört wird. Wie aus dem Symptomenverzeichniss hervor- geht, tritt uns oft das Bild des akuten Magenkatarrhs, sowie eines akuten oder chronischen Darmkatarrhs mit dem Wechsel zwischen Durchfall und Verstopfung und erheblicher Fhitulenz entgegen. Man erkennt in den Magendarmerscheinungen des Mittels deutlich dessen beide Gomponenten. Eine Vermehrung des Appetits findet sich häufig im ersten Stadium der Ver- giftung. Die Geschlechtsthätigkeit ist im Anfang oft erhöht, im weiteren Verlauf regelmässig bei beiden Geschlechtem tief herab- 88 Zeitflohrift des Berliner Vereines homöopathisoher Aente. gesetzt Impotenz beim Manne, ünfrachtbarkeit bei der Fraa sind häufige Befände. Fragen wir nun, wie sich der Schwefelkohlenstoff thers^ peatisoh yerwerthen lässt, so sind wir vorlänfig auf theoretische Erwägungen angewiesen. Es finden sich in unsrer Litterator einzelne Anläufe, das Mittel zu yerwenden, man ist aber nicht Ober diese hinausgekommen. Meines Wissens ist Deventer der Einzige, der es in grösserem Maassstabe, und zwar als Erifti« gungsmittel für das Nervensystem angewendet hat, wozt es ja auch nach seiner ganzen Pathogenese wohl befähigt erscheint. Sein Hauptwirkungsfeld dürfte es jedoch auf dem Oebiet der organischen Nervenerkrankungen finden. So gut das Mutterkom praktisch bei Tabes dorsalis erprobt ist, glauben wir auch dem Schwefelkohlenstoff hier seine Bolle zutheilen [zu müssaii. Weiterhin sind es schlaffe Lähmungszustände, welche das Mitlei angezeigt erscheinen lassen. Die Muskelatrophie, die zuweilen eintretende Entartungsreaktion , vor allem die gleichzeitigen sensiblen Störungen weisen darauf hin, dass es sich praktisch bei Lähmungen peripheren Ursprungs wird verwenden lassen. Zu diesem Resultat kommt auch Ellis (Journal of the Brit Hbm» Society. Jan. 1894). Bei Magendarmerkrankungen wird der Schwefelkohlenstoff trotz seiner ausgesprochenen Einwirkung auf den Verdanungs- kanal selten angezeigt sein, da uns seine beiden Bestandtheile Garbo vegetabilis und Sulfur geläufiger sind und meist ausreichen werden. IT. Yerglelchender Theil. Für periphere Lähmungen kommen hauptsächlich folgende Mittel in Betracht: Flnmbnm hat schlaffe Lähmung meist im Badialisgebiet, während bei GSs ebensohäufig die Beuger betroffen sind. Dem Blei fehlen die ausgeprägten sensibleli Störungen, dafür hat es öfter Entartungsreaktion. Cupram: Flexoren hauptsächlich ergriffen; Sensibilitäts- störungen weniger, dafür Krämpfe stark ausgesprochen. (üelsemiumi: hauptsächlich diphtheritische Lähmungen, zumal der Augenmuskeln. Dr. Nebel, Beitrag rar Gesohieiite der Isopathie. 89 Phxsmttginiii: ebenfalls bei diphttaeritischen Lähmungen. Stryelmlii (Nux vomica) besonders bei Alkohollähmangen anwendbar. Arsen: gekennzeichnet durch die neuralgischen, brennenden Schmerzen mit intermittirendem Typus und der YerschlinmKerung nach Mittemacht Die rheumatischen Lähmungen erfordern hauptsächlich: Aconit, Gausticumi Rhus. Bei Rflckenmarksleiden hat man vorzugsweise an folgende Mittel zu denken: Seeale cornntam hat, wie CS,, ausgesprochene tabische Symptome, auch die Parästhesien. Vielleicht hat GS| mehr wirk- liche Lähmung, während bei der Incoordination des Mutterkorns die motorische Kraft nicht herabgesetzt zu sein braucht Argentnm nltrtenm hat eher spastische Zustände als GSs, grosse nervöse Unruhe, Ausdehnungsgeffihl im Kopf, ist sonst bei Tabes dorsalis dem Schwefelkohlenstoff sehr ähnlich. Zinenm hat vorwiegend Erampferscheinungen. Lafhyms ntivns ist unser Hauptmittel bei spastischen Bfickenmarkslähmungen. Beitrag zur Geschichte der Isopathie. Von Dn Nebel^ Montreux. (SeUusfl.) Die besprochene Arbeit des polnischen Kollegen war ein letztes Aufflackern der Isopathie auf dem Kontinent. Freilich wurden die isopathischen Mittel bis in die neue Aera der Serum- therapie von einzelnen Kollegen angewendet, ich brauche nur an Dr. Deventer's Galculi biliares zu erinnern. Aber man getraute sich doch nicht mehr recht damit in die Oeffentlichkeit. um so rttstiger und unentwegter bearbeiteten dieses Feld der Begründer der Isopathie und seine Schüler auf amerikanischem Boden. Hering veröffentlichte eine Monographie des Lyssin im North American Journal of Homoeopathie 1879. 90 Zeltflobrift dei Berllaor VaeinaB homSopatiiiMkev Xenta. . Im gleichen Jahre veröffeniUchte Swan im New Organon zwei Fälle von Heilung'^) von Taberkulose mit Tuberculinam pSier finden wir znm ersten Mal den Namen Taberculinnm; Lnx und Hering nannten eine Nosode ähnlicher Provenienz Phthisin]. Swan's Präparat stammte vom Caverneneiter eines TaberknlSsen, der in Behandlung von Dr. Pierson in New-Toik sich befand. Weitere Mittheilungen über Tuberculinanwendung stammen von Biegler in Bochester und von Professor Glapp. Angeregt durch Glapp und Skinner benutzte Dr« Burnett ein von Dr. Heath bereitetes, tuberculinhaltiges Präparat, das Bacillinum, & Jahre vor Eoch's Veröffentlichung. In einer Broschüre «Pyrogenium*^ (London bei Bailltee Tindall und Gox 1880) befürwortete Dr. Drysdale das Pyro- genium bei Typhus und septischen Zuständen. Das Sepsin oder Pyrogenium wurde als Glycerinextrakt aus einet Kultur gewonnen. Swan empfahl im Hom. Physician 1892 Erysipelinum, Diphtherinum etc. Die amerikanischen Kollegen lieferten Prüfungen des Syphi- linum, Medorrhinum, Qonorrhinum, Anthracinum und des Pyrogenium. Eoch's epochemachende Entdeckung des Tuberculins rief eine ausgedehnte Reihe von Mittheilungen von mehr theoretischem Gepräge hervor. Es berührt heute noch sehr angenehmi die gleichsam in der Aufregung improvisirten Artikel in unsem Zeitschriften zu lesen, in welchen an der Hand unseres Heilgesetzes dem Tuberculin das Horoscop gestellt wurde. Dr. Kunkel in Kiel hat das Mittel wohl am gewissenhaftesten weiter verfolgt Dr. Simon in Biel und Dr. Kirn lieferten die ersten Krankengeschichten, in welchen das Mittel in homöopathischem Geiste war angewendet worden. Im Allgemeinen darf man aber, ohne lieblos zu sein, behaupten, dass sich Kunkel's Ahnung und Warnung bestätigte: „Schon jetzt habe ich die Ueberzeugung gewonnen, dass, wenn wir Homöo- pathen nicht die Früchte der Koch'schen Entdeckung ernten, es unsere eigene Schuld isf Ich sehe davon ab, weiter in Einzelheiten einzugehen. Diese letzte Periode besonders gäbe ein dankbares Feld ab für Einen, *) Die Heilung fand zwei Jahre vor der YerOffentUokvng 1877 itatt. Dr. NeM, Betet« nur QMddohfte te iMpttUe. 91 d^B die amerikanische Literatur yoUständig zur Verfttgang ist. Sehr ausfQhrlich behandelt besonders das Taberculin Dr. Erflger in Nlmes: Virus et Yenins (1898). Dr. Krfiger hat, wie kein Anderer, die wissenschaftliche Entwicklang der Isopathie verfolgt und schon 1883 in einer Broschflre: M. Pastenr et le Ghorbon, Pasteorisme, Isopathie et Homöopathie, die Anfinerksamkeit seiner Kollegen auf die Isopathie zu lenken versucht. Sein anregend geschriebenes Buch sollte jeder Kollege lesen. Dr. Gollet's Isopathie, Methode Pasteur par voie interne, d^montrant la certitude etFunitö de la science m^cale (1898), enthält eine grosse Anzahl trefflicher Ideen und eine noch grössere Zahl unhaltbarer Raisonnements, steht auf dem Standpunkte von Lux, Interessant sind die Krankengeschichten Aber Dlphtlierfaiy das er schon 1874 in Mossoul (Mesopotamien) zur Anwendung zog. Mit grossem Interesse las ich die Schilderungen Aug. Bapou's fiber die Entwicklung der Isopathie. War er doch mit Lux, Gross, Attomyr und den bedeutendsten der damaligen Homöopathen bekannt und hatte im mündlichen Verkehr mit ihnen ihre Ansichten kennen gelernt. Von Dr. Grubermann auf Mossa's Arbeit aufinerksam gemacht, glaubte ich nur mehr wie weiland Ruth schttchtern hinter den Schnittern die Aehrenleserin zu machen; wie man sieht, gab es bis zum Abend noch eine ganze Garbe voller Aehren. Und wenn auch nicht jedes Weizenkom aufgeht, so hoffe ich doch, werde vieles auf gutes Erdreich fallen. Absichtlich gehe ich hier nicht auf das VerhUtniss zwischen Isopathie, Autoisopathie und Homöopathie ein. Für uns Homöo- pathen liegen die VerhUtnisse doch einfach: Die Toxine sind Verursache r von Krankheiten und krankhaften Zuständen, drum mflssen sie auch Heiler derselben oder ähnlicher Zustände sein. Wir sind bis zu einem gewissen Grade berechtigt, sie blos empirisch anzuwenden, soweit wir deren pathogene Eigenschaften aus dem Verlaufe der betreffenden Krankheiten zu erkennen vermögen; zur Erforschung ihrer ganzen Wirkungssphäre bedQrfen wir des Arzneiversuches, der Prflfung. Wenn es gegen einen Gegner geht, so muss man den Sturm gegen seine stärkste Position unternehmen und der Vertheidiger muss seine schwächste schätzen. Unsere schwache Stelle ist die 92 Zeitflcbrift des Berliner Terelnes liomltopathiiolier Aenrte. Wirksamkeit der Hochpotenzen. Nicht dass deren Wirksamkeit nicht durch Tausende von Heilungen bewiesen wäre^ and zwar ebensogut, als die Wirksamkeit der 3. oder 6. Decimalen. Aber die Möglichkeit , einen „ünglftubigen^ davon sich selbst ttber- zeugen zu lassen, ist geringer, als man gemeinhin annimmt, da die Mittelwahl viel mehr Mühe macht. Auf diesem Gebiete ist aber der Beweis leicht, weil er zu jeder Zeit und Jedem möglich ist. Ein 10 Wochen altes Kaninchen wurde mit tuberkulösem Material in die vordere Kammer geimpft, mit Absicht wurde die Schnittwunde an der Grenze von Sklera und Cornea mit demselben infizirt. Nach 6 Wochen zeigte sich folgendes Bild: über der Cornea erbsengrosse Granulationsgeschwulst, in der mehrere graue Knötchen sichtbar waren, Cornea getrübt, einzelne graue Knötchen in der Iris erkennbar: es hatte sich eine Impftuberkulose entwickelt. Das Thier war weniger lustig, begann abzumagern. Es bekommt Tuberkulin Koch lOO«": Während 3 Tagen ist das Thier apathisch, frisst nicht, trinkt viel, fröstelt Nachher wird es wieder lebhafter, frisst besser, als vor der Tuberculinanwendung; das Auge, das vorher immer geschlossen war und mit zähem Sekret bedeckt, wird offen gehalten; die Granulationsgeschwulst ist saccu- lenter, aufgelockert, die Gornealtrübung nimmt ab, die Tuberkelknötchen bekommen gelblichen Ton, eine Anzahl feiner Gefässe entwickelt sich gegen dieselben hin« 6 Tage nachher bekommt das Thier eine Dosis Tuberculin 1000®. Wieder ist es für einen Tag apathisch, fröstelnd, frisst wenig. Dieser Versuch ist leicht zu wiederholen. Eine Maus wird an der Schwanzwurzel mit Bacill. Anthracis inficirt. Am zweiten Tag zeigt sie ausgesprochenes Kranksein. Auf einige Zuckerbrödchen werden je 2 Tropfen Anthracin 30® getropft und der Maus vorgeworfen, die bald davon knuspert Sie ist am vierten Tag munter und wohl. Am 5. Tag wird sie getödtet, die Sektion ergiebt einige Hämorrhagien im Herz, Nieren und Leber, Milz klein und anämisch. Die Anämie der Milz sticht gegen das Aussehen der übrigen Organe aufhllend ab. Ich gebe für diese Stelle nur dieses Wenige, um Andere zu Nachversuchen anzuregen. Was die Prüfungen selbst anbetrifft, so ist es gerathen, von einem möglichst konstanten Präparat auszugehen. Zu der Prüfung Bind neue Heilmetbode olme An&eL 9d des Diphtherietoxins benutze ich ein Präparati von dem %o g genflgt, ein Meerschweinchen von 260 g Lebendgewicht zu tödten. Schon Hering machte auf dies aufmerksam: i^das ist das Ison, was über der Isonspielerei yergessen wurde.* Wir sind aber nicht nur im Stande, durch den mathematisch genauen Thierversuch die Wirksamkeit der Hocbpotenzen zu beweisen, sondern durch Benutzung von Behring's Methoden der Toxin- und Antitoxintitriruog können wir auch die Valenz der verschiedenen Potenzen zahlengemäss eruiren, auf anderm Wege, als es Professor Jäger gethan. Wir sind verpflichtet, unserm wackeren Streiter dies als Ehrenschuld abzutragen« Ich schliesse mit CSonstantin Hering's Ausspruch: »Wenn je unsere Schule die strikt inductive Forschungsmethode Hahne- mann*s aufgiebt, so ist es aus mit uns, und wir verdienen in der Geschichte der Medizin nur als Earrikatur einer Erwähnung.^ Eine neue Heilmethode ohne Arznei. Von Dr. Wlndelband^ Berlin. Von einer Heihnethode, die selbst pathologisch, müssen wir berichten, da sie von Interesse ffir uns Aerzte ist und ein Licht auf unsre religiös-socialen Zustände wirft, bez. auch ihre strafrecht- liche Seite hat. Von Amerika her fiber England hat sich innerhalb der betreffenden Landeskirchen eine weitverzweigte Gemeinde entwickelt, die allein über tausend Vertreter und Geschäftsträger beschäftigt, welche mit Wort und Schrift für die neue Lehre wirken und der, ohne aus ihren betreffenden Staatskirchen ausgetreten zu sein, zahlreiche beamtete Geistliche angehöre o. Wir können mit Be- stimmtheit deren mehrere hier in Berlin angeben, wollen aber vorläufig die Namen nicht nennen, bez. abwarten, wie weit sich der Unfug verbreiten wird, eventuell aber dagegen aktiv ankämpfen, wenn wir konstatiren können, dass damit Schaden gestiftet worden ist. Das Wesen und die Argumentation der neuen, geradezu fanatisch angehauchten Sekte ist folgendes: Gott ist das Gute, bd Gott kann nichts Schlechtes sein, von ihm nichts Schlechte» herrühren, vor ihm nichts Schlechtes bestehen. Krankheit ist 94 Zeitsohrift des Beriiner VaMfaieB h^NnOopftthisoher Aemte. Schlechtes, kann also bei Qott nicht sein. Wer an Qott glaubt, ist guty kann also Schlechtes nicht an sich haben, also auch nicht krank sein. Wer also krank ist, kann nicht gut sein, kann aber gut, d. h. auch gesund werden, wenn er den richtigen Glauben hat. Auf diesen richtigen Glauben und mit ihm zur Gesundheit hilft ihm eifriges, inniges Beten. Die von dem wahren echten Glauben beseelten Mitglieder der Gemeinde helfen ihm dazu mit ihrer Lehre, ihrem Gebete. In diesem Sinne werden nun religiöse Versammlungen veranstaltet, in denen die bisher nicht auf dem richtigen Wege, d. h. dem rechten Glauben befindlichen, aufgeklärt, belehrt und durch gemeinsames Gebet zum richtigen Glauben geführt werden. Wer nun den richtigen Glauben hat, ist mit wunderbarer Kraft ausgestattet und im Stande, Kranke zur Gesundheit durch Gebet zu fähren, Gesunde durch Gebet vor Krankheit zu bewahren. Dass diesen GULubigen alle menschliche, ärztliche Kunst ein hinfällig, eitles Ding und völlig überflüssig ist, leuchtet nach dem Gesagten ein. — Es muss nun ferner als Thatsache angeführt werden, dass die erleuchteten Führer der Gemeinde für ihre Gebetsitzungen, in denen sie die bisher nicht Bechtgläubigen und die deshalb Kranken zum Glauben und zur Genesung durch die Kraft ihres Gebetes führen, sich honoriren lassen, für die Sitzung etwa S-— 6 Mark. Einem alten Herrn, der, um von seinen Gebreohen befreit zu werden, diese Gebetsitzungen mitmachte, nach einigen derselben sich aber den Gläubigen entzog, wurde nach einiger Zeit eine Rechnung von 100 Mark zugestellt, aus der hervorging, dass die Gebetsitzungen für ihn auch in absentia weiter geführt worden waren. Der Undankbare weigerte sich allerdings, diese Rechnung zu bezahlen. Referent dieses ist auch leider des Ruhmes verlustig gegangen, eine nach seiner irrigen Auffassung von ihm bewirkte Heilung ausgeübt zu haben. Die junge Dame nämlich, von der ich in Heft II, Band XIX unsrer Zeitschrift unter „ Serumvergif tung* berichtete, dass sie von den schweren Folgen derselben oder, nach Kollege Pfander, von den postdiphtherischen Lähmungen etc. von mir geheilt worden sei, die zur Zeit ihrer Erkrankung schon eine Apostelin jener Sekte kennen gelernt und mit ihr eifrig gebetet hatte, ist nun nach ihrer festen üeberzeugung nicht durch meine Mittel, sondern durch die Kraft des Gebetes geheilt worden. Sfaia B0iie HeilmAtkode olmft AmeL 95 AllerdiDgB muBB diese AnffasBang erst allmtthlich Aber sie gekommen Bein, denn nach der YoUflihrten Heilung habe ich Bie noch mehrfach gesehen nnd damals aach ihren wiederholten Dank f&r meine Einwirkung entgegen genommen, sie auch nebst ihrer Mutter etc. noch mit Medikamenten neben ihrem Gebete Yersehen. Der Vater, ein an einer hiesigen Kirche wirkender Geist- licher, der ein eifriger Vertreter jener Richtung ist und die Betversammlungen eifrig besucht, natfirlich auch seine ganze Familie, gehören jetzt zu den Gläubigen, werden also kttnftig meine Hfllfe nicht mehr nOthig haben. In einer der Versammlungen der Glftubigen, die mir ein anderer meiner Klientel angehöriger hiesiger Geistlicher in anschaulicher Weise schilderte, wurde von einer neu gewonnenen Jfingerin der Sekte, einer Frau in den 40 er Jahren, ein ausfDhr- licher Bericht über ein schweres Unterleibsleiden gegeben, das durch Gebet allein, nach Tergeblicher Aufwendung aller möglichen ärztlichen Einwirkung, geheilt worden ist In diesen Versammlungen wurden und werden eine Menge ähnlicher Krankengeschichten und Heilungen proklamirt und dazu aufgefordert, menschlich-ärztliches Wissen, als elendes Stückwerk, nicht in Anspruch zu nehmen, sondern allein dem richtigen Gebete zu vertrauen. Wir brauchen nicht darauf hinzuweisen, was für ein Unheil dadurch herbeigeführt werden kann und befurchten, dass sich der Staatsanwalt doch früher oder später mit dem Wirken jener Heiligen wird beschäftigen müssen. Wir behalten uns vor, weiter diese Sekte zu beobachten und werden von unsern Erfahrungen später wieder Kunde geben. Sitzungsberichte des Berliner Vereines liomöopatMsclier Aerzte. Von Dr. Dammholz. Sitzung am 8. November 1900. Anwesend ^ind die Herren DDr. Borchmann, Bree, Breustedt, Dammholz, Gisevius, Jahn, Kaiser, Kleinschmidt, Elröner, Windel- band und Dermitzel a. G. 96 ZeitMhrift dM BerlliMv Vereines homöopathiMher Atfste. Nach Eröffiaung der Sitzung um 9 h bringt der Vorsitzende Briefe ^on den Kollegen DDr. Boesser, Mau, Marenbach znr Yer- lesnng, die gröBstentheils internen Inhalts sind. Breustedt beantragt: ^Die homöopathischen Aerzte Deutsch- lands sollen aufgefordert werden, nicht mehr den Haftpflicht- ▼ersicherungen beizutreten, sondern selbst eine solche Gesellschaft zu begrftnden.^ Nach einer neulich erschienenen Berechnung beträgt der Beingewinn bei derartigen Versicherungen 60 7o, dieser liesse sich zu Gunsten der homöopathischen Sache (Kranken- häuser u. s. w.) verwerthen. Dieser Vorschlag findet Beifall KolL Breustedt und Kaiser werden gebeten, über diesen Punkt genauere Vorarbeiten zu machen und in einer der folgenden Bitzungen zu berichten, wozu sie sich bereit erklären. — Windelband stellt in Folge der üeberhäufung mit Geschäften sein eventuelles Ausscheiden aus der Bedaktion der Zeitschrift in Aussicht. Gisevius, Kröner, Dammholz bitten ihn, dies durchaus nicht zu thun, sondern nur, wenn er Hilfe braucht, eine jftngere Kraft als Hilfsredakteur heranzuziehen. — Darauf wird dieser Punkt vorläufig vertagt. Es folgt ein Vortrag von Dammholz aber „Haarschwund*« Ein Beferat darüber erscheint in der Zeitschrift. In der Diskussion hebt Windelband hervor, dass er durch eine kräftige Natr. bic.-Lösung und bei glatter Haut mit Spir. Lycopod. gute Erfolge erzielt hat. Innerlich hat sich ihm Lycop. am besten bewährt. Das Trockenwerden der Haare verhütet er durch Klauen- fett und BicinusöL Breustedt: Durch heisse Kopfwaschungen wird der Blutzufluss zur Kopfhaut erhöht, desgleichen durch Massage. Borchmann wendet hauptsächlich Sulfur gegen Schinnenbildung und Abbrechen der Haare an. Aeusserlich verwendet er zugleich Schwefelpomade (10 Vo). Bei akuter Seborrhoe ist Merc. bijod. sehr vortheilhaft, bei neuropathischer Veranlagung: Wasserkur. Bei Sycosis sind Hep. sulf. und Sulf. in höhern Potenzen gute Mittel. Gisevius hebt noch die Amm. carb.-Lösung mit Spiritus oder Köln. Wasser hervor. Bei Kindern ist oft Merc. sol. und bei rhachitischer Anlage Galc. phosph. angezeigt. SitimigBbaikhte dei Bodiner Vommei hoaOopaihiielier Aento. 97 Sttnng am SSL NoTamber 1900. Anwesend sind die Herren DDr. Borchmann, Bree, Breustedt, Burkhard, Dammholi, OiseyiuB II, Jahn, Kaiser, EleinBctunidt, Kröner, Lengermann, Schwarz, Windelband and Craner, Eipper, Kaufimann a« 6. Nach Eröffnung der Sitzung um 9 h giebt der Vorsitzende bekannt, dass er die Bücktrittsfrage bez. der Redaktion auf später yerschieben will Breustedt und Kaiser wollen, sobald etwas mehr einschlägiges statistisches Material yorliegti Ober Begrflndung einer Haftpflicht- yersicherung referiren. Ffir den nächsten Vortrag erbietet sich Kröner; er will über neuere Nenrenmittel sprechen. Es folgt eine eingehende interne Besprechung bez. der Auf- nahmefähigkeit eines Kollegen, der in seiner vorigen Klientel Hisshelligkeiten mit der Aerztekammer gehabt. Diese Angelegen- heit wird den Koll. Burkhard und Windelband zur weiteren Begutachtung überwiesen. Für die nächsten Vorträge kommen in Betracht die Herren: DDr. Eröner, Borchmann, Bree, Burkhard. Sitznng am 13. Dezember 1900. Anwesend sind die Herren DDr. Bree, Breustedt, Burkhard, Dammholz, Oisevius, Jahn, Kleinschmidt, Kröner, Leugermann, Schwartz, lY^ndelband n. a. 0. G. DDr. Bastanier, Eipper, Hebestreit, KaufioDiann, Kraner, Meissner. Der Vorsitzende eröfbet die Sitzung um 9| Uhr und theilt mit, dass Herr Dr. Kaiser seinen Austritt aus dem Verein angemeldet hat mit der Begründung, er wolle sich erst wieder eine Praxis erwerben, beyor er einem Vereine beitreten könne. — Darauf bringt er die Angriffe des Dr. Jacob Wolff im El. Journal für Hygiene, einem Beiblatte der Tageszeitung „Das El. Journal' zur Sprache, verliest eine darauf abgefasste Ent- gegnung vom KolL Dammholz und erbittet das Einyerständniss des Vereins zur Veröffentlichung derselben in demselben Blatte. — Koll. Dammholz wird beauftragt, die weiteren Schritte hierin zu thun. Bd.ZZ, 7 9^ Zeitschrift des Berliner Vereinee homöopathiseher Aeate. Der direkten Beleidigungen wegen soll Anklage gegen Dr. Wolff beim Ehrengericht und beim Givilgericht erhoben werden. — Die Eoll. .Windelband und Burkhard haben die Angelegenheit des Kollegen Dr. Dermitzel eingehend geprüft und empfehlen dem Vereine nach etwaiger Anmeldung seine Aufnahme, da auch die militärischen und studentischen Ehrengerichte, denen er selbst seine Angelegenheit unterbreitet hatte, sich nicht veranlasst gesehen hatten, gegen ihn einzuschreiten. — Dammholz regt an, dem früheren Beschlüsse gemäss jetzt einen Rechtsbeistand zu erwählen. Gisevias erbietet sich einen geeigneten Rechtsanwalt zu eruiren. (Inzwischen ist dies geschehen und Herr Rechtsanwalt Axster, Wilhelmstr. 57/58 zum Rechts- beistand des Vereines erwählt worden.) — Es folgen eingehende Besprechuogen bezüglich des Berliner Homöopathischen Krankenhauses. Auf Vorschlag von Gisevius U sollen einflussreiche Damen für die Sache interessirt und in das Kuratorium des Homöopathischen Krankenhauses eventuell hinein- gewählt werden. — Im ersten Jahre soll aber, da der Bau eines Krankenhauses doch wohl noch in weiter Ferne steht, ein Versuch mit dem Belegen einiger Zimmer bei den grauen Schwestern gemacht werden. — Nach Besprechungen über die Ordnung der Bibliothek und über die Materia medica und die neue Therapie wird die Sitzung geschlossen. Sitzung am 10. Jannar 1901. Anwesend sind die Herren DDr. Bree, Breustedt, Burkhard, Dammholz, Gisevius, Jahn, Kleinschmidt, Kröner, Leugennann, Schwartz, Windelband u. a. G. G. DDr. Kaufmann, Kraner. Nach kurzer Begrüssung der Mitglieder im neuen Jahre theilt der Vorsitzende Herr Dr. Windelband mit, dass laut Meldung vom KoU. Dr. Mittelstaedt- Bromberg die Verhandlung vor dem Ehrengericht Posen gegen ihn wegen Abhaltung einer Sprechstunde in Inowrazlaw demnächst stattfinden wird. Zur Aufnahme in den Verein hat sich der KoU. Dr. Müller- Kypke jun. gemeldet Dieselbe erfolgt. Sitnugsberiehte des Berliner Vereinei henOopathifleher Aente. 99 Der EaBsenverwalter Eoll. Eleinschmidt legt die Jahresrechnong abj worauf ihm Eatlastung erttaeilt wird. Der Vorsitzende Eoll. Windelband theilt Näheres Ober seine Verhandlungen mit den grauen Schwestern mit, die in Westend eine Villa als Sanatorium einzurichten beabsichtigen. Er wird gebeten, die Angelegenheit weiter im Auge ^u behalten. Die Mitglieder werden dann noch vom Vorsitzenden ermahnt, Damen fdr das zu begründende Komit^ zu Gunsten des homöo- pathischen Krankenhauses zu empfehlen. Zum Schluss folgt noch eine Besprechung bezüglich des weiteren Erscheinens der Therapie. Sitzung TOm 24« Januar 190L Anwesend sind die Herren: DDr. Breustedt, Dammholz, GiseviuB I, Gisevius II, Jahn, Kleinschmidt, Kröner, Müller-Kypke, Windelband u. a. G. G. Dr. Bastanier, Kaufinann, Kraner. Nach Eröffnung theilt der Vorsitzende mit, dass Koll. Mittel- staedt in Bromberg eine Umfrage bei allen homöopathischen Aerzten erlassen wird mit der Bitte, ihm allopathische Kollegen mitzutheilen, die in andern Städten ausserhalb ihres Wohnsitzes Sprechstunde abhalten, und fordert auf, den Kollegen nach Kräften durch Material zu unterstützen. Koll. Kröner demonstriert seine Buchführung (Ghannon R9- gistrator) und empfiehlt selbige zur Nachahmung und schliesst daran seinen Vortrag über Schwefelkohlenstoff. (Sulf. carbon. oder Carbon, salfui.) Chronische Vergiftungen sind in Gummifabriken, akute bei Narkosen mit diesem Stoff beobachtet worden. Homöop. Prüfungen desselben sind von Knaab veranstaltet worden. Ein ein- gehenderes Referat erscheint in dieser Zeitschrift bezw. in der Therapie. In der Discussion hebt Gisevius U hervor, dass er dieses Mittel bei alten Leuten, bei darniederliegender Lebenskraft ge- braucht hat und berichtet über Deventer'sche Erfolge mit einigen Nebenpräparaten, nämlich: Carbon, sulfur. camphor. bei Cholera und Carbon, sulf. jodat. als Drfisenmittel. Beide Mittel sind kaum unter der 7. oder 8. Pot. anzuwenden, da das crud. sehr scharf riecht. Das crudum ist am besten unter Wasser aufzubewahren. Es folgen einige interessante Mittheilungen aus der Praxis. 7* 100 ZeitBchiift des Berliner Vereinei homOopatliiflclier Aerzte. MüUer-Kjpke: Bei einer alten Dame aus seiner Klientel be- steht seit 4—5 Jahren eine so vollkommene Lähmung, wie er noch nicht gesehen hat. Gisevius II macht auf die infantile progressive Einderatrophie aufmerksam, die laut Mitteilung in der Münch. med. Wchschr. erst neuerdings genauer beobachtet wurde und in allen bisher be- schriebenen allopathischerseits behandelten Fällen zum Tode fBhrte. Er bekam bald, nachdem er den betr. Aufsatz in der Münch. ge- lesen hatte, einen derartigen Fall mit schon ganz gelähmten Beinen in Behandlung. Dieser Fall heilte unter Phosph. 10 voll- ständig. Ferner heilte ihm eine Struma unter Thjreoidin 3 Trit gut; Windelband bekam einen Bittergutsbesitzer mit hochgradigster Anämie mitten aus einer Schmierkur in Behandlung. Dieser Kar war er unterworfen worden, weil er neben seiner starken Anäsiie oberflächliche Ulcera an den Lippen hatte, die mehrere Monate nicht heilen wollten, aber nach Gebrauch von einigen Gaben von Jodkalium und einer gleichzeitig unternommenen Luftkur im Ge- birge gut abheilten. Trotzdem an dem Patienten keine Spur von Lues zu finden war, wurde er einer intensiven Schmierkur unter- worfen, die W. natürlich sofort inhibierte. Auf Phosphor trat auch, Besserung der zugleich bestehenden gastrischen Erscheinungen ein. Der Fall ist noch in Behandlung. Eröner macht auf Anchylostomum auf Grund hochgradiger Anämie aufmerksam. Dammholz berichtet ttber einen Todesfall, der nach operativer Behandlung einer Tubengravidität eintrat. Bald nach der Operation stellte sich starker Singultus ein, dem Erbrechen jedes Genossenen selbst eines Schluckes Wasser, folgte. Jedes Zeichen des Heus fehlte. In der höchsten Schwäche wurde die per primam ver- heilte Bauchwunde nochmal geöffnet. Es fand sich vollständiger Krampf der Bingmuskeln des D&nndarmes. unter Erbrechen fäkalriechender Massen erfolgte der Tod. Atropin hätte hier viel- leicht lebensrettend sein können. Sitzung am 14. f ebrnar 190L Anwesend sind die Herren DDr. Burkhard, Dammholz, 6i- seviuB II, Jahn, Eleinscbmidt, Kröner, Leugermann, MüUer-Kypke, Sitnagiberiohte des BtrUfter YtnAnM homOopftthlMlier Aente. 101 SchwarZy Windelband und a. OG. DI>r. Bastanier, Eipper, Kaaf- mamii Kraneri Vulker. Im EL Joarnal für Hygiene Bind Beitens der DDr. Jacob Wolff und Prof. Pagel in Berlin beleidigende Angriffe gegen die homöop. Aerzte erlioben worden. Nachdem yom KoU. Dammholz auf den ersten Angriff eine Berichtigung erlassen worden ist, wird jetzt beschlossen, dass er beide Herren bei den ordentlichen Oe- richten verklagen soll, während seitens des Vereins die beiden Herren bei dem ärztlichen Ehrengericht verklagt werden sollen. KolL Eröner verliest einen Statutenentwurf fftr den Verein, der nach unwesentlichen Aenderungen angenommen wird. Eoll. Geheimer Sanitätsrath Dr. Faulwasser in Bernburg wird auf Vorschlag des Vorsitzenden Windelband zum Ehrenmitgliede des Vereins per Acdamation gewählt. Auf Antrag von Gisevius wird beschlossen, dass in jeder Sitzung ein Diskussionsthema u. zw. abwechselnd ein klinisches und ein Arzneimittelthema besprochen wird. — Fttr die nächste Sitzung wird die „Influenza*^ zur Diskussion gestellt. Dieses Dis- kussionsthema soll gleich beim Beginn der Sitzung erörtert werden, während der geschäftliche Theil nach Ermessen des Vorsitzenden gegen 10 ühr beginnen soll. Die Folge der Vorträge wird durch das Diskussionsthema nicht gestört Der Vorsitzende theilt noch mit, dass die Erankenhausange- legenheit in eine neue Phase getreten und gegründete Aussicht vorhanden ist, eine Fusion der beiden EOrperschaften, welche den Bau eines Berliner hom. Erankenhauaes anstreben, herbei- zuf&hren und dass voraussichtlich von der Verwaltungsbehörde bald die Bauerlaubnis ertheilt werden wird auch fBr den Bau in einem Vororte Berlins. Sitnmg am 28. Februr 1901. Anwesend sind die Herren DDr. Bree, Breustedt, Burkhard, Dammholz, Gisevius n, Jahn, Eröner, Leugermann, Müller-Eypke, Schwarz, Windelband und a. GG. DDr. Bastanier, Eaufmann, Eraner, MOller-Eypke sen. Der Vorsitzende Herr Dr. Windelband eröffiiet um 9 Uhr die Sitzung und stellt die „Influenza" zur Diskussion. 102 Zeitiebrift des Berliner VereiiiM homSopathlBeber Aente. KrSner: BesODders auffallende Komplikationen hat er in dieser Epidemie nicht gehabt. Er giebt im Anfang bei SchnupfeDi Husten, Kopfschmerz meist Bryon., bei stark hervortretendem Rückenschmerz Nuz v., Kopfschmerz Baptis., Benommenheit and Schwäche Gelsem., trocknem Husten Sticta pulmon. — Eine hart- näckige Influenzaneuralgie über dem linken Auge wich, nachdem SpigeL vergeblich versucht war, prompt auf Cedron. Bei Infl.- Pneum. ist er mit den üblichen Mitteln ausgekonmien. Windelband: Keine andere Krankheit ist so sehr in das Be- wusstsein des Publikums als Ursache langwieriger Leiden und Beschwerden eingedrungen als die Influenza. Es existiert aber auch thatsächlich keine andere ELrankheit, die so vielseitig und so nachhaltig auf den Organismus einwirkt. — In der Recon- valescenz wendet er gern Chin. ars. 4. oder 5. an. Aus fremden Zeitschriften. A. Arznelmlttellelire. Drei CrataegasfUle. (Prof. Haibert, Chicago; Med. Era.) Im ersten Falle handelte es sich um einen 30jährigen Kutscher, der infolge von Alkoholismus und übermässiger An- strengung sich eine schwere AorteninsufFicienz zogezogen hatte. Ausserdem Hess sich auch ein leichtes Geräusch an den Mitral- klappen feststellen. Bei der ersten Konsultation klagte er mehr über Magenbeschwerden, die durch Arg. nitr. beseitigt wurden. Einige Zeit darauf stellte sich ein heftiger Anfall von Angin, pect, eiu; dessen Behandlung sich ausserordentlich schwierig gestaltete. Es trat sehr bald Herzerweiterung ein und alle angezeigten Mittel versagten. Erst Grataeg. 0, dreistdl. 5 Tr., brachte Besserung. Dieses Mittel wurde mehrere Monate weiter gebraucht mit dem Resultate, dass der Patient wieder hergestellt wurde und seiner Beschäftigung nachgehen konnte. Noch bedenklicher war der zweite Fall. Ein 25jäbriger junger Mann, der schon Jahre lang mit einem Herzfehler behaftet war, hatte sich vor einiger Zeit durch angestrengtes Radfahren Ans fremden ZeitiohrifteE. lOB eine EompenBationsstöraDg zugezogen und war mit grossen Dosen Digit. und Apoc. behandelt worden. Als sich Dun sein Zustand YOn Neuem Yerschlimmerte, wurde Prof. Haibert zugezogen. Die Untersuchung ergab äusserste Vergrösserung des rechten und linken Ventrikels, starke Aorten- und Mitralinsufficienz, sehr be- deutende Dyspnoe und Cyanose, so dass baldiger ungflnstiger Ausgang zu befürchten war. Digit, Strychn. und verschiedene PalliatiTmittel wurden tergeblich angewendet; erst nach dem Ge- brauch von Crat. 0, viermal tiglich 5 gtt, stellte sich Besserung ein, und wurde im Verlauf von mehreren Wochen die Kompen- sation wieder hergestellt. Im dritten Falle war es eine 45 jährige Dame, die von Prof. H. schon seit Jahren wegen einer schweren MitralinsuflL behandelt wurde, bei der aber immer nur vorabergehende Erfolge erzielt werden konnten. Bei einer erneuten Eompensationsstörung be- währte sich auch hier Crataegus, und die Patientin wurde zur weiteren Erholung aufs Land geschickt. Als sich aber nach ihrer Bückkehr das Leiden infolge von Schreck und Ueberanstrengung wieder einstellte, versagten alle Mittel und trat der Tod ein. Nach den Erfahrungen des Verfassers ist Crataegus hauptsächlich bei KompensationsstSrungen angezeigt, da es in physiologischen Gaben beim Gesunden ähnliche Symptome hervorbringt. Um befriedigende Besultate zu erzielen, muss man das Mittel längere Zeit fortge- brauchen und zwar am besten als Tinctur. Crat. scheint die Wirkung anderer Arzneien nicht zu beeinträchtigen. Gr. Zur Prophylaxis des gelben Fiebere. (Dr. J. Da Bocha, Rio de Janeiro. Minneap. Hom. Mag. Nov. 1900.) Auf die Empfehlung des Autors liess Dr. Grandmasson, ein französischer Chemiker und Ingenieur, der eine grosse Segel&brik leitete, seinen sämmtlichen Arbeitern (150^200) vor 6 Jahren Acid. ars. (in allopath. Dosen) verabreichen. Das Ergebniss war überraschend. Während sonst das gelbe Fieber gerade in diesem Betriebe zahlreiche Opfer gefordert hatte, wurden bei der nächsten Epidemie 1894 nur 3 Arbeiter befallen, die aber nach leichtem Erankheitsverlauf wieder hergestellt wurden. Aehnlich waren die Resultate bei der nächsten Epidemie 1895—96. Damals erkrankten allerdings 19 Personen, die aber alle durchkamen. Zwei Arbeiter dagegen, die nur aushilfsweise in der Fabrik beschäftigt wurden und daher das Mittel nicht regelmässig, sondern nur ab und zu 104 Zeitiohrift des Barliner Vereinea homöopathischer Aente. eingenommen hatten, erlagen dem gelben Fieber« Die Arbeiter einer Oerberei, in der das Verfahren auch eingeführt worden war, blieben gänslich verschont. Bei der bekannten Bösartigkeit nnd Ansteckongsfähigkeit des gelben Fiebers sind diese Erfolge der Arsen-Behandlnng wahrhsJfc glänzend und berechtigen zu den schönsten Hoffimngen. Gr. dnmatam gegen BehwlndeL Dr. E. P. Golby, Boston. New. Engl. Med. Oaz. Nov. 1900. Die Granatrinde erzeugt als Bandwarmmittel häufig heftigeni stundenlang anhaltenden Schwinde^ und darf daher wohl ange- nommen werden, dass dieselbe nach dem Aehnliohkeitsgesetze auch gegen ähnliche Erankheitszustände wirksam sein wird. That- sächlich finden sich auch in den Prfifungsprotokollen eine ganze Anzahl Schwindelzuständen eigenthümliche Symptome, z.B. Schwindel mit Uebelkeit und Schmerz in der Magengegend; Leere- und Schweregeffthl im Eopf; tiefliegende Augen; Augenschwäche; dilatirte Pupillen; Hitzewalluogen; Salivation; häufiges Aufstossen und Uebelkeit; Wasserzusammenlaufen im Mund; Frostigkeit; elendes Aussehen; häufige, durchffillige Stflhle; Ohnmaohtsgef&hl; grosse Müdigkeit und Mattigkeit; Zittern der Olieder. AufiEUlig ist das vollständige Fehlen von Gehörsymptomen, welches aber wohl mehr Folge der mangelhaften Prüfung ist. — Fälle von schwerem und äusserst lästigem Schwindel ohne Schmerz etc. kommen ja in der Praxis gar nicht selten vor und sind oft recht hartnäckig. Wenigstens hat Dr. G. von den gewöhnlich gegen ähnliche Zustände empfohlenen Mitteln (Nux v., Coccul., Tabac, PhytoLi Merc, Chelid. etc.) nicht viel gesehen. Dagegen hat er Oranatum verschiedentlich mit bestem Erfolg gegen Schwindel angewendet und fordert er daher alle Collegen zu Nachprfifungen und Nachversuchen auf. Qr. Onosmodiom virgin. bei Kopfschmerzen in Folge von Ueber- anstrengung der Augen. (Dr. Norton, New TorL New Engl. Med. Oaz. März 1901.) Onosmod. nimmt seit 10 Jahren einen hervorragenden Platz unter den Augenmitteln ein. Ein grosser Prozentsatz der Augen- kranken leidet ja an Kopfschmerzen in Folge von Ueberanstrengnng der Augen, und ist in solchen Fällen selbstverständlich die Korrektion der Befraktions- und Muskelanomalien durch passende Aoi fremden ZeiteehrlheB. 105 Gläser garnicht zu umgehen. Trotzdem darf man die des homöopathischen Mittels bei der Beseitigung der Beschwerden mcht unterschitzen. Eine Prfifung von Onosmod. durch Dr. Gteen (Little Rock) hat folgende charakteristische Kopf- und Augen- symptome ergeben: Hyperämie der Papilla nervi optic. und Blut- ftberfUlung der Retinalgelässe, schlimmer im 1. Auge, ein Befund, wie wir ihn häufig als Folgezustand von Augenfiberanstrengung bei uncompensirten Refiraktionsfehlem vorfinden. Von subjektiven Symptomen sind zu verzeichnen: Dumpfes Schweregeffthl in den Augen und Oef&hl, als ob man sich nicht ausgeschlafen hätte; Schmerz an der 1. Kopfseite und fiber dem 1. Auge. Dumpfer Schmerz im Hinterhaupt mit Druck nach oben und Schwindel- gefühl. Grosse Muskelschwäche und Mfidigkeitsgefühl fiber den ganzen Körper. Wundheitsgeffihl in den Augäpfeln; Spannung und ErmfldnngsgefQhl in den Augenmuskeln. Onosmod. scheint besondere Beziehungen zur 1. Kopfseite zu haben, versagt aber auch bei rechtsseitigem Kopfschmerz nicht, wenn die fibrigen Symptome passen. Besonders charakteristisch ist die grosse Muskelschwäche. Cimicifuga hat denselben dumpfen Schmerz in der 1. Kopf- seite, der nach dem Hinterhaupt hinzieht, aber es fehlt die allgemeine HinfiUligkeit: — Auch Ruta ist ein ausgezeichnetes Mittel gegen asthenopische Beschwerden. Der Rutakranke klagt aber mehr fiber Hitze und Schmersgeffihl in und fiber den Augen mit verschwommenem Sehen, und scheinen beim Lesen die Buch- staben ineinander zu laufen. Ruta scheint mehr bei accomodativer Asthenopie in Folge von Schwäche der OUiarmuskeln indidrt zu Bein. Femer sind bei Ruta meist nur Augenbeschwerden vorhanden, der ffir Onosmod. charakteristische Kopfschmerz und die Muskel- Bchwäche fehlen. — Senega verursacht, wie Onosmod., allgemeine HinfiUligkeit und auch Augen- und Kopfbeschwerden, die aber meist rechtsseitig sind; sie passt besonders bei Lähmungen der Muse. rect. sup. et infer. Der Verfasser illustrirt die TVirkung des Onosmod. durch folgende Krankengeschichten. L Fräulein S. klagte fiber Spannung und Mfidigkeitsgeffihl ia den Augen und fiber dumpfen Hinterbauptschmerz, sobald sie die Augen auch nur wenige Minuten gebrauchte. Die Unter- suchung ergab leichte Hyperopie und Insufficienz der Muse. rect. toi', und wurde der Patientin Augenmuskelgymnastik mit Prismen 106 ZeitMhrift des Berliner Vereinet homVopAtUeeher Aente. empfohlen. Da sie aber zur Zeit letztere nicht ausfahren konntei erhielt sie Onosmod., welches ihr wesentliche Erleicbtemog verschaffte, so dass sie sich das Mittel nach- 4 Wochen wieder ausbat und dasselbe mehrere Monate brauchte, bis sie im Stande war, sich der Prismenbehandlung zu unterziehen. IL Herr H., Buchhalter, litt seit 2 Jahren an dumpfen Kopfschmerz über dem 1. Auge. Er hatte zwei Augenärzte consultirt und hatte von jedem andere Gläser verordnet erhalten, die aber jedes Mal nur kurze Zeit Linderung gegeben hatten. Er fühlte sich jetzt ganz erschöpft und konnte nur noch mit Mühe seine Arbeit verrichten. Da Dr. N. Accomodationskrampf vermuthete, so weigerte er sich, dem Patienten neue Gläser zu verschreiben, ehe er ihn nicht unter Anwendung von Atropin untersucht hätte. Die Untersuchung konnte aber aus äusseren Gründen nicht gleich vorgenommen werden; es erhielt daher der Kranke zunächst Onosmod., unter dessen Gebrauch er bei leid- lichem Wohlbefinden 3 Monate lang seine Arbeit fortführen konnte, bis er Gelegenheit hatte, sich einige Tage für die Untersuchung frei zu machen. Letztere ergab hyperopischen Astigmatismus, und wurde durch passende Gläser die Beseitigung aller Beschwerden erzielt. in. Fräulein L. A. consultirte Dr. N. wegen linksseitiger Kopfschmerzen. Sie klagte über dumpfen Schmerz über dem 1. Auge, der sich nach dem Hinterkopf hinzog. Die ganze 1. Kopfseite war druckempfindlich; ausserdem war Patientin anämisch, schwach und niedergeschlagen. Da die Untersuchung der Augen ergebnisslos blieb, so erhielt die Dame nur Onosmodium. Der Erfolg war günstig. Das Mittel beseitigte nicht nur die Kopfschmerzen, sondern befreite die Patientin auch von einer lästigen Dysmenorrhoe, an der sie lange gelitten hatte. Gr. Drei Terebinüiliia-FUle. (Dr. G. Royal, Des Meines. Med. Cent. März 1901.) I. Ein junger Mann von 24 J. war an Typhus erkrankt und wurde anfänglich mit Bryon. behandelt. Dieses Mittel wurde durch Phosph. ersetzt, als sich am IS. Tage dumpfer Schmerz auf der Brust, Athembeklemmung, beschleunigte Athmung und blutiger Auswurf einstellte. Diese Symptome Hessen allmählich nach und war der Zustand des Patienten am 19. Tage befriedigend, Puls und Temperatur normal und nur noch leichte Empfindlichkeit Ans fremden Zeitfobrifteii. 107 des Unterleibs nachweisbar. Am 21. Tage trat aber plötzlich Yerschlimmerung ein, die Temperatur ging in die Höhe, die Puls- zahl stieg auf 154, das Gesicht wurde blase und fahl, nnd während die oberen Körpertheile sich heiss anf&hlten, waren die unteren Extremitäten mit kaltem Schweiss bedeckt. Der Zustand war so bedrohlich, dass Dr. B. an eine Perforation dachte. Da alle Symptome f&r Tereb. sprachen, so erhielt Patient dieses Mittel in 6. Decimalpotenz, 2stdl. 2 Tropfen, und gegen Abend eine Mastdarminjektion von 20 Tropfen Terpentinöl in Wasser. Daraufhin erfolgte reichlicher Abgang von Blähungen mit wesentlicher Besserung des Allgemeinbefindens, und unter dem Fortgebrauch des Mittels trat völlige Heilung ein. II. Eine 24jährige Frau hatte im dritten Schwangerschafts- monat einen Abort mit starker Blutung durchgemacht. Der am 3. Tage zugezogene Arzt hatte den Uterus ausgeschabt und Chinin verordnet; trotzdem trat Pyämie ein^ und wurde Patientin am 10. Tage vom Arzte als hoffnungslos aufgegeben. Dr. B. fand folgenden Status: Puls stark beschleunigt, schwach und klein; Temp. 99® F.; Unterleib ungeheuer aufgetrieben; die unteren Extremitäten mit kaltem Schweiss bedeckt; die Lochien dann, spärlich und übelriechend. Nach 24 stündigem Gebrauch von Tereb. leichte Besserung, die in den nächsten 3 Tagen fortschritt. Dann trat aber Stillstand ein, und wurde mit China 80 die Be- handlung erfolgreich zu Ende geführt. in. Ein 36jähriger Kutscher hatte sich in Folge von Erkältung eine Mierenentzündung zugezogen. Neben beständigem Harndrang klagte er über heftige Schmerzen in der Nierengegend, welche die Harnleiter entlang zur Blase zogen. Der Urin war spärlich und dunkel gefärbt; T. == 102 <) F.; Puls 102, schwach und klein. Tereb. D6 VsStdl. in Verbindung mit heissen Um- schlBgen auf die Nierengegend beseitigte ^die Beschwerden in 3 Tagen. Indicirt ist Terebinthina: 1. In chronischen Fällen bei aufgetriebenem Unterleib, kaltem Schweiss an den unteren Extremitäten und bei beschleunigtem Puls. 2. In akuten Fällen bei heftigem Schmerz in der Nieren- gegend mit schwachem und beschleunigtem Puls und dunkel gefärbtem Harn. Gr. 108 Zeitiehrift des Berimor VereiiiM homOopmtliiaolier Amte. Cilear. owb. bei Nierensteinkolik. (Dr. W. S. MüIb, Mew YoA. Med. Cent. Mars 1901.) Viele homöopathische Aerzte geben bei Nierensteinkolik neben dem angezeigten Mittel Morph., um den Anfall za coapiren, in der Meinung, dass das homöopathische Mittel nicht mit erwflnschter Schnelligkeit den Schmerz beseitigen könne. Dieses Verfiihrai ist nach Ansicht des Verfassers falsch. Wenn das homöopathische Mittel richtig gewählt ist, wird es den Schmerz ebenso schnell lindern, wie Morphium. Andererseits ist das Morph, gerade bei Nierenkolik besonders schädlich und gefilhrlicb, da nur ausser- gewöhnlich grosse Gaben dieses Mittels im Stande sind, den Kranken Linderung zu yerschaffen. Die Nierensteinkolik hat ein besonderes Interesse fftr den Autor, da er selbst an derselben leidet und erst nach anfänglicher, vergeblicher Behandlung mit allerhand homöopathischen nni allopathischen Medikamenten in Galc. e. 200 sein Heilmittel hnd. Seitdem hat er yier weitere Fälle mit diesem Mittel erfolgreich behandelt, sodass die Nierensteinkolik fOr ihn alle Schreckm verloren lukt. In Allen's Encydopädie finden sich folgende, auf ähnliche Zustände hinweisende Symptome: Schmerz in der Nieren- und Lumbaigegend beim Reiten; Druckschmerz in der Nierengegend; unerträglicher Schmerz im Rücken; Druckschmerz in der Mitte des Rttckens und zwischen den Schulterblättern; Stiche im Rflcken; Zerschlagenheitsschmerz im Rflcken und in der Brust; heftiger Schmerz im Ereuz, so dass sie weder sitzen noch liegen konnte; ziehender und reissender Schmerz im Ereuz die ersten 8 Tage. Ausserdem Uebelkeit und Erbrechen. In Hering's Leitsymptomen finden wir bei Galc. c.: Drückender Schmerz in der Nieren- und Lendengegend; Hamgries und Harn- steine. Erster Fall (betrifft den Autor selbst). Den ersten Anfidl hatte er am 1. Februar 1891. Der herbeigerufene Arzt machte yerschiedene Morphiuminjektionen, aber ohne jeglichen Erfolg. Nachdem noch mehrere andere Kollegen zugezogen waren und der Patient 2 Stunden lang die uDsäglichsten Schmerzen aus- gestanden hatte, wurde er chloroformirt und 8 Stunden in Narkose erhalten. Den akuten drückenden Schmerzen in der L Niere folgte nach einiger Zeit ein intensives Wundheitsgefühl über dem ganzen Unterleib und Obstipation. Diese Beschwerden liessen Ans fremdfiiL Zeitschrlftra. 109 allmählich noter dem Gebrauch Ton Arnic. nnd Op. 200 nach. Im April folgte ein neuer Anfall von 2 stündiger Dauer. Die lAchsten 3 Jahre hatte Dr. M. keinen akuten Anfall, litt aber hinfig an Rfickenachmerzen. LithionwaBBer, welches er yon Zeit lu Zeit trank, hatte keine ersichtliche Wirkung. Im Jahre 1894 trat wieder ein akuter Anfall ein, der mit Morph, behandelt wurde; nach 24 Stunden wurde der Stein aus der Blase entleert. Inzwischen war der Verfasser im Verlaufe seiner Studien über dieses Leiden auf Galc. c. gekommen und hatte den Entschlnss gefaast, mit diesem Mittel einen Versuch zu machen. Er nahm also eine Ghibe Galc. c. 200, worauf in kürzester 2eit die Be- schwerden nachliessen. Unter dem Fortgebrauch des Mittels traten die Schmerzen immer seltener und gelinder auf, und seit Tiden Monaten ist er jetzt ganz schmerzfrei. Der zweite Fall betraf einen 42jährigen Rechtsanwalt, der in seinem Bureau ganz plötzlich von einer Nierensteinkolik be&llen wurde und ganz hilflos im Wagen nach Hause geschafft werden musste. Er klagte über unerträgliche Schmerzen in der Unken Nierengegend und über üebelkeit. Dr. M. löste einige Tabletten Galc. c 200 in einem Glase Wasser auf und liess alle 5 Minuten von der Lösung einnehmen. Nach wenigen Gaben stellte sich ruhiger Schlaf ein, der aber nach einigen Stunden durch einen erneuten Schmerzanfall gestört wurde. Galc. c. 200 beruhigte wieder in kürzester Zeit, und stellte der längere Fort- gebrauch dieses Mittels den Patienten gänzlich wieder her. Aehnlich war der Verlauf in den drei übrigen Fällen, die Dr. M. beschreibt. Der Eolikanfall wurde jedes Mal durch gehäufte Gaben von Galc. c. 200 in überraschend kurzer Zeit beseitigt und allmählich auch die Neigung zur Gries- und Stein- bildung behoben. Gr. Iberls amara. Dr. Proctor weist auf die Wirksamkeit der aas den Samen der I. *a. bereiteten Tinktur gegen Schwächezu- stände des Herzens hin: Er hat selbst im Anscbluss an Influenza an Herzstörungen mehr als zwei Jahre gelitten, indem bei der geringsten Anstrengung unregelmässiger Herzschlag mit grosser Angst sich einstellte. Arsen, Ghina, Strophantus, Gactus, Digi- talis u. a. waren wirkungslos. Iberis amara 0, 2 mal täglich 1 Tropfen auf Zucker, heilte, ohne jede sonstige Behandlung in zehn Tagen. 110 Zeitschrift des Berliner Vereines homOopathisoher Aente. Von andrer Seite wird das Mittel bei Herzhypertrophie empfohlu. Vgl. Haie, New Remedies, 4. Aufl. Hom. World, Nov. 1900, p. 489. Kr. Eftli phosphoricum bei Geisteskrankheiten. VonW.E. Taylor, Arzt am Western Asylum for the Insane und Professor der Arznei- mittellehre am Hahnemann College in Chicago. Verf. ist im Laufe von 2Va Jahren mit seinen Erfolgen sehr zufrieden gewesen. Wirkungslos war das Mittel bei puerperalem Irresein oder in sehr heftigen Anfällen akuter Manie, mit Aus- nahme des Bekonvaleszenzstadiums. Am besten wirkte es in Fällen, wo die Intelligenz allmählich schwächer wurde, Mangel an Inter- esse, Gedächtnissverlust, Sorglosigkeit in Geschäften, Eifersucht, Argwohu; mehr oder weniger Schlaflosigkeit sich einstellte. Ur- sachen derartiger Störungen sind geschäftliche oder häusliche Widerwärtigkeiten, religiöses Brüten, Masturbation u. dgl. Eine 26jährige Frau litt seit einem Jahr an Melancholie, wurde geisteschwach, sah alles schwarz, hatte zuletzt Gehörs- täuschungen. Abmagerung; Puls 120, Pupillen erweitert; Schlaf- losigkeit; Angst, weint viel; Nahrungaufnahme erschwert. PaL war jahrelang an Unterleibsstörungen örtlich behandelt worden und hatte in der letzten Zeit häubliche Widerwärtigkeiten. Trotz zweimonatlicher Behandlung mit Terschiedenen homöopathischen Mitteln nur allmähliche Verschlimmerung. Darauf Kali phos. Schon nach einigen Tagen lichter, Pat. spielt Klavier und wird voll- ständig geheilt. Verf. glaubt noch eine Anzahl analoger FUle durch das Mittel geheilt zu haben. Bei Geisteskrankheit in Folge von Masturbation, wenn der Patient mürrisch, ruhelos, zu Zeiten Querulant ist, nützt das Mittel mehr als irgend ein anderes. Bei progressiver Paralyse, bei Unruhe, Reizbarkeit (nicht tiefer Melancholie), kann K. ph. palliativ sehr gut wirken. The Clinique 1900 (Hom. Recorder 1900, S. 465). Er. B. Therapie. Angenmittely Leitsymptome derselben. Von £. T. Allen, Prof. der Ophthalmologie am Dunham Med. College in Chicago. Euphrasia: Das Sekret überzieht, eingetrocknet, firniss- artig die Wangenhaut Ans fremden Zeitsehrifteft. 111 Phosphor: Eongestion im Hintergrund (Betina, N. op- ticus) Photopsien und Ghromopsien. Graphites hat spezifische Verwandtschaft zu den Lidern. Blepharitis mit Rhagaden in den Winkeln, klebriges Sekret, welches zu Borken eintrocknet. Antimonium crudum hat ebenfalls Rhagaden und Krusten, die aber nicht so hart sind, wie die von Graphit; gleichzeitig gastrische Störungen: milchweisse Zunge. Pulsatilla und Argentum nitricum sind komplementär. Beide haben dickes, gelbes Sekret bei frostigen Patienten, besser im Freien. Aber bei P. ist das Sekret mild, bei A.n. ätzend (Gonorrhoische Blenorrhoe). Aconit: schmerzhafte Entzündung. Prunus: drückender, quetschender Schmerz. Apis: Oedem. Kali carbonicum: Umschriebenes Wassersäckchen des Obern Lids. Bhus: Blepharospasmus. Arsen: Auge roth, heiss, Brennschmerz. Belladonna: Mydriasis. Physostigma: Myosis. Gelsemium: Mydriasis, Oberlid sinkt schwer herunter, verdeckt die Iris theilweise. Alumina: Auge ebenfalls halb geschlossen, aber wegen des ausgesprochenen Trockenheitsgefühls. Bryonia: Schlimmer in Bewegung; Sepia: schlimmer im Sommer; Mercur: schlimmer Nachts und von Feuerschein; Sulfur: schlimmer vom Waschen. Hahnem. Advocate 1900, S. 350. Kr. Carcinoma Mammae durch homöopathische Mittel geheilt. Dr. G. H. Martin, San Francisco, berichtet über ein 55 jähriges Fräulein, welches seit 9 Monaten an einem ulcerirenden Brustkrebs litt; die Wunde war handtellergross und sonderte eine ichoröse, übelriechende Flüss]|;keit ab. Der Tumor selbst war steinhart, die Ränder des Geschwüres höher als die Mitte, so dass eine grosse kraterförmige Höhle entstanden war. Axillardrüsen geschwollen. Auch in der linken Brust waren Knoten. Verf. gab, da eine Operation aussichtslos und auch von einem Chirurgen abgelehnt war, zunächst Silicea und äusserlich Umschläge von Salzwasser, ausserdem wandte er zentrale Galvanisation an: Anode im Epi- 112 Ztttaobrift des Beriintt Yeiaiiiefl homöopatluicbfir ÄAiito. gaBtriam, Kathode labil auf der Wirbels&ule, 3 mal w5cbentlieli 1 5 Minuten. Die Umschläge schmerzten zuerst sehr, wurden dann aber besser vertragen. Nach sechs Wochen hatte sich die Ab- sonderung vermindert und gesunde Granulationen schössen empor. Nach einem halben Jahr — es waren Gonium, Arsenicum, HydrastiBi Nitri acidum, Mercur verordnet worden — war die Wunde um die Hälfte verkleinert. Verf. gab dann Kali phosphoricum als Nerven- tonicum mit vorzüglichem Erfolg. Nach weitern drei Monaten war die Wunde völlig verheilt Pat. stand noch 15 Jahre in Beobachtung und hat nie mehr Beschwerden empfanden. Nach ihrem an Gystitis erfolgten Tode zeigten sich die Tumoren sowie die Drüsenschwellungen vollständig geschwunden. Pacific Goast J. of Hom. Juli 1900, p. 158. Kr. Cholera— N^ja. Eine ältere Dame erkrankte an Gholera, die von Anfang an homöopathisch mit leidlichem Erfolg behandelt war. Plötzlich trat GoUaps ein, Pulsschwäche, Athemnoth, Kälte Aec Extremitäten. Ord. Naja D. 6 bessert schon nach zwei Gaben; nach einigen Tagen vollkommene Heilung. Dr. Majumdar, Indian Med. Review. Mai-Juni 1900. Monthly Hom. Review. Decbr. 1900» p. 741. Er. Dysmenonlioe— Xanthoxyliim. Das Mittel heilte einen Fall, in dem folgende Symptome vorhanden waren: Heftiger klopfender Kopfschmerz über dem rechten Auge, manchmal auch links; heftige greifende Schmerzen im Abdomen, BrenngefQhl daselbst, Schmerz in den Ovarien; die Schmerzen gehen an der Innenseite der Oberschenkel hinunter; Pat geräth vor Schmerz ausser sich. Menses zu früh, profus, dunkel, mitGoaguIis; Gefühl, als ob alles herausgepresst werden sollte. Hom. J. of Obstetrics 1900. Er. Herpes tonsaraiui. Zwei Fälle von Dr. Rabe. 1. Fall 2 Eruptionen von der Grösse eines Zehnpfennigstücks am Hals. Sepia Hochpotenz, eine Gabe, heilt in drei Wochen vollständig. 2. Fall. Eruption auf dem Vorderarm. Sepia Hochpotenz bessert nicht, die Eruption wächst. Untersuchung zeigt die Fäden von Trichophyton tonsurans. Bacillin 200 (Böricke und Tafel) heilt in vier Wochen vollständig. In beiden Fällen keine äusserliche Medication. Journ. of Hom. 1900, p. 395. Er. Unterhaltungen über Themata aus der Arzneimittellehre. Von Dr. Dahlke, Berlin. B. In dem Artikel Aber Jod-S[ali (p. 617) bespricht Farrington eine Form der Pneumonie, die alle Symptome der Belladonna auf- weist, aber dieses Mittel hilft nichts. „Warum heilte Belladonna nicht (fragt der Autor)? Wer nur nach den Symptomen in solchem Fall sich richten würde, würde fehl gehen, weil er nicht die Totalität des Falles aufgefasst hat. Das Leiden hatte nicht seinen Ausgang im Gehirn. Die Hirnsymptome sind sekundär zu den andern. Was ist denn nun das primäre Leiden? Sie legen Ihr Ohr an die Brust des Kranken und finden die eine oder andere Lunge konsolidirt. So lange Sie also nicht erfahren haben, dass Belladonna einen solchen Zustand hervorgebracht hat, können Sie auch nicht erwarten, dass sie etwas nützt^. Der Höhepunkt der Situation liegt offenbar in dem Moment, in welchem der Arzt sein Ohr an die Brust des Kranken legt, die Hepatisation entdeckt und mit seinen Gedanken Yon der Belladonna zum Kai. jod. hinüber- schnellt. Das heisst doch ohne Frage: Der anatomische Befund war für die Mittelwahl ausschlaggebend. Und der Schlusssatz des obigen Citats giebt die nöthige Bekräftigung hierfür. A. Das stimmt freilich nicht mit dem, was wir selber früher aber diese Sachen gesprochen haben. B. Dass im speziellen Fall der anatomische Befund den Aus- schlag geben kann, das verstehe ich ja. Aber dass F. ausdrück- lich sagt: So lange Bell, nicht einen derartigen Zustand hervor- gebracht hat, so lange kann sie auch nichts dabei nützen, das setzt mich ganz in Verwirrung. Denn hat dieser Satz AUgemein- Gültigkeit, so werden wir doch nothgedrungen auf die groben Be- ziehungen der Arzneien zu den Organen zurückgeworfen und wir müssen bei der Mittelwahl in erster Linie fragen, nicht ob die Arznei ein derartiges Symptomenbild hervorgerufen, sondern ob sie schon je derartige anatomische Veränderungen bewirkt hat. Bd.XX. 8 114 Zeitschrift des Berliner Vereines homöopathisclier Aerzte. 4. Ihr Eifer ist ganz gerechtfertigt. Aber wir wollen sehen, wie wir beides, ich meine unsere früheren ünterhaltangeii and diese Aeusserungen hier in Einklang bringen können. Ich denke, wir mfissen uns vor allem an dem Satz festhaken: Er geht fehl, weil er nicht die Totalität des Falles aufgefasst hat Zur Totalität gehört die hepatisirte Lunge ebenso, wie das rothe Gesicht, die weiten, nicht reagirenden Pupillen, die Phanta- sien u. s. w. Daher hier ein Jod -Kali -Fall, weil die Totalität der Symptome diesem Mittel besser entspricht, als der Belladonna. Nun fragt es sich nur, ob die Hepatisation ein derartiges Symp- tom ist, dass es nothwendig die Belladonna contraindiciren müsste. Darauf antworte ich mit Entschiedenheit: Nein! Nicht weil die Verdichtung vorliegt, sondern weil ein Jod-Kali-Fall vorliegt, ver- langt der Kranke Jod-KalL B. Glauben Sie denn^ dass es auch Fälle giebt« in denen, trotz derselben ausgedehnten Verdichtung der Lungen, doch BdL das rettende Mittel ist; Kranke, die trotz ihrer Verdichtung unter Jod-Eali-Behandlung ebenso sicher zu Grunde gehen würden, wie der Farrington'sche Fall unter Belladonna-Behandlung? A. Davon seien Sie nur ganz fest überzeugt! B« Sie sprechen wie die Diotima im platonischen Dialog, Aber ich kann noch nicht so ganz beipflichten ; denn was sollen wir nur mit dem Schlusssatz machen „so lange Bell, einen derartigen Zustand nicht hervorgerufen hat, kann sie auch nicht n&tzen'^? A. Den können wir freilich nicht anders abthun, als dass wir konstatiren, er entspricht nicht dem, was uns unser Meister als reine Homöopathie gelehrt hat. In der That, er widerspricht dem gröblich. Hat denn je die Bell, eine Perityphlitis oder einen Scharlach hervorgebracht, oder die Bryonia eine Pleuritis sicca oder exsudativa, oder das Arsen eine wahre Cholera, oder das Chinin ein wahres Wechselfieber? Jeder weiss, dass ich die Bei- spiele bis ins Unendliche vermehren könnte. Es ist auffallend, dass über diesen Punkt keine Klarheit und Einheit erzielt werden kann. Aber ich denke, das kommt daher, dass wir es nicht lassen können, das sinnlich gewordene Endprodukt, die Schlacke des Krankheitsfeuers, mit der Krankheit zu identifiziren. Was wissen wir aber schliesslich über die Krankheit selber? Nichts! D. h, genau so viel, wie wir vom Leben wissen. Ja, wir wissen von der Krankheit von Bechts wegen noch weniger; denn das Br. Dahlke« ünterhaltniigem ülier Themata ans der AimeimitteUehre. 115 Leben ist die Grandmelodie und die Krankheit die Variation dazu. Ein jeder erkennt aber zuerst die Melodie und danach erst die Variationen. Den Gonfacins befragte einst einer seiner Jünger fiber den Tod. Der Weise antwortete: „Was sollen wir über den Tod sagen y wo wir nicht einmal das Leben kennen*. Wenn wir doch nie vergessen wollten , was Hahnemann's gr5sstes, unsterb- liches Verdienst ist Nicht die Dosenlehre, ja nicht einmal das Simile-Gesetz I Nein^ das Grösste war, dass er den Standpunkt schuf, Ton dem aus ein rationelles Euriren erst mSiglich wurde, indem er lehrte, dass nicht die Krankheit, sondern nur die Tota- lität ihrer Symptome erkennbar sei. Erst hieraus entwickelte sich die Möglichkeit des Vergleichs mit einem anderen Agens, die Möglichkeit eines Simile-Gesetzes. Das war der archimedische Funkt, Yon dem aus er die Welt der Krankheiten bewegte. Mehr wie je ist die Schulmedizin auf der Suche nach den Krankheiten und ihren Erregern. Alles starrt in die Mikroskope und Reagens- rohrchen und lässt den Kranken links liegen. „Die Beligion ist ein Opfer der Theologie geworden' schrieb der Franzose Sabatler in seinem Buch über den Franz y. Assisi. Die Parallele zu ziehen, liegt nahe genug. Und mich dünkt, auch unsere Zeit wäre für einen Moli^re just nicht die sterilste gewesen. Aber ich yergass, dass wir ja gar nicht die Absicht hatten, zu polemisiren. Also noch einmal: Die Behauptung, dass ein Mittel Verdichtung des Lungengewebes hervorgebracht haben müsse, um Pneumonie heilen zu köDueu, ist eine unserer Doctrin und den Erfahrungsthatsachen durchaus widersprechende. Ein Mittel braucht keine Geschwulst in der Iliocoecal- Gegend gemacht zu haben, um Perityphlitis, keine Wasseransammlung in der Brust gemacht zu haben, um Pleuritis, keinen Ausfluss aus der Urethra gemacht zu haben, um Gonorrhoe, keine Gelenkanschwellung ge- macht zu habeu, um Gelenkrheumatismus, keine Nekrose gemacht zu haben, um Knochen-Scrophulose heilen zu können, u. s. w. u. s. w. B. Ich verstehe vollkommen. Sie haben sich in diesem Sinn ja schon mehrmals ausgesprochen. Nun aber noch eine praktische Frage: Sind denn Bell und Jod- Kali so eng mit ein- ander verwandt, dass derartige Verwechselungen nahe liegen? A. Ja und nein. Sie haben hier den Fall, den Sie in unserer materia medica öfter finden werden: Aeusserliche Aehnlichkeiten bei im Grunde völlig verschiedenen Mitteln. 8* 116 Zeitflohrift des Berliner Vereines hom9opathisc]ier Aente. Beide Mittel (und vielleicht alle anderen auch) haben eine akute und eine chronische Seite in ihrem Bild. Von der chro- nischen Sphäre der Bell, wissen wir relativ wenig, weil ans die akute Seite so blendend entgegentritt, dass daneben alles andere in Schatten kommt. Dem Jod-Kali geht es umgekehrt Hier hat sich besonders die chronische Seite unter unseren Händen ent- wickelt Aber gerade die akute Seite ist es, welche die Aehn- lichkeit mit der Bell, aufweist Hier haben Sie bei beiden Bütteln diese bekannte Gehirnhyperämie; der Kopf wird roth, heiss, es klopft, hämmert im' Kopf; der Kopfschmerz ist heftig, d. h. so lange die Kranken bei Bewusstsein sind; wie die Beil., so hat auch das Jodkai. Delirien. Soweit sehen sich beide Mittel freilich ähnlich genug und wir wollen nun versuchen, einige Differenzen herauszufinden. Beginnen wir mit den Gemüthssymptomen. Der Jod -Kali- Kranke ist reizbar, heftig, auch gegen seine Angehörigen, im ge- sunden, wie im kranken Zustand. Er ist immer nervös, unruhig, er kann es im geschlossenen Raum nicht aushalten, einerseits weil es ihm zu eng, andererseits weil es ihm zu heiss ist. Diese Gharakterzüge werden auf den akut-kranken Zustand mit hinüber- geschleppt Die Bedeckung ist ihnen zu heiss, sie sind in ewiger Unruhe und wegen ihrer Reizbarkeit ist schlecht mit ihnen um- zugehen. B. Das Letztere ist aber auch ein Zug im Belladonna-Bild! A. Doch nicht ganz. Bei der Bell, ist es weniger eine Heftigkeit, als eine Verdriesslichkeit; Unzufriedenheit, ein Nörgeln, welches mit dem Gemflthszustand in der gesunden Zeit so sehr im Widerspruch steht Denn Sie wissen, die Bell, passt besonders für jene behaglichen, etwas phlegmatischen Naturen, denen das Essen gut schmeckt, die gut schlafen, wohl aussehen und die an der Welt eigentlich weiter nichts auszusetzen haben, als dass sie nach einiger Zeit heraus müssen. Mit einem Wort, es mögen wohl solche Naturen sein, wie sie Caesar wünschte, als er dem Brutus sagte: „Lass wohlbeleibte Männer um mich sein u. s. w.* Die Bell. -Natur ist kein geeigneter Boden für gewaltige Pläne und finstere Verschwörungen. Es liegt etwas eigenthümlich offenes in diesem Mittel und naturgemäss auch in den Personen, für die es geschaffen ist. Daher kommt es, dass mr vielleicht kein Mittel der materia medica mit solcher, fast mathematischen Sicherheit anzuwenden gelernt haben, als die Bell. Alles, was sie kann, das ünterhiltmigeii tiber Themata au der Aimeimittellekre. 117 zeigt sie uns frank und frei undeben so offen treten imBell.-Eranken alle krankhaften Erscheinungen zu Tage, an die AuBsenfläche. Da ist nichts Heimliches, in der Tiefe der Konstitution YerborgeneSi keine Dyskrasien, die störend auf den natflrlichen Verlauf der Krankheit einwirken könnten. Das typische Bell. -Kind ist das von Gesund- heit und Leben strotzende, vollblfitige Kind, das heute munter und moi^en scheinbar todtkrank ist, nicht in Folge der Bösartigkeit der hereingebrochenen Krankheit, sondern in Folge der eigenartigen Beschaffenheit der Konstitution, die auf jeden Reiz mit einem Hinströmen des Blutes zum Gehirn reagirt. Aber so schnell wie die ge&hrdrohende Welle kam, so schnell geht sie auch, und wir können heute solch ein Kind im Bett spielend finden, das gestern in Phantasien lag. Nehmen wir nun den Jod -Kali -Kranken. B. Er passt zum Gassius! Am Ei ja doch! Wie die Faust aufs Auge! B. So will ich doch künftig lieber überhaupt den Mund halten. A. Hören Sie nur weiter 1 Der Jod-Kali-Patient kränkelt viel. Das kommt daher, seine Konstitution ist keine gesunde. Er ist als Kind lange skrophulös gewesen oder er hat als junger Mann Lues gehabt und ist mit allopathischen Dosen Quecksilber behandelt worden. Danach sind die äusseren Erscheinungen zwar hflbsch schnell verschwunden, aber sein ganzer Organismus hat einen Stoss dadurch bekonunen. Er verträgt die Witterung nicht mehr so wie früher; er verträgt Strapazen nicht so wie früher; er hat an Fleisch verloren; seine Haut arbeitet in anderer Weise als früher; er sieht vielleicht nicht mehr so frei und muthig in die Zukunft wie früher. Er ist im Ganzen ein anderer geworden. Aber das ist alles nur die Vorgeschichte. In der akuten Krankheit können wir damit nicht viel anfangen. Also kehren wir zu unserem speziellen Fall zurück. Wir sprachen bisher nur Aber den Unterschied im Gemüthszustand. Sehen wir uns jetzt das Gesicht des Kranken an. Der Bell.-Kranke sieht voll, dunkel- roth aus, wie einer, der sich durch Laufen oder Eörperanstrengung recht erhitzt hat. Dementsprechend ist auch das Gesicht und der ganze Körper oft mit Schweiss bedeckt, oder zum mindesten die Haut feucht. Der Jod-KaU -Kranke macht nicht den pletho- rischen Eindruck des Bell.-Kranken; die dunkle Röthe der Wangen hebt sich von einem blassen, mageren Gesicht ab. Die Hitze ist 118 Zeitflohrift der Berliner Yereinee homOopatlüBolier Aente. trocken. Ich denke, wer eine typische Sangttin.-PneiimoBie ge- sehen hat, kann sich danach am besten das Gesicht des Jod-Eali- Eranken vorstellen. Die Augen des Beil.- Kranken sind roth, injicirt und licht- scheu. Die Augen des Jod-Eali-Kranken sind vielleicht gar nicht in Mitleidenschaft gezogen. Vielleicht mag ein Brennen in den Augen da sein, und ist eine Absonderung da, so wird sie jenen scharfen Charakter haben, der allen Secretionen des Mittels eigen ist. Vielleicht aber entdecken wir noch etwas im Gesicht unseres Kranken, was auch zum Allgemeincharakter des Mittels gehört, nämlich eine Gedunsenheit der Lider resp. der Theile um die Augen. Die Neigung zu Infiltrationen und lokalen Oedemen geht durch das ganze Mittelbild. Also bei der Bell, eine gleichmässige Völle des Gesichts, eine natürliche Folge der Blutfiberf&Uung; beim Jod-Kali eine partielle Gedunsenheit, fiir die sich nicht recht ein Grund erkennen lässt. Das ist Etwas, wobei wir an Apis denken können. Bei ihr erstreckt sich das «Partielle" sogar auf Schweisse und Körperwärme. Auch an Kali oarbon. muss hier erinnert werden. Nun fragen wir den Kranken. Der Bell. -Patient wird, wahr- scheinlich ausschliesslich, über dieses den ganzen Kopf er- schütternde Klopfen klagen. Der Jod-Kali-Kranke wird über den- selben Schmerz klagen, daneben aber auch über scharfe, messer- stich-artige Schmerzen, die durch den Kopf fahren. Die Zunge beim Jod- Kali-Kranken mag weiss oder charakter- los sein. Beim BelL-Kranken werden wir häufig die weisse Zunge sehen, mit rothen Rändern und aus dem Weiss die vergrösserten Papillen hervorragen. Der Bell.-Kranke wird, auch wenn sein Leiden mit dem Hals nichts zu thun hat, doch oft über Trockenheit des Mundes, klebrigen Schleim und viel Schluckzwang klagen. Der Bell.-Kranke ist gleichmässig heiss, in Hitze gebadet. Der Jod -Kali -Kranke mag auch glühen, dazwischen wird aber ab und zu ein Frost sich einstellen, der vom Rücken beginnend, auf- wärts steigt und sich über den ganzen Körper verbreitet. Wir wollen hier eine kleine Abschweifung machen. Kennen Sie andere Mittel, die diesen vom Rücken ausgehenden Frost haben ? B. Eupator. und Gelsem. UntflAaltimgeii 11b«r Themftta aw d«r Armelmittellehre. 119 A. Ich denke auch, das sind die beiden Haaptmittel, zum mindesten im akuten Fieber- resp. Malaria-Anfall. Aber Sie finden das Symptom noch bei einer Beihe anderer Mittel, z. B. bei Ammon. mar. (Frost den Bücken hinauf); doch hat dieses Mittel ein viel wichtigeres Symptom , das ist das bekannte Kältegefühl zwiflchen den Schulterblättern. Ferner sind zu nennen : Argent. met. (Frost breitet sich yom Btlcken aus); Dulcam. (Frost beginnt im Bücken); Laches. (Frost läuft den Bücken hinauf bis zum Kopf); Lobel. (Frost geht den Bücken hinunter); Magnes. carb. (dito); Natr. mur. (Frost beginnt im Kreuz); PhospL (Frost läuft den Bücken hinunter, die Hitze hinauf); Sulf. (Frost den Bücken hinauf). Fragen wir nun femer über die Entstehungsart des Erank- heitszustandeSi so werden wir hören, dass der Bell. -Fall ganz plötzlich, aus Tölliger Gesundheit hereingebrochen ist; der Jod- Kali-Fall dagegen hat sich allmählich, schleichend entwickelt. Der Husten wird bei beiden heftig sein; bei Bell, ist es der Tom Laryuz ausgehende Eitzelhusten, der den Kranken besonders Nachts quält; bei EaL jod. ist es ein trockner, reissender Husten, der sich Morgens (etwa von 3 — 6 Uhr) verschlimmert; dabei hat der E^ranke scharfe, stechende Schmerzen yom Sternum nach hinten durch, oder in den Lungenflügeln. Die Dyspnoe wird bei ihm hochgradiger sein, als beim Bell. -Kranken, vielleicht auch hoch- gradiger, als man es nach dem Umfang der erkrankten Lungen- partien erwarten sollte. Femer werden Sie, wenn er sich auf- richtet, merken, wie gross seine Schwäche ist, viel grösser als beim Bell. -Kranken, und wie sehr er Sie durch seine Erregtheit und Nervosität bisher über seinen Kräftezustand getäuscht hat. Bei dieser letzten von mir gebrauchten Phrase muss Ihnen em anderes Mittel in den Sinn kommen. B. Sie meinen Arsen? A« Jal Aber glauben Sie nicht, dass irgend eine Verwandt- schaft zwischen beiden Mitteln besteht. S. Arsen passt für einen viel weiter vorgeschrittenen Zu- stand. A. Das auch; das ist aber nicht das, was ich eben meine. Es giebt gewisse Gharakterunterschiede zwischen den Arzneien, die nicht in der Arzneimittellehre stehen und schliesslich auch nicht drinstehen können, und die doch manchmal wichtiger sind, als ein leitendes Symptom. Nehmen Sie ein schweres Leiden, 120 Zeitsohrift des Berliner Vereines homOopatlÜMber Aente. z. B. ein Leiden, welches unter dem Bilde einer eitrigen Pleu- ritis zu Tage getreten ist und den Eräftezustand des Kranken aufs Aeusserste mitgenommen hat Man kann sich hier woU einen Fall denken, in welchem Arsen, einen anderen^ äusserlich ganz ähnlichen, in welchem Kai. jod. indicirt ist. Aber im letzteren Fall drängt alles zur Lokalisation, zur Beschränkung des Pro- zesses auf den einen Heerd, während im Arsen-FaU gewisser- massen alles darauf drängt. Aber die ursprünglichen Grenzen hinauszugehen und den ganzen Körper zu vergiften. Das ist der grosse Unterschied zwischen beiden Mitteln: die Neigung zur Lokalisation, zum Sich -Zusammenziehen, wie sie das ganze Jod- Kali*6ild bestimmt; die Neigung zum Ausstrahlen, die Neigung, den ganzen Organismus in den Prozess mit hineinzureissen, wie sie das ganze Arsen -Bild bestimmt. Nehmen Sie einen Fall von Puerperal-Fieber, einen schweren Fall; er besteht vielleicht seit 14 Tagen, die Frau ist schwach geworden zum Sterben, sie hftagt zwischen Leben und Tod, aber der Prozess hat sich zu einem Exsudat im Becken lokalisirt. Ich will nicht sagen, dass das ge- rade ein Jod-Kali-Fall sein muss; wahrscheinlich ist er es nicht; ich will nur sagen, dass so etwas kein Arsen-Fall ist. Im typi- schen Arsen -Fall wird dem Organismus gar nicht Zeit gelassen, ein Exsudat zu bilden, mit so überwältigender Heftigkeit hat das Gift den ganzen Körper durchzogen. Ein, zwei Tage, ja eine Nacht kann alles entscheiden. um nochmal auf Jod -Kali und Arsen zurückzukommen: bei beiden läset Unruhe und Nervosität die Schwäche vergessen, aber beim ersteren ist es eine wirkliche Reizbarkeit, beim Arsen eine innere Angst, die Todesangst. Der Jod -Kali -Kranke will auch mal so, mal so; mal ist ihm das Bett zu heiss, das Zimmer zu heiss, mal geht ihm der Frost den Rücken entlang. Der Arsen- Kranke will mal sitzen, mal liegen, mal in dieses, mal in jenes Bett. Gefragt, könnte er keinen Grund angeben; es ist alles nur die tiefe, innere Angst, die den Armen quält. Beide haben sie viel Durst, beide Durst auf Warmes. Das ist beim Jod-Kali- Kranken auffallend, weil er sonst alles kühl haben will. Beide haben sie die stinkenden Absonderungen, und so liesse sich noch manches zusammenfinden. Aber alle diese Aehnlichkeiten sind äusserlich und verschwinden zu nichts vor dem einen Unter- schied. Etwas kühn ausgedrückt, könnte man sagen: Jod -Kali wirkt concentrisch, Arsen excentrisch. Dr. Dahlke, ünterhiltmigeii Aber ThasaU au dtt Aniielnittellebit. 121 B. Hill ! Mir scbeinen derartige Differenzirungen zwei Schatten- seiten zo habeD. Erstens, sie sind etwas gekflnstelt — A. Sie irren sich ! Gekünstelt sind nur die Worte, nicht die Sache selber. B. Nun gut! Aber zweitens: Woher soll man solche unter- schiede lernen? Sie stehen nicht in den Lehrbüchern, wie Sie selber sagen; und, wie mir scheint, sind es zum guten Theil Dinge, die dem Gefühl überlassen sind, und man dürfte sich kaum wundem, wenn andere sagen: Mit so etwas kann ich nichts an- fangen. A. Allerdings, man dürfte sich kaum wundern. — Was nun Ihren anderen Einwand betrifft: Wie soll man solche Unter- scheidungen lernen? so muss ich etwas ausholen. Es giebt eine Art des Erlemens, die unserer westlichen Kultur fast TöUig ab- handen gekommen ist. Ich meine das Erlernen ohne alle Hülfs- mittel, ohne Eselsbrücken. Man muss selber versucht haben, eine Sprache ohne Lexikon und Grammatik zu lernen, um sich einen Begriff von dieser Art des Studiums machen zu können. Im An- fang scheinen sich unüberwindliche Schwierigkeiten in den Weg zu stellen, es ist kein Fortkommen zu sehen, aber, falls wir die Ausdauer behalten, so fällt eine Schranke nach der anderen und Fortschreiten ist dann nicht nur Lernen, sondern auch Verstehen. Ich glaube, um wirklich in den Geist einer Sprache einzudringen, ist dieses der einzige Weg. Diese Art des Lernens besteht noch im Osten. Ich habe mir von den Mönchen in Ceylon sagen lassen, dass sie ihren Kanon mit unendlicher Geduld dem Gedächtniss einprägen, ohne im Beginn etwas von Sprache und Sinn zu verstehen. „Wenn wir aber viele Jahre auf diese Weise gelernt haben, so ist es dann, als ob wir plötzlich alles mit einem Mal verstünden''. So „indisch'' brauchen wir es nun gerade nicht zu machen, iiir würden sonst manchmal in Verlegenheit konmien, die Grenze zwischen Ausdauer und Stupidität zu ziehen. Aber unsere Sache stammt aus der guten, alten Zeit, darum muss sie auch nach Art und Weise dieser Zeit, und nicht so modern angefasst werden, unsere Saohe ist natur verwandt, deswegen muss sie auch natur- verwandt betrieben werden. Lassen Sie nur alle diese grossen und kleinen Lehrbücher und Therapien bei Seite, oder, falls Sie Bie doch mal benutzen, so sehen Sie sie nur als einen schlechten Nothbehelf an. An die Quelle müssen Sie gehen, und die Symp- 122 SSeitwlirift des Berliner Verelnee homOopathiMher Aente. tome stadiren. Im Beginn werden Sie sich wohl Tensweifelt wenig dabei denken können. Aber das schadet nichts. Stadiren Sie nur geduldig weiter. Je schwerer Sie sich den Anfang machen« um so schneller werden Sie nachher fortschreiten. Und wollen Sie unsere Lehre in ihrem ganzen Umfang und in ihrer ganzen Tiefe fassen, so können Sie diesen Weg nicht entbehren. Nun müssen wir aber noch einmal zu unserem Ausgangspunkte zurQckkehren. Der Vergleich zwischen Bell, und Jod- Kali war noch nicht beendet Nehmen wir an, wir treffen den Patienten in Delirien, so wird auch hier sich ein Unterschied zwischen beiden Mitteln zeigen. Das Jod-Eali-Delirium ist ein geschwätziges Delirium, kurz charakterisirt mit den Worten: „Wie unter der Einwirkung Yon Branntwein^. Der Bell.-Fall dagegen zeigt vkdb ein furibundes Delirium, ein Umsichschlagen, Beissen, Zähne- knirschen, Wuth- und Kraft- Aeusserungeuy die dem Zuschauer bisweilen Furcht einflössen können. Der Kranke sieht schreckliche Bilder, die ihm Entsetzen einflössen. Kinder wachen mit Schreck auf und klammern sich wild an ihre Umgebung. Das sind zwei wesentlich yerschiedene Bilder. Wir haben also eine Reibe von Symptomen herausgefunden, die im concreten Fall helfen könnten, Bell, und Jod-Kali aus- einander zu halten. Stossen Sie nun auf einen charakterlosen Fall, in dem von allen diesen Dingen nichts zu constatiren ist» nun so mag die bestehende Hepatisation wohl den Ausschlag f&r Jod-Kali geben. Haben Sie aber ein Bell.-Bild herausgefunden, so darf die begleitende Veränderung am Lungengewebe Sie nie hindern, auch wirklich die Bell zu geben. B« Dazu gehört aber einiger Muthl A. Nicht nur einiger, sondern grosser. Aber vergessen Sie nicht, dass das Motto von Hahnemann's Organen ist: Aude saperel Bemerkungen über einige Hautaffektionen. Von Dr. Bourzntsdiky, Flensburg. Acne und acne rosacea. Eine erfolgreiche Behandlung der Acne ist fOr jeden Arzt eine keineswegs unwichtige Sache. Denn einerseits ist diese A£fektion eine recht häufige, andererseits Dr. Bonmtaohkj, Bemerkungeii ttber einige HAVtaifektieiieii. 12S fttr den daran Leidenden wegen der Lokalisation im Gesicht und der damit verbundenen Entstellung desselben eine äusserst unan- genehme, zumal es sich meist um junge Leute handelt, denen das Aussehen ihres Gesichtes noch von besonderer Wichtigkeit zu sein pflegt. Die jetzt zu beschreibende einfache Heilmethode halte ich für die beste. In vielen Fällen habe ich davon Erfolge gesehen 9 auch ia solchen , die schon sehr lange anderweitig ver- geblich behandelt worden waren. Zuerst werde ich die äusser- liche Behandlung erwähnen, deren genaue Durchführung besonders wichtig ist. In ganz schablonenhafter Weise gebe ich jedem Patienten folgende Anweisung: Morgens früh mit heissem Wasser und einer milden, nicht medikamentösen Fettseife das Gesicht tüchtig waschen. Im Laufe des Tages die Acne- Knötchen drei- mal mit flor. sulf. 1 zu 10 Spir., gut umgeschüttelt, sorgfältig be- tupfen. Abends vor dem zu Bett gehen das Gesicht mit heissem Wasser ohne Seife, event. mit Zusatz von etwas Borax, tüchtig frottiren. Dann zu guterletzt noch einmal betupfen. Patienten, die schon lange Schwefelpräparate, auch in derselben Form, ver- geblich gebraucht hatten, sahen doch Erfolge bei dieser einfachen Anwendung. Dieselbe muss natürlich genau und consequent lange Zeit durchgeführt werden. Was nun die innerliche Behandlung betrifft, so lasse ich in den Fällen, wo ich keine anderweitigen Krankheiten vermnthe, die die Ursache des Auftretens der Acne sein könnten, Sulfiir nehmen. Bei Komplikationen ist die Sache natürlich schwieriger. Da muss man besonders auf die Affektionen der weiblichen Geschlechtsorgane achten. Selbstverständlich gebe ich dann die dem spezieilen Fall entsprechenden homöopathischen Medikamente, wobei aber die äussere Behandlung der Acne die- selbe bleibt. Sind die den Acne- Fall komplizirenden Anomalien unheilbar, so hat man auch manchmal in der Acne -Behandlung kerne befriedigenden Besultate. So entsinne ich mich eines kastrirten Mädchens und einer etwas schwachsinnigen Onanistin, die beide sehr stark an Acne litten; es trat wohl Besserung ein, aber eine Heilung nicht. Allerdings waren diese Patientinnen wohl auch nicht genügend konsequent in der Befolgung der Eur. Die Behandlung der acne rosacea, insofern es sich mehr um eine hyperämische Acne und nicht um eine weit ausgedehnte Haut- röthung ohne Enotenbildung und um Gefässerweiterung handelt, ist dieselbe und mit recht gutem Erfolge. Trichophytie. Diese besonders bei der Landbevölkerung 124 Zeitsehrift des Berliner Vereinefl homOopathlfoher Aente. häufige und in so Terschiedenen Formen auftretende, bekanntlich durch einen pflanzlichen Parasiten herTorgerufene Hautaflfektion ist im Allgemeinen leicht zu behandeln. Es genügt ein nftcht* lieber Umschlag auf die betreffende Stelle mit einer schwachen SnblimaÜösung (ich benutze nur 0,1 zu 200,0) oder auch einer Borsäurelösung. Natürlich Gummipapier darüber, damit der Um- schlag während der Nacht feucht bleibt. Besteht bedeutendere Schorfbildung, so wird Abends ca. eine Stunde, bevor der Sublimat- umschlag applizirt wird, eine Schmierseifeneinreibung gemacht, damit die betreffende Stelle für die Einwirkung der UmschUge besser vorbereitet ist. Natürlich passt die Schmierseife weniger bei etwa schon entzündlich gereizter Hautoberfläche. Dieses Ver- fahren genügt, wie gesagt, bei der gewöhnlichen Trichophytie, von den Laien Ringwurm genannt. Anders liegen die Verhält- nisse bei der Sycosis trichophytica^ der parasitären Bartflechte. In nicht besonders schweren Fällen derselben kommt man zwar mit der oben angegebenen Behandlung ebenfalls sehr bald zum Ziele, wobei zum Unterschied von der nicht parasitären Bartflechte meiner Erfahrung nach die Epilation unnöthig ist. Auch wenn schon, wie man es ja zuweilen sieht, schwammartige, bei Druck Eiter entleerende Gebilde entstanden sind, genügt die angegebene Behandlung, wenn diese Gebilde nicht sehr gross sind. Es giebt aber Fälle, wo kolossale Infiltrationen und eitrige Entzündung der Haut eintreten, so dass z. B. die Wangen ganz unförmlich an- schwellen können mit brettartiger Härte und Eiterabsonderung aus vielen Stellen. Hier nun richtet das Antimycoticum nichts auS; weil es nicht tief genug einwirken kann. Da ist Hepar in häufiger Gabe zu verabreichen, und es sind konsequent warme Hafergrützumschläge zu machen. Unter dieser Behandlung heilen auch schwere Fälle in kurzer Zeit. Ich entsinne mich eines solchen, der, allerdings in massiger Weise, seit einem Jahr be- standen, dann aber in den letzten Wochen sich in der oben be- schriebenen Weise ausgebildet hatte. Die von anderer Seite an- geordnete Sublimatbehandlung hatte gar nichts geholfen. Nach 12 Tagen der oben angegebenen Kur trat schon Besserang ein und nach etwas über 2 Wochen fand ich den Patienten fast ge- heilt. — Nicht parasitäre Bartflechte, Sycosis simplex. Diese, welche sich ja langsamer auszubreiten pflegt, aber auch viel hartnäckiger ist, als die parasitäre, kann gleich wohl nach meiner Erfahrung bei einiger Ausdauer der Patienten in den Dr. Bovnntflehky» Bemerkungen Aber einige Hantaffektionen. 125 meisten Fällen mit Erfolg behandelt werden. Ich werde erst die einfache änsserliche Behandlung erw&hnen« Bei etwas rother, ent- zfindeter oder dicht mit den Acne-Enötchen der Sycosis besetzter Haut lasse ich Nachts einen Priessnitz auflegen. Seife darf zum Waschen nicht gebraucht werden. Morgens werden dann die kranken Stellen mit einem indifferenten Fett massig eingerieben. Der Bart darf nicht rasirt, sondern muss nur kurz abgeschnitten werden, damit, was das Wichtigste und Entscheidende in der äusseren Behandlung ist, täglich die kranken Haare entfernt werden können. Meine Erfahrung ist in dieser Beziehung eine allerdings etwas einseitige, da meine Patienten, fast alle abge- härtete Landbewohner, ohne Bedenken diese immerhin unange- nehme, aber die Heilung sehr befördernde Prozedur an sich vor- nehmen. Die bei dieser Affektion zweckmässige innere Behand- lung ist folgende. In der häufigen Form der Sycosis simplex, wo sich kleine Acne-Enötchen zeigen, die empfindlich gegen Beleh- rung sind und Eiter entleeren, habe ich Hepar als wirksam be- funden, welches ja auch den genannten Symptomen entspricht. Ausserdem habe ich einige Fälle mit Galcar. 12. dec. in seltener Gabe mit Erfolg behandelt. Ekzem. Hier möchte ich zuerst erwähnen« dass ich von dem so vielfach bewährten Graphites bisher so gut wie nie einen Er- folg gesehen habe, auch bei speziellster Indikation und in selten verabreichter Gabe. Die von mir als erfolgreich erkannten Mittel sind folgende: Sepia scheint mir ein sehr wichtiges Mittel im Ekzem zu sein. Die Lokalisation des durch Sepia heilbaren Ekzems ist besonders der Handrücken. Allgemeine Sepia-Symp- tome oder besondere Zustände, wie Schwangerschaft, Klimak- terium, Stillung verstärken natürlich die Indikation, sind aber keineswegs nothwendig. Auch das Abschälen der Haut in grösse- ren Stücken scheint ein Hinweis auf Sepia zu sein. Natrum muriatic. Dies ist das Mittel, welches ich bei nässendem Ekzem mit Vorliebe anwende. Die Lieblingsstellen des durch natrum mar. heilbaren Ekzems sind das Gesicht und die Beugeseiten der Gelenke, Nacken etc. Das Charakteristische ist die starke klebrige, wasserhelle Absonderung und der verhältnissmässig ge^ ringe Juckreiz. Auch beim nässenden Ekzem kleinerer Kinder habe ich es zuweilen wirksam gefunden, obgleich es da gegen viola tricolor zurücksteht. Dies Kinder- Ekzem ist im Allgemeinen ja eine hartnäckige Affektion. Viola tricolor scheint hier ein gutes 126 Zeitschrift des Berliner Vereines homöopathischer Aente. Mittel zu sein. Der riechende Urin ist ein besonderer Hinweis auf Viola. Der in den Lehrbfichem empfohlene Wechsel der Diät, dass man die Nahrung weniger verdünnen lässt, hatte in den von mir behandelten Fällen keine sichtliche Veränderung hervor- gerufen* M er cur. Von diesem Mittel habe ich in Fällen Erfolge ge- sehen, wo heftiges, besonders nächtliches Jucken, entzfindliche, massig nässende, fleckweise auftretende Hautafifektion zu be- obachten war. Auch in dem auf Erweiterung der Venen berohm- den Ekzem des Unterschenkels hat es mir, wenn der Fall den oben angegebenen Symptomen entsprach, gute Dienste gethan. In diesem Unterschenkel -Ekzem, wenn es den Namen Salzfiuss ver- dient, also eine brennende ätzende Flüssigkeit absondert, ist Ar- senic. natürlich das wahre Specificum, welches ganz yorzflglich wirkt. Von Sulfur. kann ich eigentlich nichts Gbarakteristiaches im Ekzem angeben, nicht einmal das Jucken ist nach meiner Er- fahrung eine conditio sine qua non. So behandelte ich ein seit 4 Jahren bestehendes, ganz trockenes, weissschuppiges Ekzem an der Haargrenze, um und hinter den Ohren und an den Schläfen, welches gar nicht juckte, mit Tollem Erfolge mit Sulfur. Jeden- falls ist das Sulfur-Ekzem chronisch, eher trocken und meist aller- dings mit starkem Jucken verbunden. Ledum. Dies Mittel hat meiner bisherigen Beobachtung nach nur eine eng begrenzte Indi- kation. Nach dieser gegeben, wirkt es aber meist befriedigend. Es hilft beim Gesichts -Ekzem, welches in mehr oder weniger grossen Flecken sich zeigt, trocken und schuppig ist und die Haut nur wenig ins Röthliche oder Gelbliche verfärbt. Ein entzündlicher Beizzustand der Haut ist hierbei nicht vor- banden. Jucken nicht sehr hervortretend. Wohl aber Brennen in der freien Luft. Petroleum. Eine ebenso eng begrenzte Indi- kation hat Petroleum, nähmlich das Ekzema rhagadiforme. Diese Rhagaden sind tief, häufig blutend. Besonders exacerbirt eine solche Affektion im Winter, wenn die Hände dem Beiz der kalten Luft und des kalten Wassers ausgesetzt werden. Hier ist natür- lich eine gewisse Hautpflege zweckmässig. Die Hände dürfen nie gewaschen werden, ohne dass vor dem Abtrocknen einige Tropfen Glycerin in die Hand gegossen werden. Dadurch wird der schäd- liche Einfluss des Wassers auf die Haut gemildert. Soviel wie m5g« lieh ist überhaupt das Befeuchten der Hände zu vermeiden. Nachts kann man mit Vaseline etc. einfetten und Handschuhe darüber Dr. Bouzutaehky, Bemerkxiiigen ttber dnige Hantaffektiosen. 127 ziehen lassen. Wichtig ist, eine müde Seife zu benutzen, eine solche ist z. B« Lauterbach's Einderbadeseife (Ferdinand Lauter- bach, Breslau). In den meisten derartigen Fällen ist also Petroleum Ton Nutzen. Wenn die tiefen Potenaen nicht genügend wirken, habe ich auch mittlere Potenzen mit Erfolg angewendet. Einmal habe ich allerdings beobachtet, dass Petroleum die Sache nicht heilte* Hier liess ich Sulfur folgen, welches ja ebenso wie Petroleum das Symptom: schmerzhafte Schrunden der Hände, in hervorragender Weise hat. Dieser Fall zeichnete sich durch die Heftigkeit des Juckreizes aus. Nach Sulfur trat Heilung ein. Was die Homöopathicität des Petroleums in diesen Fällen betrifft, so kann ich eine Beobachtung mittheilen, welche meine Frau zu machen Gelegenheit hatte. In ihrer Familie war nämlich eine Köchin, welche an heftigen Magen- krämpfen litt, wogegen ihr Petroleum zu trinken empfohlen war. Patientin trank davon, fand Geschmack an der Sache und wurde so eine habituelle Petroleumtrinkerin. Es stellten sich nun bei ihr tiefe Schrunden an den Händen ein, eine Affektion, welche sehr auffallend gewesen sein muss, da sie sonst meiner Frau nach den vielen seitdem verflossenen Jahren nicht mehr so im Ge- dächtniss hätte sein können. Ich weiss wohl, dass es beim Ekzem manche anderen Indi- kationen für die von mir genannten Mittel giebt, auch dass viele von mir nicht aufgeführte Mittel beim Ekzem wirksam sind ; doch habe ich eben nur das angeführt, was ich selbst erfahren habe. Was die äussere Behandlung des (nicht impetiginösen) Ekzems betrifft, so ist dieselbe nicht von hervorragender Bedeutung. Der Hauptzweck ist, Beize fern zu halten oder doch zu mildern. Also Beschränkung des Waschens der Haut, möglichst keine Seife be- notzen» nicht kratzeu. Bei sehr entzündlichem Ekzem kann man lalte Kompressen mit Erfolg anwenden. Bei dem durch Varicen bedingten Ekzem des Unterschenkels lasse ich meist Nachts einen Priessnitz umlegen. Am Tage ein mildes Fett benutzen, etwa weisse Vaseline. Die Fette reizen ja alle etwas die Haut, völlig reizlose giebt es nicht. Doch sind dieselben ja nicht ganz zu eotbehren, schon wegen des Festklebens der Bedeckung auf nässenden Flächen. Die verschiedenen Puderarten, die ja bei ntssendem Ekzem eingentlich vorschriftsmässig sind, haben sich mir wenig bewährt. Ich wende sie nur bei sehr massigem Inter- trigo an, etwa auch bei Affektionen der Vulva und des Praeputiums. I 128 Zeitschrift des Berliner Vereines homöopaUÜBcher Aente. Im Allgemeinen habe ich gefunden, dass der Erfolg des Paderas mehr eine Schmiererei ist, anch von der Wirkung des Demuitols war ich nicht befriedigt. Wenn die äusserliche Behandlung, wie gesagt, bei den nicht impetiginösen Ekzemen bei homöopathischer Behandlung nicht von grosser Bedeutung ist, so liegt die Sache ganz anders, wenn Eiter- erreger den Fall kompliziren« Dann ist die grösste Reinlichkeit anzurathen. Es kommt dann, wie bekannt, wenigstens bei Kindern leicht zu LymphdrüsenentzQndungen, an die sich unter Umständen Zellgewebsentzündungen anschliessen können. Ja es kann auf diese Weise kommen, dass ein Kind an einer scheinbar so wenig gefährlichen Afifektion, wie ein Ausschlag ist^ zu Grunde geht Um dies nun möglichst zu vermeiden, muss das eitrige Ekzem täglich mit warmem Wasser und Seife gut gereinigt werden, nach- dem die sich bildenden Borken vorher mit Oel erweicht worden sind, auch kann man ein unschädliches Antiseptikum, me Borsäure, als Umschläge und Waschung anwenden. Das innere Mittel ist in diesen eitrigen Formen Hepar, welches selten im Stich lässt Hyperkeratosis. Würde ein Mensch, welcher enge Stiefel trägt, wegen der sich durch den Druck bildenden Hautverdickung zum Arzt gehen mit dem Ersuchen, ihn durch innere Medikamente von diesem Uebel zu befreien^ so würde das mit Recht ein lächer- liches Verlangen genannt werden. Es giebt aber, wenn auch selten, eine krankhafte Affektion der Haut, bei welcher sich die- selbe ohne eine Einwirkung von aussen in starker Weise verdickt So kam vor längerer Zeit eine Dame zu mir, bei der sich ohne sichtliche äussere Veranlassung seit mehreren Monaten eine sehr starke Verhärtung der Fusssohlen ausgebildet hatte. Die ganzen Fusssohlen bestanden aus panzerartig verdickten Hautplatten, zwischen denen sich tiefe Einschnitte befanden. Das Gehen war äusserst beschwerlich geworden, sodass Patientin sich kaum in meine Sprechstunde hatte schleppen können. Alles mögliche Aeusserliche war ohne jeden Erfolg von dem behandelnden Arzte angewendet worden. Hier war nun Gelegenheit zu sehen, was an der Homöopathie ist. Denn das Symptom von Antimon, crudum, hornartige Verdickungen der Fussohlen ist ja allgemein bekannt; aber wie selten hat man Gelegenheit, es in solchen Fällen wirklich probiren zu können, da ja die durch krankhaften Hautreiz und nicht durch Druck hervorgerufenen Hautverdickungen eben so selten sind. Antimon 3 dec, dreimal täglich verabreicht, bewährte ßr. Boeaser, Silioea. 129 sich hier glänzend. Ohne äussere Beihfllfe verschwanden die Ver- dickungen in kurzer Zeit völlig; nachdem die frohere ftusserliche Behandlung eine ganz vergebliche gewesen war. Die betreffende Dame war vor kurzer Zeit bei mir und erzählte, dass sie in den seitdem verflossenen Jahren nie mehr etwas von ihrem Leiden be- merkt habe. Furunkulose. Hier will ich zuerst die Furunkulose der Säuglinge erwähnen; in dieser hat sich mir in einigen sehr schlimmen Fällen Solfur .bewährt. Kinder, die ich nach ihrer elenden Beschaffenheit und der Menge und Grösse der Furunkel wegen glaubte verlieren zu müssen, genasen bei der Behandlung mit Sulfur, wobei ich Incisionen völlig vermied. Ueberhaupt ver- suche ich Sulfur meist zuerst bei der Furunkulose, mit Ausnahme der nun zu erwähnenden Falle. Da ist erstens die Lokalfurunkulose, wie sie besonders im Nacken leicht entsteht. Hier sind die jüngst empfohlenen Waschungen mit 2 proc. Salicylspiritus zu versuchen und als inneres Mittel Silicea, deren specifische Beziehung zum Nacken ja bekannt ist. Zweitens ist hier die mit Gljkosurie ein- hergehende Furunkulose zu erwähnen. Es giebt ja eine Art Furunkulose, welche von Zuckerausscheidung begleitet ist, die mit verschwindender Krankheit ebenfalls und zwar für immer ver- schwindet Also kein Diabetes! In diesen Fällen ist meiner Er- fahrung nach Arsenic als spezifisch zu bezeichnen, daneben anti- diabetische Diät. Erwähnen möchte ich noch, dass die Mittel von mir in tiefen Potenzen angewendet worden sind, mit Ausnahme von Graphites, welches ich auch in c. 30 versucht habe. Silicea Von Dr. Bo es s er- Chemnitz. Einer der besten Fingerzeige für Anwendung der Silicea, ins- besondere in Hochpotenz, ist der Silicea- Kopfschmerz*). Der Kopfschmerz von Silicea ist nervöser Art. *) Farrington, pag. 468. 1. Bd. XX. 9 130 ZeitBohrift des Berliner Vereines homOopathifleher Aente. Er wird henrorgemfen durch jede fibermlssige Geistes- anstrengung. Femer ist er meist supraorbital, und gewöhnlich schlimmer Über dem rechten Auge. Er verschlimmert sich durch jedes Geräusch, durch Bewegung oder Erschütterung, und bessert sich, wenn der Kopf warm oingehflllt wird. Dies hat er gemein mit Magnesia mur. und Strontiana carb. Es ist nicht der Druck, sondern die Wärme, welche lindert Scharfe ziehende Schmerzen steigen vom Bficken- mark in den Kopf. Auf der Höhe des Paroxysmus stellt sich leicht Uebelkeit and Erbrechen ein, weil der Magen sympathisch ergriffen ist Nicht, dass Silicea nicht auch noch viele andere Arten von Kopfschmerz hätte: Wir finden Schwere des Kopfes, als wenn Blei im Gehirn, mit Beissen und Stechen in der Stirn, wobei es den Kopf seit- wärts zieht Drücken im Kopf, auf dem Wirbel bis in die Augen, in der Stirn, in Stirn und Augen, in der Schläfe und über dem rechten Auge, aber der Nase. Zusammenpressen des Gehirns, besonders des vorderen. Spannen und Pressen, als sollte die Stirn springen, als werden Gehirn und Augen vorgedrängt, als wollte alles zum Kopf heraus und der Schädel platzen. Beissender Kopfschmerz im Vorderkopf, in der Stirn, nacb den Seitenbeinen hin, halbseitig, pochend, mit Stechen. Bohren in der Stirn. Klopfen in der Stirn von Blutandrang. Hitze im Kopf. Bücken und Zucken im Kopf. Gefühl, als wäre alles lebendig im Kopf und drehte und wirbelte darin. Dröhnendes Schüttern bei starkem Auftreten. Dr. Boeisar, Silloea. 131 Nach dem Eopfachmerz tritt Blindheit ein"*). Und als letztes Symptom: Kopfschmerz besser durch reichlichen Harnabgang. Wie auch: Aconit, Ignatia, Gelsemium, Veratrum alb^ Sanguinaria, Selen. Wie man sieht, kann der von Silicea hervorgebrachte Kopf- schmerz recht mannigfaltig sein. Das Charakteristische ist aber doch, dass er vom RQckenmark über den Nacken zum Scheitel emporsteigti und Ton dort aus im Kopf sich verbreitet Differentaldiagnostisch kommen in Betracht: Menyanthes trifoliata, dessen Kopfschmerz genau dem der Silicea entspricht, nur dass er durch Druck mehr gelindert wird) als durch Wärme. Paris quadrifolia, dessen Kopfschmerz, da er vom Nacken aufsteigt, gleichfalls spinalen Ursprungs ist, zugleich aber mit dem Gefühl verbunden ist, als wäre der Kopf über- mässig gross**). Gelsemium. Passive Kongestion. Kopfschmerz beginnt im Nacken, geht über den Kopf weg und setzt sich über den Augen fest. Verschlimmerung morgens. Steifheit im Nacken. Unfähigkeit, zu denken. Schwindel mit ver- schwommenem Sehen. *) EopfflchmerB und vorübergehende Blindheit: Silieea: nach dem Kopfschmerz tritt Blindheit ein. Kali biehromic. und Gelseminm: mit Beginn dei Kopfschmerzes tritt Blindheit ein, sie versehwindet aber, sobald der Kopfschmen sehlimmer wird. Gaustienm: die Blindheit verschwindet nicht, wenn der Kopfschmerz sich steigert. Cyclamen enr., Natr. mnr., Irisversicelor, Psorinnm, Sepia, Pnl- satilla. **) Dies GesehwoUenheitsgeffihl einzelner KOrpertheile findet sieh naeh Famngton bei allen den Arzneien, welche die Gerebrospinalneryen affidren. Mit Bexng anf den Kopf fioden wir es aosser bei Paris qn., bei G e Is emi n m, Argentnm nitric, Olonoin und Bovist a. Jahr nennt noch: CoralL Dnlcamara, Indigo, Mangan., Natr., Bannncnl. scel., Theridion. 9* 132 Zeitselirift des Berliner Vereinee homSopathiseher Aeiste. Strontiana carbonica. Der von dieser hervorgerafeae Kopfschmerz ist genau so, wie der von Silicea. Nach Farrington müssen Nebensymptome die Unterscheidung treffen. Dazu kann uns z. B. dienen, dass ebenso, wie bei Stannum und Piatina, auch bei Strontiana die Schmerzen langsam steigen und langsam fallen. Von den ausserdem noch in Betracht kommenden Mitteln Spigelia, Sanguinaria, Belladonna ist kurz zu erwähnen, dass der Spigeliakopfschmerz Tom Nacken aufsteigt, sich über dem linken Auge festsetzt und mit der Sonne steigt und fallt; dass der Sanguinariakopf schmerz weniger yom Nacken, als vom Hinter- haupt herkommt, sich über dem rechten Auge festsetzt und gleich- falls mit der Sonne steigt und fällt, und dass der Belladonna- kopfschmerz nicht so charakteristisch, wie Sanguinaria, die Richtung zom EQnterhaupt nach vorn hat, dass er meist klopfender, kongestiver Art ist, dass er sich bessert durch Aufsitzen, während Sanguinaria Besserung im Liegen hat Bei keinem der genannten Mittel aber tritt das Symptom: vom Nacken aufsteigender Kopfschmerz, so charakteristisch hervor, wie bei Silicea. Darum ist auch, wie schon Eingangs erwähnt, dieser Silicea- kopfschmerz, wo er sich auch finden mag, die deutlichste Auf- forderung, Silicea in Anwendung zu bringen, und zwar mit der besten Aussicht, dauernde Heilung zu erzielen. Zwei Kranken- geschichten mögen diese Behauptung illustrieren. Die erste ist dem 86. Band der allgemeinen Homöopathischen Zeitung entr nommen, wo Dr. Baumann (f) in Memmingen die Heilung einer Neuralgie der Zunge durch Silicea C. 80 mittheilt Eine robuste Bauersfrau, Mutter mehrerer Kinder, leidet seit nahezu zwei Jahren an einem ganz widerwärtigen, kitzelnden Ge- fühl hinten an der Zunge; es ist ihr gerade so, als ob ein Faden oder ein Haar von der Zunge in den Hals hinunterhängt, was sie fortwährend zum Räuspern und Rachsen nöthigt. Die bisherigen Aerzte hatten ihr meist Ourgelwasser ver- schrieben, aber ohne jeden Erfolg. Die Untersuchung der Mund- und Rachenhöhle ergiebt kein aufklärendes Resultat. Dr. Boeflfler, SUioea. 138 Der vorhandene chronische Bachenkatarrh kann möglicher Weise mit der Neuropathie in Zusammenhang stehen, er kann aber ebenso gut eine Folge der ätzenden Gurgelwasser oder des fortwährenden Bäusperns und Bachsens sein. Dr. Baumann befand sich in einer schwierigen Lage, zumal er kein Anhänger der speaifischen Schule war. In letzterem Falle wfirde er die Patientin selbstverständlich mit einem spezifisch auf den Bachen, oder auch spezifisch auf den Proteus unter den Erankheiteui die Hysterie, wirkenden Arzneimittel versehen haben, wahrscheinlich ohne der Heilung näher zu kommen. Da kam ihm die genaue Aufnahme der Anamnese zu Hfilfe. Er stellte fest, dass die Frau bis vor drei Jahren immer ge- sund gewesen war. Um diese Zeit war sie zum ersten Mal von Kopfschmerzen befallen worden, welche nach 24 Stunden wieder verschwanden, aber von da nach kürzeren oder längeren Zwischen- räumen immer wiederkehrten. Diese Kopfschmerzen fingen jedesmal im Hinterkopf an, verbreiteten sich bis zur Stirn und wurden am meisten gelindert durch Warmhalten des Kopfes. Vor circa zwei Jahren hatte sich das jetzige Zungenleiden eingestellt und seit dieser Zeit waren die Kopfschmerzen ausgeblieben. Verordnung: Silicea C. 30, Frfih und Abends 1 Tropfen auf die Dauer von 8 Tagen, und die Weisung, nach 14 Tagen wieder zu kommen. Nach Verfluss dieser Zeit berichtete Patientin selbst, dass sie eine bedeutende Besserung bemerke. Die peinliche Empfindung sei zwar noch vorhanden, aber nur auf der Zunge, und nicht mehr im Halse. Der Drang zum Bäuspem habe deshalb ganz aufge- hört. Es komme ihr gerade so vor, als ob der Faden nach hinten zu abgerissen sei. Der Bachenkatarrh war unverändert. Verordnung: Silicea G. 30, alle Morgen einen Tropfen. Nach drei Wochen brachte die Frau die Nachricht, dass sie von ihrem Leiden befreit sei. Einige Tage nach ihrem letzten Hiersein sei das widerwärtige Gefflhl auf der Zunge viel stärker geworden; es habe sich sogar bis zur Zungenspitze verbreitet, dann sei es aber von Tag zu Tag besser geworden und seit acht Tagen voUstandig verschwunden. 136 2eitidizift des Berliner Verelnea homöopftthisoher Aente. Die Siliceaheilung von Dr. Baumann zeigt, wie es bei ge- schickter Benutzung der Nebensymptome möglich ist, selbst für krankhafte Empfindungen ohne materielle Unterlage, die wir sonst in das weite Gebiet der Hysterie verweisen, schnell das passende Mittel zu finden. Hier versagt doch offenbar die Therapie nac^ Erankheitsnamen. Dafür tritt die nach Symptomen in ihi* Recht. Beide Methoden haben ihre Berechtigung. Ihre Wirkungskreise genau gegen einander abzugrenzen, ist die Aufgabe der modernen Homöopathie« Wir müssen Hahnemann widersprechen, wenn er behauptet, der Inbegriff aller Symptome sei die einzige Hinweisung auf ein zu wfthlendes Heilmittel. Denn die möglichst exakte pathologisch-anatomische Anschauung muss ergänzend zur Seite stehen. Wir müssen aber ebenso dem bekannten allopathischen Ver- fahren desEurirens lediglich nach Erankheitsnamen und pathologisch- anatomischen Begriffen widersprechen. Noch ein anderes beweist der Baumann'sche Fall. Nämlich, dass ein jeder, der nur im Besitz eines Bepertoriums ist^ nicht aber im Besitz auch nur der geringsten medicmischen Eenntnissoi doch zuweilen — wenns Glück ihm günstig ist -^ so- genannte Wunderkuren verrichten kann. Wir erinnern uns, dass jene Bauersfrau des Dr. B. darüber klagte^ es sei ihr so als ob ein Faden oder ein Haar von der Zunge in den Hals hinunterhinge. Jener Laie würde nun etwa in Jahr's Symptomenkodex unter Mund und Hals blos nachzulesen brauchen. Er würde sehr bald dort finden: Haargefühl, auf der Zunge: Natr. mur. und Silicea, und zwar bei ersterem dies Haargefühl nur als sogenanntes klinisches Symptom, dagegen bei Silicea als physiologisches, ;bisher aber klinisch noch nicht bestätigtes. Hieraus folgt, dass kein Bepertorium so schlecht ist, dass man nicht wenigstens etwas aus ihm lernen könnte. Was übrigens dieses Haargefühl betrifft, so führt auch Bönning- hausen Silicea dabei an erster Stelle auf, dann folgen Argent. nitr., Arsenic, Kali bichrom., Pulsatilla, Sulfur., an 3. Stelle erst kommen Natr. mur. u. a. ie wirkt das TerpentiBOl in kleinen Dosen Iftngere Zeit genommen? 137 Wir sahen also, dass Dr. B., obwohl er bloss von dem charak- teristischen Kopfschmerz sich leiten liess, dennoch ein nach den Symptomen in jeder Beziehung streng indicirtes Mittel gab, resp. geben musste. Trotz alledem wagte Hirschel, dies eine nichts be- weisende Spontanheilung post hoc, ergo propter hoc zu nennen! So unwahrscheinlich nun eine solche Behauptung auch klingt, so lässt sich doch ihr stetes Argument, dass Heilung durch ^^Sgostien vorliege, in allen den Fällen nicht entkräften, wo nur eine einzige Arznei und zwar gleich mit Erfolg gereicht worden ist. Solche Fälle mag E. v, Leyden im Auge gehabt haben^ als er bei Besprechung der ^perversen Richtungen der Therapie'' der Homöo- pathie an erster Stelle gedenkend, das Wort niederschrieb, dass sie noch heute ihre Scheintriumphe feiere, (s. die deutsche Klinik im Beginn des 20. Jahrhunderts, Seite 10.) Dies Argument der Heilung durch Suggestion fällt nun bei dem von mir beobachteten Falle vollständig weg. Meine Eigenschaft als homöopathischer Arzt kommt nicht in Betracht, denn Patient war bereits von homöopathischen Laien- praktikem behandelt worden ; meine Persönlichkeit gleichfalls nicht, sonst hätten wohl schon die ersten, schlecht gewählten Mittel durch Suggestion wirken müssen. Kurzum, es unterliegt meines Erachtens keinem Zweifel, dass wir hier eine wirkliche Eunstheilung durch SiliceaG.30 vor uns haben. Wie wirkt das Terpentinöl in kleinen Dosen längere Zeit genommen? So lautet der Titel einer Inaugural-Dissertation eines jfingeren Kollegen, des Herrn Dr. Theodor Brflmmer aus Lindloh, welcher, nachdem er seine Approbation als Arzt in Greifswald erlangt, in seiner Heimath Friesland die Praxis aufgenommen, und durch seine durch Prof. Dr. H. Schulz geleiteten Studien in der Arzneimittellehre auf die Homöopathie aufmerksam ge- macht^ in seinem neuen Wirkungskreise die Wirkungen kleiner 138 Zeitschrift des Berliner Vereines homöopathischer Aerste. Arzneigaben nach dem Simile -Grundsatz zu erproben begoanea hat. Er beabsichtigt, in nächster Zeit das Dispensir- Examen ssa machen, um voll und ganz sich der homöopathischen Praxis m widmen. Wir geben das Ergebniss der gemachten Versuche , die Ton vier Medizinern in zwei Versuchsweisen gemacht wurden, mit seinen eigenen Worten wieder, indem wir vorausschicken, dass bei der ersten Versuchsweise jeder der Herren 100,0 gr einer ein- prozentigen alkoholischen Lösung von Oleum Terbinthinae recti- ficatum erhielt und täglich 20 Tropfen dieser Lösung entweder mit Wasser oder mit Kaffee YerdQnnt einnahm. Vom ersten Versuchstage an wurde von jedem Versuchsth^- nehmer schriftliche Eontrole über körperliches und geistiges Be- finden geführt. Der Harn wurde täglich auf seine normale Reak- tion und Zusammensetzung geprüft. Auch der Stuhl wurde in der Weise beobachtet, ob sich seine Farbe und Consistenz änderte. Damit nun keine suggestiven Wirkungen zu Stande kämen, wurde es den Herren nicht mitgetheilt, mit was für einem Präparate sie den Versuch machten. Femer kannten sich die vier Herren gegenseitig nicht, so dass also eine gemeinsame Besprechung aus* geschlossen wurde, wodurch andernfalls auf der einen oder der andern Seite das objektive Urtheil hätte getrübt werden können. In Bezug auf die zweite Versuchsweise ist zu bemerken, dass die heftigen Erscheinungen, die bei dem Versuche mit der einprozen- tigen Lösung des Oels auftraten, die Versucher zwangen, mit dem Versuche derselben abzubrechen und weiterhin die Versuche nur mit einer 0, 1 prozentigen Lösung anzusteUen. An diesem Ver- suche betheiligten sich zwei Herren, die auch den ersten Versuch mitgemacht hatten. Jeder nahm, wie früher, 20 Tropfen der Lösung in Wasser und protokoUirte alle Erscheinungen. Ausser- dem wurde Morgens und Abends die Pulsfrequenz gezählt Die erste Versuchsweise erstreckte sich bei No. I auf 12, bei No. II auf 12, bei No. III auf 9, bei No. IV auf 9 Tage. Bei der zweiten Versuchsweise nahm No. I 8 Tage, No. II 9 Tage ein. Die dritte Versuchsweise bestand in einem Versuche des Ver« fassers selbst, die sich auf 25 Tage erstreckte, wobei gleich hier bemerkt werden mag, dass der Kollege 14 Tage nach dem Auf- hören mit dem Einnehmen plötzlich unter Fiebererscheinungen und Schmerzen in der Nierengegend erkrankte und die Blara- Wie wirkt das Terpentinöl in kleinen Dosen ttngere Zeit genemmen? 130 unterBuchang eine Nierenentzündung ergab. Nach siebenwöchent- licher Bettruhe wurde er am 20. Mai ans der Oreifswalder medi- sinischen Klinik^ wo er die letzten drei Wochen in Behandlung war, entlassen, obwohl sich zeitweise noch ganz minimale Spuren Ton Eiweiss im Harn nachweisen Hessen. Indem wir die einzelnen Prtkfangsberichte übergehen, geben wir hiermit die Versuchs- ergebnisse, wie die von ihm gemachten Hinweise auf die Litteratur mit den eigenen Worten des Verüassers: Ergebnifls der Yersuehe mit Hinwels anf die Litteratar. Die Erscheinungen, welche bei den Versuchen beobachtet sind, werde ich zur besseren Uebersicht nach den einzelnen Organ- systemen, an denen sie zu Tage getreten sind, zusammenstellen. Am auffälligsten sind die Symptome von Seiten der Verdauungswege. In allen Versuchen trat mit einer typischen Regelmässigkeit in den ersten Versuchstagen bald nach dem Einnehmen Aufstossen auf. In drei Fällen, (erste Versuchsreihe, I. und II. Versuch; dritte Versuchsreihe) wurden Schmerzen im Bachen und Schluck- beschwerden beobachtet, wobei gleichzeitig im 1. Versuch der ersten Reihe Böthung und Schwellung der Tonsillen festgestellt wurde« Die Symptome einer mehr oder minder starken Magenverstimmung traten an allen Versuchstheilnehmern, bis auf einen, hervor. So finden sich Belegtsein der Zunge und Appetitlosigkeit, besonders stark im I. und IL Versuch der ersten Reihe, sowie in der dritten Reihe. In allen Berichten wird ferner über Druck- und Schmerz- gefühl in der Magengegend geklagt. Das typische Bild einer akuten Gastritis wird uns im Bericht des I. Versuches der ersten Reihe entrollt, wo die Erscheinungen einen gewissen bedrohlichen Charakter annehmen. Hier will ich daher alle Symptome der Seihe nach anführen, wie sie sich nacheinander entwickelten. Zu- erst wiederum Aufstossen, das hier besonders heftig und lang- dauernd war, sodass es sich bis zur Brechneigung steigerte. Vom 4. Tage an Magenschmerz und Appetitlosigkeit; am 5. Tage ge- sellte sich Belegtsein der Zunge hinzu. Sodann nahmen die Magenschmerzen zu, sodass dadurch die nächtliche Ruhe sehr be- einträchtigt wurde. Hierauf stellte sich Erbrechen ein, das nament- lich bei dem Versuch, zu essen, von neuem angeregt wurde. Es 140 Zeitschrift des Berliner Vereineg homSopathisoher Aerste. wurde nun Tinkt. opii genommen, um den Magen rahig zu steiles und so die Schmerzen zu lindern. Erst allmählig wurden reizlose Speisen ohne Störung vertragen. Dass in diesem Falle so heftige Erscheinungen seitens des Magens auftraten, ist um so erklärlicher, da wir anamnestisch wissen, dass Herr J. B. eine gewisse Magen- schwäche besitzt, sodass, wie er selbst angiebt, sein Magen bereits durch relativ geringe Schädlichkeiten stark alterirt wird. Die Störungen des Darmkanals äusserten sich in allen Versuchen durch Stuhlverstopfung. Im I. Versuche der ersten Reihe wird ausser- dem über Gurren im Darme und im III. Versuch derselben Reihe über Schmerzen im Hypogastrium geklagt. Ein gewisser Theil dieser Erscheinungen seitens des Ver- dauungstraktus findet sich in der spärlichen Litteratur beschrieben, die, wie ich hier nochmals betonen möchte, zur Beantwortung unserer Frage herangezogen werden kann. Marchai de Galvi (Vergiftung durch Terpentindunst, Tunion 32—35, 45. 1856) be- obachtete an zwei Frauen, die in einem mit Terpentinölfarbe frisch gestrichenen Zimmer geschlafen hatten, Erbrechen und Kolik. Dieser in der Litteratur vielfach zitirte Fall wird auch von L. Hirt in seinem Werke „Die Krankheiten der Arbeiter^ an- geführt. Ferner machte im Jahre 1822 ein Franzose, Namens Patissier, darauf aufmerksam, dass Leute, die lange Zeit und wiederholt Terpentindunst einathmen müssen, an kolikähnlichen An- fällen leiden. Auf Grund der Beobachtungen, die L. Hirt an Lackirern, Färbern und Anstreichern, d. h. an solchen Leuten machte, die wiederholt oder längere Zelt immer nur sehr kleine Mengen von Terpentindunst einathmeten, beschreibt er den Einfluss unseres Oels auf die Verdauungsorgane in folgender Weise: «In relativ seltenen Fällen macht sich ein übler Einfluss der Terpentin- dämpfe auf Magen und Darmkanal geltend. Erbrechen, wenn auch Anfangs bisweilen beobachtet, verliert sich doch meistens bald wieder und kolikähnliche Zustände, namentlich Stuhlverstopfung mit Leibschmerz und dergleichen scheinen bisweilen fSlschlich auf Rechnung des Terpentinöls geschrieben worden zu sein; meist mochte es sich wohl um die Einwirkung des gleichzeitig vor- handenen Bleies gehandelt haben. Unter unseren 21 Examinirten befand sich keiner, der dauernde oder ernstere Affektionen des Verdauungskanals aufzuweisen gehabt hätte. Wir wollen aber die Möglichkeit des Zusammenhanges im vorkommenden Falle durch- aus nicht in Abrede stellen. Schul er (Die glarnerische Baum- Wie wirkt das l^erpenünä in kleinen i)o8en iSngere Zeit genommen? I4l wollenindustrie, Vierteljahrsschrift fdr öffentliche Gesundheitspflege. Bd. IV. Heft I. p. 108, Braunschweig 1872) hat dergleichen Fälle beobachtet.^ OefäBBsystem. Aus der zweiten und dritten Versuchsreihe, wo auch der Puls beobachtet wurde, ergiebt sich, das die Pulsfrequenz eine deutliche Herabsetzung erföhrt. Die dritte Reihe, wo der Puls noch einige Zeit nach Beendigung des Versuches beobachtet wurde, zeigt, dass die Pulsfrequenz alsbald wieder ansteigt zu derselben Höhe, die zu Anfang der Versuchszeit gezählt wurde. Wie ich an mir selbst beobachtete, war der Puls stets voll, kräftig und regelmässig. Nervensystem. In allen Berichten, ausgenommen No. n der 2. Reihe, finden sich Klagen über Kopfschmerzen, die bisweilen sehr heftig waren. Die Kopfschmerzen traten im 1. Versuch gleichzeitig mit den Magenbeschwerden auf. In dem Protokoll des L Versuchs wird femer über Schwindel geklagt. Bei einigen Versuchstheilnehmem stellte sich Schlaflosigkeit ein, trotz bestehenden Mfidigkeitsgefühls. Schwindel und Betäubung beobachtete auch Marchai de Caivi bei dem bereits einmal citirten Intoxikationsfall an den beiden Frauen. Auch Reil behauptet in seiner Materia medica, dass der Aufenthalt in mit Firnis gestrichenen Räumen Kopfschmerz and nervöse Zufälle hervorrufe. L. Hirt fand bei seinen Be- obachtungen niemals, dass dauernde Störungen der Gehirnthätigkeit in Folge von Terpentineinathmungen vorkamen. Wohl aber^klagten die Meisten bei Beginn der Arbeit fiber Kopfschmerz, Flimmern vor den Augen und Ohrensausen; aber alle diese Erscheinungen verloren sich alsbald wieder. Harnorgane. Auch dieses Organsystem ist der Terpentinölwirkung bei Auf- nahme sehr minimiüer Dosen deutlich unterworfen. Der Harn nahm, wie alle Protokolle, ausgenommen L Versuch der ersten Reihe, übereinstimmend berichten, einen eigenthümlichen zum Theil als parfümartig, zum Theil als veilchenartig bezeichneten Geruch an. Protokoll I und IV der ersten Reihe berichten von einem vermehrten Harndrang bei verminderter Hammenge. Oefters fand sich der Harn stark sedimentirt. Niemals liess sich, obwohl der 142 2eitBclirift des Berliner Vereines homlk>patliiflciier Aente. Harn täglich dftraufhin untersucht wurde, Eiweiss nachweisen. Indess erkrankte ich zwei Wochen nach Abschluss des Selbst- Versuches plötzlich mit Fiebererscheinungen und Schmerzen in der Nierengegend. Der Harn enthielt reichlich 1 p. M. Eiweiss. Ob nun diese Nephritis Folge der Terpentineinwirkung ist oder ob sie als Komplikation der Influenza anzusehen ist, die mich damals heimgesucht hatte, das l&sst sich wohl kaum entscheiden. Aehnliche Wirkungen, wie unsere Versuche lieferten, sind auch Ton anderen beobachtet Der sogenannte Veilchengemch ist nach Hirt die erste und leichteste Veränderung, die das Terpentin- öl im uropoetischen System setzt. Ferner sagt dieser Beobachter: „Ueber zeitweise Ischurie klagten mehrere unserer Arbeiter; Hämaturie beobachteten Harris und Gölten an Matrosen, die fortwährend Ausdünstungen von Terpentingef&ssen ausgesetzt waren.« Athmungsorgane. Von Seiten dieses Organsystems ist in keinem unserer Versuche irgend eine Veränderung beobachtet worden; vielleicht aus dem Grunde, weil die Versuchszeit relativ kurz war und weil die minimalen in Lösungen befindlichen Quantitäten unseres Oels direkt mit dem Gewebe der Athmungsorgane nicht in Berührung kamen. L. Hirt dagegen hat in einer grossen Anzahl von Fällen, bei etwa 35 pGt. der beobachteten Arbeiter, eine nachtheilige Wirkung des Terpentindunstes auf die Respirationsorgane konstatiren können. Er beschreibt uns die Wirkung also: «Die Arbeiter acquiriren einige Wochen nach Beginn der Arbeit Husten, sie magern all- mählich ab und zeigen, wenn sie nicht rechtzeitig ihre Beschäftigung aufgeben, nach Monaten oder Jahren alle Zeichen eines chronischen, destruirenden Prozesses in den Lungen. Hierher gehört ein Theil der schwindsüchtigen Anstreicher, Lackirer und Färber.'' Haut. In 2 Fällen, Versuch II der zweiten Reihe und dritten Reihe, reagirte die Haut auf das Terpentinöl. Zunächst zeigten sich Akne- knötchen auf der Stirn, die sich später über andere Gesichtstheile ausbreiteten und im letzten Versuch auch an den Extremitäten beobachtet wurden, wobei gleichzeitig ein massiger Juckreis auf- trat. Nach einigen Tagen verschwand der Ausschlag wieder in derselben Reihenfolge wie er aufgetreten war. Dr. Man, StuhlTentopfoiig und Silioea. 143 Wenn auch die geschilderten Prfifangen keine yollkommene LOsang der gestellten Aufgabe darstellen, so bilden sie doch einen Beitrag dazu, der uns werthvoll genug erscheint, um an dieser Stelle registrirt und der homöopathischen Aerztewelt zur Kenntniss gebracht zu werden. Windelband. Stuhlverstopfung und Silicea. Von Dr. Man in £ieL Ein Patient, welcher schon seit Jahren mit Bezug auf seinen Stuhlgang nachlässig gewesen war und der Mahnung zur Stuhlung nie sofort Folge geleistet hatte, bei dem in Folge dieser Nach- lässigkeit allmählich das Symptom aufgetreten war, dass der Stuhl- drang, wenn demselben nicht bald Folge gegeben wurde, wieder verschwand, um erst nach 24 bis 48 Stunden mit Entlerung nun- mehr harter und trockner Ballen wiederzukehren, sah sich ge- nöthigt, wegen anderer Beschwerden zu einer Schrotkur seine Zu- flucht zu nehmen. Mit seiner schlechten Angewohnheit bekannt, bereitete ich ihn auf die während dieser Kur mit Sicherheit zu gewärtigende, unter umständen Wochen lang andauernde Stuhl- verstopfung vor und schärfte ihm noch besonders ein, doch ja jeder noch so leisen Mahnung zum Stuhlgange stets sofort Folge zu geben. Diese Mahnung wurde befolgt und alles ging gut, da war eines Tages mein Patient in Gesellschaft und geoirte sich, dieselbe zu verlassen, um zu Stuhl zu gehen. Diesem Vergehen folgte die Strafe auf dem Fusse, nach kurzer Zeit verschwand der Stuhldrang und es traten eigenthümliche Schmerzen im Mastdarm auf, die sich besonders beim Hinsetzen, noch mehr aber beim Aufstehen vom Sitze, auch beim Hinlegen und Aufstehen aus liegender Stellung, sowie bei anhaltendem Sitzen sehr unangenehm bemerkbar machten. Ein gegen diesen Zustand verordneter Ein- lauf von IVa Liter warmem Wasser blieb ohne Wirkung, das Wasser kam so wieder, ohne dass Stuhlung zugleich erfolgte. Ein AbfQhrmittel durfte mit Rbcksicht auf die Trockenkur unter keinen Umständen gegeben werden und wir erwogen die Frage, 144 Zeitschrift des Berliser Vereines tiomöopathischer Aenste. ob die Kar abssubrechen sei und allmählich eine andere Diät Ter- abr eicht werden sollte. Da aber hierbei die Beschwerden doch sofort nicht zu heben waren und ich es fflr wahrscheinlich hidt, dass auch bei Fortsetzung der Trockenkur der Zustand bald sich ändern würde, so nahm die Eur ihren Lauf und ohne dass etwas geschehen wäre, trat in einigen Tagen Stuhlgang und daranf folgende allmähliche — nicht sofortige — Erleichterung der Be- schwerden ein, welche jedoch erst im Verlaufe von Wochen völlig geschwunden waren. Ein Jahr später war der betreffende, unverbesserliche Patient wieder nachlässig in ErffiUung der Pflichten gegen sich selbst ge- worden und es trat nun folgender Zustand ein: Alle 2—3 Tage erfolgt Stuhldrang; wird demselben sogleich Folge geleistet, so kommt es nicht zur Entleerung; der Patient drückt sich alles Blut in den Kopf, es öffnet sich auch der Anus, aber unter leichter Ektropionirung der Schleimhaut des Rektums kommt es entweder zu gar keiner Entleerung oder zum Abgang eines oder zweier haselnussgrosser, brauner Eothballen and der vorgedrängte übrige Inhalt des Rektums zieht sich mit Nachlassen der Bauchpresse wieder zurück. Der Patient gewöhnte sich daher bald daran, dem Stuhldrang erst, nachdem derselbe inten- siver gewordeui Folge zu geben und hatte dann auch jedesmal ordentlichen Stuhlgang mit nachfolgendem Gefühl der Befriedigung, allerdings stets unter grosser Anstrengung der Bauchpresse. Der Patient erschien, als dieser Zustand einige Wochen ge- dauert, wieder in der Sprechstunde; ich diagnostizirte eine Läh- mung und Atonie der Muskulatur des Rektums in Folge Ueber- anstrengung bez. zu starker Inanspruchnahme durch das zu lange Verweilen des Kothes in demselben. Meine eindring^che Er- mahnung jeder noch so leisen Mahnung zur Def&kation stets sofort nachzugeben, wird befolgt, Silicea in verschiedenen Potenzen — 6, 12, 30, 200 — gegeben und in einigen Wochen ist wieder alles in Ordnung. Gegen die Natur sündigt Niemand ungestraft. Hier war es in Folge der Jahre langen schlechten Angewohnheit schon za einem ziemlich schweren Zustande gekommen, der, wenn nicht zweckentsprechend behandelt, sicher der Ausgangspunkt schwererer Leiden geworden wäre, die sich allmählich und mit zunehmendem Alter eingestellt haben würden, als da sind hartnäckige Ver- Dr. DahUte, l^tü frattL 145 Btopfong, UeuSf Hämorrhoiden, E^rebs and andere angenehme Dinge. — NB. Wie würde sich wohl ein Allopath diesem Patienten gegenüber verhalten haben? Tutti fruttL Von Dr. DaUke^ Berlin. Damit der verehrte Leser weiss , was mit diesen „allerhand Früchten" gemeint ist, so theile ich im Voraus mit, dass es Re- miniscenzen meiner Reisen im Osten sind, zwar an sich völlig un- bedeutend und praktisch werthlos, aber vom allgemein medi- zinischen Standpunkt aus vielleicht nicht ganz ohne Interesse. Wenn die Arbeit einen Vorzug hat, so ist es der, dass ich nur über Länder spreche, in denen ich selber gereist bin, und über Dinge, die ich selber durchgemacht habe. Die nächstliegendste Frage ist: Wie reagirt der Körper auf den Uebergang in das Tropenklima? So, wie die Reiseverh<- nisse heut zu Tage liegen, kann man wohl sagen, dass von 100 Reisenden vielleicht 99 den Wendekreis des Krebses resp. Steinbocks, d. h. die Grenzen der Tropen zur See überschreiten. Von diesen Reisenden besteht der weitaus grösste Theil aus solchen, die nach Indien, Australien oder Ost-Asien gehen und alle diese betreten die Tropen im rothen Meer. Nun ist gerade dieses Heer berüchtigt wegen seiner unerträglichen Hitze. Wie ein Spalt liegt es zwischen den Sonnen -durchglühten Bandebenen Arabiens und Afrikas und manche, an seinen Küsten gemessenen Temperaturen gehören zu den höchsten auf der Erde beobachteten. Aber auch hier hängt viel von der Jahreszeit ab. Ich habe das Rothe Meer dreimal passirt, im Januar, im März und im Sep- tember. Die März-Fahrt (im Jahre 1898) war meine erste Tropen- fahrt, und ich war überrascht über die angenehme kühle Tempe- ratur , die wir im rothen Meer antrafen. Aehnlich ging es auf der Januar-Fahrt. Beide Fahrten waren südwärts, nach den Tropen zu gerichtet. September 1900 dagegen war meine Fahrt heimwärts gerichtet, ich passirte also dieses Meer in umgekehrter 10 146 ZeitBohiift dei Beriiner VereinM hornttopathiBoher Aentd. Bichtang. Ich muss gestehen, dass ich yieUeicht niemals so fürchterlich unter der Hitze gelitten habe, als in diesen Tagen. Aach Nachts fiel das Thermometer nicht unter 30<» R. in den luf- tigsten Bäumen, von den Kabinen gar nicht zu reden, und selbst das Wasser hatte ungefähr die gleiche Temperatur. Was die Sachlage ffir mich besonders erschwerte, war, dtss ich seit einer Reibe Yon Wochen an fast kontinuirlichem Fieber mit intensiver Gelbsucht litt. Da mein Magen nur sehr wenig und leichte Speise annahm, so war ich elend und damit für die Hitze viel empfindlicher geworden. Das Schlimmste war aber der Durst. Alle Getränke waren entweder warm oder durch darin schwimmende Eisstücke kalt gemacht, eines so schädlich vrie das andere. Ein Trunk frischen Quellwassers war das höchste, aber leider unerreichbare Ziel meiner Wünsche. Um aber auf unsere einleitende Frage zurückzukommen: Der gesunde Körper reagirt auf den üebergang in das Tropenklima relativ wenig. Wenn man sich körperlich und vor allem auch geistig regsam hält; so wird man ausser vermehrtem Schweiss, entsprechend vermindertem Urin und vermehrtem Durst kaum eine Aenderung an sich bemerken. Die durch die yermehrte Schweisssekretion bedingten Hauterscheinungen, der sog. „Rothe Hund'' sind durchaus nicht obligatorisch. Oft fehlen sie ganz, oft sind sie in kaum bemerkbarer Weise vorhanden. Wie schon oben angedeutet, hilft körperliche und meiner Ueberzeugung nach auch geistige Thätigkeit sehr zum Ertragen der Hitze, vorausgesetzt, dass man in beidem jedes Uebermass meidet. Der indische Langstuhl ist an manchen sog. Tropenleiden vielleicht ebenso viel Schuld, wie das indische Klima selber. Dieses Möbel herrscht auf allen in den Tropen verkehrenden Schiflfslinien. Es bildet ferner die unvermeidliche Staffage in Hotels und Privathäusem von Aden ab bis zum fernsten Ost- Asien. Dieser Stuhl ermöglicht die denkbar bequemste Lage. Der Oberkörper befindet sich in fast liegender Position und die Beine ruhen in erhöhter Stellung auf den lang ausgearbeiteten Armlehnen. Der Anblick eines solchen Stuhles sanunt „Besitzers" ist nichts weniger als ästhetisch. Man hat behauptet, dass dnrch diese Position die im heissen Klima an sich stockende Circulation der Unter- Extremitäten erleichtert wird. Das mag wohl sein; trotzdem glaube ich, dass dieser Stuhl mehr zum Schaden als zom Nutzen ist, indem er die Neigung zur Schlaffheit untersttttit; Dr. Dahlke, Tntti fratti. 147 denn er ermöglicht geselligen Verkehr gleichsam in Gombination ndt der Bettrahe. SchifiTspassagiere bewaffnen sich meist in Port -Said für die Reise dnrch den indischen Ocean mit einem solchen Stahl. Der Indische Ocean ist das klassische Tropenmeer, and za bestimmter Jahreszeit (Oktober bis Mai) ist kein Meer der Welt so zum dolce &r niente geeignet wie dieses. Seine Oberfläche ist am diese Zeit meist glatt wie ein Teich^ and ohne Schwankang darch- schneiden ansere modernen schwimmenden Paläste seine Wogen. Aach mit geeigneter Tropenkleidang versieht sich der Nord- lander in Port -Said. Da wird vor allem der übliche Tropenhat acqnirirt. Wohl jeder hat solch ein Ding schon aaf Abbildangen gesehen; thatsächlich bekommt man in Indien Bxemplare za 6e- sichte die in jeder Beziehang wahre Ungeheaer sind. Die bei ans bekannteste Form ist die Helmform, mit tief in den Nacken reichendem EUntertheiL Diese Form sieht zwar am forschesten ansy sie wird aber von den Erfahrenen nicht geliebt, weil sie nar den Nacken, nicht aber genügend die Schläfen schützt. Die nächst- menschlichste Form ist die mit randem Eopftheil and angeheaer breiter, etwas nach nnten abstehender &empe. Diese Form yariirt in den Dimensionen ganz bedentend. Die Krone aller Tropenhüte aber ist jenes Ding, welches dem Träger wie eine omgestülpte Waschschüssel aaf dem Kopf sitzt Ueber seine Ge- schmacklosigkeit ist man sich einiger als über seine Zweck- mässigkeit. Die meisten dieser Hüte sind in Indien gearbeitet and be- stehen aas einem Pflanzenmark von grosser spezifischer Leichtig- keit. Immerhin wird aach der relativ leichteste Hat in Folge seiner grossen Masse als Gewicht aaf dem £opf gef&hlt, and ich habe mich nie mit dieser Art von Kopfbedeckang befireanden können. Während der meisten Zeit meines Aufenthalts in den Tropen habe ich einen seiner Zeit in Samoa erworbenen Strohhat getragen, wie sie von den Eingeborenen dort znm Verkaaf ange- fertigt werden. Sie gleichen etwa einem groben Panama*Hat, sind sehr leicht and genügen, wie ich gefanden habe, allen Anforde- rungen, die man an einen Tropenhat stellen kann. Die Gefahren von Seiten der Tropensonne werden von Vielen wohl etwas übertrieben. Aach hier ist man ohne Frage viel weniger gefährdet, so lange man sich in Bewegung und damit in naturgemäss sehr ausgiebiger Transpiration befindet. Als ich in 10* 148 Zeitflohrift des Berliner Vereines homöopftthiseher Aente. den heissesten Monaten, im April und Mai, in dem notorisch sehr heissen Nordceylon reiste, habe ich auch bei glfihender MittagB- sonne ausgedehnte Fusstouren gemacht, oft leichtsinniger Weise selbst ohne den Schutz des Sonnenschirms, und nie einen Schaden davon bemerkt Dagegen halte ich es für gefährlich, sich in der Ruhe auch nur einige Augenblicke unbedeckten Hauptes der Mittagssonne auszusetzen. Ich habe, freilich nicht absichtlich, sondern aus Unachtsamkeit dieses Experiment gemacht, wurde aber durch ein dumpfes YöUe-Gef&hl im Hinterkopf und eine Art von' beängstigendem Schwindel schnell auf meine Position au£aierk- sam gemacht Ausserdem dftrfen die Gefahren der Sonne nicht allein nach dem Stand des Thermometers beurtbeilt werden. Wie bekannt, werden bei trockner Luft viel höhere Hitzegrade vertragen, als bei feuchter. Die klassische Tropenluft ist nun die mit Feuchtig- keit fiberladene, die sog. Treibhausluft^ bei welcher der strom- weis herausgepresste Seh weiss nicht zur Verdunstung kommt und damit auch nicht zur Abkühlung des Körpers verwendet wird. Ein klassischer Ort in dieser Hinsicht ist Singapore, welches anch seinen ganzen Aeusseren nach so sehr einem Treibhaus gleicht Auch Eolombo zur Zeit des «Kentems* der Monsune, d. h. znr Zeit der Windstillen im April und Mai steht dem eben genannten Ort in Nichts nach, und was schwitzen heisst, das habe ich erst hier gelernt Nirgends aber habe ich diese gefährliche, bleierne Schwere der Luft so intensiv gefühlt, wie in Rang^un, der Haupt- stadt von Birma, wo ich unglacUicher Weise im September, dem letzten Monat der Regenzeit, ankam. Da heisst es vorsichtig sein, und durch in jeder Hinsicht exakte Lebensweise sich den schftd- liehen Einflüssen gegenüber widerstandsfähiger machen. Das giebt gute Gelegenheit, um Einiges über Essen und Trinken in den Tropen zu sagen. Das Folgende gilt für das Leben an Bord ebenso wie für das Leben auf dem Lande. Beginnen wir mit dem Trinken, als dem wichtigeren. Das Universal-Getränk in den Tropen für Gesunde wie für Kranke ist der Whiskey. Er wird zu den Mahlzeiten und zwischen denselben, früh und spät, meist mit Soda- Wasser getrunken. Wird einer krank, nun so bleibt ihm nichts übrig, als den Prozentsatz Whiskey in Hieser Mischung zu erhöhen. Das ist freilich etwas übertrieben ausgedrückt, aber thatsächlich soll Whiskey gegen alles gut sein. Die Leute mögen ja manchmal recht haben. Angenehm ist die Dr. Dahlke, TntÜ inittL 149 Kur für sie auf jeden Fall* Es lässt sich nicht bestreiten, dass ein Schnapsgläschen Whiskey anf eine Flasche Sodawasser dieses Letztere für den Magen bekömmlicher macht, nur darf man dabei nicht die manchmal horrende Zahl von Flaschen yergessen, die den Tag über geleert werden. Ein gleichfalls sehr beliebtes Getränk, besonders bei Tempe- renzlern und Frauen ist die Gitronen- Limonade. Sie hat aber den Nachtheily dass sie mit Zucker und Eisstückchen darin gc tranken wird und daher in grösseren Quantitäten und längere Zeit genossen, unmöglich zuträglich sein kann. Ueberhaupt glaube ich, dass, wer nur im mindesten einen empfindlichen Magen hat, in den Tropen mehr als sonstwo mit kalten Getränken yorsichtig sein muss. Schluckweises Trinken ist durchaus nothwendig, und das «Vereisen'* der Getränke ist hier noch mehr als bei uns der Bnin für jeden Magen. Für nicht gut halte ich auch die indifferenten, lauen Getränke, die nur den Magen erschlaffen. Dagegen yorzügiich ist, besonders wenn man yon der Hitze ermattet und halb yerdurstet ist, ein beisses Getränk. Beines heisses Wasser habe ich für ausge- zeichnet befunden; am besten aber ist ein dünner Aufguss yon gatem chinesischen Theo. Als Grundregel aber gilt: Dem Durst- gefühl nicht haltlos nachgeben. Im Allgemeinen wird der der Gesundere sein, welcher weniger Flüssigkeiten zu sich nimmt. Wenn diese Flüssigkeiten nun gar alkoholischer Natur sind, so kann der Erfolg nicht ausbleiben. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Wirkungen des Alkohol im heissen Klima noch deletärer sind, als bei uns, und Massigkeit in dieser Beziehung ist einer der wichtigsten Faktoren zur Erhaltung der Gesundheit. Mit den drei erwähnten Getränken, Whiskey, Thee, Gitronen- wasser sind gleichzeitig die Hauptgetränke der Tropen genannt. Auf den Schiffen, besonders den deutschen, wird natürlich auch yiel Bier und Wein getrunken, beide sind aber an Land theuer and schlecht. In Honolulu kostete die Flasche Bier einen halben Dollar (= 2 Mk.), und in Apia, dem Hafen der Samoa -Inseln, zahlte man 1898 gar 3 Mark für die Flasche Pilsener. Ostasien, besonders Japan fängt jetzt an, yon Osten, d. h. yon Amerika her mit Getränken yersehen zu werden. Besonders yiel Beklame machen einige Brauereien aus Chicago und Milwaukee, und in amerikanischer Manier sieht man an den Touristenstrassen das „Schlitz-Bier^ angepriesen. In den Hotels in Japan wird yiel 150 Zeitschrift des Btfliner VeieiBM IwmöopathiBcher Aente. kaUforiiiBcher Wein getrunken, der wesentlich billiger ist, als die französischen und dentschen Weine. Dem GeschmadE nach bat er Aehnliohkeit mit einigen italienischen Weinen. Und der Thee in Japan? Die Europäer daselbst, der Ebmpt- Sache nach Engländer und Amerikaneri lieben den Thee nicht anf die Art, wie ihn der Japaner trinkt. Die englisch redenden Völker trinken den Thee der Regel nach abnorm stark, in Form einer schwarzen Gerberbrühe, die durch Zusatz von heissem Wasser zwar verdflnnt, aber im Geschmack nicht angenehmer genuicht wird. Auf englischen und leider auch auf deutschen Schiffen wird auf diese Weise der Thee fftr einen natürlichen Gt^ schmack fast ungeniessbar. Der Japaner dagegen trinkt den denkbar leichtesten Thee. Auch abseits, in Wald und Feld, trifft man in Japan auf Theehäuser. Hier ist stets kochendes Wasser vorräthig. Sobald nun der Gast erscheint, wird sofort ein Por- zellan -Kännchen fast ganz mit Theeblättern gefüllt, die aber mit ▼erschiedenen Blüthenblättern stark versetzt sind. Hierauf wird das kochende Wasser gefüllt und fast augenblicklich wieder ab- gegossen, so dass das Getränk in der Tasse wie ein ganz schwach gelb-grünlich gef&rbtes Wasser aussieht. Von diesem Getränk werden grosse Quantitäten konsumirt, und ich habe gefunden, dass es, trotz seiner Dünnheit, auf den durch Marschiren er- müdeten Körper eine sehr erquickende Einwirkung hat. Auf den japanischen Bahnen, besonders auf der langen Strecke zv^ischen Tokio und Kioto stehen an jeder Station Leute, welche irdene gefüllte Theekännchen und kochendes Wasser in Bereitschaft haben. E&nnchen sammt Inhalt wird für den Preis von 4 P^. an den Passagier verkauft. Da wohl jeder mehrere Portionen während der Fahrt zu sich nimmt, so gleicht gegen Ende das Goupte sehr einem Töpferladen. Das andere Nationalgetränk der Japaner, der Sake (Beis- wein), sagt dem europäischen Geschmack nicht sonderlich zu. Er wird heiss in kleinen Tassen servirt Doch kehren wir zu den Tropen zurück. Auf Java herrscht die Sitte resp. Unsitte, vor dem Essen, wie es heisst zur An- regung des Magens, Bothwein oder Liqueure zu trinken. Auf einem Tisch in der Veranda des Speisesaales stehen diverse Karaffen zur gefiUligen Benutzung. Morgens früh, zwischen 6 und 7 Uhr, erhält man in des javanischen Hotels ein Fläschchen mit einer schwarzen Flüssigkeit, Dr. Dihlke, Totti frnttL 151 die man kaum anders als einen Kaffee-Extrakt nennen kann. Ein Paar Tbeelöffel auf eine Tasse Milch genflgen, nm einen gaten Kaffee zn produsiren. Entsprechend anvemQnftig stark wird der Naehmittagsthee servirt. Nach allem, was ich gesehen habe, scheint kein Volk sich so sehr in der Kleidang, und so wenig in der Lebensweise dem Tropenklima angepasst zn haben, wie die Holländer auf Java. Aach die Engländer in den Tropen essen, heimischer Oewohnheit treu, Tiel zu Yiel Fleisch, aber ihre Kost ist doch nicht so aus- gesacht substantiös wie die holländische. Morgens um 9 Uhr wird hier ein Frühstack mit Eiern und einer Menge kalter Fleisch- speisen genommen. Um 1 ühr folgt die sog. Beistafel, deren Grundlage allerdings das in ganz Indien herrschende National- Gericht, nämlich Reis mit Curry, jenem Gonglomorat scharfer Ge- wfirze^ bildet. Damit werden gleichzeitig aber allerhand Fleisch- speisen, hart gebackene Eier und geräucherte Fische gegessen, alles in allem wohl ein Dutzend verschiedene Sachen, so dass der primäre Reisteller sich mit Ende des Seryirens in einen sekun- dären Fleischberg verwandelt hat. Auf dieses Mixtum compositum folgt mit tödtlicher Gleichförmigkeit in allen Hotels Javas Beaf- steak mit Bratkartoffeln und grfinem Salat, ein Uassisches Tropen- essen. Den Schluss bilden Obst und Btod mit Butter und Käse. Kaum ist diese Leistung vollendet, so wird im bequemen Nacht- anzttg der Ruhestuhl aufgesucht; um sich hier mit erhobenen Beinen zum Diner zu kräftigen, welches zwar abnorm spät, zwischen 8 und 9 Uhr, im Uebrigen aber nach bekannten Mustern abge- halten wird. Nach dem Abendbrod geht man, zum mindesten in den kleinen Städten, in die ,Societät^, d. h. das KlublokaL Die Frage bezfiglich des Fleischessens in den Tropen ist immer noch eine offene, wahrscheinlich deshalb, weil sie tlberhaupt nicht mit „Ja*' oder „Nein" beantwortet werden kann. Einer behauptet, dass man im heissen Klima wenig oder kein Fleisch essen dürfe, der andere meint, dass hier der Körper mehr von der anregenden Fleischkost verlange, als daheim. Ich glaube, alles kommt darauf an, wie der Betreffende sich im eigenen Klima ge- wöhnt hat. Wer nicht sehr am Fleisch hängt, wird in den Tropen leichter als zu Hause ohne dasselbe fertig werden können, vorau»- gesetzt, dass er sich mit dem Reis -Essen befreundet. Wem die Beiskost in ihren verschiedenen Modifikationen nicht zusagt, der ist nothgedrungen auf Fleisch angewiesen; denn unsere Gemflse, 152 ZeitMhxift des Beriiner VereinM homSopfttldielier Aente. die bei uns eine so breite Lücke ausfUlen, fehlen, mit Ausnahme eimger bevorzugter Lokalitäten, und die grössere Mannigfaltigkdt der Obstsorten in den Tropen bietet keinen genügenden Ersats für diesen Mangel. Wer aber nur m&ssig ist, besonders in Besag auf den Alkohol, der kann wohl bei der gewöhnlichen, gemiBchtea Kost auch in den Tropen ein hohes und gesundes Alter err^chen, selbst ohne die üblichen Erholungsreisen nach Europa. Auf Samoa habe ich bejahrte Leute getroffen, die seit einem Menschen- alter auf den Inseln lebten und stets die Kost zu sich nahmen, wie sie dieselbe Ton Europa her gewöhnt waren. Diese Leute waren körperlich und geistig völlig frisch. Nun ist das Klima der Samoa-Inseln vielleicht ein aussergewöhnlich günstiges, aber auch von anderen Tropenländern gilt dasselbe. Der Aufseher des grossen Tempels von Boro-budur, im Inneren Javas gelegen, ist ein Deutsch-Oestreicher. Er erzählte mir, dass er jetzt über 70 Jahre alt und seit 1860 auf Java sei, ohne die Insel je ver- lassen zu haben. Seine Kost ist so, wie sie die Europäer hier alle zu sich nehmen, und er macht den Eindruck eines rüstigen Greises. Er ist überzeugt, dass ein Versuch, jetzt wieder in sein Vaterland überzusiedeln, ihn tödten würde. Was mich selbst betrifft, so kam ich Ende April vorigen Jahres aus Neu -Seeland nach Ceylon. Da ich mich längere Zeit in Colombo aufzuhalten gedachte, so suchte ich ein Pensionat und gerieth zufälliger Weise in das Haus eines amerikanischen Zahn- arztes, des Dr. Lamb, der ein eifriger Vegetarier war. Obgleich schon seit langem kein Freund des Fleischessens, hatte ich doch noch nie einen Versuch mit dem Vegetarismus gemacht So ent- schloss ich mich kurz, diese Gelegenheit zu benutzen und lebte vom ersten Tage ab streng vegetarisch, d. h. Morgens Hafergrütze, Brod, Butter, Marmelade oder Jam und Obst; Mittags Reis mit Curry, in einer Form, über die ich nachher noch besonders sprechen werde, ferner eine Mehl- oder Eierspeise, süsse Speise und Obst; Abends ebenso wie beim Frühstück, nur ohne die Hafergrütze. Die Hitze in Colombo war zu der Zeit enorm und ich habe nie in meinem Leben auch nur annähernd so viel Schweiss verloren, wie damals. Trotzdem war ich körperlich ungewöhnlich frisch und auch der ziemlich anstrengenden geistigen Arbeit, mit der ich damals beschäftigt war, völlig gewachsen. Nach etwa einem Monat ging ich in das Innere der Lisel und trat von Eandy aus in einem eigens dazu gemietheten Ochsenkarren eine Reise Dr. Dahlke, Tntü frattL 153 nach der im äasserBten Norden Ceylons gelegenen Stadt Jaffaa an. Diese Reise , die einen Monat in Anspruch nahm. Hin- und Bückweg zusammengerechnet y war ziemlich strapaziös, besonders dorch Entbehrung des Schlafes, weil man aus Bücksicht auf die Ochsen möglichst die Kühle der Nacht zum Fahren benutzen muss and der Tag zum Schlafen zu heiss ist. Während dieses Monats habe ich nichts gegessen, als täglich zweimal Beis mit Curry und Obst, besonders Mangos und Bananen, und doch bin ich stets frisch und gesund gewesen, trotz der hohen Temperaturen, die besonders auf dem Hinweg Tag und Nacht herrschten. um aber gerecht zu bleiben , und der Vollständigkeit halber, muss ich hinzufügen, dass ich zwei Jahre zuvor mich ein Vierlel-Jahr lang auf den Samoa- Inseln aufgehalten, dort fleissig Fleisch ge- gessen und mich dabei ebenso wohl gefühlt habe, wie während dieses Vierteljahres auf Ceylon. Mit einem Wort: Es kommt wohl weniger darauf an, ob mit Fleisch oder ohne Fleisch, sondern darauf, ob massig und geregelt, oder nicht. Und so entspricht es auch der grossen Anpassungsfähigkeit des menschlichen Or- ganismus. Ein Moment freilich spricht sehr zu Gunsten des Vege- tarismus: Der Durst wird bei fehlendem Fleischgenuss lange nicht so lästig. Ich will jetzt daran gehen und das indische Allerwelts« Ge- richt, den Beis mit Curry des näheren besprechen. Wenn ich hierbei noch langathmiger werde, als bei dem Vorigen, so muss ich mit Chamisso sagen: „Habt Nachsicht Freunde; denn hier spreche ich von meiner Liebe'^ Ein möglichst grobkörniger Beis wird nur in Wasser, ohne jeden weiteren Zusatz, ausgequollen, aber so, dass die einzelnen Körner ganz bleiben. Der richtige Zeitpunkt muss durch öfteres Herausnehmen eines Korns und Beiben desselben zwischen den Fingern gut abgepasst werden. Dann wird das Wasser abge- gossen und der Beis an einen warmen Platz zum Trocknen hin- gestellt, wo er bis zum Essen stehen bleibt. Auch hier heisst es: Uebung macht den Meister. Dieses Beiskochen sieht so ein- fach aus und hat doch seine Schwierigkeiten. Bichtig gekocht, muss der Beis als yöllig lockere Masse auf den Tisch kommen, in der kein Korn am anderen klebt. So weit der erste Theil. Der zweite begreift die Herstellung des Curry. Hier muss man vor allem jeden Gedanken an scharfe, hitzige Gewürze, die wir sonst mit diesem Wort verbinden, fahren 154 Zeitsehrift des Berliner VereiBee homöopathuclier Aento. lassen. Der Carry, wie ich ihn auf Ceylon kennen und selber kochen gelernt habe, ist etwas ganz anderes. Er ist, korz gesagt, eine Sance zum Reis, deren flüssiger Bestandtheil durch die CocosnuBsmilch, deren feste Theile durch irgend ein Oemflse oder Obst nnd einige^ nach Belieben abzumessende Gewürze gebildet werden. Die Cocosnuss enthält, wie bekannt, das Cocuswasser. Ausser- dem sind die Wandungen ihrer Innenfläche mit einem festen, weissen Fleisch ausgekleidet, das als Handelsartikel Eopra helsst und zur Darstellung des Oeles verwandt wird. Der ganze Handd der Südsee-Inseln ist der Hauptsache nach ein Eopra-Handd. Dieses weisse Fleisch nun wird mittelst eines eigenen Instru- mentes, des sog. Cocusnuss-Schrapers gerieben und so in eine lockere, fast schneeartige Masse verwandelt. In einen Topf ge- tban, wird Wasser darauf gegossen und nun das Ganze mit kräftig- knetenden Bewegungen durchgearbeitet. Hierbei verwandelt sich das Wasser in eine fette, milchartige Masse, die sog. Cocusnnss- milch. Es wird ein erster, stärkerer, und ein zweiter, schwächerer Aufguss gemacht. In diesen zweiten Aufguss werden nun die nöthigen festen Bestandtbeile hineingethan und das Gkuize aufs Feuer gesetzt. Gegen Ende, wenn der Curry fertig ist, wird der erste fettere Aufguss dazugethan und nochmals kurz aufgekocht Diese festen Bestandtbeile sind: 1) Der sog. Malediv-Fisch, ein winzig kleiner in der Sonne getrockneter Fisch. Ob derselbe von den Malediven-Inseln eingef&hrt wird, oder nur diesen Namen führt, kann ich nicht sagen. Man nimmt nur gut so viel, wie man mit drei Fingern fassen kann, aber das genügt, um der Sauce einen kräftigen Geschmack zu geben. 2) Zwiebel, entweder die kleine, bläuliche, einheimische, oder die grosse, weisse Bombay- Zwiebel. 3) Eine Spur Zimmt und Schotenpfeffer. 4) Das klein geschnittene Gemüse oder grüne Obst, welches die eigentliche Hauptmasse bildet und dem Curry den Namen giebt. Das kann z. B. sein: Grüne Bananen oder die grüne Frucht des Jack-Baumst oder Brodfrucht, oder die kleine Ceylon-Erbse, oder der Pompldn (eine Art Gurke) u. s. w. u. s. w., so dass man danach einen Ba- nanen-, oder Jack-, oder Brodfrucht- u. s. w. Curry hat Dieser Curry, der am besten dann ist, wenn er eine gleichmässig seimige Masse bildet, wird bei Tisch apart servirt, und jeder füllt nach Belieben davon auf seinen Reis. Auf diese Weise isst man alle Tage Reis, meiner Meinung nach einer der nahrhaftesten, weil Dr. Dahlke, Tntti firotti. 155 Tom Körper am besten aasgenatzten Stoffe, und hat doch alle Tage Abwechslung. Der kräftige Geschmack der Sauce hilft Aber das Verlangen nach Fleisch hinweg, und auf keine Weise ist es leichter, vegetarisch zu leben, als auf diese. Da ich, nach Europa zurückgekehrt, diese Kost weiter ge- messen wollte, so ersetzte ich die Cocusnussmilch durch sfisse Sahne, den Malediv-fish durch getrockneten Stockfisch, der fein zerhackt oder zerfasert wird, die Ceylon-Zwiebel durch unsere gewöhnliche Zwiebel und die tropischen Gemüse durch unsere einheimischen, wie Spargel, Bohnen, Erbsen, Kürbis, Sellerie, To- maten u. s. w. Auch fand ich, dass es deo Wohlgeschmack er- höht, wenn man einem jeden Curry einen feingeschnittenen, säuer- lichen Apfel zusetzt. Der verehrte Leser wird fragen, weshalb ich par tout diese Kost weiter essen wollte? Nun, weil ich gefunden hatte, dass sie einen ausserordentlich günstigen Einfluss auf meine Verdanungs- organe ausübte. Und ich stehe nicht an zu behaupten, dass es für Magenschwäche in jeder Form kaum eine geeignetere Eost geben kann als diese. Besonders Leute, die zu nervös sind um ruhig kauen und schlucken zu können ; Leute^ die jeden leichtesten Fehler in der Diät an ihrem Magen fühlen, und die doch nie aus den Fehlem herauskommen, solche Leute befinden sich bei dieser milden, gleichmSasigen Eost wie in einem sicheren Hafen. Ihre volle Wirkung entfaltet diese Eost aber nur, wenn sie nicht als eine unter anderen Beispeisen fungirt, sondern wenn sie den Hauptbestandtheil der Mahlzeit bildet Neigung zu Leckereien freilich ist hier wenig am Platz. So viel von diesem Gericht, von dem ich wohl möchte, dass es auch bei uns in Aufnahme käme. Nun höre ich die Frage: Was essen und trinken nun eigent- lich die Eingeborenen in den Tropenländem? Hierauf kann- ich bezüglich Javas, Birmas und Hawaiis wenig antworten, weil ich hier nicht genügend mit den Eingeborenen in Berührung gekommen bin. Besser informirt bin ich über Ceylon und Samoa. In Ceylon ist, wie in ganz Süd- und Ost-Asien, der Reis Alleinherrscher. Die Worte für Reis und Nahrung sind hier die gleichen, und bezeichnender Weise spricht man nicht von Trink- geldern, sondern von Reisgeldern. Der Singhalese isst sein ganzes Leben kaum etwas anderes als Reis. Er isst ihn nicht nur zum Mittag, sondern auch an 156 Zdtfldlurift des BeiUner Vereines faoniSopatlusolier Aente. Stelle nnseres Brodes. Fleisch isst er fast nie, höchstens etwas Fisch. Die Singhalesen sind Baddhisten. Wenn nnn auch das Fleischessen nicht der Religion widerstreitet, so ist es doch erstens ein zu kostspieliges Vergnflgen und zweitens lastet ein gewisses leichtes Odium darauf. Der Buddha, in delphischer Zweideutigkeiti hat zwar das Fleischessen nicht verboten; denn seine Mönche sind verpflichtet, alles zu esseUi was jEromme Geber ihnen in ihre Almosenschale thun, aber er hat streng verboteui ein lebendes Wesen zu töten, oder Veranlassung zu geben, dass ein lebendes Wesen getötet wird. Nun finde sich einer aus diesem Dilemma heraus. Den Curry zum Reis macht der Eingeborene ausserordentlich scharf, oder wie der Engländer sagt heissl Er thut femer nur so wenig dazu, dass die Mischung immer noch fast trocken bleibt; denn er bedient sich keiner Instrumente zum Essen, sondern formt mit den Fingern massige Ballen, die er direkt in den Mund schiebt Aus diesem einen Gericht besteht seine ganze Mahlzeiti und er muss in Folge dessen eine gewaltige Quantität davon vertilgen. Ausserdem isst er fast nur noch Obst, vor allem Bananen und die dem Europäer so widerwärtige Frucht des Jackbaumes. Die Frucht dieses Baumes gehört zu den grössten aller Frfichte« Sie hat etwa Form und Grösse eines recht grossen, länglichen Kürbiss. Das Eigenth&mliche ist, dass diese gewaltige Masse aus dem Stamm des Baumes hervorgeht, so dass sie an letzterem wie eine lang- gestielte ungeheure Warze sitzt. Ein solcher Baum voller FrQchte wird dadurch zu einem der merkwürdigsten (Gebilde der Natur. Der europäischen Nase ist diese Frucht so besonders widerwärtig, weil sie einen intensiven Geruch nach Schweisssäure ausströmt Thatsächlioh habe ich auch nie einen Europäer getroffen, der die Jackfrucht geliebt hätte, während es doch viele giebt, die f&r den Durian schwärmen. Dieser Durian wächst freilich nicht in Ceylon, wir wollen ihm aber doch einige Worte widmen, weil er eine der auffallendsten Tropenfrflchte ist. Sein Gebiet sind die Sunda-Inseln, Malakka, Siam und Birma. In Penang und Rangun sah ich auf den Märkten gewaltige Haufen davon aufgeschichtet Der Durian hat etwa die Grösse einer Gocosnuss mit höckrig stachlichter Oberfläche. Er strömt einen intensiven, hässlich knoblauchartigen Duft aus, der die meisten Europäer von jedem Versuch des Kostens zurück- schreckt Im Innern liegen in aparten Abtheilungen etwa kastanien- Dr. Dfthlke, f nUi fhitti. i$1 grosse Kerne, die von einer weissgelben, batterartigen Masse um- geben sind. Diese letztere ist nun das Entzücken aller Erfahrenen, üeberwindet man den ersten Ekel nnd kostet diese Masse, so ist es fast unmöglich, Ober den ausserordentlichen Wohlgeschmack nicht erstaunt zu sein. Sie gleicht einem schwereui süssen Butter- creme mit Beimischung eines spezifischen Parfüms, welches reizt, immer mehr zu essen, trotzdem man fühlt, wie schwer diese Speise für den Magen ist. Man sagt, dass deijenige, welchem erst einmal das Verständniss für die volle Köstlichkeit des Durian aufgegangen ist, jede andere Fracht neben dieser yerachtet. Per englische Kapitän, mit dem ich Yon Singapore nach Bangun fuhr, war solch ein geschworener Durianesser. Er war genöthigt, seinen Vorrath in einem der Boote auf Deck unterzubringen, weil seine Offiziere, wie er spottend sagte: »this delicious flayour*' nicht vertragen könnten. Ich habe aus Wissensdrang einmal Durian gegessen. Der Geschmack erschien mir verführerisch schön, aber ich wurde einen halben Tag lang durch Schwere im Magen, und hässliches Aufstossen nach Knoblauch belistigt Vertrauenswürdige Leute haben mir erzählt, dass die Frucht, besonders von Neulingen im Uebermass genossen, heftige Beizerscheinungen in den Harn- und Geschlechtsorganen hervor- rufe, die sich bis zum Bluthamen steigern sollen. Soviel vom Durian. Da wir nun gerade von den Tropen- fruchten sprechen, so wollen wir auch einige andere Arten kurz Revue passiren lassen. Yon der Banane werden wir mehr hören, VFenn wir über Samoa sprechen. Die nächstdem beliebteste Tropen-* frucht ist der Mango. Der Baum sowohl wie seine Frucht spielen schon in den ältesten buddhistischen Schriften eine Rolle. Der Baum ist hoch und stattlich, mit schönem, dunkelgrünem Laub, das einen prächtigen Schatten wirft. Die Frucht hat die Grösse dner Birne und ist nierenförmig, an einem Ende zugespitzt. Sie ist ausgezeichnet durch einen bei den verschiedenen Abarten mehr oder minder stark hervortretenden Terpenthingeschmack, welcher der Frucht ein exquisites Parfüm verleiht. Der reife Mango ist eine vorzügliche, leichtverdauliche Frucht, die ich schon bei meinem ersten Aufenthalt in den Tropen mit Vorliebe gegessen hatte, doch stellte ich immer im Vergleich die delikate Mangustine, die wie parfnmirter Schnee schmeckt, und auch einen edlen Apfel höher. Da erstand ich eines Tages während meiner Reise in Nord-Ceylon von einer Frau an der Landstrasse einige Mangos, die mir durch 168 Zeitschrift des Berliner VereineB homDopathiseher Aente. ihre Grösse auffielen. Nie in meinem Leben vorher und nie nach- her habe ich eine Frucht von derartigem Wohlgeschmack gegesBeo, und seit diesem Tage weiss ich, dass der feine Mango der König aller FrUchte ist Dann ist die Papaya zu nennen, die aussieht wie ein l&nglicher Eürbiss. Sie wächst in der Krone eines Baumes, der seiner Form nach nächst der Arekapalme vielleicht das graziöseste Gebilde des indischen Pflanzenreiches ist. Die Frucht wird mit einem Mesaer halbirt und das jede Hälfte ausfQllende butterweiche und auch wie Butter aussehende Fleisch mit dem Lö£fel gegessen. Morgens nüchtern genossen, wirkt es leicht abführend. Diese letztere Bemerkung bringt mich auf den Tamarinden- baum, den ich häufig in der trockenen Nordhälfte Ceylons getroffen habe, wo er mit Vorliebe in den Gärten der öffentlichen Basthäuser gepflanzt wird. Meist waren es mächtige knorrige Stämme mit weit ausgebreiteter Blattkrone. Trotzdem das akazienartige Fieder- laub des Baumes sehr dürftig ist, so gilt doch gerade er für den- jenigen, welcher den wohlthuendsten Schatten spendet. Im April und Mai war er dicht mit Schotenfrüchten behangen, deren säuer- liche Pulpa das bekannte Medikament liefert. Das Holz dieses Baumes ist fast unverwüstlich. Ich kann hier freilich nicht alle Früchte aufeählen, die ein Land wie Ceylon hervorbringt; wer die grosse Markthalle in Golombo besucht, der wird über diese Mannigfaltigkeit staunen. Erwähnen will ich nur noch die grüne Orange, die auch in der trockenen Nordhälfte der Insel besser zu gedeihen scheint als in der stets feuchten Luft der SW-Eüste. Gut ausgebildet übertrifft sie unsere Orange an Grösse, hat ein herrliches reines Parfüm und ist ein Labsal für den durstigen Gaumen. Allgemein gilt sie auch unter den Eingeborenen als eine hervorragend gesunde Frucht, und man zahlt relativ hohe Preise für dieselbe. Unsere goldfarbene Orange wächst nicht in den Tropen; man hat Abarten von kleiner Form, aber sie können mit der südeuropäischen Art den Vergleich nicht aushalten. Auch unsere Aepfel und Birnen werden wohl in manchen Gebirgsländern der Tropen kultivirt, z. B. an den Himalayaabhängen und in Ceylon auf dem Hochplateau von Nuwara Ellya, aber trotz der gleichen Jahrestemperatur ist doch der Unter* schied zwischen unserem gemässigten und dem tropischen Hoch- gebirgsklima sp bedeutend, dass von unseren Obstarten hier fast nichts überbleibt als die Form. Der Geschmack ist fade und das Dr. Dahlke, Titd tmUL l59 FleiBcli holjsig. Aehnlich geht es mit unBeren GemüBon. Doch sind auch hier Unterschiede durch lokale klimatische Eigen- thflndichkeiten bedingt. Ausserdem scheint es nicht so sehr auf die Höhe der Jahrestemperatur, als vielmehr auf den Wärmeunter- schied zwischen Sommer- und Winterzeit anzukommen. Länder an den Grenzen der Tropen, die sehr viel höhere Jahrestemperaturen, aber grössere Wärmeunterschiede zwischen Sommer und Winter haben, als die Bergländer der Aequatorialgegenden, ergeben mit unseren Gewächsen schon bessere Resultate. Ein junger Deutscher erzählte mir, dass er seiner Zeit im tropischen Queensland angestellt dort mit ungewöhnlichem Erfolg nordische Gemüse gezogen habe, und in Hawaii mit seinem wahrhaft gesegneten Klima gedeihen unsere Gemüse vorzüglich, besonders an den Abhängen der Riesen- bei^e der Inseln. Hawaii ist auch eines der wenigen tropischen Länder, in welchen die Weintraube gedeiht. Es ist die kalifornische TranbOi die hier angepflanzt ist und besonders die Portugiesen, die seiner Zeit von den Azoren eingewandert sind, beschäftigen sich mit Weinbau. Schon in den Vorstädten Honolulus sieht man den Wein an Spalieren gezogen. Die Traube hat einen eigenartigen, ich möchte sagen wilden Geschmack, den man aber, sobald man sich daran gewöhnt hat, sehr schön findet. Wein wird daraus in Hawaii nicht produzirt. Auch in Ceylon wächst Wein und zwar wunderlicher Weise in der heissesten Gegend des Landes, im äussersten Norden. Die Tamilen von Jafoa, in ganz Ceylon wegen ihrer kaufmännischen Geschicklichkeit berühmt, haben einen Handelszweig daraus ge- macht, indem sie die Ernte nach Colombo zum Verkauf bringen. Bei meiner Anwesenheit in Jaffna war nicht Erntezeit, aber ich erhielt ein Weintraubengel^e, welches seinem Geschmack nach auf ein feuriges, der spanischen Traube ähnliches Produkt schliessen liess. Wein wird auch hier nicht fabrizirt. Kehren wir aber zu unserem Ausgangspunkt, zur Lebensweise der Eingeborenen in Ceylon zurück. Das Hauptgetränk ist Wasser. Selbstverständlich hat man auch hier wie überall im Orient eine Reihe versüsster Getränke, aber der Genuss des Alkohols ist Gott Bei Dank immer noch ein ziemlich verpönter. Die Landesreligion flbt hier den wohlthätigsten Einfluss aus. Keine Beligion verbietet 80 streng den Genuss geistiger Getränke wie der Buddhismus. Dieses Laster gehört zu den vier Hauptsünden, die bei einem Mönch die Verstossung aus dem Orden nothwendig machen. 1^6 Zeitschrift des Beniner Vereines homSopatliisdier Aentte. „Darch vier Sflnden, o ihr Jünger/ so predigt der Buddha, »wird der Olanz eines Arahat (Vollendeten) verdankelt wie die Sonne durch Dünste: durch Unkeuschheit, durch Nehmen von Nicht- gegebenem, durch Annehmen von Qold und Silber, durch Trinken geistiger Getr&nke.^ Ich glaube es ist kein Zufall, dass gerade in den Gegenden der SW-Eüste, in denen das Ghristenthum Eingang gefunden hat, mehr Alkohol in der Form von Palmschnaps getrunken wird, als in den rein buddhistischen Gegenden. — Den Ersatz für Alkohol sowohl wie für Tabak bildet der Betel, welcher in Ver- bindung mit der Arekanuss und etwas Kalk gekaut wird. Doch wir wollen nicht zu weitläufig werden. Werfen wir jetnt auch kurz eineux Blick auf die Lebensweise des Samoaners. Hier fällt der Reis fort; derselbe wird höchstens mal als Leckerei in den Läden Apias gekauft. Den Hauptbestaodtheil der täglichen Nahrung bildet, wie auf allen Südsee-Inseln, so auch hier der Taro, eine in Sumpfboden gezogene Wurzel, die einer grossen schwarzen Rübe gleicht. Auf Hawaii wird dieser Taro zu einem Teig verarbeitet, der als „Poi*' in früheren Zeiten fast die einzige Nahrung der durch riesige Körpergrösse ansgezeichneten Kanaken (Eingeborene) bildete. In Samoa wird der Taro in Stücke geschnitten und gerostet oder auch gekocht. Gegessen wird er meist kalt, indem wie Ton lockerem Brod Stücke abgebrochen werden. Da der Geschmack so etwas fade ist, so habe ich Butter aufgestrichen, vorausgesetzt, dass ich gerade welche hatte, und gefunden, dass dieses ein gutes Ge- schmackskorrigens abgiebt. Sehr lecker schmeckt der Taro in Eokosnussöl gebacken, ein Gericht, das mir einigemal auf meinen Wanderungen in den Dörfern vorgesetzt wurde. In amerikanischen Fabriken wird jetzt auch ein Taromehl hergestellt, von dem sich allerhand feine Backwaaren machen lassen. Nächst dem Taro wird am meisten die Brodfrucht gegessen, eine kugelförmige Frucht von der Grösse eines Einderkopfes. Thatsächlich heisst die Brodfrucht in der Samoasprache „ulu'S was gleichzeitig Kopf bedeutet. Auf heissen Steinen gebacken und frisch gegessen, ähnelt sie frischem Brod sehr im Geschmack und Gerach. Als dritter im Bunde ist die Banane zu nennen. Vielleicht ist die Banane dasjenige Obst, welches die weiteste geographische Verbreitung und die meisten Konsumenten hat. Sie ist auch nächst der Ananas diejenige Tropenfrucht, die in Europa am besten Dr. Dablke, Tatti frnttL 161 bekannt ist Vob ihr giebt es ausäblige Varietäten, die im 6e- Bchmack and Aassehen Ton einander abweichen. Man findet alle Gröuen Tom Umfang einer langgezogenen Garke ab bis herab zur Grösse einer etwas korpulenten Bohnenschote. Ebenso verschieden ist der Geschmack. Im Allgemeinen kann man sagen: je grösser, um so weniger fein im Geschmack. Bei diesen groben Sorten merkt man, dass sie yermSge ihres Gehaltes an mehligen Bestand- Üieilen wohl als Nahrungsmittel dienen und das Brod ersetzen können, üeberhaupt gilt die Banane bei den Europäern in den Tropen nicht als feine Frucht; doch aber giebt es einige Sorten, die auch der verwöhnteste Geschmack zu den Delikatessen rechnen mnsB* Besonders Ceylon produzirt eine ausserordentlich feine Sorte. In Samoa giebt es der Hauptsache nach zwei Sorten, die grosse grOne einheimische, welche die Eingeborenen essen und eine von Tahiti eingeführte Sorte, welche die Samoaner ,,fai papalangi^^ (Banane der Europäer) nennen. Sie ist klein, wird in der Reife goldgelb und hat einen feinen Geschmack. Taro, Brodfrucht und Banane bilden die eigentliche Nahrung der Samoaner. Alle drei werden in kräftigen Portionen, aber kalt verzehrt. Fisch, der in Blätter gewickelt auf heissen Steinen ge- backen wird, gehört nicht zur täglichen Nahrung. Huhn wird nur Gästen vorgesetzt, und ein Schwein nur bei festlichen Gelegen- heiten geschlachtet So lebt der Samoaner fast ausschliesslich von Pflanzenkost, und doch sieht man hier Gestalten, die durch kolossalen und kraftvollen Wuchs Staunen erregen. Getrunken wird erst nach Beendigung der Mahlzeit, und zwar Wasser, jenes reine köstliche Quellwasser, wie es in Samoa so leicht zu beschaflfen ist „Aumai le vai'* (gieb das Wasser herl) ist die Phrase, mit der jede Samoa-Mahlzeit endet. Die mit einem kldnen Trinkloch versehene Cocusnuss ist der Wasserbehälter. Er geht die Reihe herum, und jeder thut einen herzhaften Schluck. Alkohol hat glflcklicher Weise noch wenig Eingang in Samoa gefunden und die Palmschnaps-Fabrikation wird nicht gefibt. Der alteinheimische Eawa- Trunk ersetzt inmier noch alles, lieber dessen Zubereitung mich hier des Näheren auszulassen, wOrde zu weitläufig sein. Bemerken will ich nur, dass die klassische Her- Bteüungsweise durch Kauen der Wurzel im Aussterben zu sein scheint; ich habe sie auf meinen Wanderungen im Land nur ein- mal getroffen. Meist wird die Wurzel jetzt zwischen Steinen verrieben. B4.ZZ. 21 162 ZeitBohrift des BerUner Veremes homOopathifdier Aenta. Die Eawa (Piper methysticum) soll nicht den Kopf, aaadem die Beine betrunken machen, d. h. der Kopf bleibt klar, aber die Beine werden schwach und unsicher. Ich habe sie als Begrüssooga- und Abschiedstrunk oft getrunken, aber des widerlichenGeschmaekes wegen nie in solchen Quantitäten, dass sie eine berauschende Ein- wirkung hätte ausüben können. Die Samoaner behaupten, da» Eawatrinken vor dem Antritt einer Wanderung unterwegs den Durst nicht aufkommen lasse. Das mag richtig sein. Das Getränk hinterlässt, nachdem der erste seifenartige Geschmack sich ver- loren hat, eine angenehm kühlende Empfindung im Munde. Er- staunt war ich, zu sehen, wie oft nach Leerung der tanoa (Eawa- Bowle) kleine Einder sich herandrängten und den dicklichen, wahr- haft fürchterlich schmeckenden Rest gierig hinunterschluckten. Europäer, die lange im Lande ansässig sind, haben mir erzählt dass anhaltendes übermässiges Eawatrinken impotent machen soll. Nun ist ein Getränk noch gamicht erwähnt, von dem viele wohl annehmen, dass es das Hauptgetränk in den Tropen bilden mfisste : das Wasser der Gocusnuss, das wir oft fälschlicher Weise die Gocusnussmilch nennen. Die Eingeborenen in Samoa sowohl, wie in Ceylon dieses Wasser nicht viel, weshalb kann ich nicht sagen. Es mag aber sein^ dass sie nur zu bequem sind, die Nüsse herunter zu holen. Dass Abneigung gegen den Geschmack kaum der Gnmd sein kann, scheint daraus hervorzugehen, dass in der Eingebomen- stadt Colombos fast in jedem dieser kleinen Läden frische Cocus- nüsse, die zu nichts anderem, als zum Trinken des Wassers dienen können, zum Verkauf stehen. Auch an den Strassenecken hocken Frauen mit Eörben voll frischer Nüsse. Wenn ein Eäufer kommt, so wird mit einer Art Hackmesser durch ein Paar kräftige Schläge die Euppe abgeschlagen und auf diese Art das Getränk gleich im schönsten natürlichen Trinkbecher präsentirt. Besonders das Wasser einer kleineren, in der Reife goldgelb aussehenden Noss, sie heisst hier Eönigscocusnuss, scheint sehr beliebt zu sein« Europäer haben oft eine Abneigung gegen dieses etwas fade, süsslich schmeckende Getränk. Ich selber kann nur sagen, dass das Cocuswasser da, wo gutes Quellwasser fehlt, das beste Getränk der Tropen ist. Am schönsten und wahrhaft erquickend ist das Wasser in der morgens früh vom Baum genommenen Nuss. Ist dieses nicht möglich, so muss doch die Nuss möglichst kühl liegen. Dr. Dahlke, Tatti tmtl 163 Wenn sie den ganzen Tag der Sonne ansgesetzt gewesen isty so wird der Inhalt allerdings hässlich lau. Die Frucht ist nicht nur der Grösse, sondern auch dem Ge- schmack nach sehr verschieden. Im Allgemeinen ist der Geschmack des Wassers um so feiner, je kleiner die Nuss. In Samoa trifft man ausgewachsene Nflsse, deren Gehalt Yon etwa 1 Liter bis 1^ Liter schwankt. Doch giebt es auch eine Nuss, die in reifem Zustand so klein ist, dass sie zu Schnupftabaksdosen und ähn- lichen Sachen verarbeitet wird. Andrerseits wächst auf den Seycbelleninseln an der afrikanischen Küste eine Gocusnuss, die wegen ihrer ungeheuren Grösse „Riesencocusnuss'^ heisst In Samoa wurde mir berichtet, dass auf einer der (vulkanischen) Tongainseln eine gleich grosse Nuss wachse. Was nun die Wirkungen dieses Cocuswassers betrifft, so habe ich gefunden, dass es wohl kaum eine FlAssigkeit giebt, welche die Nieren so leicht und angenehm durchspült, wie diese. Sie vermehrt nicht die Urinmenge, kber das was man getrunken hat, geht überraschend schnell in Form eines wasserklaren Urins wieder ab. Dass sie die Verdauung belästigt, habe ich nie gefunden. Ich habe in Samoa oft ein halbes Dutzend Nüsse am Tage getrunken und nie Störungen irgend welcher Art bemerkt. Dass aber zu der eben beschriebenen Wirkung auf den Urin ein gesundes Funktioniren des Körpers gehört, geht aus Folgendem hervor: Als ich im September vorigen Jahres mit hochgradiger Gelbsucht und Fieber von Birma nach Ceylon zurückkehrte, und ausser den bei solchem Leiden üblichen Störungen mir besonders die abnorm geringe Urinmenge auffiel, dachte ich natürlich wieder an die Gocusnuss. Auch Dr. Lamb, bei dem ich wieder logirte, rieth mir dazu; meine singhalesischen Freunde dagegen warnten mich, weil das Gocuswasser zu sehr kälte und daher bei meinem Erankheitszustand schädlich sei. Trotzdem versuchte ich es einige Tage, spürte aber nur vermehrte Magenbeschwerden und eine höchst lästige Fülle des Leibes. Auf den Urin war nicht die leiseste Einwirkung zu bemerken. Ich will mit einer kleinen Episode schliessen, die freilich mit allem Vorhergehenden in gar keiner Beziehung steht : dem Besuch bei einer singhalesischen Hellseherin, bei der mich mein singha- lesischer Freund Mr. Wettha Sinha einführte. Diese Frau wohnte auf einem Dorf in der Nähe Golombos. Eines Abends fuhren wir hinaas. Die kleine Hütte lag ziemlich abseits im Gocuswald. Die 164 Zeitschrift des berliner Verdines komööpatliiafilMr Aenrte. Fraa selber mochte Anfangs der dreissiger Jahre sein and hatte das gewöhnliche angenehm-unbedeutende Aussehen singhalesiseher Frauen, Beiläufig war ihr Mann tor kurzer Zeit gestorben und sie hatte eine Menge Kinder. Die Sitzung begann damit, dass unter Murmelung unverBULnd- licher Worte auf ein Betelblatt ein Saft geträufelt wurde, der nach Eintrocknen einem schwarzen SiegeUack glich. Sie nahm nin dieses so präparirte Blatt in die Hand und setzte sich so, dass der Schein einer Cocusölfunzel auf die blanke FlächB fiel. In dieser Position erwartete sie meine Fragen. Wettha Sinha, der englisch sprach, machte den Dollmetsch. Meine Frage war absichtlich so eingerichtet, dass ich in der Lage blieb, die Antwort zu kontrolliren. Ich bat um eine Be- schreibung meines Schlafzimmers in Dr. Lambs Haus. Die Oegen- frage der Frau war: wo ist das Haus? Der Dollmetsch erwiderte mit Wenigen Worten, dass es in. dem Villenviertel Golombos, den sogen. Ginnamon-gardens (Zimmtgärten) gelegen sei. Ob die Frau hier jemals gewesen ist, weiss ich nicht. Wettha Sinha war bei mir gewesen, aber nur im allgemeinen Empfangsraum, nie im Schhf- zimmer. Doch werden wir gleich sehen, dass diese Fragen ganz bedeutungslos sind. Nach kurzem Hineinblicken in den spiegelnden Fleck b^^ann die Frau folgendermaassen: „Ich gehe die Treppe hinauf,^ (Stimmt; das Zimmer lag im ersten Stock.) „Am Ende der Treppe mache ich eine scharfe Biegung.** Ich: ,,Nach rechts oder links?' Sie: „Nach rechts.* (Stimmt!) „Aussen an der Thflr ist etwas wie eine Verzierung'' (Stimmt; es lief den Korridor eine in indischen Häusern sonst nicht gebräuchliche Holzschnitzerei ent- lang.) „Ich gehe jetzt in das Zimmer. Es brennt eine Lampe darin.* (Ob das richtig war, weiss ich nicht, aber als Begel wurde mit eintretender Dunkelheit Licht in mein Zimmer gestellt.) „Im Zimmer steht ein grosses Bett.* (Alle Betten in Indien sind sehr umfangreich.) „Da steht ferner ein Tisch mit Spiegel darauf.'^ Ich: Wo? Sie : Wenn man auf dem Bett sitzt, nach links.* (Stimmt.) «Dann ist da eine Almeira (d. h. ein Schrank, der sowohl für Wäsche, als fQr Kleidungsstücke verwandt werden kann.) In dieser Almeira ist etwas Geschriebenes.* (Stimmt. Es lagen Briefe von meinen Angehörigen an diesem etwas ungewöhlichen Ort. ZuflUBg lag Dr. Daklke, Tilti frattL 1<6 weder Wäsche noeh Kleidang darin.) i^Fenier sind da zwei glinzende Bischon, (Wettha Sinha übersetste mit jpglittering bits^) welche Strahlen aussenden. In denselben ist etwas enthalten, was fftr Sie ▼OD vitaler Bedeutung ist.** (Thatsächlich standen zwei Arznei« flischchen darin, die ich meiner Krankheit wegen in Gebrauch hatte.) »Dann ist da etwas wie ein Gemälde (like a picture). Nein es ist wie eine Figur (like an Image). Diese Figur muss etwas Yerehrungswfirdiges, Heiliges sein, denn immer, wenn ich meinen Geist darum befrage, so beugt er sich zur Erde.^ Wettha Smha sieht mich fragend an und sagt: »Haben Sie vielleicht eine Buddha-Statue in Ihrem Schrank?^ Ich, um jede Beeinflussung zu meiden, antworte nichts, sondern bitte weiter zu suchen. Die Frau fängt an ermüdet zu werden und mit Zeichen des Widerwillens ergreift sie das Betelblatt aufs Neue. Die Stimme wird jetzt scharf und heftig und die Worte werden kurz herausgestossen. Sie fährt fort: »Diese Figur hat in ihrem Kopfe ein Loch.^ Ich: »Suchen Sie weiter I* Sie noch einmal das Blatt aufnehmend: »Es liegt etwas Weisses darauf. Nein es ist etwas zweifaches Weisses.* Hierauf legt sie das Blatt weg und weig^t sich weiter zu suchen. Nun sniss ich zur ErkUnmg nachholen: Am selben Tage hatte ich bei einon Photographen in Oelombo 18 Geylon-Photo- graphien eingekauft, darunter auch das Bild des grossen steinernen Buddha in der heiligen Stadt Anuradjapura. Alle diese Bilder hatte ich unmittelbar yor meinem Weggang in diese Almera gelegt. Ich kann mit ySlliger Bestimmtheit sagen, dass Niemand irgend etwas Ton der Existenz dieser Photographien ttberhaupt, noch viel weniger aber von ihrer Lage im Wäscheschrank wusste. Zu Hause angekommen, sah ich sofort nach und fand das Buddhabild aller- dings nicht an dritter, wie die Frau gefunden hatte, sondern an vierter Stelle zwischen den anderen Photographien liegen. Durch den Kopf der Statue ging thatsächlich ein tiefer Riss, wie es jeder, der sich fftr die Sache interessirt, bei mir sich ansehen kann. Nun mag wohl sein, dass ich in Anuradjapura selber, oder beim Kauf des Bildes den Riss bemerkt hatte; an diesem Abend war mir nichts davon erinnerlich. Und dass ich von der Lage der Photographien unter einander keine Ahnung hatte, kann ich mit absoluter Bestimmtheit behaupten. Ich hebe das für diejenigen heryor, die das Ganze f&r ein Gedankenlesen erkläron möchten. 166 Zeltschrift des Berliner Vereines homOopathlsoher Äeste. Die Fraa selber behauptet, in dem spiegelnden Fleck ausser dem natfirlichen Reflex der Flamme noch ein anderes Licht ii sehen, welches sich ins Unendliche yerlängert und in dessen Schein sie die entfernten Dinge sieht. Sie behauptet, dass jeder andere dasselbe sehen müsste, was, wie ich nach eigenem Versuch sagen kann, natürlich nicht der Fall ist. Beiläufig ging alles sehr primitiv zu. Wir sassen in der offenen Veranda des Hauses, Nachbarn gingen vorbei und die Kinder der Frau machten Lärm um uns. Eine zweite Frage ergab eine ebenso interessante Beant- wortung, aber dieselbe hier wiederzugeben, wfirde zu weit f&hren. Ich habe so wie so schon die Geduld der Leser und des Redakteurs, die beide Wissenschaftlicheres erwarten, zu stark mit meinen „tutti frutti'* in Anspruch genommen. Freilich wer will^s mir verargen! Die Tropen bergen viele Wunder, und wes das Herz voll ist, des fliesst der Mund über. Ueber Haarschwund. Vortrag gehalten am 8. November 1900 im Berl. Ver. homSop. Aerste von Dr. DMunüiolz-Berlin. Eine Reihe von Fällen veranlassten mich in letzter Zeit dem Haarschwunde meine Aufinerksamkeit zuzuwenden. AuffUliger Weise handelte es sich bei den Erkrankungen fasst ausschliesslich um Frauen und Mädchen, während doch der Haarschwund bisher bei den Männern bedeutend häufiger gewesen ist. Die Alopecie (dltoTcextä) umfasst alle Formen von Eahlheit und Kahlwerden im Bereiche des Kopf- und Barthhaares und wird deshalb sehr richtig deutsch als Haarschwund bezeichnet. Zweck- mässig unterscheidet man 1. die Alopecia adnata und 2. „ « acquisita a) senilis b) praematura a) idopathica a 1) Alop. areata (s. Porrigo decalvans) ß) symptomatica Dr. Dammholi, ü«btr Haanohwimd. 167 ß 1) Alopecia aeborrboicft a) chronica (Pityriasis capillitii s capitis) b) acuta ß2) A« mycotica a) trichophytica (Herp. tons. capill. s. Porrig. scatulata &• Tinea tondens b) favosa (Favus capill.) /93) A. sympt. b. schweren AUgem.-Erkrankungen (Typhus, Erysipel, Syphilis). W&hrend die Alopecia adnata selten vorkommt, als ange- borene^ spärliche oder gänzlich mangelnde Behaarung auftritt und meist verspätetes Haarwachsthum zeigt, somit meist nur eine BildaDgshemmung ist, kann man im Gegensatz dazu die Alop. senilis fast als physiologischen Vorgang betrachten, indem fast alle Männer — seltener auch Frauen — derselben in späten Jahren verfallen. Dem Ausfallen geht meist Ergrauen voraus, ohne dass dies als Ursache des Ausfallens betrachtet werden kann. Die A. sen. befällt meist den ganzen Vorderkopf sodass £EU3t immer ein Haarsaum von Ohr zu Ohr erhalten bleibt Diese beiden Formen erfordern keine Therapie. Anders liegt die Sache bei der A. praematura. Diese er- fordert immer eine Therapie und wird oft auch eine erfolgreiche finden können« Die A. praem. findet sich nun zuerst als Idiopathica oft ohne nachweisbare Ursache, doch in so wechselnder Form, dass man ein bestimmtes Erankheitsbild nicht konstruiren kann. Erb- lichkeit, lokale Ernährungsstörungen liegen oft zu Grunde. Die einzige gut charakterisirte, gewöhnlich zur idiopath. Form ge* rechnete, ist die A. areata. Charakteristisch für A. areata sind: das plötzliche Auftreten aus bestem Wohlsein heraus, der schnelle Verlauf, die gleich von Beginn aalglatte Haut, welche keinerlei Beizerscheinungen auf- weist und die umschriebene Begrenzung der einzelnen Krankheitsherde. Selbst wenn mehrere Herde durch gleichmässige periphere Ver- grösserung zuzammenfliessen, bleiben die Begrenzungslinien immer kreisbogenförmig. Bei etwaiger Heilung findet die Behaarung der kahlen Stellen von der Peripherie aus statt. In vereinzelten Fällen kann sich das Leiden auf alle Haare des Körpers er- 168 Zeitsehrift des Bailiner Vereinei homlkipatbiflQher Aento. Strecken. Die meiBten Autoren glauben, dass das Leiden parasi- tftren Ursprungs ist. Unter den Formen der A. praemat. sympt. nimmt die A. seborrhoica weitaus unser meistes Interesse va Anspruch, da der grösste Theü aller EahlkSpfe auf ihr Konto zu setzen ist, und zwar ist hauptsachlich die chronische Form der böseste Feind des Haarschmuckes. Beiden Formen, der akuten und chroniBchea A. seb., liegt die Seborrhoe, eine der verbreitetsten und oft am wenigsten beachteten Hautkrankheiten, zu Grunde. Die Seborrhoe beMt alle Körpertheile, mit besonderer Vor- liebe aber den behaarten Kopf und erstreckt sich meist fiber vide Jahre hinaus und tritt als 1) SeboiTh. oleosa und 2) sicca s. Pi^- riasis capitis auf. Die Oleosa besteht in eiaer Hypersekretion flüssigen Hautfettes und geht meist in die Sicca fiber, bevor der Haarschwund sich einstellt, doch kann es auch bei S. ol. schon zum DefluT. capill. kommen. Die trockene Seb. giebt sich oft schon äusserlich durch die reichliche Bildung von ,,Schinnen'', welche sich auf Bockkragen und Taille dokumentiren, zu erkennen. Die ganze Haut ist mit reichlichen, kleinen, schmutzig -weissgrauen Schfippchen bedeckt, die sich leicht abkratzen lassen. Die Haut selbst sieht ziemlich normal aus, bei starkem Juckreiz finden sich Eratzeffekte. All- mählich gesellen sich den „Schinnen^ dann immer mehr Haan bei. Um frühzeitig vermehrten Haarausfall feststellen zu koimen, empfiehlt es sich nach Pohl-Pincus' Methode das Verhältniss der kurzlebigen Spitzenhaare, d. h. derjenigen Haare, welche schon wieder ausfallen, bevor sie beim Manne zum Schnitt gekommen sind, bezw. bei der Frau annähernd die normale Haarlänge er- reicht haben, zu den fibrigen festzustellen. Nach P. beträgt der tägliche Haarverlust ad minimum 13 bis 70, ad mazimum 62 bis 208. Selbst wenn nun der absolute Haarausfall durchaus noch nicht auffällig gesteigert ist, lässt sich doch schon die Kurzlebig- keit der Haare und damit das beginnende Defluvium durch einen hohen Prozentsatz von Spitzenhaaren nachweisen. Ist der Haarausfall im Gange, so entwickeln sich beim Manne bald Praedilektionsstellen : die beiden Scheitelgegenden (»Ver- standes- oder Oeheimrathswinkel**) und der Mittelpunkt des Capil- litium. Der Kranz von Ohr zu Ohr bleibt erhalten. Bei der Frau kommt es selten zu vollkommener Kahlheit einer Stelle, vielmehr findet andauernd profuser Ausfall statt. Dr. DftBiüiok, üeber HMnehwnid. 169 akutö AL Beb. ist sehr selten, tritt meirt circHmecript auf, hat akat entzündlichen Charakter und verHirft in Tiel kürzerer Zeit. Die befallenen Stellen zeigen schmatsigen, grauweieaen, aehmierigen Belag nnd darunter gerötete, feachtfette Haat Die Haare lichten sich sehr bald« Infolge der weiten Follikelöffhnngen bdcommt die Stelle siebartiges Ansehen. Oft haben die Kranken ein (Gefühl unangenehmer Spannung, was aber schwindet, sobald die Haare ausgefallen sind. Erwähnen will ich noch, dass auch alle andern behaarten Theile: Bart, Augenbraueui Augenwimpern, Ton der Seborrhoe befollen werden. Aetiologisch werden ja Mikroorganismen als Ursache ange- geben^ doch dürfte der eigentliche Grund wohl in Eonstitutions- anomalien zu suchen sein. Der Orund für die weitaus häufigere Erkrankung der Männer ist noch nicht ersichtlich, doch dürfte wohl in der jede Ventilation verhindernden Kopfbedeckung eine wichtige, wenn auch nicht die einzige Ursache zu suchen sein. Die mykotischen Alopecien sind viel seltener. Man unter- scheidet nach den dabei auftretenden Pilzformen, dem Tricho- phyton tons. und den Fayuspilz (Achorion Schönleinii) 2 Formen: die AI. trichophyt* (Herp. tons. capiU.) und die AI. favosa (Favus capill.). Herp. tons. tritt meist in runden mit abgebrochenen Haarstümpfen bedeckten Stellen auf. Die Haarschäfte sind von Trichophyt. tons. durchwuchert und brechen dann ab. Das Haar der befallenen Stellen nimmt eine graue Färbung an, wie bestäubt. Auch im Barte findet sich eine Trichophytie (Sycosis parasitaria). Die Diagnose wird klinisch gesichert durch den trocknen, schuppigen Belag, die Haarstümpfe, das lebhafte Jucken; aetio- logisch durch den Nachweis des Trichophyt. tons. im Haar. Makro- skop. zeigt sich dies durch Einlegen der Haare in ChlorofonUi wobei sie ein grauweisses Aussehen bekommen (Bohrend). Die AI. favosa schliesslich zeigt sich durch ihre charakteristi- Bchen schwefelgelben, napfförmig gedellten, trocknen Scheiben (Scutula) an, die von einem Haar durchbohrt sind. Die Haare Men schliesslich aus, ohne dass Haarstümpfe auf den erkrankten Stellen vorhanden sind. Die Erkrankungsherde sind nie regel- mässig. Zum Schluss sei noch erwähnt, dass sich während bezw. nach schweren Krankheiten (Typh., Scharl., Diphther., auch Infi.) symp- tomatische Alopecie findet, die nichts Charakteristisches in ihrem 170 Zeitsehrift des Berliner Verelnee homOopatluMlier Aente. Auftreten bietet, und meist mit fortBchreitender ReconTaleBoenz zur Aueheilang kommt. Es erübrigt mm noch, bevor wir aear Therapie übergehen, die differentiell diagnostischen Merkmale der ähnlichen Formen herror- zuheben. 1) Alopec. areat.: Plötzliches Entstehen, kreisförmige Qarde, Haut glatt, kein Jacken. 2) Alopec. seborrh» acut: Langsameres Entstehen, unr^el- mässige Herde, Haut zuerst schmierig belegt, spiter schuppig, weite Follikel (siebartig), wenig Jacken. 3) Alopec. trichophyt (Herp. tons.): Langsameres Entstehen, unregelmässige Herde, trockner schuppiger Belag, Haar- stümpfe, starkes Jucken. Die Prognose ist bei den einzelnen Alopecien verschieden: Während man bei den seborrhoischen Formen bei frühzeitiger Be- handlung auf Beseitigung der Seborrhoen rechnen kann, allerdings nur bei konsequenter Behandlung, bieten die Areata und Trichophyt sehr wechselnde Aussichten : in den meisten Fällen gelingt es neae Behaarung zu erzielen, oft erfolgt dies auch ohne jede Therapie, vereinzelt aber trotzen diese Erkrankungen, besonders die Alopec areat., jeder Behandlung. Bestimmte Anhaltspunkte für dies ver- schiedene Verhalten giebt es nicht. Dagegen ist die Prognose bei ausgebildeter A. favosa stets ungünstig, wenn auch nicht absolut aussichtslos. Wenden wir uns nun der Therapie zu. Es ist der Haar- schwund ein Gebiet, aus dem nicht viel Berichte über Heilangen und klinische Erfahrungen vorliegen. Dagegen finden wir in der Pathogenese der Mittel viele Hinweise. Neben den inneren Mitteln sind aber beim Haarschwund meist auch äussere Maassnahmen er- forderlich. Wollen wir diese vorweg nehmen. Bei allen Formen der AIop., besonders aber bei den seborrhoischen sind Waschungen mehrmals wöchentlich durchaus rathsam. Diese Waschungen haben erstens den Zweck, die Haut von überschüssigem Fettgehalte zu befireien und von den massenhaft sich bildenden Schuppen (Schinn), zweitens sollen sie eine energischere Blutcirkulation und damit eine bessere Ernährung der Kopfhaut anregen, um die Haarpapillen, welche atrophisch zu werden drohen, möglichst noch lebensfähig zu er- halten. — Aus diesem Orunde sind Waschungen mit lauwarmem Wasser zu verwerfen, da diese auf die Haut nicht anregend, Dr. Dammliols, Ueber Eaanohwnnd. 171 sondern erscblaffend wirken. Es ist deshalb nur kaltes (stuben- warmes) oder heisses Wasser, so heiss es gerade gut vertragen wird, zu wählen. Als Seife bedient man sich am besten der Kali- seife oder eines Seifenspiritus. Ist die Haut sehr fettreich, so reibt man die Seife bezw. den Spiritus zuerst allein ein und lässt sie 10 Minuten einwirken. Dann folgt erst die Nachreibung mit Wasser. Selbstverständlich sollen bei diesen Waschungen (besonders bei Frauen) die Haare selbst so wenig als möglich nass gemacht werden, sondern in erster Linie die Kopfhaut gewaschen werden. Werden die Haare zu trocken und spröde, so wird nach den Waschungen des Kopfes zweckmässig eine Einreibung mit etwas reinem Oel (gut ist 1 Theil Rizinusöl und 2 Theile Spiritus), auf Wunsch unter Zusatz einiger Tropfen wohlriechenden Oeles, vor- genommen. — In den meisten Fällen werden neben den Waschungen auch äussere Applikationen von Medikamenten nöthig. FQr diesen Zweck sind empfohlen worden: Acid. phosph. soll bei täglich einmaliger Einreibung in 3. Dil. den Haarausfall schnell aufhalten (Göret). ' Allium cepa: Schon Hippokrates verordnet gegen Haarausfall in allen Stadien Einreibung mit Zwiebel (De morb. mul. II 667); desgl. Galen und viele andere nach ihm, theils mit roher Zwiebel, theils mit Spiritusextrakt. Apis wird gerühmt bei Haarausfall und Kahlköpfigkeit und hat in der Prüfung Haarausfall gemacht (Hering, Amerik. Arznei- prüfungen). Aeusserlich als Tinktur. Graphit in Salbenform (8,0 der 1. oder 2. Trit. zu 100,0 Lanolin) bei Ekzem und Geschwüren der Kopfhaut. Lycop. Clav. wird rein oder in 6 — lOproc. Lösung in die Kopfhaut eingerieben und giebt oft recht gute Resultate. Sulfiir wird je nach Bedarf als Salbe (Flor sulf. 5,0 Lanol. 25,0) oder als Tinct. sulf. rein oder verdünnt in die Kopfhaut eingerieben bei starkem Juckreiz. Nun zur eigentlichen medikamentösen inneren Behandlung. Wir finden in E. F. Bflckert's System. Darstellung und in Bönning- hausen's Bepertorium eine ganze Beihe von Mitteln bei Erkrankungen der Haare und des Haarbodens angegeben, auch im Hering- Parrington (deutsch, von Gisevius) finden wir bei vielen Mitteln Hinweise auf unsere vorliegende Erkrankung. Erheblich ein- geschränkt ist die Mittelzahl in Jahr's Therapeut. Leitfaden. 17S Zeitschrift dei Berliner VereineB homOepathiMiier Aefsfte. Wir wollen im Folgenden die haaptBächlichsten Mittal kui zu charakterisiren lachen. Einwirkung auf den Haarkopf und die Haare selbst finden wir notirt bei: Acid. phosph. : Schmerzhafte Stelle am Haarkopfei Grauwerden und Ausfallen der Haare nach Gram und Kummer. (Göret, BA^ Bö., Ja., He.-Par.) Agaric: HaarausM der Augenbrauen. (B5.) Apis mell«: Haarschwund in allen Stadien, erysipelatöse Ent- zQndung der Kopfhaut (Alop. seb. acut) (Göret, Her., He.-Far.) Arsen: Pustelausschlag auf dem Haarkopfe, juckende Blütchen, Haarausfällen, Berahrung der Haare schmerzhaft. (Bö., BtL, He.-Far.) Aurum: Ausfallen des Haares auf Kopf und Augenbrauen» besonders nach Mercurmisbrauch (Syphilis). (BA., Bo., Ja., He.-Far.) Baryt carb.: Kahlköpfigkeit, besonders auf der Platte« (Bfi^ Bö., Ja., He.-Far.) Baryt mur.: Desgl. (Dz. Prflfg. d. B. m., Arcb. t Hom. Vn, 11). Bryonia alb.: Grosse Fettigkeit der Kopfhaare (Seborrb. oleosa) und starkes Jucken. (Rü., Ja.) Galc. carb.: Kopfausschlag mit Drfisen am Halse, feuchter Grind, Furunkel, Haar trocken, f&lit an einer Seite aus, reichliches Jucken und Schinnbildung (Alop. seb. chron.), Haarausfiül aus dem Backenbarte. .(K&*t ^^«9 J<^m He.-Far.) Garbo veget : Die Kopfhaare fallen stark aus, besonders hiatmi am Kopf, die Kopfhaut ist empfindlich und schmerzt bei BerQhrongi Jucken beim Warmwerden im Bett (Bfi., Bö., He.->Far.) China: Starker Schweiss in den Haaren beim Gehen im Freien. (Rü.) Dulcam. : Allabendlich Gefdhl, als stände das Haar xu Berge. — Dicke Borken bilden sich auf der Kopfhaut, wodurch das Haar aas- fallt (Favus 1) — Scheerflechte (Herp. tonsur.) der Kopfhaut Die DrUsen sind geschwollen. (He.-Far.) Graphit: Der Kopf schwitst leicht beim Gehen in freier Lu& Jucken der Kopfhaut, Ekzema capitis, schmutzige Krusten, die das Haar verfilzen, bei Berahrung empfindlich. Umgrenzte, kaUe mit Herpes bedeckte Stelle. (Alop. seborrh. acut.) Nässender Hautaus- schlag. Das Haar fällt stark aus, selbst an den Seiten des Kopfes. Kahle, vollkommen glatte, glänzende Stellen. (Alop. areata). — Dr. DuDmholiy Ueb«r ffMnefcwlud. 173 HaaransfEÜl nach Mercarmissbraacli, Haaratfsbll in Bart und Augen- braaen. (Bit., B5., Ja., He.-Far.) Hepar aalt c: Die Kopfhaare gehen aus. AasBchlag, wie Quaddeln auf Kopf and Genick, schmerzhaft bei Berflhrang. GrosBOy kahle Stellen (AL seb. acnt. nnd Herp. tons.) Haaraasfiall nach Mer- cnnniBbraach. (Rfi., Bö., Ja., He.-Far.) Kali carb.: Kopfhaare fallen stark ans; trockne, sehr dflnne Haare. Haaranafall an Schl&feni Augenbrauen , Bart (AI. seb. ehr.). (RfU, Bö., Ja., He.-Far.) Kali jod.: Haaraasfall b. Syphilis. (He.-Far.) Lycopod: Starker Haarausfall, frfihes Ergrauen der Haare. Kopfansschlag, hinten am Kopf beginnend, mit dicken, leicht bluten- den Krusten, die fibelriechende Feuchtigkeit absondern (Farus?); Starkes Jucken und reichliche Schuppen- und Schinnenbildung. Bei Kahlkopfigkeit eines der besten Mittel (AI. seb. ehr., Seborrh sicca). (RO., B5., Ja., He-Far.) Mercur: Die Kopfhaare fallen aus. Juckender, zum Kratzen nSthigender trockner oder nässender Ausschlag auf dem Haar- kopfe; erysipelatSs. Stinkender PustelausBchlag mit gelber Kruste (FaYus). Das Haar geht meist an den Seiten und Schläfen aus. Mezereum: Dicke Schorfkruste, unter der sich Eiter bildet. Ungeziefer. Starkes Jucken. Kratzen verändert den Sitz, ver- mehrt aber das Jucken (Favus I). — Weisse Schuppen; starke Ab- schuppung. Das Haar geht händeweis aus (AI. seb. chron. sicc). (Rfi., He.-Far.). Natr. mur.: Starker Haarausfall an Schläfen, Vorderkopf und aus dem Bart schon beim Anfassen. Juckender Ausschlag am Rand des behaarten Kopfes (Impetigo). Schorfe auf Kopf und in Achselhohle. Entzfindliches Ekzem, welches scharfe Flflssigkeit absondert. — Der Haarkopf riecht wie dumpfig, die Haare kleben zusammen. (Rfi., Bö., He.-Far.) Nifri acid.: Starker Haarausfall bei nässendem Ausschlag mit Splitterschmerz, oder bei nervösem Kopfschmerz, bei Schwäche und Abmagerung.— Brennende wunde Stellen auf der Kopfhaut (Syphilis). (Rfi., Bö., He.-Far.) Petroleum: Starker Haarausfall. Feuchtes Ekzem, besonders am Hinterkopf; einzelne schmerzhafte, weiche Geschwfilste auf dem Haarkopfe. (Rfi., Bö., He.-Far.) Phosph.: Das Haar geht stark aus. Schuppige, kahle Stellen auf dem Kopfe, besonders hinter dem Ohr. Kopiöser Grind, der 174 ZdtMhrift des Berliner Vereinee homSopathlfleher Aerite. massenweise abf&llt (AI. seb. ac. und Herp. tons.). (K&-i B5.y Ja^ He.-Far.) Selen: Beim Kämmen fällt das Haar aus; ebenso Ansfiall an Augenbrauen, Bart und Genitalien. Abends Prickeln und Jacken der Kopfhaut, nach dem Kratzen Nässen, Spannung der Kopfhaut (He.-Far.) Sepia: Starker Haarausfall, Haarwurzeln empfindlich; trockner juckender übelriechender Ausschlag mit Rissen. Kratzen Bchnaerz« haft. (BtL, Bö., He.-Far.) Silicea: Es erheben sich Beulen auf der Kopfhaut, das Haar fällt aus. Die Kopfhaut ist empfindlich gegen Bertthrung, selbst gegen die des Hutes. Stellen mit Ausschlag bedeckt, der in d&nnen Schuppen abblättert (Herp. tODs.). (He.-Far. B5.) Spongia: Gelber schorfiger Ausschlag (Favus.) (He.-Far.) Sulfur: Starker Haarausfall, Haar trocken; Kopfhaut empfind- lich gegen Berflhrung. Sehr starkes Jucken Abends beim Warm- werden im Bett. (Bfi., Bö., He.-Far.) Wir ersehen somit, dass es eine ganze Reihe von Mitteln giebt, welche in ihrer Pathogenese Hinweise auf den Haarschwund haben, wie dies ja bei den so vielfach verschiedenen Ursachen der Erkrankung nicht anders zu erwarten ist. In den meisten Fällen sind alle Formen des Haarschwundes, ganz gleichgiltig, ob Bakterien dabei nachgewiesen wurden oder nicht, auf mehr oder weniger schwere Ernährungsstörungen bezw. Konstitutionsanomalien zurflckzuführen. Wir werden deshalb bei Behandlung dieser Krank- heiten auch am meisten erreichen mit unsern altbewährten Konsti- tutionsmitteln. In den weitaus meisten Fällen werden wir deshalb auch garnicht nöthig haben, die einaelnen Formen des Haarschwun- des bez. der Therapie scharf zu trennen. Immerhin aber wollen wir noch die Mittel zusammenstellen, welche ihrer Symptomatologie nach in erster Linie den einzelnen Erkrankungsformen entsprechen. 1. Alop. praemat. idiopath.: Ac. phosph., Chin., Nitr. ac. 3. Alop. areat.: Graph., Lycop. 3. Alop. seborrh. chron.: Ap., Ars., Baryt, c. und mur., Bryon. (Seborrh. oleosa), Galc. carb., Garb. veg., Kai. carb., Lycop., Mezer., Na. mur., Petrol., Phosph., Selen., Sulf. 4« Alop. seb. acut.: Ap., Ars., Graph., Hep», Merc, Natr. mur., Petrol., Phosph. 5. Alop. trichophyt.: Ars., Dulc, Hep., Lycop., Ph., Silic« 6. Alop. favosa: Dulc, Merc, Mez., Spong. Dr. OiMTiiM jr«, Bespieehwig to akiton exMithem. lafekti^iuikraiiUi. 175 7. Alop. Symptom.: Ap. (Erysipel), Aur., Qr^ Hep., Kai. jod., Nitr. ac« (Syphilis). 8. Alop. der Augenbrauen: Agar«, Aur.i Graph., Eal. c, Selen. 9. Alop. des Bartes: Calc. c, Graph«, £al. c, Natr. m«, Selen. 10. Alop. der Genitalien: Selen. 11. Fette Haare: firyon.; trockne, dflnne Haare: Kai, c; graue Haare: Lycop.; starker Schweiss in den Haaren; China. Nach Jahr's Therapeut Leitfaden haben sich ihm am besten bewährt^ nach Mercurmissbrauch bei Syphilis: Aur., Graph, und Hep.; bei kahlen Stellen hinter dem Ohr: Phosph.; bei Grauwerden durch Gram und Kummer; Phosph. acid.; bei starkem Jucken und reichlicher Schinnbildung: Lycop., Bry. und Calc; bei sehr trocknen dtknnen Haaren: EaLcarb.; bei Kahlköpfigkeit: Baryt, und Lycop. ; bei Ausfallen aus den Augenbrauen: Kai. c. und Graph.; aus dem Barte: Graph«, Natr. m. und Calc. — Ich selbst habe in mehreren Fällen von Alop. seborrh. durch Sulf. und Lycop. innerlich und ftosserlich Heilung erzielt; bei Alop. areat. durch Lycop. (in- und äusserlich) und Baryt, mur.; bei Alop. seborrh. mit Furunkelbildung durch Lycop. und Am. ; bei kahler Platte nach chronischer Seborrh. Besserung durch Baryt, mur. und Lycop. (in- und ftusserlich). Demnach erscheint auch dieses Gebiet einer homöopathischen Therapie durchaus nicht unzugängig und weitere Beobachtungen hierüber sehr sind erwünscht. Besprechung der akuten exanthemischen Infektionskrankheiten in der Vereins- sitzung vom 28. IIL 1901. Referent: Dr. GlseTlus Jan. Referent bespricht die bei Scharlach in Frage kommenden Mittel an der Hand eines Excerptes aus Raue. Seliarlaeh. Acon.: Selten und dann nur im Beginn der Krankheit. Ailanth: Heftiges Erbrechen^ starker Kopfschmerz, Licht ist unerträglich, Schwindel, heisses und rothes Gesicht; kann nicht 176 Zetttehrift des Beriiiter Vereines homOopatldcKdier Aente. aufsitzen; Ueiner schneller Puls; schläfrig nnd zagleich sehr un- ruhig; grosse Angst; stellenweis Miliarausschlag, zwischen dem- selben Efflorescenz Ton beinahe livider Fftrbnng; nach Druck mit dem Finger kehrt diese sehr langsam zurück. Tarpor. Ady- namische Formen von Scharlach. Amm. carb.: Harte Gesehwulst der Parotis und der Lymph- drüsen am Hals ; schlimmer Hals mit üblem Geruch ; Miliarausschlag. Apis: Lähmungserscheinungen im Nervensystem; typhöser Gharaktor des Fiebers ; die Zunge ist tief roth und mit Blasen be- deckt, dabei stechende Schmerzen; dicker, weisser, blutiger, ftbd- riechender Schleim aus der Nase; Schlingbeschwerden; die StoM- entleerungen sind diarrhSartig; Nephritis; beschleunigtes Athmen; Delirium; die Haut ist brennend heiss oder wird allmählich kalt, das Fieber steigt fortwährend, wechselnder Pute; Symptome vet Wassersucht während der Abschuppung. »Apis ist nie indicirt bei der Schnupfenform, nur bei trockner Nase, trocknem Hals und bei Symptomen von Hydrocephalus.' Arseh: Zögernder Ausbruch des Ausschlags oder plötzUches Blasswerden desselben; Petechien; wassersüchtige Erscheinungen; ausserordentliche Unruhe und Angst; schneller kleiner Puls. Albu- minöse Nephritis. Arum triph«: Der Mund ist wund, die Zunge roth mit erhabenen Papillen, die Nase verstopft; Diphtherie; Zupfen aa der Nase, den Lippen und den Fingernägeln. Bei lad.: Gehirvkongestion, Delirium; kann nicht schlafen, ängstliche Träume, springt plötzlich im Bett auf; das Gesicht ist feuerroth, der Bachen entzündet, geschwollen, der Hals aussen ge- schwollen ; Beilad. passt nur bei der glatten Form des Ausschlags und bei Erregung im Gefäss- und Nervensystem, aber nicht bei adynamischen Fällen. Die miliare Form des Ansschlags eignet sich besser für Ammon. carb., Laches. oder Rhus toxic. Bryon.: Bei zögerndem oder plötzlich verschwindendem Aus- schlag; Pleuritis oder Meningitis; trockne Lippen, trockne braune Zunge, viel Durst, viel Trinkeni Stuhlverstopfung^ Calcar. carb.: Nach Bellad. ungefähr am 3. Tag; harte umfangreiche Geschwulst aller Halsdrüsen, blasses gedunsenes Gesicht; grosse Angst und Beklemmung; skrophulöse Individuen. Camphora: In verzweifelten Fällen. Garbo veg.: Im letzten Stadium; Bassein im Hals; voll- ständiger Verfall der Kräfte; kalter Athem. Dr. Qifleyiiui jr., Bespreehnng der akuten ezanthem. Infektionskrankh. 177 Golchic: Nephritis; blutiger ürio. Gopriim: Plötsliches Verschwinden des Aasschlags, Er&mpfe; grosse Unruhe. Gelsem.: Asthenische Form des Scharlachfiebers; allgemeine Blutvergiftung; intensive Hinfälligkeit aller Muskelkraft; cerebrale Intozication; häufiger, weicher, schwacher Puls. Hellebor.: Symptome der Wassersucht, kaffeegrundähnlicher Bodensatz des Urins. Hepar: Bestes Mittel bei beginnender Nephritis. Hydr. ac.t Gleich anfangs ist der Ausschlag dunkel gefärbt und wird bald livid; rapider, schwacher Puls. Hyosc: Schläfrigkeit, wie betäubt, oder aber grosse Nerven- erregnng und Schlaflosigkeit; Betäubung; Vorstellungs» und Sinnes- täuschungen. Seine Sphäre beschränkt sich auf akut entzandliche Gehirnaflfektionen oder auf einen Zustand zwischen Erethismus und Torpor, welcher es zu BelL und Stram. in Beziehung bringt. Jod: geschwollene, eiternde Drflsen. Wärme verschlimmert. Kali bichr.: Diphtherische Entztlndung; zäher, strähniger Ausfluss aus der Nase; Schmerz im linken Ohr; Geschwulst der Parotis; Erouphusten. Kali carb.: Geschwulst der rechten Parotis, Fieber und Un- ruhe; Verschlimmerung um 3 Uhr Morgens. Lach es.: Miliare Form des Ausschlags; wenn der Ausschlag später purpurroth wird ; in bösartigen Fällen ; scharfe, faulige Ab- sonderungen; Torpor, diphtherische Halsentzündung; die Flttssig- keiten kommen zurück; Eiterung der Halsdrüsen; übelriechender Stuhl. Lycopod.: Schlimmer Hals, diphtherisch; die Nase ist ver- stopft; Eoma; Yerdriesslichkeit beim Erwachen; spärlicher, dunkel- rother, eiweisshaltiger Urin; Oedem im Gesicht; Ascites; sekundärer Ausschlag von dunkelrothen Flecken an den Händen, Schenkeln, Bücken oder im Gesicht. Mur. ac: Gleich anfangs bricht eine intensive Röthe am ganzen Körper aus; oder spärlicher Ausschlag, Petechien, purpurne Färbung der Haut; grosse Angst und Unruhe, intermittirender Puls ; Absonderung von dünnem, scharfem Eiter aus Nase und Lippen. Nitr. ac: Diphtherie, erstreckt sich bis in die Nase, aus wdcher sich eine profuse, dünne, eitrige Materie absondert; trockne, rissige Zunge; aussetzender Athem; Miliarausschlag. Bd.XX ^ 178 Zeitsdbrift des Berliner Vereines homSopatUsoher Aente. Opiam: EonyalsiODen, Delirium and soporöser Zostand mit Schnarchen. Phosph.: Verdächtiges Rasseln im Hals; Brastsymptome; Ueberempfindlichkeit der Sinne; Schwäche und steigende Freqaenz des Palses. Phosph. acid«: Vollständige Apathie und Gleichgftltig^it; meteoristische Bauchauftreibung mit yielem Poltern und OarreUi schmerzloser, wässeriger, grauer Durchfall; unfreiwillige Stfihle; grosse Hinfälligkeit. Bhus tox.: Wenn nach Beilad. gegen den dritten Tag dag Fieber noch steigt; bei dunkelm Aussehen des Miliariausschlags; die Zunge ist roth und glatt; schläfrig, dabei Delirium; Nasen- bluten; Bheumatismus; die geschwollenen Ohrspeicheldrüsen brechen auf und sondern reichlich Ljrmphe ab. Silic; Schmerzen im Ohr stören den Schlaf; legt die Hände hinter die Ohren; Otitis media. Stramon.: Aehnlich wie Beilad., doch ist der Ausschlag weniger hell, zeigt Neigung zum Schwinden oder Nachlassen. Sulfur.: Schnelles Rothwerden ftber den ganzen Körper mit folgendem Sopor bald nach dem ersten Erbrechen; der Aus- schlag wird bald purpurfarben, dabei Diarrhoe; Trockenheit der Nase. Tereb.: Besonders bei parenchymatöser Nierenentzündung und wolkigem, blutigem Urin. Veratr.: In heissen Sommern; brennende Hitze abwechsebd mit Kälte der Extremitäten. Zincum: Besonders bei drohender Gehimlähmung, voll- ständige Bewusstlosigkeit; das Kind liegt ganz bewegungslos; Zähneknirschen; schrilles, schreckliches Oeschrei; die Stirn ist kalt, mit kaltem Schweiss bedeckt, kurzer, schneller Athem; un- willkürliche Entleerungen; eiskalte Glieder; blauroth am ganzen Körper; Konvulsionen, dann Stupor. Zum Schluss giebt Referent der Ueberzeugung Ausdruck, dass die homöopathischen Mittel zwar nicht den typischen Ablauf des Scharlach zu koupiren, doch aber zu modifiziren, und die Kompli- kationen hintanzuhalten oder abzuschwächen im Stande seien. Eine hochinteressante und gewiss äusserst seltene Kranken- geschichte giebt ihm Anlass, auf die Herzlähmungen besonders auf- merksam zu machen, welche durch ihr meist heimtückisches Auf- treten gefährlich werden können. Der Fall war folgender: Drei- Dr. GiaeTliui jr., BMprechimg der akuten ezanthem. InfektionskraDkli. 1 79 jähriges Kind bekommt im Anschluss an Scharlach Zeichen von Herzschwäche. Trotz Ammon. carbon. VerBchlimmerong. Exci- tantien fruchtlos. Eines Abends Stillstand des Polses in Gegen- wart des Arztes. KQnstliche Athmong ruft ihn wieder hervor; nach stundenlang fortgesetzter künstlicher Athmung arbeitet das Herz selbständig weiter. Am Abend des folgenden Tages, nm 10 Uhr, wieder Herzstillstand. Wieder kfinstliche Athmnng die Nacht durch. Am folgenden Abend dasselbe Schauspiel und so fort. Sieben Nächte hindurch musste die künstliche Athmung wiederholt werden. Das Kind ist genesen. Die kompUzirende Endo- und Pericarditis hält Referent beim Scharlach für prognostisch günstiger, als beim akuten Gelenk- rheumatismus. Diskussion: Dr. Windelband räth, nicht mit Aconit die Zeit SU verlieren ; wenn das Fieber schnell zu bedrohlicher Höhe ansteigt, dann giebt er Apis. Mercur. cyan. ist indizirt bei diphtherischer BachenaffektiOD. Da beides, das hohe Fieber und die diphtherische Angina zum typischen Scharlachbilde gehören, giebt Windelband gewöhnlich Apis und Mercur im Wechsel. Bei Nephritis betrachtet er Arsen als Hauptmittel, welches er gewöhnlich mit Hepar im Wechsel giebt. Wenn diese Mittel im Stich lassen, so sei die Sache meist bedenklich. Auch Helleborus habe sich bei wassersüchtigen Anschwellungen in Folge von Nephritis bewährt. Ueber Colchicum bei Nephritis haemorrhagica fehlen ihm Erfahrungen. Eklatante Erfolge hat er bei Nephritis nach Scharlach und Diphtherie von Kalium chloratum gesehen; es wirkt hier nach homöopathischer, nicht nach Schüssler'scher Indikation. Dass man auch in solchen F&Uen die Eoustitution nicht aus dem Auge lassen darf, beweist ein Fall von Nephritis nach Scharlach, die fast chronisch geworden war. Nach vergeblicher Anwendung von Arsen, Hepar, Helleborus, trat nach Sulfur prompte Heilang ein; es bestand Skrophulose. Für Ammon. carbonicum sind ausser den oben angegebenen Symptomen livide Farbe des Exanthems und Himerscheinungen charakteristisch. Dr. Oisevius sen. spricht sich sehr anerkennend über Apis aus und erinnert sich gern der Erfolge, die er diesem Mittel in 80. Potenz im Anfang seiner Praxis zu verdanken hatte. Dr. Schwarz hat in Brandenburg a. H. nie so schwere F&Ue geseheu, wie früher in Königsberg an der Kinderpoiiklinik der 12* 180 Zeitschrift des Berliner Vereiues homöopacidiioher Aerste. Universität. In Brandenburg fand er selten Anginen, h&afiger da- gegen Nephritiden. Auch er hat einen Fall von schwerer Nephritis erlebt (der Urin gerann beim Kochen vollständig), in dem ein paar Oaben Sulfar zwischen die anderen Mittel eingeschoben eineo deutlichen Effekt erzielten. Ein zweiter Fall war noch eklatanter, ja fast räthselhaft. Ein Offizier hat eine schwere Nephritis (1 V2 ^/oo Ei weiss); jede Therapie effektlos. Gabe Sulfdr. Am folgenden Tage Fieber und Schüttelfrost, für welches keine Er- klärung gefunden werden konnte ; darauf kolossale Diurese, so dass Patient in acht Tagen 90 Pfund verlor; der dabei abgehende Urin enthielt ^s ^/oo Eiweiss. Schwarz erwähnt noch Gantharidin als für Nephritis in Be- tracht kommend. Dr. Windelband fflhlt sich durch diese Krankengeschichte ver- anlasst, auf die Heilsamkeit des Fiebers hinzuweisen. Er schreitet gegen dasselbe nur im äussersten Nothfall ein. Er hat femer be- obachtet, dass die Nephritis sich seltener an die foudroyanten, als gerade an die leichteren Fälle anschliesst. Er erklärt das durch die geringere Vorsicht, welche begreiflicher Weise nach leichten Fällen beim Aufstehenlassen geübt wird. - Dr. Breustedt berichtet, dass Scharlach in Spandau sehr schwer aufzutreten pflegt. Mit den Erfolgen seiner Therapie ist er jedoch sehr zufrieden. Er beginnt gewöhnlich mit Belladonat und lässt dann Apis etwa zwei Wochen lang folgen. Doch scheint ihm Apis kein Prophylacticum gegen die Nephritis. Dr. Oisevins sen. regt die Frage nach der Ansteckung an. Dr. Windelband erzählt einen Fall, wo die successive Er- krankung von sieben Kindern einer Familie sich über neun Monate hingezogen hat, wodurch W. die jetzt wohl allgemein geltende Ansicht bestätigt sieht, dass die höchste Gontagiosität zur Zeit der Abschuppung besteht. Es ist vielleicht nicht uninteressant darauf hinzuweisen, dass Bär in seinem Lehrbuch ausdrücklich schreibt: Die höchste Gontagiosität besteht bald nach Ausbrach des Exanthems; schwerlich aber ist sie noch in der Desquamations- periode vorhanden. Dr. Windelband bemerkt noch zu den Herzkomplikationeo, dass er auf Sorge's Empfehlung hin bei Endo- und Pericarditis Stibiumjarsenicosum mit ausgesprochenem Erfolge gegeben habe. Dr. Gisevius sen.: Die Amerikaner empfehlen in diesen Fillen Ailanthus. Dr. Oiteriiu jr., Baspreehang der akaten ezanthem. InfekÜoiukrankb. 191 Dr. Breustedt berichtet Yon einem Scharlachfall, wo nach heissen Bädern Nierenblutungen auftraten, die trotz Aussetzen der Bider auf Phosphor und Gantharis nicht aufhörten. Liq. ferri sesqaichlorati 1 : 120 half prompt. In einem anderen Fall Ton Scharlach mit auegedehnter Ver- eiterung der Lymphdrflsen des Halses trat bei einem Verband- wechsel eine profuse Blutung aus dem Munde auf. Nachdem der Patient ein Glas Wasser mit 2 Tropfen Liq. ferri sesquichlor. ge- trunken hatte, stand die Blutung. Dr. Windelband bestätigt die YOrzQgliche styptische Ein- wirkung des Mittels per os gegeben. Er bat dasselbe auch bei petechialen Formen des Scharlach yorzflglich bewährt gefunden. Dr. Gisevius jun. sieht sehr viel schwere Fälle YOn Scharlach in Berlin, besonders bei den skrophulösen Kindern der Arbeiter« Dr. Gisevius jun. fährt in seinem Referat fort und charakterisirt die bei Masern in Betracht kommenden Mittel an der Hand des Excerptes aus Baue. Hasern« Acon: Ist Hauptmittel im Anfang, weil es allen Symptomen der gewöhnlichen Fälle entspricht: Voller, schneller Puls, trockne, heisse, brennende Haut; Fieber; Unruhe; katarrhalischer Beizzu- stand von den Augen bis in die Bronchien; Nasenbluten; trockner Eechzhnsten oder selbst Erouphusten; stechende Schmerzen in der Brust; unruhiger Schlaf mit Zucken und Auffahren; Zähneknirschen; Murmeln, oder Schhtflosigkeit mit Herumwerfen und Angst; im Magen und den Eingeweiden Schmerzen mit Erbrechen und Diarrhoe. Apis: Ausschlag und ödematose Anschwellung der Haut; hochgradig entzündete Augen; Erouphusten. Arsen: In adynamischen Fällen; häufiger, kleiner, schneller Puls; grosse Angst, Unruhe; der Ausschlag yersch windet zu frtih oder plötzlich; Erbrechen und Diarrhoe. 6 eil ad.: Kann ebenso wie Acon. im Anfang indizirt sein; bei schnellem, aber weichem Puls; der Kranke ist schläfrig, kann aber nicht einschlafen; Kopfkongestionen. Bryon.: Bei langsam heraustretendem Ausschlag und entzünd« lieben Affectionen in der Brust; trockner^ schmerzhafter Husten; Verstopfung. 182 Zeitsohriffc des Berliner Vereines homöopathiflcher Aerste. Gamphora: In den gefährlichsten Fällen, wenn das Gesicht blasB und die Haut kalt und bläulich wird. Cupr.: Bronchitis, Delirium; Keuchhusten. Drosera: Husten, wobei das Epigastrium eingezogen viid| ähnlich wie beim Keuchhusten. Gelsem.: NachAcon., viel Schnupfen; Fieberhitze, aber kein Durst; Gehirn Symptome. Hepar: Krouphusten mit Bassein auf der Brust. Ipec: Zögerndes Heraustreten des Ausschlags mit Brust* beklemmung; Kitzelhusten und Erbrechen. Kali bichr.: Wasser fliesst aus den Augen, Brennen in den- selben beim Oeffnen; Pusteln auf der Kornea; Stechen im linken Ohr bis in den Hals und Kopf, mit Anschwellung der Drüsen; rasselnder Husten mit strähnigem Auswurf. Lach es.: Livider Ausschlag yon beinah schwärzlichem Aus- sehen, die Zunge dunkelbraun belegt, Schmutzkrusten an den Zähnen. Mercur.: Durchfall mit Schmerzen in den Eingeweiden und Tenesmus. Phosph.: Bei Komplikation mit Bronchitis und Pneumonie. Pulsat.: Augenentzündung und Lichtscheu; dicker, gelber Ausfluss aus der Nase; Trockenheit im Mund ohne Durst; nächt- licher Durchfall nach vorhergehendem Poltern in den Eingeweiden; rasselnder, lockerer Husten mit Auswurf von dickem, gelbem Schleim. Stramon.: Vor dem Ausbruch des Ausschlags, wenn schreck- hafte Visionen von Ratten und Mäusen u. s. w. da sind. Sulf.: Entweder im ersten Stadium, wenn der Ausschlag nur zögernd fortschreitet oder bei Nachkrankheiten. Veratn: Blasse, livide Farbe und spätes Erseheinen des Ausschlags. Von Ohren- und Augenkomplikationen hat Beferent nie ernst- liche Schädigungen erlebt. Dr. Brenstedt behandelt die Mittelohrkatarrhe bei Scharlach und Masern mit dem Politzer, auch wenn Halsbelag da ist. Er hält die lokale Therapie für erfolgreicher, als die homöopathische. Drohende Trommelfellperforationen will er durch den Gebrauch des Politzer verhütet haben und will fast alle akuten Mittelohr- katarrhe auf diese Weise in 8 Tagen zur Heilung bringen« Br. OiseTiiii jr., Bespreehuiig der akuten ezantbeiL InfectioMkranUi. IgS Dr. Windelband widerspricht der Ansicht des Vorredners; er hilt die Belladonna für indisirt bei akater Mittelohrentsftndong npd wendet sie mit Erfolg an, eventuell im Wechsel mit Sublimat Dr. QisevittS jun. ssieht ebenfalls die homöopathische der lokalen Behandlung vor; er hat mit Belladonnai Sublimat und KaU bichrom. immer gute Resultate erzielt. Dr. Eau£Emann h< das Verfahren des Dr. Breustedt bei Hals- belag für sehr gefährlich, welche Ansicht ja wohl auch allgemein gelehrt und getheilt wird. Dr. Windelband weist noch auf die ernste Prognose der Masern bei Erwachsenen hin. Dr. Giseyius jun. fährt fort im Referat und geht zur Be- sprechung des Erysipelas über, dessen homöopathische Therapie er im Vergleich mit der allopathischen für eine sehr glückliche erklärt. Bryilpelacu Apis: Oedem, besonders der Augenlider. Gesicht blaasroth oder purpurn. Unruhe. Schlaflosigkeit Fieber hoch. Durst Affektion beginnt rechts. -— Erysipelas phlegmonosum. Belladonna: Glatte Form. Schmersen heftig mit Klopfen. Gehimreiz: Klopfen im Kopf, Visionen, Zucken im Schlaf. — Auch bei der phlegmonösen Form, die rasch zur Eiterung forschreitet. — Die Affektion geht von rechts nach links. Borax: Im Gesicht das Gefühl Ton Spinneweben. Cantharis: An der Nase beginnend, auf die Backen über- gehend mit Blasen, die platzen und eine ätzende Flüssigkeit ab- sondern. Crotalus: Steht Lacheeis nahe. Graphites: Bei chronischen Formen, an der Nase beginnend. Nach dem Anfall bleiben die Theile verdickt und hart. Das Mittel beseitigt die Neigung zu Rückftllen. Lache sis: Dunkelblau, gedunsen. Füsse kalt, Kopf heiss. P. klein, frequent. Schlafsucht, murmelndes Delirium. Exanthem schwindet Links. Rhus: Blasen. Schlafsucht Gesicht dunkelroth, besonders Kopf, Gesicht, Geschlechtstheile. Erysipelas bullosum. Stramonium: Aehnlich Bhus, sobald das Hirn mitleidet. doch mehr Delirium, Unruhe, erschrecktes Aufschreien. Sulfur: Aehnlich wie Graphites, beseitigt die Neigung zu RSckfällen. 184 Zeitsehrift dei Berliner VeremeB homOopathifielier Aeneto. Im Anschlaas an den von Gisevius jr. berichteten Fall macht QiseyiuB sen. darauf an&nerksam, dass man Amica-Exantheme leicht mit Erysipelas verwechseln kann ; Eröner hat ähnliche Fälle erlebt Windelband empfiehlt Abrotanum gegen schnell fortschreitea- des Erysipelas der Extremitäten ; gegen die Neigung zu EeüdiTea hat sich Sulfur bewährt Herpes soater. Bhus toxicodendron: Oft dem ganzen Verlauf entsprechead und Komplikationen verhtttend. Mezereum: Besonders zur Verhütung der zurftckbleibenden neuralgischen Schmerzen, ebenso Banunculua bulbosus, Dolichos pruriens, Staphisagria und Causticum gegen die neuralgtschea Schmerzen vor der Eruption, gegen letztere Apis. Arsen: Sehr heftige brennende SchmerzeUi schlinuner Nachts, Buhelosigkeit. Dann werden erwähnt: Croton tiglium: StecheUi schmerzhaftes Brennen, BStheii der Haut, Pusteln und Blasen; dieselben trocknen und fallen aK Graphites: Linke Seite. Iris veraicolor: Hechte Seite mit folgenden Hagenst5rungen. Mercur: Erleichtert das Brennen und begrenzt die Blasen- bildung. Hechte Seite bis über das Abdomen. Ealmia: Facialis-Neuralgie nach Zoster. Sitzungsberichte des Berliner Vereines homöopathischer Aerzte. Von Dr. Duunholi. Fortsetzung Tom 28. Februar 1901. Windelband hat mit Ghin. ars. in der Nachbehandlung von Infi, grosse Erfolge. Ein komplizirter Fall von Infi, bei einer Dame mit Vit« cordis und starken Menses besserte sich auf Acon., Bry.i Sünmgsberiohte des Berliner Vereines homöopathischer Aente. 185 PhoBph. und Chin. ars. in 14 Tagen, unvermittelt trat dann plötzlich Kräfteverfall ein. Puls 50— 60, klein; starker Schmerz vom Nacken bis zum Vorderkopf, Erbrechen, DarchfiUle, kalter Schweiss. Yeratr. beseitigte viel Beschwerden, doch blieb Kopf- schmerz mit starker Röthe. Bell, Atrop. und Glon. versagten; Gelsem. heilte in IV9 Tag. Ein noch restirender Katarrh wich auf Cicuta. Kroner hat gleichfalls sehr gute Erfolge mit Chin. ars. als Bestitutionsmittel nach Infi. MüUer-Kypke jun. hebt hervor, dass Walz vielfach Gamph. im 5. bis 6. Pot. mit Erfolg in der Influenza gebrauchte. Gisevius 11 bestätigt Gamph. als wirksam. Windelband. Diese Indikation sei für Gamph. keine homöo- pathische. Hahnemann habe die Infi, in unserm heutigen Sinne nicht gekannt Gamph. sei nur gegen die Prostration zu geben. Zweifelhaft sei es auch, ob Camph. in Kügelchen noch wirk- sam sei Bree hat schwere InfluenzafftUe durch Gamph. Rubini, von Anfang an gereicht, abgekürzt und erleichtert. Femer hat er bei Infl.-Anginen mit Schwellung und Böthung durch Merc. cyan. bessere Erfolge erzielt, als mit BeUad. oder Apis. Kröner hat in ähnlichen Fällen auch gute Erfolge mit Merc eyan. erzielt. Burkhard gleichfalls in einigen schweren Anginen, denen sich die Infl.-Erkrankung erst anschloss. Gisevius. Der epidemische Charakter der Infi, erfordert oft ein anderes Mittel, man muss sich deshalb stets bemühen, das Mittel herauszufinden, was dem epidemischen Charakter entspricht. Bryon. wirkt besonders bei Kopfschmerz, der von vom nach hinten geht, bei Darmstörungen und sauren Seh weissen Merc. soL hat auch saure Schweisse. Bei schweren begleitenden Lungenaflfek- tionen mit starkem Kräfteverfall kommen zuerst Tart. und Phosph. in Betracht, dann Ammon. carb. und China. Auch er hat oft auf Chin. ars. gute Erfolge gesehen, besonders auch bei Neuralgien nach Infi., die sich durch Aufsitzen des Nachts bessern. (1. Prü- fang.) Auch Gamph. Rubini' und Eucalypt. glob. haben sich ihm gut bewährt. Die Pleuritis hat er meist günstig mit Sulf. und Canth., eventL mitAp. im Wechsel behandelt. Rhus rad. bei pleu- ritischen Schmerzen sehr wichtig. Erkrankung der GesichtshShlen nach Infi, sehr häufig. Oft Operation unerlässig, Hauptmittel 186 Zeitsehrift des Berliner Vereinei homSopftthisclier Aeixte. dabei Merc. sol., Hep., Silic. Oertlich gebraucht er bei Empyem antr. gern 10 % Sanguin.-Salbe. Derartige Salbentampons gebraucht er auch mit Erfolg bei Polypen, Bhinit. hypertroph, xl b. w. Eröner wendet hier Sanguin. als Schnupfpulver an. Burkhard. Sehr wichtige Mittel bei Nasen erkrankungen der Kinder sind Calc. c. und jod. Windelband. Die Infi, wirkt häufig deletär auf Herzaffektionra und fahrt dabei oft Tod durch Herzlähmung herbei. Burkhard. Schwere Influenzafälle treten öfters unter dem Bilde des Gelenkrheumatismus auf. Windelband. Starke Lungenblutungen schliessen sich oft der Infi. an. Kröner. Bei Herzaffektionen bemerkt man bisweilen sehr langsamen Puls (48 und darunter); Digit.!r:^ hierbei sehr wirksam. Ein Fall hatte Wochen lang nur 40 Pulse. Schluss der Diskussion. Vereinsangelegenheiten: Der Vorsitzende bringt das fort- gesetzte Annonciren anerkannter Autoritäten und unbekannter Aerzte im bunten Gemisch in sog. Fremdenbüchern, Führern u. s. w. von Berlin zur Sprache. Gegebenen Falles soll seitens unsers Vereines bei dem Ehrengericht hierauf rekurrirt werden. Ferner theilt der Vorsitzende mit, dass der KoU. Geh. Sani- tätsrath Dr. Faulwasser die Ehrenmitgliedschaft mit Dank ange- nommen hat. In einem Briefe theilt Dr. Taube in Heran' mit, dass er nicht mehr homöopathischer Arzt sei. Auf Grund dieser Erklärung beschliesst der Verein: 1. Den Dr. Taube im Mitgliedsverzeichniss zu löschen, 2. Dem homöopathischen Centralverein in Deutschland und 3. dem homöopathischen Aerzteverein in Oesterreich von der Erklärung des Dr. Taube Kenntniss zu geben. Nächstes DiskuBsionsthema: Die Kalipräparate. Sitzung am 14. Kärz 190L Anwesend sind die Herren DrDr. Bastanier, Dammholz, Gise- vius, Jahn, Mflller-Kypke jun., Schwarz, Windelband, u. A. G. G. Eipper, Kramer, Kluge, Müller-Kypke sen., Naab, Pleitner. Sitiimgsberiohta des Berliner YereiBeB homöopathiBdier Aenste. 187 Herr Dr. Windelband eröffnet um 9V« Uhr die Sitzung und begrfisst das neuaufgenommene Mitglied, Herrn Dr. Bastanier- Berlin durch Handschlag. Diskussion Aber Ealipräparate. Kali carb. Windelband: Alle Ealipräparate haben als Haupt- cliara][teristikum den deprimirenden Einfluss, Eal. carb. speziell bei Herzschwäche. Auch im Hydrops bei Herzschwäche und bei gewissen Bleichsuchtserscheinungen: Lange ausbleibender Menstr. in beginnender Pubertät (durch Bückert empfohlen) ist es sehr wichtig. Bespir.-Org.: Sehr gut bei Pertussis mit nächtlichem Eitzelhusten, bei Habitus phthisic, Bluthusten. Von Hahnemann auch empfohlen bei Pleuritiden (auch tuberkulösen) mit eitriger Aneschwitzung. Ereuzschmerz in der Gravidität. Hüftgelenks- entzündung, sowohl im Beginn (entzündl. Stadium, hier verhütet es oft noch den Eintritt der Eiterung), und auch in späteren Stadien. Er hatte viele Erfolge bei allen möglichen Goxitiden durch Eal. c. Bei Acne rosac. und bei nässenden Flechten mit Neigung zu Furunkelbildung, ebenso wie bei harten Milchknoten und stockender Milchbildung oft von vorzüglicher Wirkung. Dammholz hat Eal. carb. auch häufig von guter Wirkung bei Habit, phthis. mit Stichen in Brust und Rücken befunden. Die Stiche schwanden meist sehr schnell, das Allgemeinbefinden besserte sich. Auch bei ausgesprochener Tuberkulose giebt es oft gute Resultate bei den quälenden Bruststichen. Bei Gozitis mit starken Stichen und Schmerzen hat er es auch be- währt befunden. Ein geradezu unersetzliches Mittel ist es ihm aber bei der ^^Ereuzschwäche** in der Schwangerschaft und vor allem nach Aborten und nach starken Blutungen. Die Frauen fühlen jede Anstrengung im Ereuz. Sie können sich nicht bücken, sie können nicht lange sitzen, nicht stehen ohne Ereuzschmerz mit allgemeiner Mattigkeit. Diese FäUe passen für Eal. carb. Gisevius: Bei Colitis ist Eal. c. ein wunderbares Mittel. Starke Schweisse dabei sind ein charakteristischer Hinweis auf E. c. In der Anämie gehört E. c. zu den wichtigsten Mitteln. Bei Ereuzschmerz, Herzschwäche, Schweissen ist es angezeigt« Es giebt eine Fe.-, Palsat^ und Eal. c-Anämie. — Gynäkologisch ist es angezeigt bei allen Erkrankungen mit hervorstechendem Ereuz- schmerz, auch bei Dysmenorrhoe u. Metrorrhagie. — In den Respir.- Org. hat es sich ihm bewährt bei Pertuss. und verschleppter katarrhal. Pneumonie neben Ammon. carb.; bei Schnupfen mit ab- Ig8 Zeitschrift des Berliner Vereines homöopathischer Aente. wechselnd verstopfteD Nasenlöchern. Ferner ist es ein wichtiges Mittel im Basedow und bei Muskelschmerzen mit scharfen Stichen. Kali bichrom. — Windelband: Es ist ein gutes Mittel bei Rhinitis, Nasopharyngitis, Ozaena. (Arbeiter in den Ghrombergwerken erkranken an stinkendem Nasen- rachenkatarrh; mit Eiter, Schorfbildung, Zerstörnng der Knorpel). Charakteristisch: Zähigkeit des Schleimes und das Stinken, Gefühl eines Haares im Eachen. Bei gewissen Formen tertiärer Syphilis (Stinknase); auch örtlich ist Kali bichrom. (Pulver, Dousche) sehr geeignet für diese Prozesse, so auch bei Condylomen. FQr Losungen ist unter der 4. kein Alkohol zu verwenden, da es sich damit bis zur 8. sehr leicht niederschlägt Gisevius bereitet ein Schnupfpulver aus Kali bichrom. und Hydrast. canad. Es bewährt sich bei Asthma bronchiale, das Nachts zwischen 2—8 ühr auftritt, viel Schleimauswurf. Ferner eignet es sich für Magenkatarrh mit dickbelegter Zunge, bei Diphtherie, bei Ecthyma syphilit, bei Leukorrhoe, auch bei Ischias, schlimmer durch Beugung und Bewegung, besser durch Druck und Buhe. Dammholz bestätigt die Wirkung bei Asthma mit zfthem, fadenziehendem Schleim, MüUer-Eypke die örtliche bei Wucherung der Nasenschleimhaut. Kali bromatum. Windelband empfiehlt es bei chron. Furunkulose. Bei Epilepsie hat Windelband nie Heilung, nur Besserung ge- sehn. In kleinen Gaben beim Zahnen der Kinder mit gutem Er- folg, des nervösen Erethismus wegen. Bei einem alten Herrn mit geschlechtlichen Yerfolgungsideen und Schlaflosigkeit, Neigung zum Selbstmord wurde durch 2. Dil. Kai. brom. Besserung erzielt. Schwarz hat nicht einmal Besserung bei Epilepsie gesehen, dagegen Erfolge mit der Flechsig'schen Methode: Opium steigend bis 3 gr. täglich, dann Bromkali bis 12-— 15 gr. Bei diesem Wechsel tritt kein heftiger Shock auf. Die Anfälle hören meistens auf, nach 1 Jahr kommen sie aber wieder. Von 30 Fällen hat Schwarz endgiltig nur zwei geheilt, seit 6 Jahren in Beobachtung. Weder vom Opium, noch von Bromkali hat Schwarz nennenswerthe Schädigung beobachtet. Sitnmgtberiolite des Berliner Vereines homOopftthigoher Aente. 189 OiseviuB h< Bromkali auch nur Air ein Palliativnin; betont die Schädigung des Zentralnervensystems durch dasselbe, insbe- sondere der Genitalfunktionen. Es ist wichtig bei Millar'schem Asthma, Tabes mit Verschlim- merung durch Erectionen und Pollutionen, Leberkoliken, VaginitiSi Masturbation, Pruritus vulvae. Windelband: Caladium seguinum ist vorzQglich gegen Pruritus Tolyae* Gisevius: Femer ist Kbü brom. n&tzlich bei Husten der Schwangeren und bei Urticaria nervosa. Eal. chloric. Windelband empfiehlt es bei Stomatitis, Stomacace, Skorbut, Prosopalgie mit exzessivem Charakter. Schwarz: Nach K. chl. entsteht leicht Nephrit haemorrhag. Windelband: Spezifisch bei Speichelfl. nach Quecksilber; direktes Antidot gegen Mercur. Kali chlorat. Windelband hat Nephrit, nach Scharlach und Diphtherie, mit E. Chi oft gut geheilt. Schwarz: Es bewährte sich auch gut bei Diphtherie. Gisevius hat damit selbst gute Erfolge erzielt bei Stomatit. mit breiten Plaques und starkem Speichelfluss. Kali hydrocyan« Windelband : Hat in der Choleraepidemie in seiner ersten Zeit als prakt. Arzt zuerst nur Todesfälle gehabt. Dann wurde er von Sorge in die Homöopathie eingeführt und hatte nun gute Erfolge bei Cholera. Er hat damals Veratr. Ars., und Acid. hydrocyan. subcutan angewendet Es ist hauptsächlich bei asphykt. Cholera angezeigt und dann stets subcutan, wie er es wiederholt mit Erfolg in 8. und 4.yer- dannung angewendet hat. Auch bei sehr starker Photophobie skrophulöser Natur, infolge von Keratitis hat er gute Erfolge gesehn. — Das Präparat zersetzt sich leicht; deshalb ist es für subkutane Injektion stets frisch zu bereiten. Kali jodat. Windelband: Antidot gegen Quecksilber; ferner bei skrophu- löser Drüsenschwellung. Hinweis: Schmerzen im Hacken, Fersen- bein und Sohlen bei rheumat. Aflfektionen; hier als fast spezifisch, durch Burkhard empfohlen. 190 Zeitsohrift des Berliner Vereines homOopathiaeher Aente. Auch gegen sonstige rheumat Gelenksaffektionen; femer bei Ozaena, Erkrankung der Besp.-Organe: trockner, heiserer Hasten, Verhärtung Ton Drüsen (Prostata), Hypertrophie der MilchdrOsen. In mercurieller Gachexie. Bei Plaques hyalines hat er oft mit schwachen Gaben von Merc. bij. gute Erfolge gesehen. Gisevius: Bei Ischias mit nächtlichen Schmerzen, bei denen sich die Patienten nicht drehen können, hat es sich oft bewährt Bei Zahnschmerzen, wenn das Periost angegriffen ist, femer bei Pneumonie ein sehr wichtiges Mittel, was auch Windelband und Kluge bestätigen. Schwarz empfiehlt es bei Croup. Ein Patient, der 4 Tage lang in stärkster Dyspnoe lag, erhielt Kali jod., in stets steigender Dose. Am L Tage fand endlich eine Lösung von massigen Mem- branen statt (Bierseidel voll). Gisevius: Die jüngere Aerzteschule leugnet gern die Existent des echten Croup. Er hat einen ähnlichen Fall gehabt, der mit Hep. s. c. behandelt und geheilt wurde. — Auch 2 Fälle von Bronchit fibrin. sind ihm unter Hep. gut verheilt, die sonst stets sehr langwierig verlaufen sind. Kali picronitr. Windelband: Gute Erfolge bei nicht zu alter Prostatahyper- troph., ebenso bei Icten mit grosser Leberschwellung und bei verschlepptem katarrhal. Icterus. Bei alten Fällen von Malaria mit LebererscheinuDgen. Charakteristisch: Hautjucken. Gisevius: Die Wirkung auf Prostata ist wohl Sache der Pikrinsäure. Der Icterus weicht der Pikrinsäure gamicht; deshalb kommt hier wohl hauptsächlich die Kaliwirkung zur Geltung. Der alte haematogene Icterus entspricht der Pikrinsäure. Gisevius erwähnt noch Kai. permang. bei sept. Diphtherie. Windelband erzählt das Schwinden von Diphtherie in einigen Familien nach Anwendung des KaL permang. zur Desinfektion des Klosets. Kai. phosph. Windelband: Bei sehr fauligen Ausscheidungen ist KaL phosph. sehr wirksam, bei Typhus u. s. w. Gisevius: Kai. mur. neben Plumb. jod. und Kai. phosph. werden sehr empfohlen bei Arterio-sklerose. Schluss i 12 h. Sftiniigtberiohte des Berliner Vereines homOopathiseher Aente. 191 DiskasBionsihema fOr näehste Sitzung: Akute Exantheme (Scarlat. MorbiU, Pocken u. s. w.) GiseYius Referent* Bitzimg am IL April 1901. Da zu viele Mitglieder am Erscheinen verhindert sind, werden die Besprechungen fOr die n&chste Sitzung vertagt. Referat und Diskussion Aber , Akute Exantheme'* siehe vorstehend. Sitzung am 25. April 1901. Anwesend sind die Herren DrDr. Dammholz, Gisevius II, Jahn, Eleinschmidt, Kröner, Leugermann, MüUer^Eypke, Schwartz u. a. 0. 6* Brfimmer und Dermitzel. Kollege Eröner eröffnet 10 Uhr die Sitzung und ertheilt das Wort an Kollege Schwarz, der über Ranunculaceen referirt Ranunculaceae. Aconit, Helleborus niger, Glematis erecta, Paeonia, Pulsa- tilla, Hydrastis, Staphisagria, Actaea racemosa und spicata, Coptis trifolia, Banuncul. bulbos, und sceleratus. Aconit. Aconitin und Napellin. I. Nervensystem: Vagus, Respirationscentren, Empfin- dungsnerven (Trigeminus), Schmerzen, Eriebeln, Ein- geschlafensein. Sympathisches Nervensystem. Fieber: Angst, Unruhe Todesfurcht; nach trockenen, kalten Winden oder unterdrücktem Schweiss; voller, harter, schneller Puls; Verschlimmerung Abends und Nachts. (Aconit, Oelsem. Apis.). II. Gefäss System. Herzaffektion: Herzklopfen schlimmer im Oehen; Schmerzen bis in die Finger, Eriebeln, Taubheit; bei unkomplizirter Hypertrophie. Aconit- An Wendung. Fieber: contin. acut, niedrig; Pneumonie, Croup, Gastritis, Bauchfellentzflndung, Stiche, Haemoptisis, Eierstocksdysmenorrhoe. Dysenterie, Darmkatarrh. 192 Zeitscllrift dM Beriiaer Vereinefl liomSopftthiseher Aente. Nerven-Paralyse, Kriebelo; Kälte, Taubheit, Gesichts- Bchmerz, Zahnschmerz. Anzuwenden in 1—6. D. Blutgefässsystem, 1—30. Nervensystem. Verwandte Mittel bei Haemopt.: j, Led um, Trinker oder Rheumatiker, heUroth, schaumig, „ Millefol., profuses hellrothes Blut, ohne Fieber, „ Aconit, hellroth, Angst, Fieber. „ Gact. grandifl. mit starkem Herzklopfen* Actaea racemosa und spicata. Act. spie, kleine Gelenke der Füsse und Hände, nfttzlich bei Rheumatismus. Act. racemosa oder Cimicifuga. Gentren der motor Nerven und Reflexnerven; Becken weiblicher Individuen, besonders in der Schwangerschaft. Anwendung: Reflex vom Dterusr Kopfschmerz: Hitze auf den Scheitel; Gefühl, als ob die Spitze des Kopfes wegfliegen wolle. Neuralgien in Folge üterusleiden. Spinalirritation: Kann den RQcken nicht anlehnen. Puerperalmanie, Entbindung: umherfliegende Schmerzen. Schwangerschaft: Schmerzen in den Bauchwänden in den ersten Monaten. Ranuncul. bulbos. Haut: Oertliches Exanthem, vesiculos. bis Gangrän. PemrhiguB. Muskeln, Rumpfinuskeln : Verschlimmerung bei feuchtem Wetter und Wetter- und Temperaturwechsel. Gehirn und Rückenmark (Alkoholmissbrauch): Schlucksen, epileptiforme Anfälle, Delir. tremens. Nerven: Trigem. (ob. Aeste); Intercostalnerven. Seröse Häute: Pleura, heftige Stiche, Angst, Qual, Dyspnoe; Schmerzen nach Pneumonie („Unterschworenseinsgefühl^), Adhäsion der Pleura. Schleimhäute: Heufieber; Augenlider, Schnupfen. Ranuncul. sceleratus. Haut, Zunge: Landkartenzunge. SitKQBgsberiohte des Berliner Yereines homöopAthiBcher Aente. 193 HelleboruB niger. Zunächst reizend I dann lähmend auf das Gentraluerven- system; Depression der Sinnesnenren, allgemeine Muskelschwäche bis zu völliger Lähmung. Auftreten von Haut- und Höhlenwassersucht. Anwendung: Hydrocephalus, Stupor.; Nephritis scarl. mit dunklem Urin. Staphisagria. Haut, Zähne: Gestielte Condylome, Feigwarzen; Ausschlag mit heftigem Jucken, das die Stelle wechselt bei Kratzen. Abbröckeln der Zähne. Urogenitalorgane: Onanie, sexuelle Excesse. Kranke mürrisch, deprimirt. Glematis erecta. Hoden - Entzttndung in Folge von Tripper; Hode hart, sehr schmerzhaft. Hydrastis canadensis. Katarrh der Schleimhäute (Nase, Blase, Uterus, Magen, Darm, Vagina); zusammenziehend auf die Blutgefässe des Unterleibs. Gef&hl von Hinsein, Schwäche in der Magengrube, Herzklopfen bei excoriirender Leucorrhoe; schmutzig gelb belegte Zunge, Abdruck der Zähne. Verstopfung; Schleim im Stuhlgang. Schleimhäute: Dick, gelblich, fadenziehende Absonderung. Pulsatilla. Schleimhäute, Synovialmembranen, Blutgefässe, weibliches 6e- scülechtsorgan. Characteristica: Thränenreichstes Mittel ; Veränderlichkeit und Unbeständigkeit der Symptome; Besserung von Bewegung und in der kalten Luft; Frostigkeit, selbst bei EUtzegefiUü ; Gelbe oder gelbgrflne Absonderung mit milden Charakter. Allgem. Chlorotische und anämische Frauen; Schmerzen .bei FrÖBteln. Menses treten später ein, dunkel, klumpig. Herz: Bechte Seite, Venen, Capillaren. Varicose Venen: Bläulich, stechende Schmerzen. Conjunctivitis: Im Reifestadium, dicker gelber Ausfluss. Schnupfen. IB 194 Zeltschrift des Berliner Vereines homSopathiseher Aerrta. Ohraffektion: Ohrenschmerz der Kinder. Hals: selten. Magenkatarrh: Mnnd trocken , DorsÜosigkeit; dicker, rauher, weisser Pelz auf der Zange, üebelkeit, bisweilen Er- brechen. Darmkatarrh: Schleimig, wässrig, schlimmer nach Mitter- nacht Nach Oennss von Fetten, Kuchen, Durcheinanderessen. Tripper, namentlich zurückgetretener. Prostata-Vergrösserung: Faeces gross und platt (^ drückt. Angeborene Hydrocele. Rheumatismus der Gelenke. Ziehende Schmerzen nothigen den Kranken, den Theil zu bewegen; Druck erleichtert Ver- schlimmerung in der Wärme und gegen Abend. Besserung doich Kälte. Gicht und gichtische Diathese. Uterus: Menses zu spät und spärlich; ruckweise; dunkel, klumpig, dann wieder farblos, wässrig. Anwachsung der Placenta. Milchdrüsen. Fieber: Frost, kein Durst. 2 — ^S Uhr Nachmittags. Neuralgie: Schmerzen ruckweise, umherziehend, in Paro- xysmen. Schlaf unruhig; beim Erwachen yerdriesslich und benommen. Diskussion. Aconit Kröner: Aconit passt nur bei allen Erkältungsfiebem. Einen pathologischen Ausdruck kann mau nicht dafür finden. Gisevius und andere behaupten, dass Aconit nicht passt bei Scharlach, auch nicht bei Typhus. Indizirt nur, solange noch kein Schweiss ausgebrochen ist. Es wirkt speziell auf Zirkulation und Sympathicus. Wirkung aufs Grosshirn, bei Erregungszu- ständen. Auch bei morb. Basedow., welcher auf Sympathicus- erkrankung beruht. Bei Herzkrankheiten nur, wenn keine Eom- pensationsstörungen da sind. Wirkung auf die Leber (Aufregoogs- zustände). . Bei nervöser Herzunruhe (20 — 30 Potenz). Actaea racem. Gisevius macht auf das Alcaloid von Gimicif., Makrotin, auf- merksam, was Vorzüglich bei Glaucom wirkt in 3. Trit. (3 mal erbsengross). Bei Nachwehen wirkt es auch vorzüglich. Sitnugiberiehte des Berliner Vereiies homöopathischer AenEte. 195 Banoncolus bulb. GiseviuB und Dammhok haben Banane, bnlb. bewährt befanden bei Interkostalneuralgie, Muskelrheum. mit starken Schmerzen und bei pleurit. Schmerz. Heufieber. Helleborus niger. Gisevius zweifelt, ob Helleb. auf tubc. Mening gfinstig einwirkt. Eröner bezweifelt dies nicht| da wiederholt Beobachtungen nach späterer Sect. yorliegen. Gisevius berichtet über einen Artikel ?on Gooper aus der Homoeopath. World^ der noch besonders referirt werden wird. Staphisagria. Dammholz hat Staphis. bei Zahnschmerzen bewährt befunden. Kröner hebt hervor, dass es besonders bei Pulpitis wirkt. Gisevius hat bei linksseitiger Ovarialneuralgie Erfolge gehabt. Clemat. er. Kröner und andere bestätigen die Wirkung bei Epididjmit. and Orchitis. Danmiholz. Gfinstig bei Unterschenkelgeschwüren, von Frank- reich als Specific, empfohlen. Hydrast. Dermitzel berichtet einen Fall, in dem nach Hydr. 1. zuerst Sistierung, nachher stärkere Blutung erfolgte« — Er reichte Hydr. 1, wonach Heilung eintrat. Pulsatm. Kröner empfiehlt Puls, zur Erleichterung der Geburt in einigen Fällen, wo zuerst stets schwere Geburt. Gisevius und Dammholz bestätigen dies. Dammholz hat Pulsat. bei Gastrit. mit Appetitstör ungen und bei Epididymit. bewährt gefunden. Kollege Dermitzel meldet sich zur Aufnahme. Als nächstes Thema: Kapitel aus der Gynäkologie, Beferent: Dr. Windelband. Bitzimg am 9. Mal 1901. Nach Beendigung der Kuratbriumssitzung des Vereins „Berl. Homöop. Krankenhaus* eröffnet Herr Dr. Windelband um ^ 10 Uhr die Sitzung. Anwesend sind die Herren DrDr. Bastanier, Borchmann, Burk-, hard, Dammholz, Gisevius I, Gisevius U, Jahn, Kleinschmidt 18» 1 196 ZeitMhrift dei Berliner Vereineg homOopatliiiolier Aenie. Krönet, Lengermann, SchwartZi Windelband u. a. GG. DrDr. Beekar, Brfimmer und die Knratoriomsmitglieder Herr Frenkel, HoflBoDieater, Seckt, Ziesch. Nach kurzer Besprechung der Umschrift des Euratoriiinu des Leipziger homöop. Krankenhauses wird beschlossen, in Frankfart a.lL diese Angelegenheit eingehender zur Sprache zu bringen. Femer erklärt der Verein seine Zustimmung zu dem Batiu^ welchen Kollege Dammholz dem Kollegen Dr. Jentsch in Nauabnit ertheilt, der vom dortigen Apotheker bedrängt wird. Es folgt das Referat vom Kollegen Windelband Ober: Kapital aus der Gynäkologie: Blutungen. üeber GebSrmntterblntimgeik In Bezug auf Gebärmutterblutungen möchte ich yor Alkm zwei Hauptgruppen unterscheiden, nämlich: 1. Blutungen dei schwangeren Uterus mit der ünterabtheilung der Blutungeo des Wochenbettes und 2. Blutungen des nicht schwangeren Utenu mit den Unterabtheilungen: a) Blutungen der Menstruation ; b) Blu- tungen bei Neubildungen. In Bezug auf die erste Hauptgruppe wird sich nicht viel sagen lassen, da Blutungen des schwangeren Uterus ohne nad- folgenden Abort zu den grössten Seltenheiten gehören und die bei Ausstossung der Frucht eintretenden Blutungen in die ge- nannte Unterabtheilung, bez. im Allgemeinen unter die Abtheilung der Wochenbettsblutungen gehören. Zu den seltensten Erscheinungen gehört es, dass bei Schwanger- schaft menstruale Blutungen auftreten, doch kommen dieselbes vor und zwar meist in den Anfängen der Schwangerschaft, die ersten 2, 3 und 4 mal, und kann die Schwangerschaft auch bei solchen menstrualen Blutungen weiter bestehen. Es sind sogar Schwangerschaften beobachtet worden, bei denen bis zum nor- malen Partus die Menstruationen bestanden. Der Vorgang ist völlig unaufgeklärt und wird auch in diagnostischer Beziehung Schwierigkeiten bereiten und noch mehr in Bezug auf seine Be- handlung, denn es wird schwer zu entscheiden sein, ob die be- treffende Blutung wirl:licli eine zMnstruale oder eine pathologisebe ist, ob also ein innerer therapeutischer Eingriff geboten ist oder nicht Jedenfalls wird man gat thun, beim ersten Auftreten der Blutung und wenn man über den menstrualeid Charakter nicbt klar ist, blutstillende Mittel in Anwendung zu bringen und erst Sitnngfberiolite des Berliner Tereinei ]iom(k)p*thiieher Aerste. 197 in den folgenden Malen, wenn der mentftruale Charakter festslehti eme abwartende Stellung einzunehmen. In erster Linie kämen die Säuren dabei in Betracht, Acid. phosplu und sulfiir. Denn vor Allem mflgste man Mittel ver- meiden, die lebhafte üteruskontraktionen auszulösen im Stande rind und deshalb leicht zum Abort f&hren könnten. Auch Ha- mamelis und Fern sesquichloratum kämen in dieser Zeit in Be- tracht. Sodann auch kämen letztere in Frage, wenn etwa nur mechanische Verletzungen des Cervix zu Blutungen geffihrt hätten. Doch verlassen wir diesen mehr eine Doktorfrage bildenden Zustand und wenden uns der Frage zu, wie Blutungen nicht men- Btrualer Art zu verhfiten sind, die leicht zu Aborten f&hren könnten, namentlich wenn schon frfiher Aborte bei der betreffenden Person vorgekommen sind, und da käme prophylaktisch ein Mittel in Frage, das in kleinen Oaben verabreicht, drohende Blutungen und damit drohende Aborte zu verhindern wohl im Stande ist und das ist die Sabina. Ich habe eine Beihe von Fällen mit der 3. Dilution der Sabina behandelt, die dadurch vor Aborten, die vorher eingetreten waren, bewahrt blieben. Auch gegen die eingetretene Blutung würde zuerst Sabina ein passendes Mittel sein, auch in kleineren Gaben der 2. bis 3. Dilution. Selbstverständlich ist natOrlich die absolute ruhige Lagerung der Patientin. Wirkt Sabina nicht bald blutstillend, so Hürde ich zur Phosphor- oder Schwefelsäure greifen, selbst- redend in niederen Gaben der 1. Dilution, eventuell sogar letztere im Yerhältniss von 2 : 8 oder 3 : 7. Wirken diese Mittel nicht Btyptisch, so würde der Versuch einer heissen Scheideninjektion, bes. an den Muttermund geleitet, zu machen sein; natürlich ist dies Mittel aber zweischneidig in Bezug auf den möglicher Weise eintretenden Abort. Doch habe ich schon verschiedene Fälle er- lebt, wo die heisse Injektion sofort die Blutung zum Stehen brachte und damit den Abort verhütete. Selbstverständlich muss bei erzieltem Eff^ekt bald damit aufgehört werden.^) Wir besprechen die Wirkung der heissen Injektion noch später eiDgehenden Tritt eine Eröffnung des Muttermundes, Wehen und die unverkenn- Hierzu gehSrea aueh die BlntnngeBt die bei Plaaenta praevia eiatretes. Awh hierbei habe ieh einige ICale die Blntmig naeh einigen heiisen Injektionen ftebea sehen, was ^mmwiiiii in Anbetrseht des Zeitgewinnens wiehtig ist, da mit der hinansgesehobenea Sntwiekeinng der Fmeht deren Lebensf&hi^kei^ i?Wist. 198 Zeitflohrift des Berliner Vereines homOopftthiseher AeriCe. baren Zeichen des Abortes ein, so ist die heisse Scheiden«* und später die intrauterine heisse Injektion erst recht am Platze. Von anderen Mitteln bei Blutungen des schwangeren Utena sind zu nennen: CrocuB. Seine Pathogenese ergiebt sich schon aus dem Missbrauch in der Volksmedizin. Grocus wird vom Publikum oft gebraucht, erstens um verzögerte Menses herbeizuführen, oder um dieselben frfihzeitiger eintreten zu machen, aus allerhand Zweck- mässigkeitsgründen, Hochzeiten, Festlichkeiten etc., und dann um direkt Abort herbeizuführen (im Gegensatz zu Farrington, der Grocus die Kraft, Abort zu machen, abspricht). Der Blutfluss ist charakterisirt durch eine besonders schwarze, dunkle Farbe und zähe Gonsistenz des Blutes; nach Hartmann dabei mit schneiden- den Schmerzen tief im Unterleibe und nach dem Kreuz hin Ter- bunden, wehenartig. Tinct. Secal. cornuti (c. Acid. muriat. parat.). Eignet sich vorzüglich zur Verhütung von Aborten, da ihr die dem Secal. sonst eigenen erregenden ätherischen Gele fehlen, die hauptsäch- lich wehenartige Eontraktionen des Uterus auslösen. Die Gabe ist 5 — 10 — 20 Tropfen der Tinctur. Man kann ruhig grössere Gaben ohne schädliche Nebenwirkung anwenden. Trillium pendulum hat den Gharakter einer heftigODy akuten Blutung mit hellrothem Blute, bei Personen, die überhaupt bei jeder Anstrengung zu Blutungen neigen (passt z. B. auch bei anderen Formen von Blutungen, bei sogenannten Blutern, bei Zabn- extraktionen) ; hier auch lokal anzuwenden (bei Menstrualblutungen später). Erigeroncanadense erwähnt Farrington bei Uterusblutungwi, die mit schmerzhaftem Harnen verbunden sind und ruck- und stasa- weise kommen. Selbst habe ich keine Erfahrungen darüber. Ustilago maydis ist zwar dem Secal. sehr verwandt, hat aber doch nicht den stark wehenerregenden Einfluss desselbeii und würde bei Blutungen der schwangeren Uterus in Frage kommen, namentlich bei sehr stark auftretenden, hellrothen Blu- tungen. Lange würde ich U. nicht anwenden, seine Wirkung muss schnell sein, sonst tritt leicht das Gegentheil ein. Ich gebe es in der Tinktur zu 4—6 Tropfen. Arnica würde in Frage kommen bei Blutungen in Folge mechanischer Zufälle etc., eventuell auch Gonium und Rhus, letzteres namentlich nach übermässigen körperlichen Anstrengungen. Sitmngslberiohte des Berliner Verdnefl homöopathischer Aerzte. 199 Ipecacaanha wird bei üteruBblatangeDi besonders bei drohen- dem Abort empfohlen, wenn profuser, heller Blutabgang, Uebel- keiten, Athemnoth, kalte Schweisse, also schon Zeichen des be- ginnenden Kollapses vorhanden sind. Ich habe es in früheren Jahren wiederholt angewandt, mich aber nicht dafflr begeistern können. China, sonst ein prachtvolles Mittel gegen die der Blutung folgende Anämie, steht bei aktuellen Blutungen für mich auf der- selben Stufe, wie Ipecacuanha. Es wird besonders empfohlen bei Atonie des Uterus, bez. den daraus etwa resultirenden Blutungen. Man Boll damit nicht die Zeit verlieren ; bei Menstrualblutungen kommen wir noch auf China. Die Blutungen der Wochenbettsperiode beruhen zumeist auf Atonie des Uterus und stehen vor allem unter dem Zeichen der heisaen intrauterinen Wasser-Injektion. Indem ich auf meine diesbezöglichen Veröffentlichungen in der AUg. Med. Gentralzeitung vom Jahre 1875, und im Band II, Heft 2 unserer Zeitschrift verweise, durch die ich die Genese dieser Behandlungsweise des Näheren erl&utert habe, kann ich mich über dieselbe kurz fassen und betonen, dass ich zur Anregung von Kontraktionen der erschlafften Muskel- faser des Uterus kein souveräneres Mittel kenne, als die so ein- fache, aber geradezu heroisch wirkende Anwendung des heissen Wassers. Allerdings zuerst von der Arztwelt sehr zurückhaltend aufgenommen, als sonderbare Erfindung eines Homöopathen, die ihn bei dem ersten dabei passirenden Unglücksfall sofort dem Staatsanwalt überliefert hätte, hat sich diese praktische Encheirese doch bald mit siegender Gewalt ihre gesicherte Stellung in der Behandlung der Uterusblutungen, speziell der der Ausstossungs- periode zuerst folgenden Zeit erworben, so dass jetzt jede Hebe- amme unbedenklich und zuversichtlich des ihr zu dieser Zeit so zugänglichen einfachen Materials sich bedient. Ich brauche mich nicht darüber auszulassen, dass die Methode mit der Homöopathie Nichts SU thun hat und dass die Wirkung nur als thermischer Beiz auf die zirkulären Muskelfasern des Uterus zu Stande kommt, die durch ihre Kontraktion auch kontrahirend auf die blutenden Lumina der Gefässe wirken. Hierin liegt nun schon eine Be- grenzung der Wirkung der Heisswasserinjektionen. Je aus- gedehnter der Uterus ist, desto wirksamer wird sich ein Mittel seigen, das seine Eontraktionen anregt, d. h., die Wirkung wird mit der fortschreitenden Verkleinerung auch weniger intensiv 200 Zeitflohrift des Beriiner Vereinei homSopathiiclier Aenrta. werden, daher auch, die EntwicUang des schwangeren Utenu rflckwärts betrachtet, die Blutungen vor dem normalen Partus durch HeisBwasserinjektionen immer in geringerem Grade bedn- flnsst werden, je kleiner, bez. weniger ausgedehnt der Uterus ist Immerhin ist die Einwirkung dieser Methode aber allen gegen Abortblutungen angewandten internen Mitteln absolut ftberlegen, nur muss sie der Natur der Sache nach häufiger applizirt werden, als bei atonisch ausgedehntem Uterus der letzten Schwangerschafts- periode. Während ich nun bei der letzten Blutung nur gekochtes und auf 40—40,5 abgekühltes Wasser verwende, benutze ich zur Blutstillung, bez. Ausstossung von fremden und schädlichen Substanzen, von der Frucht an gerechnet bis zu ihren Anhängen, Blutgerinnseln etc., gern einen Zusatz von Salicylsäure, die sich, 2 — 4prozentig injicirt, als ausserordentlich nützlich und wohl- thätig erwiesen hat, am besten in lösliche Form gebracht durch Zusatz von Natron salicylicum in gleicher Stärke, während ich Carbolsäure auf den inneren, wunden Uterus gebracht, nach meinen Erfahrungen perhorreszire. Von innem Mitteln zur Anregung des Tonus der zirku- lären Muskelfasern des Uterus empfiehlt Kafka Ginnamom. 1 in Gaben von 20 — 30—40 Tropfen, eine Anwendung, die aber weniger homöopathisch ist, sondern eine rein empirische, an die Volks- medizin sich anlehnende, die auch zum Armamentarium der alten Hebeammen gehörte. Wirksamer und zuverlässiger ist jedenfalls die von mir be- reitete Tinct. Secal. cornut., die auch hier in grösseren Gaben ver- wendet, 5—10 — 20 Tropfen, gute Dienste leistet. Auch bei ihr möchte ich aber von einer homöopathischen Einwirkung nicht sprechen. Spezifisch homöopathisch ist aber die Anwendung der Sa- bina in dieser Periode, namentlich wenn unvollkommene, aber sehr schmerzhafte Eontraktionen des Uterus stattfinden. Ustilago findet hier ebenfalls eine günstige Verwendung und würde als homöopathisch wirkendes Mittel anzusprechen sein. Hamamelis käme ebenfaUs in diesem Stadium in Frage bei Blutungen der mangelnden Involution des Uterus. Ueber die von Farrington angeführte Mitchella habe ich keine Erfahrung, doch habe ich von Trillium pendulum auch in diesem Stadium manchmal gute Einwirkung gesehen. j^tsnngsberichte des Berliner Vereines homöopftthischer Aente. 201 Bovista würde zu nennen sein als Mittel der Wochenbetts- Periode, wenn neben den nicht zu reichlichen Blutungen die Zeichen einer Metritis mit örtlichem, eiweissartigem Schleimabgang vorhanden sind, mit scharfem, ätzendem Einflass auf die äusseren Genitalien^ dabei häufiger Urindrang und brennende Schmerzen in der Harnröhre. Grocus wird seiner Pathogenese nach ebenfalls als Blut- stillungsmittel zu verwenden sein bei atonischen Blutungen, nament- lich nach Abgang der Nachgeburt. Am meisten würde ich zu Crocus greifen in den Blutungen bei und nach Abort^ mit dunklem, zähem, klumpigem Blutabgang. Alle diese Mittel aber werden wirkungsvoll verbunden mit der lokalen Einwirkung des heissen Wassers mit und ohne Zusatz von Adstringentien bez. Desinficientien , namentlich wenn es sich um Zurückhaltung von Auswurfsstoffen, bei putriden oder infektiösen Vorgängen handelt. Wir kämen dann zu den Blutungen des nicht schwangeren Uterus. Ein sehr reichhaltiges Kapitel bilden hierbei die Blutungen der Menstruation. Wir werden zuerst die Menstruatio praecox oder die zu früh- zeitig eintretende Menstruation zu betrachten haben. Die dabei in Betracht kommenden Mittel sind in Bezug auf die ursächlichen Momente zu unterscheiden. Bei jungen Mädchen mit zu frühzeitiger Geschlechtsreife würden als Allgemeinmittel für die Blutmischung Galc. carbon. und Nux vomica in Betracht kommen, namentlich bei solchen, die durch erotische Erregungen, aufregende Lektüre, Onanie zu frühen Eintritt der Begel zeigen. Bei Frauen wtLrde bei zu häufig aus- geübtem Goitus ebenfalls an Nux vomica und an Acid. phosphori- cum zu denken sein, sowohl als Eonstitutionsmittel in der regel- freien Zeit, als auch, namentlich letztere, in der Blutungszeit selbst. Bei Frauen, die durch häufige Geburten geschwächt und starke Blutverluste, namentlich in den Wochenbetten, bez. Men- struationen erlitten haben, dürfte an Ghina als Eonstitutions- mittel, in der Zwischenzeit verabreicht, zu denken sein, während es gegen die aktuelle Blutung selbst nicht sehr prompt wirkt. Hydrastis canadensis käme in Betracht bei zu früherund zu starker Regel, namentlich bei allen Lageveränderungen und Erweiterungen des Uterus. Es wirkt am besten in prophylaktischer I 202 Zeitschrift des Berliner Vereines homOopathisoher Aente. Weise in den Menopausen regelmässig za 3 Gaben der 1. Ver- dfinnung von 4 Tropfen gegeben, während es, wie die meisten der einschlägigen Mittel, in kleinen Gaben während der eingetretenen Regel allein nicht so gut wirkt. Grocus passt bei vollblfitigen, erregbaren Konstitutionen in der Zwischenzeit gegeben, während der Regel aber, wenn sie durch lebhaftes Tanzen und durch Ezcesse im Baccho zu (rttb und zu stark eintritt, mit wehenartigen, schneidenden Schmerzen und dickem, klumpigem Blute. Gonium passt ffir frühzeitige Regel bei geschlechtlicher Uebererregbarkeit und gleichzeitiger Abstinenz yom Goitus, die zu Onanie f&hrt. Bovista hat Menstr. praecox mit Durchfällen vor und bei der Regel und ein eigenthümliches Zerschlagenheitsgef&hl der Schenkel. Auch passt es bei chronischer Metritis, die dicken, eiweiss- ähnlichen Weissfluss zeigt. Häufiger, schmerzhafter Urindrang weisst auf B. hin. Gastoreum hat zu frühen Eintritt mit starken Ereuz- schmerzen, auch Wiederkehr der Regel nach 8 bis 14 Tagen (Trillium pend., Ambra grisea); eine irritable Schwäche des Nerven- systems weist auf G. hin. Nux Yomica hat zu frühe Blutungen, verbunden mit Neigung zu Ohnmächten und Schwäche, namentlich nach jedem Stuhlgang, krampfhafte Leibschmerzen, heftige Kopfschmerzen etc., gereizten Gemüthszustand. Piatina käme in Betracht bei zu frühen und zu starken Menses, bei grosser Geschlechtsreizung, Nymphomanie; dabei finden heftige Krämpfe des Uterus statt mit schmerzhaftem Herabdrängen. (Hysterie, Hyatero-Epilepsie). Ambra grisea hat zu frühe und sehr copiSse Blutungen und weist auf eine gewisse Atonie des Uterus hin. Auch in der Zwischenzeit der Menses zeigen sich Blutungen. Dabei verursacht jede Anstrengung oder Inanspruchnahme der Bauchpresse, Drängen zum Stuhl, Blutungen. Gocculus passt bei zu früher Menstruation, die sehr profus und plötzlich auftritt und heftige Uteruskoliken mit sich führt Dann wären als Mittel bei zu starker, aber im Allgemeinen rechtzeitiger Blutung des Monatsflusses, ausser einem Theil der genannten Mittel, zu nennen: fiitiviigaberifihte das Beriiner VeMlnes komOopatldseher Aenie. 203 Arnica bei mechanischen Insulten, nach flbermässigen An- strengungen etc. Acid. phosphor. bei dnrch geschlechtliche Excesse Oe- Bchwächten (Irritable Schwäche), Acid. nitricnm. Blatungen nach unterdrückten Menses pro- faner Art Acid* sulfuricum ist angezeigt bei profuser Menstruation mit dunklem, d&nnem Blute. Bei Individuen, die sugleich zu Blatungen anderer Organe neigen. (Bluter). Arum triphyllum hat starken Monatsfluss, wie Oberhaupt Neigung aller Schleimhäute zu Blutungen. Asa foetida hat zu profuse M.-Blutuogen bei starker ünter- leibsplethora, Stuhl Verstopfung, namentlich in Folge von Lage- yeränderungen. (Hysterie). Capsieum hat zu profuse M.-Blutungen, besonders charak- terisirt durch Drficken in der Herzgrube und üebelkeiten. Caulophyllum eignet sich sehr, namentlich in der Meno- pause gegeben, und passt bei den Formen, die mit chronischer Me- tritis und Dysmenorrhoe, letztere namentlich mit intermittirendem Charakter und Herabdrängen, einhergehen. Auch bei der Men- struation findet lebhaftes Herabdrängen statt Clematis kann auch bei zu frühen, aber zu profusen Men- struationen in Frage kommen. Ferrum, von dessen Präparaten ich F. aceticum besonders wegen seiner leichten Verdaulichkeit bevorzuge, kommt besonders in Formen von Anaemie und Chlorose zur Geltung mit den allge- meinen Indikationen und hat häufig das Aussetzen der Regel auf 2 — 3 Tage, namentlich aber zu lang hingezogene, schwächende Menstruation. Jod weist schon durch seine Abort machende Eigenschaft auf starke Menstrualblutungen hin und hat schneidende^ heftige Ge- bärmutterkoUken, Ereuzschmerzen , grosse Schwäche während der Blutung. Ipecacuanha ist schon früher charakterisirt und passt even- tuell bei Abgang profusen, hellrothen Blutes mit Athemnoth und mit Eräfteverfall. Hamamelis, das bedeutendste Venenmittel, welches wir haben, passt hauptsächlich bei Stauungsblutungen in Folge von ünterleibsplethora, bei Individuen mit starken Varicositäten, wenn zugleich starke Hämorrhoidalblutungen stattfinden. 20i Zeitschrift des Berliner Vereinet homOopathiseher Aente. Hydrastis ist schon Torher erw&hnt and charakterisirt Sabina passt bei excessiTen Blatungen mit krampfhaften, wehenartigen Schmerzen nnd Abgang schwarzen, klumpigen Blates, mit hellrothem, flQssigem wechselnd,' besonders bei Frauen, die zi Abort neigen. Sanguinariaist hauptsächlich angezeigt bei der profusen Men- struation der Climaxis, besonders charakterisirt durch jene Form von Migräne, die mit Wallungen zum Eopfe, heftiger Gtesichts- röthe auftritt und von Schweissen, Ohnmachtsgef&hl und üebd- keiten gefolgt ist. SecaL cornutum, sowohl in reiner Form, charakterisirt durch wehenartige Schmerzen, mit Verfall, Gesichtsblässe, Gyanose, mit lange sich hinziehendem, langsam sickerndem Blute, aber auch ohne diese Erscheinungen bei atonischen Menstrualblutungen in Form der von mir angegebenen Tinktur. Ustilago, dem Seeale sehr verwandt, hat aber mehr Blu- tungen bei Erschlaffung des Uterus und ist ein sehr werthToUes Mittel bei ^rklichen Metrorrhagien des Monatsflusses. Trillium pendulum hat die Wiederkehr der Menstruation nach 8 — 14 Tagen, also Zwischenblutungen und passt bei hell^ rothem, profusem Blutfluss mit Gefühl von Ohnmacht» Kälte der Extremitäten, schnellem, schwachem Puls, bei schnellen, heftig auf- tretenden Blutergfissen. Bei verzögerter Menstrualblutung, die streng genommen nicht in das heute zu behandelnde Thema passt, würden Cicuta, Graphit, Ferrum, Pulsatilla in Frage kommen, vor allem aber Eonstitutions- mittel. Die Erörterung dieser Zustände erfordert eine besondere Besprechung. Die Behandlung der Blutungen bei Neubildungen erfordert naturgemäss eine ErfUlung der Causalindikation und wird mehr in das Gebiet der Chirurgie, bez. operativen Gynäkologie fidlen. Bei inoperablen Fällen würde es sich kaum um Erfüllung homöo- pathischer Indikationen handeln, sondern die Behandlung mit blutstillenden Mitteln ist dann eine rein symptomatische. Die Säuren von Phosph. und Sulfur, Liqu. Ferr. sesquichloratum, Hama- melis, die von mir angegebene Seealetinktur, Hydrastis, Mille- folium, Hypericum perforatum, Ustilago, eventuell auch die Heiss- wasserinjektionen kämen dabei in Frage, zum Theil auch die ört- liche Applikation einzelner der genannten Mittel, z. B. des Liqu. fßxn niid der Hydrastis. Sttnnigiberiokta im Berliner Vereiiet liOBÖopAtUie]i«r Aenta. 206 DiBknision. Borchmann; Wichtig sind die Zwischenblatungen, welche stets Verdacht auf Carcinom erwecken. Er rith deshalb, bei intramen- straellen Blatongen stets mikroskopisch untersuchen za lassen, da frühzeitige Ezstirpation gute Resultate giebt. — Bei Uimakter. starken Blntangen, wo alle Mittel Tersagen, hat ihm oft die Scheidentamponade gute Dienste geleistet. Kröner. Es sind streng zu scheiden die atypischen von den typischen intramenstniellen Blatungen. Letztere wird kaum ver- dächtig sein, erstere dagegen stets. Borchmann. Blatungen bei chron. Metrit. sind die einzigen, wo Abrasio angezeigt ist und gute Erfolge giebt Bastanier fragt an, ob von einem Kollegen bei Gorpusearcinom regelmftssige Wiederkehr der Schmerzen Nachm. zwischen 4 — 6 beobachtet worden ist. Ein ihm befreundeter Oynaekologe, der diese Erscheinung in 6 Fällen beobachtete, hat ihn darauf auf- merksam gemacht — Diese Erscheinung ist keinem der anwesen- den Kollegen bisher aufgefallen. Borchmann. Blutungen beim Coitus sind oft durch Polypen bedingt Kröner ersucht um Angabe guter Mittel bei Haemophylie. Es werden Ph., Sangu., Ferr. und Calc ph. empfohlen. Er. will Blutegelextr. yersuchen. Nächstes Diskussionsthema: Carb. yegetab., Oraph. u. Petr. Befer. Bastanier. Giseyius II. An den sitzungsfreien Donnerstagen, soUen — das Einverständniss der Versammlung vorausgesetzt — in der Poliklinik Bepetitionskurse eingerichtet werden, die zuerst Be- sprechungen von Musterprüfungen gewidmet sein sollen. Der Verein giebt sein Einverständniss dazu und erkennt dies Vorhaben als^sehr dankenswerth an. Schluss i 12 Uhr. 206 Zditselirift des Berliner Vereuee homöopatiiuclier Aente. Sitzmig am 28. Mal 190L Anwesend sind die Herren DrDr.: Bastanier, Burkhard, Dammholz, Dermitiel, Gisevias jan., Jahn, Kleinschmidt, Eröner, Lengermann, Schwarz, Windelband; a. 06. Becker and Sternberg. Der Vorsitzende begrttsst Dr. Dermitzel als neuestes Mitglied des Vereins im Namen desselben. Gisevius stellt einen Mann vor, welcher seit fAnf Jahren Lipome im Nacken hatte; dieselben waren kindskopi^ross geworden und wurden in der EgL chirurgischen Klinik herausgenommen; man sieht die symmetrischen, grossen Narben im Genick. Nach der Operation haben sich multiple Lipome gebildet, die einen Kranz um den Hals bildeten und derartig angewachsen waren, dass Pat sich genirte, auf die Strasse zu gehen und seinen Kopf nur schwer bewegen konnte. Vor zwei Monaten kam Fat. deshalb zu Gisevius. Derselbe gab ihm, ohne irgend Erwartungen daran zu knflpfen, Silicea 6. Heute hat der Mann nur noch einen schlaffen Kader, in dem man noch deutlich abgegrenzt kleinere schlaffe Lipome fühlt. Um sogen. Fetthals hat es sich also nicht gehandelt. Spontane Rück- bildung von Lipomen, abrigens auch des Fetthalses, ist noch nie beobachtet worden; eine allgemeine Abmagerung des PatientoD, durch die allenfiUls eine gewisse Erschlaffung bestehender Lipome erklärt werden könnte, hat nicht stattgefunden. Bei dem Ver- such, die in diesem Fall anzunehmende Beeinflussung der Lipome durch Silicea zu erklären, betont Gisevius, dass es sich selbst- verständlich nicht um eine homöopathische Heilung handelt, in dem Sinne, als ob Silicea Lipome am Gesunden zu erzeugen im Stande wäre, sondern man mfisste eine Beeinflussung der Gewebe des mittleren Eeimblattes durch die Silicea annehmen. Windelband schliesst sich dieser Auffassung an; er hat, an- geregt durch einen Erfolg Fischer's, welcher ein Lipom von kolos- salen Dimensionen auf dem Bücken eines Droschkenkutschers durch Silicea heilte, Silicea mehrfach bei Lipomen angewendet, nicht selten mit Erfolg. Von Silicea unter der 5. Dezimale hat er nie etwas gesehen. Krön er erinnert daran, daran, dass Silicea in der R. A. L.: Beziehungen zum Nacken, dem Lieblingssitz der Lipome, aufweist. Es folgt der Vortrag von Bastanier über Garbo Graphit und Petroleum mit besonderer Berücksichtigung der differentiellen Wirkung von Garbo vegetabilis und animalis. Sitimgsberiehte des Berliner Vereines homöopathischer Aente. 207 Garbo, Graphit und Petrolenm mit besonderer Berflcksichtigung der differentiellen Wirkong von Garbo yegetabilis und animalis. Von Dr. Bastanieri Berlin. Wenn wir ein festes Urtheil darüber gewinnen wollen, welche Bolle wir den einzelnen Gliedern der Eohlengruppe in unserem Arzneischatz anweisen sollen, so können wir sie nach drei Rich- tungen hin prüfen: 1) Die physikalisch«- chenuschen Eigenschaften der einzelnen Kohlen untersuchen; 2) Ihre Prüfangssymptome Tergleichen; 3) Die klinischen Erfahrungen za Rathe ziehen. ad. 1. Die Holz- und Thierkohle sind seit alter Zeit be- kannt wegen ihrer Fähigkeit, Fäulnissstoffe, Farbstoffe und Gase, letztere nur in trockenem Zastand, zu absorbiren. Deshalb ver- wendeten sie die alten Aerzte bei Meteorismus, Ruhr, Foetor ex ore, schlechten Geschwüren. Die dabei verwertheten Eigenschaften beruhen lediglich auf der Porosität der Kohle, sind daher der Thierkohle, deren grössere Porosität schon unter dem Mikroskop ohne weiteres erkennbar ist, in höherem Masse eigen, als der Pflanzenkohle und fehlen dem pulyerisirten Graphit ganz, da dessen einzelne Partikel massive krystallinische Massen sind. Farrington nun aber sagt, dass die fäulnisswidrigen Eigen- schaften der Kohle nicht rein mechanische sind; dass man sie in den Potenzen am menschlichen Körper sehen kann. Eine ver- wandte Anschauung finden wir bei Hugo Schulz. Derselbe sagt in seiner Arzneimittellehre S. 71 folgendes: üeber die Art und Weise, wie die innere Wirkung der Kohle zu Stande kommt, liegen genauere Untersuchungen zur Zeit noch nicht vor. Bei der vielseitigen Anwendung, die sie, namentlich in früherer Zeit, erfahren hat, zumal auch wegen der charakteristischen chemischen Eigenschaften reiner Kohle, scheint eine eingehendere Untersuchung über die Art ihrer Wirkung wohl geboten. Bei der inneren Ver- wendung der Kohle kommt ihre gasabsorbirende Kraft nicht in Betracht, da nur frischgeglühte, trockene Kohle nach dieser Rich- tung hin leistungsfähig ist. Wohl aber ist zu bedenken die aus« gesprochene Fähigkeit fein vertbeilter Kohle, als äusserst kräftiger Sauerstoffüberträger wirken zu können. Sie müsste demnach in gewisser Hinsicht den metallischen Verbindungen ähnlich wirken, 208 Zeitschrift des BerUner Vereines homOop&thischer Aente. die die gleiche Fähigkeit besitzeiii und es spricht f&r diese An- nahme die vielfache Empfehlang seitens älterer Aerzte: sehr fein gepulverte Kohle innerlich bei chronischen DrQsenschwellangen, sowie äusserlich bei chronischen Hautausschlägen zu geben. Dies» Passus erinnert lebhaft an die Einleitung zum Arsen in demselben Lehrbuch S. 26: »Für das Arsen liegen von Binz und mir aus- ffihrliche Untersuchungen vor, die mit aller Sicherheit ergeben hahen, dass dem Arsen die Eigenschaft, den SauerstofEaustansch innerhalb der Gewebe zu steigern, in einem Masse eigen ist, dass sich schon hieraus allein ein grosser Theil seiner Wirkung er- klärt.^ Auffallend ist jedenfalls die Aehnlichkeit der Kohlen mit dem Arsen in der homöopathischen Arzneimittellehre und in ihrer therapeutischen Verwendung. Dem Arsen aber spricht wohl Niemand tiefgreifende Wirkung auch in kleinsten Gaben ab. Aehnliches gilt für das Eisen. Dass mit den «älteren Aerzten'^ Herr Schulz nicht etwa nur Homöopathen meint, geht aus Hahnemann hervor, der da berichtet, dass zu seiner Zeit Lindenkohle einen Bestandtheil eines sehr komplizirten Pulvers gegen Fallsucht bildete. Der Graphit wurde in die Medizin von einem allopathischen Arzt Weinhold eingeführt; er hatte auf einer Reise in Italien vom Volke gehört, dass Arbeiter durch die Beschäftigung in einer Bleistift-Fabrik von den langwierigsten Flechten geheilt worden wären; er fand diese Wirkung des Graphit bestätigt und empfahl ihn in einer Arbeit vom Jahre 1812. Auch Narben sollen bei Graphit-Arbeitern schnell und vollständig verschwinden. um nun die differentielle Wirkung der einzelnen Eohlenarten zu erklären, sagt Farrington: „Kohle wird nothwendiger Weise etwas verschieden in ihrer Wirkung sein, je nach der Quelle, aus der wir sie entnehmen. Garbo animalis vnrd hauptsächlich aus Knochen dargestellt und enthält demgemäss etwas phesphorsauren Kalk; Garbo vege- tabilis wird hauptsächlich aus verschiedenen Buchenarten ge- wonnen und enthält demgemäss etwas kohlensaures Kali; Graphit ist Betortenkohle und enthält demgemäss Eisen. ** Wenn wir uns fragen, ob wir aus den verschiedenen Bei- mengungen, die den Kohlen je nach ihrer Herkunft anhaften — nur Graphit wird nach der homöopathischen Pharmakopoe einer Beinigung unterworfen — ihre verschiedene Wirkungsweise auf SttBUgibtridite des Berliner Vereiaes lionittopAilLiflelier Aente 209 den Org&nismiis ertohliesBen könneD, so genttgen die kurzen Hin- weise Farrington's kemeswegs. Hahnemann hat nicht Kohle ans Knochen geprüft, sondern aus Leder; thieriache Haut enthält aber enorme Mengen elastischer Fasern nnd diese wieder sind ansgeseichnet dnrch ihren Gehalt an Schwefel. Kohlensaures Kali fehlt der Thierkohle sicher nicht; andererseits enthält die Pflanzenkohle auch S. Ueberhaupt sind die obligatorischen Aschenbestandtheile des Pflanzen- und Thier- leibes sehr gleichartig. Beide enthalten Ka. Ca. Mg. Fe. P. S.; die thierische Asche noch obligatorisch Na. und GL, welche beide in der Pflanzenasche als fakultative Bestandtheile nur höchst selten fehlen dürften. Die fakultativen Bestandtheile der Pflanzenasche sind sehr zahlreich, werden sich aber für ge- wöhnlich bei den intimen Beziehungeui die zwischen Pflanzen- und Thierleib bestehen, auch in letzterem finden; ich erinnere nur an Fluor und Silicea. Das Resultat dieser Erwägungen wäre demnach, dass es sich bei den einzelnen Kohlen thierischen und pflanzlichen Ursprungs um Beimengungen einer Asche handelt, welche dieselben Stoffe nur in verschiedenem Mengenverhältniss enthalt. Da man die Kohlen doch immer in höheren Potenzstufen verwendet, so kommen die Mengenunterschiede der betreffenden Aschenbestandtheile fOglich nicht in Betracht. Auch der gut gereinigte Graphit enthält wohl noch Spuren von Eiseo; da letzteres, wie wir gesehen haben, auch bei den anderen Kohlen sich findet, so iväre nicht sein Eisengehalt, wohl aber sein Freisein von allen anderen Aschenbestandtheilen fAr seine eigenartige Wirkung zur Erklärung heranzuziehen. Dazu kommt aber noch eine andere Eigenschaft des Graphit; der Gra« phit ist, wie der Diamant, eine krjstallinische Kodifikation des Kohlenstoffes; alle andere Kohle ist amorph.; und dass die mole- kulare Struktur auch die physiologische Wirkung der Stoffe zu modifiziren im Stande ist, sieht man ja an den verschiedenen Modifikationen des Phosphors zum Beispiel Es erscheint mir keineswegs ausgeschlossen, sondern im Gegentheil höchst wahr- scheinlich, dass auch thierische und pflanzliche Kohle in ihrem molekularen Bau verschieden sind. ad 2. Hahnemann stellte seine Prflfungen mit einigen wenigen Granen der 3. Centesimale an; weiter zu potenziren hält er nicht 1. Bd. zx 14 210 Zeitflohrift dea Berliner Verefnea homSopathiflelLer Aentei f&r nSthig. Er sagt in seiner Vorrede zur Thierkohle in der K A. li. zweite Auflage: So viele Aehnlichkeit auch die Thier- kohle mit der Holzkohle in ihrer Wirkung auf das menschliche Befinden zeigen mag, so finden sich doch auch so viele Abweichungen von den Aeusserungen der letzteren bei ihr und so viele besondere Symptome, dass ich, was ich davon beobachten konnte, hier bei- zuffigen ffir nützlich hielt Und in der That finden sich recht deutliche Unterschiede zwischen den Symptomen der beiden Kohlen in der zweiten Auf- lage der B. A. L. vom Jahre 1827; so z. B.: G. a. hat fliegende BSthe und Hitze der Backen (ähnlich wie Ferrum); G. a. hat Lockerheit der Zähne, — G. v. allerlei Schmerzen der Zähne; G. a. hat Appetit, der durch Essen schnell vergeht — G. V. hat Appetitlosigkeit, sogar Ekel; G. a. hat Magenbeschwerden durch Druck gebessert, G. V. hat Magenbeschwerden, die keinen Druck vertragen, und noch viele andere« Gross aber war meine Enttäuschung, als ich die chronischen Krankheiten vom Jahre 1837 in die Hand nahm, wo G. a von 190 auf 725 und G. v. von 700 auf 1200 Symptome angeschwollen war, und sich nun aUe die obenerwähnten unterschiede nicht mehr fanden. Das wenige, was übrig blieb, ist etwa folgendes: G. a. stechende Schmerzen beim Schlingen; G. V. hat unschmerzhafte Schlingbeschwerden, G. a. Magenbeschwerden besser von Druck. G. V. Magen sehr druckempfindlich. Aus Rust's Archiv hat Hahnemann dann noch kupferfarbenen Ausschlag im Gesicht und harte Knoten in der Brustdrüse als dort verzeichnete Symptome von Garbo animalis entlehnt. Denselben Eindrucki wie ich, haben ofifenbar die meisten Autoren gehabt, welche die B. A. L. bearbeitet haben. Jahr sagt in den klinischen Anweisungen zur homöopathischen Behandlung der Krankheiten (1849): Worin die charakteristischen Unterschiede der Garbo animalis und vegetabilis beruhen, ist sehr leicht zu sagen, wenn man nur darauf ausgeht, jedenfalls doch etwas gesagt zu haben, sehr schwer aber, wenn das, was man sagt, sich auch in der That als charakteristisch und vorzugsweise anzeigend bewähren soll. Ich für mein Theil gestehe ganz offen, dass ich diese Unterschiede noch nicht erfasst habe und auch SitnngiWriflkte des Barliner Veieiiiei hoMtepatUither Aento. 211 nichts wissen will von allen denen, welche dorch ein rein theore- tisches Z&hlen der Symptome oder andere ähnliche Spitzfindig- keiten gewonnen wurden.** Heinigke sagt in seinem Handbuch der Arzneifrirkangslehre: Sobald positive Kriterien aufgestellt und nicht nur Phrasen geboten werden soUeO; können die Wirkungen beider Kohlenarten von ein- ander nicht unterschieden werden; ihre Wirkungscharakteristik ist eine Übereinstimmende in Bezug auf die Prüfangsresultate am Gesunden. Dabei soll die Möglichkeit zugegeben werden, dass je nach der Individualität des Kranken bei einer Krankheitsform die Thierkohle zu günstigerem Resultat führen mag, als die Pflanzen- kohle und umgekehrt; solche Wirkungsdifferenz lässt sich nur durch das therapeutische Experiment feststellen. Wir konstatiren die Wirkungen, ohne den ursächlichen Zusammenhang in den Einzelheiten klar darlegen zu können.*' Beim Studium von Hering's kurzgefasster Arzneimittellehre bekam ich den Eindruck, dass auch er zu einer Trennung der beiden Kohlen nur auf Grund klinischer Erfahrung kommt. Das ist ja auch nach seiner ausdrücklichen Angabe die Methode, wie er die Spreu vom Weizen in der Hahnemann'schen Arzneimittel- lehre zu sondern sucht. Ganz ähnlich äussert sich endlich Goullon in seiner preisgekrönten Monographie über den Graphit: Man sollte glauben, dass der therapeutische unterschied zwischen den einzelnen Kohlenarten kein grosser sein kann, zumal die Pathogenesen derselben eine merkwürdige Uebereinstimmung zeigen; allein man würde sehr irren, wollte man glauben, da, wo Graphit indizirt ist, mit Garbo vegetabilis oder animalis dasselbe zu erreichen.** Er stellt dann die unterschiede zwischen den drei Kohlen auf, indem er sich „auf das Fundament wirklich kompetenter klinischer Be- obachtung stützt^. ad 3. Wir sind somit von sämmtlichen Autoren auf die kUnischen Erfeihrungen verwiesen. Da eine klinische Arzneimittel- lehre in Jedermanns Hand ist, verzichte ich darauf, hier die Indi* kationen für die einzelnen Kohlen zu referiren; ich beschränke mich darauf die Punkte anzugeben, in denen der einen oder andren Kohle der unbestrittene Vorzug eingeräumt wird. Das ist bei Carbo vegetabilis der Fall mit allen Affektionen des Magendarm- kanals von einfacher Dyspepsie bis zu den schwersten Typhus- und Cholera-Fällen mit bedrohlichem GoUaps. Espanet stellt die Wirkungskraft des Mittels in solchen Fällen über oder jedenfalls 14* 212 Zeitschrift des Berliner Vereines homöopathischer Aente. neben die der allopathiBchen Analeptica; Farrington drückt sich ähnlich aus und auch andere Kliniker nennen es „ein wahres Zaubermittel/ Ausgesprochener Brennschmerz soll fttr Garbo vegetabilis sebr charakteristisch sein. Die fast unbestrittene Domäne der Garbo animalis sind die Affektionen der Drüsen, der wahren Drüsen sowohl, als ganz be- sonders der Lymphdrüsen; es handelt sich hier um Indurationen syphilitischer, gonorrhoischer und scirrhöser Natur. Die Eupferfarbe von Hautausschlägen wird vielCach als Indi- kation für G. animalis bezeichnet; ebenso jauchiger Zerfall des Gewebes. Damit sind die allgemein anerkannten klinischen Indi- kationen für Garbo animalis erschöpft. Für alle übrigen Indikationen wird von den meisten Klinikern der Garbo vegetabilis der Vorzug gegeben. Die klinisch anerkannten Wirkungen des Graphit beziehen sich auf die Haut und die Schleimhäute ; Trockenheit der letzteren und bloss feuchtes Hervorsickern bei exanthematischen Affektionen der ersteren sind charakteristisch. Graphit beseitigt Unterdrückung gewohnter Sekretionen (z. B. menstrualer und hämorrhoidaler Blutungen) und beeinflusst somit alle Beschwerden günstig, die davon herrühren (z. B. in der Elimaxis und Schwangerschaft). Wegen der interessanten Ab- handlungen Goullon's über die Flechtendyscrasie und die Metastasen muss ich auf seine preisgekrönte Monographie vom Jahre 1672 verweisen. Es ist das ein noch recht dunkles Gebiet, aber auch die Schulmedizin fängt jetzt an, solchen noch unerkläibaren Er- scheinungen vorurtheilsfreie Aufmerksamkeit zu schenken: man beobachtet Hautausschläge nach geheiltem oder unterdrücktem Lungenkatarrh ; man scheut sich, das Masernexanthem durch Kälte zu unterdrücken; man lehrt offiziell, dass Schreck oder Aerger der Amme Durchfall beim Säugling macht. GouUon empfiehlt Graphit gegen rheumatische, gichtische Be- schwerden; für Garbo vegetabilis, welches eine gleiche Fülle dies- bezüglicher Symptome aufweist, habe ich nirgend eine ähnliche Empfehlung gefunden. Petroleum gehört als Kohlenwasserstoff nicht mehr zu den Kohlen im engeren Sinne; seine Prüfungssymptome sind sehr mannigfaltige, den Kohlen bes. dem Graphit sehr ähnliche. Seine Sitmiigiberichta des Berliner Vereinet homOopathiseher Aente. 213 klinische Empfehlung ist trotzdem viel begrenzter, als die des Graphit and der Garbo vegetabilis. Es wäre gewiss sehr interessant zu untersuchen, ob bei neuen Prüfungen der Kohlen die klinisch bewährten Beziehungen deut- licher hervortreten. Jedenfalls darften Nachprüfungen, wie sie die Wiener Aerzte seinerzeit mit so grossem Eifer angestellt haben, die beste Methode sein, um das Labyrinth des R. A. L. zu er- leuchten. Diskussion: Windelband hat beiTjphus in späteren Stadien gute Erfolge von Garbo vegetabilis gesehen und zwar in putriden Fällen mit starkem Meteorismus. Brennschmerz erschien auch Windelband bei Gastrosen und Gastralgien stets charakteristisch für Garbo vegetabilis. Bei Darmaffektionen hat ihm Garbo animalis nie etwas ge- leistet; bei Drfisenaffektionen dagegen hat es sich durchgehends bewährt im Gegensatz zu Garbo vegetabilis. Burkhard: Asthma ist ein Symptom, keine Krankheit. Garbo vegetabilis passt vorzüglich dabei, wenn es Folge von Emphysem ist; ist es aber Folge von Herzschwäche, so passt Arsen. Der Puls entscheidet. Gisevius bestätigt die vorzügliche Wirkung von G. v. bei Magen- und Darmaffektionen und von G. a. bei Drüsenaffektionen ; Tripperbubonen operirt er nie mehr, was, abgesehen vom Standpunkt des Patienten^ bei der Schwierigkeit, die erkrankten Drüsen sämmtlich zu entfernen, ein entschiedener Fortschritt ist. Er empfiehlt G. v. sehr bei Sodbrennen. Bei Acne rosacea muss man darauf achten, ob Darmstörungen dabei sind; in diesem Fall passt G. v., sonst G. a. Er berichtet einen Fall von Rhinophym mit Obstipation und Hämorrhoiden, den er mit G. v. heilte. Burkhard empfiehlt G. v. bei chronischer Heiserkeit, aber nur in höheren Verreibungen oder Verdünnungen. G. a. hat ihm gute Dienste geleistet bei Prostatitis mit heftigem Schmerz. Gisenus unterstützt beide Empfehlungen. Von Graphit hat Windelband nur bei nässenden Ekzemen, die nicht auffallend stark jucken oder brennen, Erfolge gesehen- Wenn die Heilung still steht, dann giebt er Sulfur als Zwischen- mittel, und verweist auf die interessante Erscheinung, dass Sulf. sehr oft bei längerem Gebrauch eines Mittels und der stattfinden- 214 Zeitsehrift des Berliner Vereines homttopathisolier Aeista. den Gewöhnung des Organismus an das Mittel, als gegeben, die Aufnahmefähigkeit fOr das erste Mittel wieder her stellt. Bei habitueller Stuhlverstopfiing der Frauen, mit oder ohne Lageveränderung des Uterus, giebt er es in 5. D. oder tiefer, höchstens ein bis zwei mal täglich. Die Erfolge sind stets so eklatant, dass er daraufhin noch heute Homöopath werden wflrde, wenn er es noch nicht wäre. Graphit hat sich ihm auch sehr bewährt bei Acne der Mädchen in der Pubertätszeit; es besteht meist Skrophulose, Chlorose, Verstopfung und spärliche Menses. Anknflpfend an das^ was er über Ekzeme sagt, berichtet W. einen Fall Ton unerträglich juckendem, nässendem Ekzem des Gesichts und der Hände bei einer 40jährigen Frau. Gegen das unerträgliche Jucken gab er symptomatisch homöopathisch Mor- phin^; geheilt wurde das Ekzem nicht durch Graphit, sondern durch Bhus. Die Dame schwört flbrigens darauf, dass sie sich das Ekzem und die wiederholten Rückfälle durch die Beschäftigung mit der japanischen Priemel, bez. deren Blüthenstaub zugezogen habe. Mehrere ähnliche Erkrankungen, die sie ernirt haben will, sprechen allerdings dafür. Burkhard: Sulfur. jodat., TOn verschiedenen gegen Salzfluss empfohlen, hat sich ihm vorzüglich bewährt, Stuhlgang wie Schafinist, in Schleim eingehüllt, ist zwar Nux vom.-S7mptom; B. hat dabei aber auch von Graphit Hülfe gesehen. Gisevius hat einen Fall von unerträglichem Stuhldrang mit Nux sofort geheilt. Weissfluss wird von Graphit geheilt, wenn Stuhlverstopfung dabei besteht. Graphit wird gegen chronische, besonders skrophulose Blepha- ritis und consecutives Ek- oder Entropium sehr gerühmt. Dammholz hat in einem solchen Fall, wo das Ektropinm durch ein chronisches Ekzem der Wange hervorgerufen war, Acid. carbol. mit Erfolg angewendet. Gisevius hat ein gewaltiges Ektropium, das Begleiterscheinung einer seit 30 Jahren bestehenden Facialis-Lähmung war, mit Ar- gent nitr. geheilt. Danunholz hat höchst schmerzhafte Analfissuren durch Graphit beseitigt Windelband behandelt als Nachfolger mehrerer allopathischer Autoritäten seit 2 Vs Jahren einen Fall von heftigem Analschmerz Ave firemdea Zeitiehrifton. 215 der mit oft sehr schweren Blatnngen nach dem Stuhlgang auftritt. Eine Fissur ist nicht su sehen, wird dennoch angenommen. Erfolg trotz aller einschlägigen Mittel, auch Ton Graphit, bisher nur partiell, doch haben die Blutungen sich wesentlich vermindeit Von Petroleum hat Windelband bei verzweifelten Fällen von chronischem, trocknem Mittelohrkatarrh mit bedeutender Schwer- hörigkeit einige geringe Erfolge gehabt, dagegen ist es ihm ein Yorzflgliches Mittel gegen Ekzema rhagadiforme. Auch äusserliche und innerliche Anwendung von Petroleum ist bei Frostbeulen zu empfehlen. Gisevius berichtet Aber einen hochinteressanten Fall von Petroleumwirkung. Ein Dienstmädchen hatte sich das Petroleum- Trinken angewöhnt und bekam danach schwer Rhagaden an den Händen. (Siehe den Aufsatz von Dr. Bourzutschky in diesem Heft). Dammholz: Viel besser als Petroleum, ist Abrotanum bei Frostbeulen. Bastanier wird beauftragt, mit dem von Herrn Apotheker Hoyer hergestellten einheimischen Schlangengift Thierversuche anzustellen. Gisevius fordert die Kollegen auf, noch nach Kräften das diesjährige Mittel zu prfifen. Ans fremden Zeitschriften. A« Arzneimlttellelure. GntMgiuu Gordon berichtet fiber einen schweren Fall von Aorten- und Mitralinsuffizienz mit starker Dilatation, Cyanose, enormen Oedemen und fast gänzlich unterdrückter Hamabsonde- rung. Der Puls war sehr frequent, aussetzend, kaum fahlbar. Crataegus 0, dreistündlich 5 Tropfen, stellte in vier Tagen die Com- pensation her und liess die Oedeme vollständig verschwinden. Nach einem Vierteljahr noch kein BflckfalL Glinique, Juni 1900. Kr. Groeu eatlnuu Ein 64jähriger leidenschaftlicher Raucher erkrankte 1897 an akutem Glaucom, das völlige Erblindung des 216 Zeitiofarift dei B^at&mt YereinM honöopathiiolier A«Eii6. rechten Aages zar Folge hatte. März 1899 breitete eicb auch links ein Nebel über das Gesichtsfeld , so dass Fat. beim Gehen nnr undeutlich sehen konnte; Lesen war fiist unmöglich, da die Buchstaben wie in einem Nebel yerschwammen. Zuweilen bestand Diplopie auf dem (einen I) Auge, besonders wenn das Licht von seiner Brille reflektirt wurde. Plötzliche Lichterscheinungeo, wie von einem elektrischen FunkeU; zuweilen dunkle und helle Flecken. Spannung des linken Bulbus vermehrt, der rechte gescbninipft Linse links opak, mit unregelmässigen Streifen. Fat moas oft seine Augen wischen; obgleich kein Schleim darauf sitzt; Oef&hl| als ob Wasser durch das Auge läuft oder als ob Luft dadurch bläst, oder als ob das Auge einschrumpfte. Das Scotom hatte sich von dem Zentrum nach der Peripherie ausgebreitet Dieser Umstand, die stark erweiterten Pupillen, das Geffthl Ton Wasser- laufen im Auge, das ein Beissen wie von Rauch yeranlasste, lenkte die Wahl auf Crocus in seltenen Gaben, mit dem Erfdg, dass vollständige Wiederherstellung der Funktion auf dem linken Auge eintrat. Eine gewisse Opacität der Linse blieb bestehen. Die auf das vorliegende Glaucomleiden deutenden Symptome des Crocus sind: Plötzliche Lichterscheinungen, wie ^elektriBche Funken; Pupillen sehr weit; Gef&hl, als ob ein kalter Hauch gegen das Auge bläst. Nach kurzem Gebrauch Beissen in den Augen, als ob das Zimmer voll Bauch wäre. Gefahl, als ob Wasser ins Auge läuft. Muss oft die Aogen wischen, als ob ein Schleimfaden vor dem Auge ist. Sehen wie durch Nebel, die Gegenstände er- scheinen blasser. Gesichtsverdunklnng Nachts, wobei helle Stiffne vor den Augen tanzen. Muss oft wischen, als ob eine Haut Ober das Auge gezogen wäre. Verlangen, die Augen von Zeit zu Zeit fest zu schliessen. Gefühl, als ob die Augen kleiner würden. Plötzliche Lichterscheinungen bei Tag. Gefühl, als ob die Augen von Rauch schmerzten. IL Fall. Ein Söjähriger Mann erwachte Morgens mit dem Gefühl von Verdunklung im linken Auge, die zentral und unten begann, sich allmählich nach der Peripherie erstreckte, bis schliess- lich nur noch ein schmaler peripherer Saum übrig blieb und das Zentrum vollständig dunkel war. Grenzen des Scotoms oben 35 S aussen 70®, unten 60 ^ innen 50 ^ Zuweilen subjektive Licht- erscheinungen, wie elektrische Funken. Diagnose: Embolie der Arteria centralis retinae im Zusammenhang mit einem Mitralfehler. Nur auf die beiden Symptome des zentralen, sich nach der Pen- AQi fremden SZeiteehiiften. 217 pberie ausbreitenden Scotoms und der blitsfthnlichen Lichtempftn- duDgen wurde Crocus gegeben, mit dem Erfolg, dass nach 3 Tagen die Scotomgrenzen um 10^, nach weiteren 3 Tagen noch um 5® einwärts gerückt waren. Nach weiteren 11 Tagen nur noch kleines xentrales Scotom, nach einem Jahr keine Abnormität mehr. Dr. F. W. Payne, Boston. Joum. of Homoeopathics, März 1901. Er. Gold und SOber. Dr. Waddel machte bei einem fingirten Besuche in einer imaginären Anstalt fQr Luetiker und Gonorrhoiker die Bekanntschaft Yon Silber und Gold in persona und giebt nun folgende anschauliche Schilderung dieser beiden Herrschaften. Silber war ein grosser, schlanker, hohläugiger Mann mit fahler Gesichtsfarbe und flppigem Haarwuchs« Die Augenlider waren stark entzfindet, die unteren Lider etwas eyertirt Beim Gehen ■tiessen die Kniee häufig an einander und gewann der Gang da- durch etwas Eigenthümliches. Er war heiser, so dass er kaum laut sprechen konnte und sich fortwährend räuspern musste. Recht hinderlich war ihm der klebrige Speichel, der oft so zähe SU sein schien, dass er kaum die Zähne auseinander bekommen konnte. Trotz seiner Heiserkeit war Silber ein guter Unterhalter. Er erzählte mir, dass er eigentlich gar nicht Silber heisse, dass sich seine Familie aber seiner Krankheit schäme und ihn daher unter diesem Namen in der Anstalt untergebracht habe. Er sei frfther Jahre lang auf der Bfihne gewesen und habe ftkr einen guten Tenor gegolten. Vor einigen Jahren habe er sich aber gonorrhoisch infizirt und seitdem könne er sich nicht wieder er- holen. "Während er so sprach, bemerkte ich bei ihm einen hell- rothen Fleck auf beiden Backen und machte zugleich die Wahr- nehmung, dass Silber häufig durch einen lästigen Husten unter- brochen wurde; der Auswurf sah aus wie gekochte Stärke. Er wollte mir gerade einen Traum erzählen, als er plötzlich ohne jede Erklärung forteilte. Dar Anstaltsarzt berichtete mir in der Zwischenzeit, dass Silbers Träume häufig so lebhaft wären, dass es oft schwierig sei, ihn davon zu überzeugen, dass es sich nur um Träume handele. Als Silber zurückkam, entschuldigte er sich damit, dass er sehr an Harndrang leide, so dass er Nachts häufig deshalb aufstehen müsse. Er sei nach Aussage seines Arztes suckerkrank und dürfe daher vieles nicht geniessen; besonders 218 Zdtfiehrift des Berliner Vereinef homöopatUselier AenCe. entbehre er ab und za ein Schnftpschen. Als ich mich nach der Ursache einer Wunde an seiner Stirn erkundigte, hörte ich, dass er vor einigen Tagen wieder einen Anfall gehabt habe. Der EoUejee bemerkte hierzu, dass Silber an Epilepsie leide, dass die Anfälle sich besonders nach Aufregung einstellten und dass es daher wohl besser sei, wenn wir Silber nicht weiter zum Beden veranlassten« Beim Weggehen ffigte der Kollege noch hinzu, dass der arme Silber tuberkulös sei und wohl bald dieser Krankheit erliegen würde. Während wir den Gang hinabschritten, sahen wir an einer Seitenpforte 2 Männer sitzen, von denen der eine schlief, während der andere eifrig las. «Das ist Gold und sein Begleiter*^ 'sagte der Anstaltsarzt „Wozu braucht Gold denn einen Begleiter?* fragte ich. ,,Weil er bei jeder Gelegenheit einen Selbstmordver- such macht^, antwortete der Kollege. „Er ist ein reizbarer, un- leidlicher alter Herr, der alles in der Welt hasst, sich selbst aber mehr, als alles Andere. Erst vorige Woche versuchte er sich durch Hinabstürzen von einem oberen Stockwerk umzubringen.* Wie es schien, schlief Gold einen grossen Theil des Tages, weil er Nachts so wenig Ruhe hatte. Dann litt er so sehr an Knochen- schmerzen, dass er aufstehen und herumgehen musste, obgleich er sich ganz erschöpft fühlte und wegen Herzbeschwerden sehr kurzathmig war. Es war ein trauriger Anblick, den Gold darbot, wie er so schlafend dasass. Der Kopf war ao kahl, dass er ordentlich glänzte; hier und da bemerkte man am Kopf eine Exostose, als Folgezustand einer veralteten Lues. Das Gesicht war aufgedunsen, stark geröthet und glänzend. An Stelle der Nase war nur noch ein kleiner Fleischklumpen oberhalb der Lippen, die Nasenknochen waren schon längst zerstört; ein fürchter- licher Geruch sprach aber dafür, dass der Prozess noch nicht sein Ende erreicht habe. Wegen dieses Geruches und weil er auch sonst die Luft sehr liebte, hielt sich Gk)ld viel im Freien auf. Die angetriebenen Lippen vibrirten bei jedem Athemzug, die Handrücken waren geschwollen, die Gelenke verdickt. Er machte einen schlafifen, schlotterigen Eindruck. Er trug ein graues Flanellhemd; die beiden obersten Hosenknöpfe hatte er nicht zugeknöpft, da er sich so behaglicher fühlte und freier athmen konnte. Da ich Silber so interessant gefunden hatte, hätte ich gerne die nähere Bekanntschaft von Gold gemacht. Aber der Wärter Ali frimden Zeitsohriftei. 219 bat mich, den Kranken nicht zu wecken, da er stets sehr reizbar sei; er wolle mir einiges Aber ihn berichten. Da erfahr ich denn, dasB Gold sehr Yiel an den Augen litte, er hätte schon die verschiedensten Augenkrankheiten durchgemacht, wie Ptosis, Pannus, Blepharitis, Conjunctivitis, Keratitis, Iritis, Glaskörper- trflbnngen etc. etc. Ferner wQrde er yon einer sehr flbelriechen- den Otorrhoe belästigt und wäre sogar schon am rechten Warzen- fortsatz operirt worden. Sodann hörte ich, dass Gold an Herz* und Lebervergrösserung litte, dass er viel, besonders Nachts, von rheumatischen Schmerzen gequält wflrde und dass sein Harn stark eiweisshaltig wäre. Sein Kraukheitsregister enthielt ferner eine Inguinalhernie und eine Hjdrocele, und schliesslich fehlten auch die obligaten ünterschenkelgesohwOre nicht. Als ich wegging, dachte ich, eine ganze Anzahl dieser Erscheinungen kommen bei vielen anderen Mitteln vor, besonders charakteristisch ffir Gold ist die Selbstmordstimmung und der Hass gegen die eigene Person. Pacif. Coast. Journ. April 1901. Gr. Naja tripud. «nd Craetaegiui bei Herzkranklieiten« (Dr. B. Amulphi.) A Erkrankungen der Mitralklappen ist Naja eines der wirk- samsten Mittel und zwar in jedem Stadium. Die Dyspnoe, die Schlaflosigkeit und der Präcordialschmen (letzterer bei Mitral- affektionen nicht gerade häufig) lassen zuerst nach; bei weiterem Gebrauch des Mittels wird der Herzrjthmus geregelter, der Puls kräftiger und weniger beschleunigt, und die Kongestionen der inneren Organe lassen nach. Auf diese Weise gelingt es in vielen Fällen, die gestörte Kompensation wieder herzustellen. Besonders auf- fällig ist die günstige Wirkung des Mittels bei Kindern. Bei 178 im Krankenhause behandelten Kindern trat in 140 Fällen wesent* liehe Besserung, 38 Mal fiast völlige Heilung ein. Auch im Beginn, wenn die Endocarditis als Komplikation des akuten Gelenkrheuma- tismus auftritt, wirkt Naja im Wechsel mit Acon. günstig. Bei Aortenfehlem hat Verfasser von Naja weniger gesehen. Hier treten die Schmerzen mehr hervor und indizieren häufig Oxal. acid. Bei chron. Aortitis sind die Goldsalze, besonders Aur. jod. und Aur. ars. angezeigt. 220 Zeitsohrift des Berifaier Vereinei homttopathisolier Aerite. Crataegus scheint weniger auf das Eadocard. zu wirken, iat dagegen bei jeder Form von Myocarditis anwendbar. Es wirkt tonisirend auf den Herzmuskel und beruhigt (in der Tinctur ver- abreicht) bei Zuständen von Herzschwäche die Herzaktion, erhöht den Blutdruck und wirkt günstig auf die Diurese. Bei myocardi- tischen Prozessen im Gefolge von Influenza, Typhus, Diphtherie ist Crataegus eines unserer besten Mittel. Zum Schluss bemerkt Dr. A., dass Herzkrankheiten eine mehr vegetarische Diät erfordern. Er erwähnt einen Fall von schwerer Angina pector., bei dem die Einführung einer vegetarischen Lebens- weise schon genfigte, um wesentliche Besserung herbeizuführen. Pacif. Coast Journ. April 1901. Gr. Natmm muriatieum. Dr. Spencer — bis dahin ein an der Heilwirkung des Kochsalzes, prfifte an sich, um ins Klare' zu kommen, die 6. Centecimale. 25. November: 12 Tropfen in einem Theelöffel Wasser, drei- mal. Danach Verstopfung bei weichem Stuhl, viel übelriechende Blähungen ; Jucken im innem Augenwinkel und am untern Lidrand links. 27. Nov.: 12 Tropfen. Bläschenausschlag an der Unterlippe rechts. Nachmittags 24 Tropfen. Normaler Stuhl. Abends 12 Tr. 28. Nov.: Gesicht hat ein frisches Aussehen, wie nach einem Seebade. Abends 12 Tropfen. 29. Nov.: 12 Tropfen; Nachts 25 Tr. Kein Stuhl seit dem 27., trockner Schnupfen mit Verstopfungsgeftthl im linken Nasenloch. 30. Nov.: 15 Tropfen. Wundheitsgeftthl im Hals, dick gelb- weiss belegte Zunge; nach dem Harnen ein wenig Schleimabgang. Fährt auf, wenn er einschlafen will; nicht erquickender Schlaf, schläfrig Morgens ; Abneigung gegen Brot, ausser wenn es geröstet ist Nachts 12 Uhr: 36 Tropfen. Trockenheit und Verstopfungs- geftthl im rechten Nasenloch, Wundheit und Schmerzen am Rande des weichen Gaumens. 1. Dez.: 88 Tr., Nachts 50 Tr. VerstopfungsgefOhl der rechtea Nase besser. Ftthlt sich unwohl. Die frische Oesichts&rbe macht einem schmutziggelben Teint Platz, wie wenn das Gesicht nicht gewaschen wäre. Mundwinkel springen auf, Fingernägel werden brttchig. Die Haare an den Lidern, dem Schnurrbart und dem Vorderarm fallen aus. Augen mQde, müssen oft geschlossen werdeo, ▲if fremden ZeitaeliriffceB. 221 besser darch äasBern Druck. Doppeltgehen, Nebel yor den Augen, undeutliches Sehen, so dass er beim Lesen ein Auge zumachen masB, Buchstaben laufen durcheinander. Schlaff, energielos. Druckender Schmerz in der linken Lende, etwas besser durch Aufrfllpsen. Lycopodium 6. Terschlimmerte den Schmerz beträcht- lich, ebenso Orangen, während Lycopodium 30. zauberhaft wirkte. In der Folge fand eich eine kleine linksseitige Inguinalhernie als Ursache des Schmerzes. Die Verstopfung quälte ihn noch monate* lang, mit viel Blähungen und dem Gefühl, als ob der Mastdarm bloss halb entleert wäre. Hom. Recorder Oct. 1900. Er. Sabal sermlata. Nach Dr. J. Thayer ist das einzige Präparat, auf das man sich bei Prostatahypertrophie Terlassen kann, das aus den frischen Beeren bereitete (wie das von Parke, Davis u. Comp.) Am. Homoeopathist Oct. 19U0 p. 307. Er. Stsnnam. Ueber einen eigenthümlichen Fall von Zinnver- giflang berichtet die MQnchener Med. W. Sehr.: Eine junge Dame erkrankte an Störungen der Motilität und Sensibilität der Beine; später stellte sich Ataxie ein. Ferner bestand hochgradige Ab- magerung und Anämie. Pat. glaubte ihre Beschwerden auf das Tragen von feinen goldgelben SeidenstrQmpfen zurückf&hren zu müssen. An den Fflssen befanden sich, nebst starker Schweiss- bildung, gelbe Flecken, die offenbar von den gefärbten Strümpfen herrührten. Die Untersuchung der letzteren ergab, dass als Be- schwerungsmittel Zinnchlorid in bedeutenden Mengen verwendet war; die Harn enthielt ebenfalls Zinn, Eiweiss und Nieren- elemente. Beseitigung der Ursache und geeignete Therapie Hessen nach einigen Monaten das Zinn aus dem Harn verschwinden, ebenso heben sich langsam die nervösen Symptome. Münchener Med. W. Seh. 1901, No. 9, S. 372. Er. Syzygium jambolaniim. Dr. Moffat, der das Mittel gegen Diabetes zuerst in massiven Gaben verordnet hatte und wegen seiner darmreizenden Eigenschaften davon abgekommen war, giebt es neuerdings mit gutem Erfolg in der zwölften Decimalen. N. Am. J. of Hom., Juli 1900. Kr. 222 Zeitoelirift des Berliner Vereines homöopatidieher Aenta. Urttca urens bei Hanurtnreretentioiu Dr. Proctor litt im Frülgahr 1899 an Harnsäureretention. Als erstes Symptom stellte sich ein heftiger Schmerz im rechten Deltamuskel ein, der so unerträglich wurde, dass Morphiuminjektionen gemacht werden mussten. Die nächsten drei Wochen hatte er spärlichen Urin, sauren Schweiss, Schlaflosigkeit und Unruhe, Appetitlosigkeit and einen beständigen Schmerz im Deltamuskel mit Zerschlageoheits- gefühl und Lähmigkeit; ausserdem allgemeines Unwohlsein and Schwäche mit kontinuirlichem Fieber. Weder innere Medikation, noch äussere Massnahmen brachten Erleichterung. Am Ende der dritten Woche stellte sich ein neues Symptom ein: intensives Brenngefflhl in der Haut nach jedem Schlafe, so dass sich Fat gar nicht zu schlafen getraute. Auf dieses Symptom hin nahm Dr. P. Urt ur. Schon nach der dritten Gabe verfiel er in einen ruhigen Schlaf, aus dem er nach drei Stunden wesentlich gebessert erwachte, und es verschwanden unter dem Fortgebrauch des Mittels in kurzer Zeit sämmtliche Krankheitserscheinungen. Auch Dr. Burnett (London) hält Urt. ur. fUr unser wirksamstes und werthvollstes Mittel gegen Hamsäureretention. Hahn-Monthly. April 1901. 6r. B. Therapie. Anus, Inkontinenz des — . Dr. Chan dl er berichtet aber die schnelle Heilung eines Falles. Bei einem elfjährigen Jangen, der sich beständig, und zwar ohne Diarrhoe, verunreinigte, fand er den After offenstehend, ohne eine Spur von Kontraktion des Schliessmuskels. Phosphor. 4.— 30. heilte in sechs Wochen voll- kommen. Hom« Recorder, Sept 1900. Er. Blase^ Inkontinenz der — . Dr. Mc. Intyer behandelte einen Lokomotivführer, der sechs Jahre an Parese des Blasenschliess- muskels gelitten hatte und Schmerzen in der Lendenwirbelsäiiie aufwies, in der Annahme, dass das Leiden durch die erlittenen Erschütterungen bedingt sei, mit Gonium D. 3. In fünf Monaten vollkommene Heilung. Hom. Recorder, Sept. 1900. Er. Aoi fremden ZeitaelirifteiL 223 Oureinmia lüifiiae. Fall von Dr. Allen mit Phosphor D. 6 YoUständig geheilt. Die Gem&thBBymptome führten zu der Wahl des Mittels. Hom. Recorder, Jan. 1901. Er. Oareinoma Mammae. Zwei Fälle durch Dr. yan der Laan (Brasilien) mit Arsen und Hydrastis in mittleren Verdünnungen, sowie Hydrastis-Umschlägen, in fünf Monaten vollständig geheilt. Bev. Hom. Frani^aise, Nov. 1900. Er. Chorea. Dr. Ooldsbrough giebt eine üebersicht über 67 seit 1896 im Londoner homöopathischen Hospital behandelte ChoreafäUe. Das Resultat war: Geheilt 60 Erheblich gebessert 3 Gebessert 11 Nicht gebessert 1 Auf Wunsch entlassen 2 Das weibliche Geschlecht stellte dreimal so viel Eranke als das männliche, nur 4 waren unter 7 und 5 über 20 Jahre alt. Goldsbrough spricht von einer Art Choreaepidemie der letzten Monate und vermuthet, dass vielleicht der südafrikanische Erieg mit seinen aufregenden Nachrichten zu dieser Steigerung bei- getragen habe. Ein Fall zeichnete sich dadurch aus, dass das Leiden auf eine bestimmte Gemüthsbewegung (Familienzwist) zurückzuführen war und durch eine andere (Erschrecken beim Herunterfallen eines Ventilators) plötzlich geheilt wurde. G. setzt ausdrücklich hinzu, dass Fat. keine Zeichen von Hysterie dargeboten habe. Für die Fälle von solcher psychisch bedingten Chorea empfiehlt G. vor allem : 1. Ignatia. Die Gedanken überstürzen sich; Furchtsamkeit; Heiterkeit und Niedergeschlagenheit wechseln. Grosse Empfind- lichkeit gegen äussere Eindrücke. 2. Agaricus. Zustände von Heiterkeit, nachher geistes- abwesend. Rheumatoide Schmerzen in verschiedenen Eörpertheilen vor, während oder nach den Anfällen. Wenn diese Sorte von Kranken nicht schlafen kann: Stra- monium oder Hyoscyamus. ää4 Zeitaelirift dai B«rliiier Vereittei homttopatluMlier Aeiita. Eine PatienÜD, welche im AnacUuBS an GelenkrheamatisiniUi MitralinBaffizienz und Pericarditis erkrankt war, bei der sich ferner neuritiBche Lähmungen fanden und die Menstraation la frtth und mit erheblichen Schmerzen sich einstellten, besserte Actaea in ziemlich massiven Gaben (D 1 ^ 0) erheblich, während HyoBcyamus die choreatischen Bewegungen vollends beseitigte. In der Diskussion glaubte Dr. Blackley das erwähnte Anwachsen der £rankheitsziffem einer Epidemie von akutem Qelenkrheuioatismas zuschreiben zu müssen. Fftr eine grosse Anzahl von Chorea- fällen — die rein psychisch bedingten — wirkt schon eine blosse Scheinmedicin , regelmässig gegeben, heilsam. Trennung von den häuslichen Verhältnissen ist oft notbwendig. Erziehlich kann man auf das Kind einwirken, wenn man es anweist, irgend welche Bewegungen auf Kommando zu machen und dabei alle andeni Glieder still zu halten. Anders ist es bei den rheumatischen Fällen, bei welchen Arzneien sehr gut wirken. Dr. Roberson Day: Ignatia passt am besten fQr rein psychisch bedingte Fälle; Actaea, wenn Rheumatismus vorausgegangen ist. Weniger klar sind die Indikationen fOr Agaricus. Er glaubt, dass es da passt, wo bestimmte Hinweise auf die beiden andern Mittel fehlen. Dr. Hoyle macht darauf aufmerksam, dass oft eine verwach« sene Clitoris das Leiden veranlasst. In diesem Fall mttssen die Verwachsungen gelöst werden. Actaea racemosa passt hauptsäch- lich auch, wenn das Leiden Reflex von Unterleibsleiden ist. Dr. Lambert hat von Mygale und Scutellaria einige gute Erfolge gesehen. Dr. Goldsbrough kann fiber die Dauer des Leidens, insbe- sondere im Vergleich zu allopathischer Behandlung, keine Angaben machen. Einige chronische Fälle, die in allopathischen Spitilen umsonst gewesen waren, genasen unter homöopathischer Behandlaogt und mit diesen könne man die Ueberlegenheit der Homöopathie zeigen. Dagegen glaubt er nicht, dass die gewöhnlichen zur Spontanheilung neigenden Fälle unter homöopathischer Behand- lung rascher heilen, als unter allopathischer. Kr. Croup — Calearea jodata. Dr. Beebe empfiehlt dieses Mittel aufs Wärmste gegen membranösen Group und behauptet nie eines Todesfall an Croup bei dieser Behandlung erlebt zu haben. Da Ivb fremden Zeitseliriften. 226 das Mittel sehr zersetslich ist, bereitet er es immer frisch: 0,6 : 120y0 Wasser. Der überschüssige Kalk setzt sich auf dem Boden des Oefftsses an und soll nicht wieder aufgeschüttelt werden. Gabe: 1—2 Theelöffel alle 15—60 Minuten, je nach dem Alter des Kindes und der Schwere des Falles. Med. Times, New-York, Febr. 1901. Er. Daeryoeystitls. Enox Shaw empfiehlt Petroleum D. 3 im Stadium der schleimigen Absonderung, während es bei eitrigem Sekret nutzlos ist. J. of the Brit. Hom. Soc Jan. 1901. Kr. Dysmenorrlioey auf Endometritis beruhende, soll nach Dt, f. N. Ward häufig bei Patientinnen vorkommen, welche in froheren Jahren an Halsentzündungen gelitten haben. In solchen Fällen sind die Halsmittel, vornehmlich Belladonna, Guajac, Mercur und Pulsatilla gleichzeitig Heilmittel gegen die Unterleibs- beschwerden. Pacific Coast J. of Hom. Jan. 1901. Er. Epilepsie. Von Frankreich her wird gegen Epilepsie warm eine möglichst salzlose Diät empfohlen, deren Lob sich auch u. A. Nacke (Neurol. Centralblatt 1900, 14) anschliesst. Den Nutzen der Milchdiät sieht N. hauptsächlich in der geringen Eochsalz- znfuhr. Da aber Milch auf längere Zeit meist verweigert wird, setzt N. seine Epileptiker auf eine gemischtOi aber möglichst salz- freie Eost. Der Erfolg soll manchmal ganz überraschend sein, bei einzelnen Kranken verschwanden die Anfälle in 14 Tagen. Ein anderer Vortheil der Eur ist der, dass die Patienten fftr Bromide viel empfindlicher werden, so dass drei Gramm Brom- natrium bereits Vergiftungserscheinnugen erzeugten. (Vermuthlich wird bei der salzlosen Diät auch die Empfänglichkeit fftr homöo- pathische Mittel gesteigert. Uebrigens ist die vegetarische Diät bei Epilepsie schon laugst warm empfohlen und erprobt. Auch ihr Vortheil dürfte zum guten Theil auf ihrem geringeren Eoch- salzgehalt beruhen. Ref.) Er. tilelenkrhemnattflimiui« Frau L., 20 J. alt, litt an akutem Gelenkrheumatismus im 1. Arm und Bein und war 3 Wochen lang BcLZX 16 226 Zeitsdhrift des Berliner Vereines homöopatidseher Aente, vergeblich mit Salicylpräparaten bebandelt worden. SUit praea.: Der 1. Arm war dicht an den Körper gezogen, die Finger waren gekrümmt, das 1. Bein flektirt und der Fubb nach innen gedreht; dabei intensiver Schmerz und verzweifelte Stimmung; T = Sd^'Jb C^ Uebelkeit und Appetitlosigkeit; Fat. war sehr gesprächig. Ver- schlimmerung von Berührung und Druck, konnte nie Kragen um den Hals tragen, wie andere Damen. Verschlimmerung nach Schlaf. Laches. 30 milderte das Fieber, und es stellte sich bereits nach der ersten Gabe ein erquickender Schlaf ein. Der Schmerz wollte aber nicht weichen, und blieb Laches. 6 auch wirkungslos. Da aber das Mittel augenscheinlich das Simillimum war, wurde Lach. 3 cm verabreicht, mit dem Erfolg, dass die Schmerzen sehr bald nachliessen und die Fat nach 4 Tagen aufstehen konnte. Dr. G. T. ThornhilL Hahn. Advocate. Febr. 1901. Gr. Huateii. Dr. L. Folinsbee wurde zu einer Dame gerufen, die sich erkältet hatte und in Folge dessen über trockenen Beiz- husten und über ein Gefühl klagte, als obib^r ein schweres Ge- wicht auf der Brust lastete. Husten sowohl, wie Druckgefühl wurden durch Vomüberneigen und durch Bewegung schlimmer. Ausserdem Schweregefühl in allen Gliedern. Sie erhielt Bryonia. Als Dr. F. am nächsten Morgen die Fat. besuchte, war diese auf- gestanden, da sie den Druck auf der Brust nicht mehr im Liegen aushalten konnte; auch der Husten war unverändert. Auf Dr. Kendall's Kath erhielt die Dame jetzt eine Dose Lactuc. vires. 200, worauf sich eine fast augenblickliche Erleichterung einstellte. Eine zweite Gabe nach 24 Stunden beseitigte das Druckgefähl und den Husten vollständig. Hahnem. Advocate. Febr. 1901. Gr. Keüchhüfiiten. Roberson Day hält Drosera für das Hauptmittel bei Stickhusten, und bemerkt dabei, dass die Urtinktur nutzlos sei, während höhere Verdünnungen — er gebraucht ge- wöhnlich die dreissigste — augenfälligen Erfolg aufzuweisen haben. Fassiflora lindert besonders die Heftigkeit der nächtlichen An- fäUe. Monthly Hom. Rev. Dec. 1900, S. 714. Er. Aofl bemden Zeiüwhrifteii. 227 tCrampfiiiiflall. B. M. hatte schon den ganzen Tag von frflh Morgens ab alle 2 — 8 Standen einen Erampfanfall gehabt. Beil., Cin., Gupr. waren erfolglos geblieben, ebenso kalte Umschläge auf den Kopf, warme Fussbäder und allgemeine warme Bäder. Als Dr. Keyille lOVs ühr Nachts bei einem erneuten Anfall das Kind selbst ins Bad trug, bemerkte er, wie der kleine Fat. sich krampfhaft' an ihm anklammerte und wie er noch ängstlicher wurde, als er ihn in $ie Badewanne setzte (Furcht vor abwärts- gehender Bewegung. Bef.). „Jetzt weiss ich, wap der Kleine braucht^, sagte Dr. N. und gab dem Kinde gleich eine Dose Borax. Nach 10 Minuten war das Kind eingeschlafen und stellte sich kein Anfall mehr ein. Hahnem. Advocate, Febr. 1901. Or. Landkartenrange. Nach H. M. Boger (Amer. Hom. 1900) Bind die Hanptmittel Arsen und Bhus, denen sich Natrum mu- riaticnm und Taraxacum anschliessen. Hom. World 1900, p. 660. Kr. ii« .~ II Kagenlelden. Im Hom. Becorder (August 1900) wird gegen Hyperacidität des Magens Sulfur fast als Specificum gerfihmt, das last nie yersagt. Kr. Ileiibpaiiae. Die vasomotorischen Beschwerden klimakterischer Frauen, yorzüglich die nächtlichen Hitz Wallungen und Schweisse, sollen nach Gottschalk durch Abends genommene heisse Bäder (40'' G.) von 20 Minuten Dauer vorzfiglich beeinflusst werden. Gewöhnlich soll sich die Wirkung am Ende der ersten Woche einstellen und sollen 26—28 Bäder zur Kur genU'gen. Semaine M6d., 13. Jiini 1900. Kr. Otitiis externa. Öi*. Fellows sieht in Acidum picricum, Galc. picr. und Ferr. picr. die Hauptmittel gegen Entzfindung des äussern Ohrs, zumal gegen Furunkel des äussern Gehörgangs. Z^ei Krankengeschichten erläutern die Wirksamkeit der Pikrin- säure. Clinique, Sept. 1900. Kr. Oyarialeyste. Fall tou Hansen durch Apocynum in steigen- den Gaben gebeilt. Hom. World, Juli 1900. Kr. 228 Zeitsehiift des Berlinor Veraiiiet honSopathiMher Aaiite. Orarialtiiiiioreii — Apis. Den schon bekannten Erfolgen von Apis gegen OyarialgeschwfllBte fflgt Dr. W. Gaernsey (ICed. Centary 1900) einen nenen hinza: Ein 19jährige8 Mädchen bekam einen grossen rechtsseitigen Ovarialtumor, gelblichen Flnor, Eopf- schmerc am die Augen^ grosse Abgeschlagenheit, Benommenheit Apis SO. und höher bessert in 4 Wocheni nach 3 Monaten war der Tumor Terschwunden. Hom. World 1900, p. 566., Er. Pneumonie — Unfreiwillige Homöopathie. Dr. lUoway empfiehlt als treflFliches Abortivmittel bei Kinderpneumonien. Tct Veratr. virid. gtt. VI, Tct. Aconiti Rad. gtt. II, Aqua destilL, Syrup. Tolut. ää 60, bei kleinen Kindern lysstflndlich, bei grösseren halbstündlich. Die Temperatur fällt rasch ab, wie nach einem allopathischen Antipyreticum, bleibt aber dauernd niedrig, woraus der Verf. schliesst, dass die Arznei direkt coupirend auf den Enti&ndungsprozess einwirkt. Pediatrics, Dec. 1900; Med. Times, New-York, Febr. 1901. Kr. Prolapsns rectL Nach S palding bewährt sich bei Kindern, wenn kein Qrund ausser einer Schwäche der Theile aufgefunden werden kann, Aloe fast als Specificum. Verhandl. des Internat. Pariser Congresses. 1900. Kr. Pmrltns ani — Peirolenm. Dr. McLachlan, Oxford, gab einem Geistlichen, der an heftigem Afterjucken mit dem üblichen Befund (iederartig verdickte Haut, Rhagaden u. s. w.)i auBserdem an chronischer Diarrhoe (aber bloss bei Tag) litt, Petroleum D 2. Nach swei Tagen berichtete Fat, dass das Jucken vollständig verschwunden, dagegen der Durchfall viel schlimmer sei. Letzterer stellte sich nie Nachts, bei Tage hauptsächlich nach der Mahlzeit ein und war schmerzlos. Verf. sieht sie als eine Arzneiverschlun- merung an und giebt an, dass ihm Petroleum bei Afterjucken nur dann gute Dienste geleistet habe, wenn als Begleitsymptom schmerzlose Diarrhoe bei Tage zugegen war. J. of the Brit. Hom. Soc, Jan. 1901, p. 74. Kr. Seekrankheit. Nach Dr. Boche (London) ist Petroleum in höheren Verdünnungen eins der besten Mittel. Es wirkt beson- ders gut bei „biliösem Typus^. J. of the Brit. Hom. Soc, Jan. 1901, p. 78. Kr. Naohnif. 229 Strutgarie— CÜematig. Ein f&nfj&hriges Eind litt längere Zeit an Strangurie und war von verschiedenen namhaften Aerzten umsonst behandelt worden. Einige Gaben Clematis D. 3 heilten vollständig. Shaha, Calcutta. Hom. Recorder 1900, 653. Er. G. Yennlsclites. KrankheitsgernclL Einen kleinen Beitrag zu diesem inter- essanten Thema bringt die New- York Med. Times vom März 1901 nach Dr. Mc. Cassy. Nach ihm sollte jeder Arzt im Stande sein^ Masern, Diphtherie, Typhus, Schwindsucht und sogar Epilepsie am Geruch zu erkennen. Weiterhin erinnert er an den bekannten Mäasegeruch bei Favus. Bei Rheumatismus ist ein leicht zu spürender saurer Geruch vorhanden. Bei Pyaemie verursacht die Ausathmungsluft des Eranken üebelkeit, bei Scorbut riecht sie faulig. Peritonitis riecht nach Moschus, Skrophulose nach saurem Bier. Bei gewöhnlichem Fieber findet man einen ammoniakalischen Geruch, bei Intermittens nach frischgebackenem Brod. Bei hyste- rischen Weibern findet man oft angenehme GerQche, unter denen die nach Veilchen und Ananas den ersten Pla\!;z einnehmen. Kr. Nachruf an Compton Bnrnett f von Dr. Bastanier. Am 2. April starb zu London an einem Herzschlage unser hochverdienter Kollege Dr. James Compton ßurnett. Der Tod raffte ihn plötzlich aus der FftUe der Arbeit dahin — er hatte sich gewünscht ,im Harnisch zu sterben* — , hsider viel zu früh für die Homöopathie, deren Dienste er sein Leben geweiht hatte. Als seinerzeit der Professor, bei dem er ein glänzendes anatomisches Examen bestanden hatte, ihn von dem £ntschlu8S| Homöopath zu werden, abzubringen versuchte, indem er die U«berzeugung aus- sprach, dass ihm alle Ehien in der medizinischen Welt zufallen würden, antwortete er: er könne sein Gewissen nicht für weltliche Ehren verkaufen. SSÖ Zeitsehrift des Berliner VWel&eB homOopathifloher Aente. Barnett ht 1840 geboren als Sohn %ttjäi drös^gninillSü^en zu Bedlinch in Wiltshire. In ^England und Frankreich ging er zur Schule und studirte anfkirgs ituf dem Kontinent Philologie. Den so gewonnenen um- fassenden Sprachkenntnissen Verdankt er offenbar seine sp&tere Vertrautheit mit der deutschen und französischen homöopathischen Litteratur. Später wandte er sich dem Studium der Medizin zu und widmete sich mit besonderem Eifer in Wien anatomischen Arbeiten. 1S69 ging er nach Glasgow, woselbst er 1876 den Doktoif^rad erwarb; seine Doktorarbeit fiber spezifische Heilmittel war so homöopathisch angehaucht, dass sie von den Examinatoren das erste Mal zurflckgewiesen wurde. Wir sehen, dass er schon als Student der Homöopathie sich zuwandte. Die Gründe Äaffir hat er in No. 1 und 2 seiner kleinen Schrift ,,Fünfzig Grtlnde Homöo- path zu sein^ niedergelegt. Es sind dies Briefe an einen jungen allopathischen Kollegen, welche im Wesentlichen eine hoch- interessante Kasuistik enthalten. Das Werkchen gilt in England als beste Werbeschrift und wird jetzt auch in Deutschland dadurch bekannter werdieh, dass es in der Leipziger populären homöopa- thischen Zeitung erscheint. Nachdem Bumett kurze Zeit in ehester und Birkenhead praktizirt hatte, siedelte er 1877 nach London über, wo er drei- uodzwanzig Jahre hing eitle umfangreicÜe Praxis ausübte, welche eine der grössten in London überhaupt gewesen sein soll. Obgleich er in London praktizirte, hatte er sein Heim auf dem LandOi wo er sicli mit besonderer Liebe gärtnerischen Arbeiten hingab. Es ist kein Wunder, dass aus dieser Neigung eine aus- gezeichnete KenntiiisB der heimathlichen Flora entsprang, Welche einem homöopathischen Arzt jedenfalls vorzüglich ansteht Er pflegte zu sagen, class Jedermann in seiner Heimath im Umkreise einer halben Meiln yor seiner Thflr für jede Krankheit ein Heil- mittel finden könne. Von 1879 bis 85 war Burnett Redakteur der Monatsschrift The homoeopathic World, welche seit 1865 besteht und sich an Aerzte und gebildete Laien wendet. In seiner Programmrede ve^ theidigt er die Berechtigung einer solchen Zeitschrift, in dem er darauf hinweist, dass die wenigen homöopathischen Aerzte von ihren Qegnern gesetzlich geknebelt werden würden, weiin Üe nicbt breite Volksschichten hinter sich hfttten, womos die Nothwendig- keit entspringt, anch in Laienkreisen Propaganda zu mi^hen. Die Last der fibergrossen Praxis zwang, ihn, von der Leitung der Zeitschrift zurückzutreten. Nichtsdestoweniger fuhr er. fort, einen erstaunlichen litterarischen Fleiss zu entwickeln; von 1878 bis 1901, also in dreiundzwanzig Jahren hat er yierundzwanzig Arbeiten veröffentlicht, ohne die »Fünfzig Orflnde etc.*. Wir geben hier ein Verzeichniss seiner Arbeitep,"*") des Ver- mächtnisses, das er der homöopathischen, Welt hinterlassen hat. Dadurch glauben wir den Oelehrten und Schriftsteller Burnet^ am würdigsten zu ehren und den Lesern dieser Zeilen am b^ten zu nützen. 1« Natrum miuriaticum; ein Zengniss für die Lehre yqp der Potenzirung. 1878. 2. Gold als Heilmittel. 1879. 3. üeber die Prophylaxis der Hasenscharte, der Ghiumenspalte und anderer kongenitaler Defekte. 1880. 4. Ecce Medicus oder Hahnemann als Mensch und Arzt und die Lehren seines Lebens. 1880. 5. Die Heilbarkeit des Staares durch Medizin. 1880. 6. Krankheiten der Venen. 1880. 7. Zu hoher Salzgehalt des Blutes als Ursache zu frühen Alterns und des Staares. 1882. 8. Krankheiten der Herzklappen. 1882. 9. Hautkrankheiten. 1886. 10. Die Krankheiten der Milz. 1887. 11. Fieber und Blutvergiftung; ihre Behandlung mit besonderer Empfehlung des Pyrogen. 188flL 12. Geschwülste der Brustdrüse 1888. 13. Der Staar: sein Wesen, seine Ursachen und seine Heilung. 1889. 14. Achtjilhrige Erfahrungen über die Behandlung der Schwind- sucht mit ihrem eignen Virus (Bacillin). 1890. 15. Fisteln und ihre Heilung durch Medizin. 1890. 16. Die wichtigeren Krankheiten der Leber. 1891. 17. Der Herpes (Ringworm); seine konstitutionelle Natur und seine Heilung. 1892. *) Anmerkung: Dieief VerzeiehniBS, sowie die biegrapUsehen Notiien, haben wir der Mai-NomiBer iee Homceopathie World» welelie Bumett gewidmet ifti entnommen. 2S2 Zeitselllift des Berliner Vereines homttopatliischer Aerste. 18. Impfkrankheiten und ihre Heilung durch Thuja mit Be- merkungen fiber HomSoprophylaxis. 1892. 19. Die Heilbarkeit von Geschwülsten durch Medizin. 1893. 20. Die Gicht und ihre Heilung. 1895. 21. unentwickelte, geistig und körperlich zurackgebliebene Kinder. 1895. 22. Organische Frauenkrankheiten. 1896. 23. Die Wechseljahre des Weibes und ihre Beschwerden. 1898. 24. Heilung hypertrophischer Tonsillen durch Medizin. 1901. Vielleicht findet sich eine berufene Feder, welche einzelne seiner Arbeiten in dieser Zeitschrift zu würdigen unternimmt. Möge er jedenfalls in seinem und unserem Yaterlande ebenso glücklich begabte und begeisterte Nachfolger finden zum Rahme der Homöopathie! Bastanier. Personalien. Der homöopathische Arzt, Dr. med. Junge — Altena, ist for die Sommermonate als Badearzt in WittdUn-Amrum von der Direktion angestellt. Das homöopathische Dispensirexamen haben am 20. Juni be- standen: Dr. Becker — Berlin und Dr. Lowinsky — Rawitsch. Propaganda. Arzneiprüfungen. Die Kollegen, welche Werbeschriften zur weiteren Verbreitung tu erhaJten wünschen, oder über Angriffe gegen die Homöopathie zu berichten haben, werden gebeten, sich deshalb an Dr. Mossa- Stuttgart zu wenden. Die Leitung der Mittelprüfungen, zu deren Theilnahme Jeder- mann dringend aufgefordert wird, ruht in den Händen yon Dr« Schier- Mainz. Die Präparate liefert Herr Dr. Willmar Schwabe -Leipzig freundlichst gratis. Cocain. Eine AimeiBtiidie. Von Dr. A« PlSuider in Bern. Im IIL Bande der Ä. H. Z. sind die Vergiftungssymptome des damals (1885) noch nicht lange in Gebrauch gewesenen Cocains zasammengeslellt mit Einbeziehung der PrtLfungssymptome einer einmaligen kurzen Prüfung desselben durch Dr. Bresgen nnd Frau, welche keine wesentlich anderen Symptome zeigte, als sie sonst bei leichten Vergiftungen zum Vorschein kamen. Seit damals sind 80 viele akute Cocainvergiftungen vorgekommen und so viele chronische beobachtet worden, dass das Erankheitsbild beider Zu- stande genau bekannt ist. Es dOrfte somit an der Zeit sein^ ein- mal das ganze betreffende Symptomenbild zu resumuren und zu sehen, was wir homöopathischen Aerzte aus der Pathogenese des Cocains für therapeutische Zwecke verwerthen können, oder was bereits verwerthet wurde« Leider fehlen bei solchen Vergiftungs« erscheinungen meist die Einzelheiten der näheren Umstände, was die Verwerthung der Symptome wesentlich beeinträchtigt. Zum Theil können dieselben ergänzt werden durch die Prüfungssymptome der Cocapflanze (gewonnen durch Einnehmen der Tinktur und Kauen der Blätter) in sieben Prüfungen, deren Besultate — sammt den Berichten der Südamerika-Reisenden von Tschudi und Pöppig über die Symptome bei Cocakauem — in der ,,Homöop. Vierteljahrsschrift, Bd. 7, S. 1856^ niedergelegt sind. Eine fast gleiche Zusammenstellung der Cocasymptome findet sich auch in „Hale's neuen amerikanischen Heilmitteln^ vom Jahre 1873 (be- arbeitet von Dr. Oehme), sowie endlich eine ausführlichere in Allen's Handbuch der Materia medica vom Jahre 1889. Daselbst findet sich auch eine Symptomatologie von Cocain, in der aber BcLXX. 16 234 Zeitscbrift des Berliner Vereines homöopathifldier Aente. noch manches Symptom fehlt, besonders solche, die durch chroni- schen Gocainmissbrauch hervorgerufen werden. Bei dem toq mir zusammengestellten Symptömenverzeichniss habe ich Berichte über eine grosse Zahl von akuten Vergiftungen benutzt, die bis zum Jahre 1896 veröffentlicht wurden, sowie die Arbeiten von Jakscb über akute und chronische Cocainvergiftungen und den Abschnitt über Gocainismus in Prof. Eraepelin's Handbuch der Psychiatrie. Die Symptome der Prüfung der Gocablätter und der chroni- schen Vergiftung mit denselben zeigen übrigens im Ganzen das- selbe Symptomenbild wie die Vergiftungen mit dem Alkaloid, welches jedenfalls weitaus den wirksamsten Bestandtheil der Goca- blfttter bildet. Allerdings zeigt die Cocaprüfung noch mehr Sym- ptome, aber ohne dass dieselben, wie mir scheint, das ganze Arzneibild sehr erweitern, und namentlich ohne dass sie viel charakteristische Nuancen zeigen, die für die Arzneidiagnose von grossem Werthe wären. Symptomen-YerzelclmisfiL 1. Seelisehe Symptome. Bei akuter Vergiftung: Bauschähnlicher Zustand, zuerst Heiterkeit, dann De- pression. Oder zuerst Depression, dann Exaltation. Starke Auf- geregtheit, ungewöhnlich heiter und schwatzhaft. Fortwährendes Schwatzen und lautes Lachen. Ausgesprochene Hallucinationeo und Delirien. Geistige Apathie; apathischer, schlafähnlicher Za- stand mit offenen Augen. Denkvermögen sehr reduzirt; Störungen des Erinnerungsvermögens. Bewusstlosigkeit Bei chronischer Vergiftung: Dauernde nervöse Erregung mit Ideenflucht, völlige Unfähig- keit zu geistiger Beschäftigung, Willenslosigkeit, Abnahme des Gedächtnisses. Weitschweifigkeit im schriftlichen und mündlichen Verkehr. Schwanken der Stimmung zwischen flberschwänglichem Wohlbefinden, grosser Reizbarkeit und misstrauischer Angst bei Abstumpfung des moralischen Gefühls. GehörshaUucinationen : hört Schimpfworte, Drohungen, Anspielungen auf sein firüheres Leben. Gesichtshallucinationen, bestehend aus Sehen von kleinen Gegen- ständen, kleiner Thiere (Flöhe, Bakterien, Milben etc.). Melan- cholie. Verfolgungswahn. Neigung zu Selbstmord. Eifer suchte- Wahn. Dr. A. Pfänder, Goeain. 285 2. NerreBsystem. a) Sensibilität: Lokale AnftBthesie (bei lokaler An- wendang). Sensibilität der Haut vermindert oder aufgehoben. Ohnmachtsgefühl, Ohnmacht. Empfindung, als ob seine Beine nicht ihm gehörten. Gefühl von nervöser Aufregung im ganzen Körper; er hat das Gefühl, die Stärke von 3—4 Männern zu be- sitzen und das Bedflrfniss zu starker Muskelanstrengung. Im Leib Gefühl ,,wie todt*. Neuralgien. Parästhesien. b) Motilität: Leichtes Zittern durch den ganzen Körper, besonders der Hände. Gang schwankend, konnte nur mit Unterstützung gehen. Taumelnder Gang. Aeusserste Schwäche und Zittern der Muskeln, so dass er zur Arbeit unfähig ist, während 9 Wochen. Lähmung der Gaumen- und Schlundmusku- latur. Facialislähmung. Lähmung der Glieder. Vollständige Be- wegungslosigkeit. Steigerung der Reflexe. Tonische und klonische Krämpfe in den Extremitäten. Ghorea-ähnliche Zuckungen in den Muskeln. Epileptische Anfälle. Chronische Epilepsie (bei chron. Vergifl.). 3. Schlaf und Tränme. Schlaflosigkeit; grosse Unruhe die ganze Nacht hindurch, erst Morgens gegen 4 Uhr trat Schlaf ein. Einschlafen erst 5 Stunden nachdem er im Bett war. Tiefer Schlaf. 4. Fieber und fleberartlge Erseheinongen. Kältegefühl, sich steigernd zu wirklichem Frost. Kältegefühl im ganzen Körper und enorme Blässe desselben. Temperatur 38,2^ bei 170 Pulsen. 6. Haut Haut blass. Haut welk, bleich. Ueberall Kitzeln. Gefühl, wie wenn Thiere über die Haut liefen. Scarlatinöses Exanthem der Haut, besonders des Nackens. Ausschlag ähnelt der Rupia syphilitica. Vermehrte Schweisssecretion. 6. Knochen nnd Qelenke. — 7. DrOsen. — 8. Kopt Schwindel. Eiogenonmiener Kopf. Kopfschmerz; unerträg- liche Kopfsohmerzen; Stimkopfschmerz. Klopfen und Gefühl yoh Auseinanderpressen. Oft deutliche Supraorbitalneuralgie. Dumpfes Pochen im linken Vorderkopfi begleitet von neuralgischem Schmerz um die linke Augenhöhle herum, ohne das Auge einzubeziehen. 16» 236 Zeitsohrift des Berliner Vereines hom^^opathischer Aeiste. 9. Augen nnd Sehen. Starres Auge, yerlomer Blick. Flimmern vor den Augen. Stierer Blick. Papillen sehr erweitert, reaktionslos. Strabismus conyergens. Nystagmus. Gesichtsfelddefekte, Diplopie, Amblyopie und Amaurosis, Chromatopsie, Mikropsie. Bei lokaler Anwendung: Erweiterung der Lidspalten, der Pupillen, Herabsetzung des intraoculären Drucks. Accomodationsparese. GlaukomanfiUle. Pro- trusio bulbi. ConjnnctiTitis. Venen der Retina normal, Arterien aber enger nnd bUeser als sonst. 10. Ohr nnd OehSr. Ohrensausen, Ohrenklingen. Gehörshallucinationen. Taubheit 11. Mase nnd Qernch. Verlust des Geruchs. 12. Angesieht. Blässe des Gesichts. Cyanose. Blutandrang zum Gesicht. Zuckungen der Gesichtsmuskeln. Paralyse des N. facialis (6 Wochen lang). Neuralgie des Trigeminus. 13. Hund nnd Knndhöhle. Pelzigsein der Zunge. Bitterer Geschmack, Verlust des Ge- schmacks. Geschmackshallucinationen. 14. Sehlnnd nnd Hak. Trockenheit, Brennen, Eitzelgefühl im Hals. Speichelfluss. Schlingbeschwerden. GefCLhl, als mflsse man aus dem Hals etwas entfernen, die Bemühungen dagegen scheinen erfolglos und durch sie entstehen Würgbewegungen. Gefdhl eines im Halse stecken gebliebenen Bissens. Zusammenschnüren im Hals. Pelziges Gefühl im Hals. Aufhebung des Schluckvermögens. Lähmung der Schlund- und Gaumenmuskulatur. Sprache sehr erschwert, auch nachdem das pelzige Gefühl im Halse verschwunden ist und das Schlucken gut von statten ging. Lallende Sprache. 15. Magen. Appetit: vermindert; aufgehoben; Widerwillen gegen alle Speisen überhaupt Nach gänzlicher Appetitlosigkeit oft plötzlicher Heisshunger (chron. Vergift.)* Uebelkeit und Brechreiz. Würgen und Erbrechen. Magen« krampf, oft von Tage langer Dauer. Dr. A. Pfander, Coeam. 237 16. Bameh. Heftige Unterleibsschmerzen (nach sehr groBser Dosis). Atrophie der Lebersellen, beobachtet bei Hunden nach chroni- scher Gocainvergiftang (Zauchersky). 17. Mastdarm und After. 18. StnU. 19. Hamirerkzeiige. Sehr Termehrte Diärese. Anurie. 20. OenitaUen. Sexuelle Erregungszustände oder Abnahme der sexuellen Er- regbarkeit. 21. Atluniiiigaorgaiie. Beschleunigte Athmung. Beschleunigte, aber normal tiefe Athmung. Unregelmissiges, periodisches Athmen. Ghcyne-Stokes- Bche Athmung. Luftmangel. Schwäche und Belegtheit der Stimme. 22. Bmst Gefühl, als ob ihm die Brust zusammengeschnart würde (noch am 3. Tag nach der Vergiftung). Erstickungsgefühl und Zusammen- schnürungsgefühl der Brust. Schmerz im Umfang der oberen Brustapertur. 28. Erelfllanf. Krampf der Blutgefässe. Herzklopfen. Praecordialangst. Höchste Herzschwäche. Ohnmacht. Intermittirender Spitzenstoss. Degeneration der Herzgangiien. Zellwucherung und hyaline Degeneration der Gefässhäute des Rückenmarks (Zanchetsky). Meist Steigerung der Pulsfrequenz, oft unzählbarer Puls. Puls 160, kaum fühlbar. Seltener langsamer Puls (40 p. M.). Arythmie des Pulses. Starkes Klopfen der Carotiden. 24. Naeken und Bfleken. Knebelndes Gefühl im Bückgrat, besonders im Nacken. Un- erträglicher Schmerz am Rücken, besonders in der Lumbaigegend. 25. GUedmaasMii. Allgemeines: Lähmungsartige Schwäche aller Glieder. Sämmt- liche Gliedmaassen sind schlaff. Krämpfe (tonische und klonische) der Glieder. Kälte der Extremitäten. Obere Gliedmaassen. Bewegung mit den Händen in der Luft, als ob er einen Gegenstand fassen wollte. Leichtes Zittern der Hände, wie wenn 238 Zeitiebrift des Berliner Veieiiies homöopathisdier Aente. sie beständig etwas fassen oder etwas arbeiten möchten. Arme gelähmt. untere Gliedmaassen. Gang schwankend. Empfindung, als ob die Beine nicht ihm gehörten. Strampeln mit den Beinen. Beine gelähmt, empfindungslos. 26. Nähere Umstände. Kaffee und Wein (Oberhaupt Ex- citantien) bessern im Allgemeinen die Symptome, sind also in grossen Dosen (sowie auch Campher) Antidote bei Vergiftungen. Die klinische Verwerthung des Cocains in homöopathischem Sinne war bis jetzt sehr gering, und ich habe in der mir zur Ver- tagung stehenden Literatur nicht viel darfiber gefunden. Dr. 6oodno-(Californian Homoeopath. März 1891, angefahrt in Bd. XII dieser Zeitschrift) fand Cocain 1. D. Verreib«, 2- bis 8 stündlich 1 Gran (0,06 gr.; oder 0,006 gr Cocain) yon guter Wirkung bei einem Yierjährigen Kind, das nach Bachendiphtherie auffallend frequenten und kleinen Puls zeigte. Der Pols besserte sich in kurzer Zeit. Dr. Haie (Referat in dieser Zeitschrift, Bd. XIV) empfiehlt Cocain in Dosen von 0,005-0,006 bei Erschöpfung des Herzens in Folge von üeberanstrengung durch Laufen, Bergsteigen, schweres Heben. Sollte die Gefahr gross sein, so gebe man vor dem Cocain eine Dosis Amylnitrit oder Glonoin. Cocain 0,006 kann alle halbe Stunden wiederholt werden, bis der Herzschlag normal geworden. Dr. R. T. C 00 per berichtet einen Fall (The Clinique« Dez. 1898. — Referat in der A. H. Z. Bd. 139), wo das Symptom „Empfindung, als ob fremde Körper unter der Haut sich befinden'' bei einem Patienten mit chronischem Rheumatismus vorkam, der durch 0,015 Cocain entschieden gebessert wurde. Das ist Alles, was ich über die klinische Anwendung von Cocain gefunden habe. Dass Cocain bei Herzaffektionen von Nutzen sein kann, ist sehr wahrscheinlich. Es dürfte auch bei gewissen Formen von Stenocardie (schwacher, fast unfühlbarer, schneller Puls, blasses oder cyanotisches Gesicht, Beklemmung in der Herzgegend oder über dem Sternum) von gutem Erfolg seio in öfter wiederholten Dosen der 1 — 3 Dez.- Verdünnung. Ifit der ersten Dezimale sei man vorsichtig, da schon Dosen von 0,03 bis 0,05 der Ursubstanz beängstigende Erscheinungen hervormfen können. Ferner wird Cocain bei der Bergkrankheit (Schwindel, Ohnmachtsgefühl, starkes Herzklopfen, allgemeine Mattigkeit), wie schon Haie andeutet, Gutes leisten können. Dr. A. Fluider, Coeain. 239 ■ Bei gewissen Formen Ton Geisteskrankheit, besonders bei denen mit yorherrschender Aufregung, doch vielleicht atich bei Melancholie, oder bei solchen, die abwechselnd beide Zu- stände zeigen (z. B. circuläres Irresein), wäre Cocain eines Versuches werth. Dagegen wird bei progressiver Paralyse, trotz- dem dieselbe ähnliche Zustände aufweist, wohl kaum etwas aus- zarichten sein. Beim Alkoholdelirium dagegen möchte vielleicht Cocain, dann allerdings wohl in etwas grösseren Dosen, einige Wirkung aufweisen, ebenso gut, wie Alkohol bei der Cotainkachezie gute Dienste leistet Ob bei Chorea oder bei Epilepsie Cocain von einiger Wirkung ist, kann auch nur der Versuch lehren. Nicht unwahr- scheinlich ist, dass es bei gewissen Formen von Cerebrasthenie mit Schlaflosigkeit besonders in der ersten Hälfte der Nacht von gutem Erfolg ist. Um es bei Kopfschmerzen, Eopfneuralgien mit Erfolg anzuwenden, sollten wohl einige andere Symptome (viel- leicht etwas Asthma, Herzklopfen, Pupillenerweiterung) zugegen sein. Ohrgeräusche nervöser Art, oder solche bei chronischem trockenem Mittelohrkatarrh sind möglicherweise auch mehr oder weniger mit unserm Mittel zu beeinflussen, ebenso nervöse Gefühle von Zusammenschnftren im Hals, mit Trockenheit, wie sie so oft bei nervösen und hysterischen Frauen vorkommen, und vielleicht auch akute katarrhalische Angina (ähnl. Beilad,)« Doch ich will nicht weiter auf die Möglichkeiten der Cocain- anwendung eingehen. Jeder wird selber sich aus den Symptomen das «Mögliche'' konstruiren und es sollte mich freuen, wenn diese Arbeit Anregung zur homöopathischen Anwendung des Cocains geben würde und zur Veröffentlichung von Heilungen oder von Fiaskos. Ueber die AehnUchkeit mit anderen Mitteln will ich mich nicht weiter verbreiten, da die Symptomatologie einen zu wenig fein differenzirten Charakter hat Am nächsten steht ihm wohl in toxicologischer Beziehung Atropin (Bellad. Stramon.). Physiologischer Theil. (Nach Dr. B. v. Jaksoh, Bd. 1 von Nothnagel'« Handbuch mid Prot Kraepelin, Psychiatrie 1896.) lyDas Cocain ist der wirksame Bestandtheil der Blätter von Erythroxylon Goca. Nach seiner chemischen Struktur ist das 240 Zeitaohrüt des Beriiner VereiaM homBopathisolifir Aente. Cocain ein Metb]^deri?at des BensojlecgoninB. In den Goca* blättern sind noch eine Reihe von Baseni so Benzoylecgonin, Cocainin, Gocamin, Cocrylamin, Ecgonin nnd andere entr halten, welche aber bis heate keine Bedentnng haben. Das Kauen dieser Blätter ist in Sfldamerika bei den Ein- heimischen seit Jahrhunderten im Gebrauche und soll sie befthigen, ganz ungewöhnliche Strapazen zu ertragen und schwere Arbeiten zu leisten. Dass aber durch den Genuss der CocabUtter als Genussmittel auch namhafte Schädigungen des Organismus herfor- gerufen werden, erhellt aus zahlreichen sfidamerikanischen Beise- berichten. Eine noch grössere Verheerung hat dagegen der Gebrauch des Alkaloids durch seine medizinische Verwendung angerichtet. Die akute Cocainvergiftung ist immer eine Medizinalvergiftang und erfolgt oft schon durch verhältnissmässig kleine Dosen, sei es durch subkutane Injektion, Bepinselungen von Haut oder Schleim- häuten oder innere Veiabreichung. Schon eine Dosis von 0,05 gr kann bedenkliche Vergiftungserscheinungen hervorrufen, je nach der Empfänglichkeit des Individuums. Die Dosis ton 1 gr ist wohl immer lethal. Bei lokaler Anwendung beobachten wir in den leichteren Fällen ausser der lokalen Anästhesie beschleunigte Atbmung, Steigerung der Pulsfrequenz, Arythmie, die Pupillen sind dilatirt, es tritt Cyanose, Blässe des Gesichts und Gollaps ein. Alles das kann im Verlauf weniger Stunden ohne üble Folgen ablaufen. Aber schon bei geringen Dosen, z. B. 0,06 gr in subkutaner Injektion, können bedenkliche Symptome eintreten: Trockenheit, Brennen und Kitzelgefahl im Halse, Pelzigsein der Zunge und Schlingbeschwerden; im weiteren Verlauf treten Uebelkeit und Erbrechen auf, auch Magenkrämpfe und Koliken können eintreten. Ebenso kommt es oft zu ausgesprochenen Hallucinationen und Delirien, auch De- pressionserscheinungen , wie Melancholie und Verfolgungsideen können sich einstellen. In schweren FäUen folgt dem Stadium der Depression oft das der Exaltation. Die Kranken sind äusserst erregt, ruhelos, un- gewöhnlich heiter und schwatzhaft. Gesichts- und Gehörshalla- cinationen treten auf und die Kranken machen den Eindruck, als ob sie berauscht wären. Auch sexuelle Erregungszustände werden beobachtet, sowie Abnahme der sexuellen Erregbarkeit. Das Krankheitsbild geht dann in schweren Gollaps fiber, welcher übrigens oft eintritt, ohne dass andere nervöse Symptone Dr. A. Pfander, Cocain. 241 ▼orangegangen sind. Bisweilen zeigt sich Tor dem Eintritt des CoUapses Präcordialangst, Ohnmachtsgefühl, Flimmern Tor den Augen und ein sehr lästiger Schwindel, der oft bei leichten Fällen das einzige objektive Symptom bildet, welches anf die Vergiftung hinweist Von weiteren nervösen Symptomen heben wir hervor: Steigerung der Reflexe, tonische nnd klonische Krämpfe in den Extremitäten, ja epileptiforme Gonvulsionen. Auch choreatische Zackangen wurden beobachtet. Jedoch nicht blos Reizsymptome, sondern auch Ausfallssymptome, als Facialislähmung, Lähmung der Gaumen- und Zungenmuskulatur, ja vollständige Bewegungslosig- keit, kdnnen durch Cocainvergiftung hervorgerufen werden. Auch Schlaflosigkeit, ferner Störung des Erinnerungsvermögens wurden beobachtet. Die Pupillen sind erweitert, reaktionslos, jedoch meist nicht ad maximum dilatirt. Man beobachtet ferner Gyanose, fast immer erhöhte Puls- frequenz*) und Puls-Arythmie, unregelmässiges, periodisches Athmen. Auch subjektive Symptome von Seiten des Herzens, als Herzklopfen, zeigen solche Kranke. Seltenere Symptome sind Taub- heit, Blindheit, Verlust des Geruchs und Geschmacks, femer Neuralgien. Weiter wurden in einzelnen Fällen auch Exantheme beobachtet, welche z. B. in einem von D6j£rine beschriebenen Falle einer Rupia syphilitica ähnlich waren. Im Verlauf der Cocainvergiftung wurde häufig heftige Schweisssecretion beobachtet; sie kann femer zu Anurie fahren. Bei lokaler Anwendung des Cocains am Auire finden wir: Erweiterung der Lidspalten, der Pupillen, Accomodationsparese, Herabsetzung des intraoculären Dracks, Auslösung von Glaukomanfällen, Protrusio balbi und häufig eine durch Cocaingebrauch hervorgerufene Conjunctivitis. Auch PanOphthalmie wurde beobachtet. In ungünstig verlaufenden FäUen sind es die Erscheinungen von Seiten der Circulation und Respiration, welche diesen Aus- gang bedingen. Derselbe kann schon früh, ja 30 Minuten nach der Intoxikation, eintreten (z. B. nach 0,8 in die Urethra appUcirt ; nach 1,6 gr innerlich; ^/4 Stunden nach Einfuhr von 1,2 gr ins Rektum). — Bei Vergiftungen nach innerlicher Darreichung ist die betreffende Eörperhöhle sofort auszuspülen ; auch bei subkutaner Einführung ist Ausspülung des Magens indicirt, weil ein Theil des Cocains in den Magen übergeführt wird. ^) Selten, und besonders in schweren Fällen, langsamen Pols. (Bef.) 242 Zeitflohrift des Berliner VereineB homöopathifloher Aersla. Die Behandlung der GoeainTergiftung mu88 weBenflich sjmpto- matisch sein. Schwerer Collaps erfordert die Anwendang einfls wannen Bades mit kalten üebergiessungen. Ist die Athmung hoch- gradig alterirt, so sind die Einleitung kfinstlicher Athmang und die Faradisation des Phrenicus indicirt Schwere Beizsymptome erfordern — allerdings mit grosser Vorsicht — den Oebranch von Chloroform und Ghloralhydrat. Amylnitrit und Brom- Präparate werden bei Gefässkrämpfen, mit welchen diese Ver- giftung einhergehty gute Dienste leisten. Bei heftigen Schmerzen in der Magengegend ist Morphium am Platze. Nach Gauthier wäre Nitroglycerin zu empfehlen. Sehr wichtig sind die pro- phylaktischen Maassregeln. Bei mit Herzfehlern Behafteten, bei Anämischen und Nervösen verwende man nur geringe Dosen. Man vermeide es überhaupt — so weit es geht — aber insbesondere bei den genannten Kranken, Gocaininjektionen in das Gresicht zu appliziren. Der anatomische Befund ist dadurch ausgezeichnet, dass das Gehirn, Bftckenmark, ferner die Leber, Milz und Niere un- gemein blutreich sind. Irgend ein für die Gocainvergiftung cha- rakteristischer Befund existirt jedoch nicht. Die Symptome der chronischen Gocainvergiftung unter- scheiden sich vor denen der akuten vor Allem dadurch, dass die Reizerscheinungen meist fehlen, die Depressionserscheinungen je- doch desto mehr in den Vordergrund treten. So zeigt sich meist frühzeitig eine psychische Schwäche, welche in ihrem Aoftreteo an die bei der progressiven Paralyse vorkommenden derartigen Sjmptome mahnen kann. Die Kranken werden ferner von Halla- cinationen und Parästhesien aller Art heimgesucht. Auch epi- leptiforme Anfälle wurden wiederholt beobachtet. Die Kranken leiden weiter an Speichelfluss, bisweilen an Trockenheit im Halse. Der Appetit liegt ganz darnieder. Die Extremitäten sind kühl, die Haut welk, bleich. Herzklopfen, Athemnoth, Ohrensauseo, Ohnmachtsanfälle belästigen sie im höchsten Grade, und sie gehen unter Zunahme der genannten Erscheinungen, dem Auftreten von Oehörsstörungen und Gesichtsstörungen aller Art, als Gesichtsfeld- defekten, Diplopie, Amblyopie, Ghromatopsie, Mikropsie, Gehön- und Geschmackshallucinationen, schliesslich unter den Erscheinun- gen der Herzschwäche an Marasmus zu Grunde* Uebrigens soll nach Popp ig und anderen Forschungsreisenden auch der gewohn- heitsmässige Missbrauch der Gocapflanze eine besondere Krankbeity Dr. A. Pf«ader, Gooaii. 243 Opilacion genannt, hervorbringen. Die Symptome derselben sind: Appetitlosigkeiti wechselnd mit Heisshnnger, Neigung zu Obsti- pation, Ikterus, Abmagerung, Schmerzen in den Gliedern, Schlaf- losigkeit, hochgradige Schwäche und geistige Apathie. Die Mehr- zahl der Kranken soll der Tuberkulose erliegen. Die Prognose des chronischen Gocainismus ist wesentlich ungünstiger, als die des Morphinismus. Die Behandlung besteht in sofortiger Entziehung des Cocains, doch muss der Kranke dann in ein Sanatorium oder in eine Irrenanstalt verbracht werden, da bei der Entziehung plötz- liche, schwere psychische Störungen eintreten können, und immer die Gefahr yorliegt, dass die Kranken Selbstmord begehen. Zur innerlichen Behandlung empfehlen sich grosse Dosen Alkohol — aber mit Vorsicht, da sonst die Kranken dem Alkoholismus ver- fallen! Bei Symptomen von Gollaps, vor Allem Herzschwäche, sind Injektionen von Kampheröl am Platz; auch wird Kampher, sowie Coffein zur innerlichen Darreichung empfohlen. Auch bei der chronischen Cocainvergiftung bildet der ana- tomische Befund nichts Charakteristisches.*) Es folge hier noch ein kurzes Resum6 aus der Beschreibung des Cocainismus, also der chronischen Cocainvergiftung, aus Kraepelin*s Psychiatrie: Es stellt sich dauernde nervöse Erregung mit leichter Ideen- flucht und völliger Unfähigkeit zu geistiger Beschäftigung, Willen- losigkeit und Abnahme des Gedächtnisses ein. Der Kranke wird vielgeschäftig, redselig, weitschweifig im mündlichen und schrift- lichen Verkehr, vernachlässigt sein Aeusseres etc. Die Stimmung schwankt zwischen überschwänglichem Wohlbefinden, grosser Reiz- barkeit und misstrauischer Angst bei Abstumpfung der moralischen Gef&hle. Diese Symptome werden von schwerem körperlichem Siechthum begleitet, das Aussehen wird greisenhaft^ Reflexe ge- steigert, Zunge zittert, Pupillen sind erweitert, der Puls be- schleunigt, Herzklopfen und Athemnoth tritt ein. Schweissabsonde- rung vermehrt. Schlaf gestört, oft völlige Schlaflosigkeit. Es entwickelt sich das eigenartige Bild des Cocainwahnsinns, welcher in vielen Stacken dem Alkoholwahnsinn ähnelt. Nach reizbarer, misstrauischer Stimmung treten Hallucinationen auf ver- *) Doeh soll i^albaminoide" Degeneration besondera der Ganglienzellen des Bttckenmarks und der Herzganglien nnd in geringerem Qrade der Ganglien dee Teriftngerten Marks nachgewiesen worden sein. Ebenso fettige Degeneratien der Mnskilatnr. (Zanohersky in Monthlj Hom. Beview 1889, p. 48.) (Bef.) 244 ZeitBohrift des Berliner YereineB hemöopathlseher Aecite. schiedenen Sinnesgebieten hervor. Der Kranke bort Schimpfworte, Anspielungen, Drohangen, die sicli auf sein früheres Leben be- ziehen, sieht kleine Gegenst&nde, besonders als Flöhe, Baktaien, Milben etc., dann tritt auch Hautjucken auf, das er z. B. ab Herumkriechen von Ungeziefer in der Haut versp&rt. Alle seine subjektiven Empfindungen werden überhaupt wahnhaft gedeutet, er glaubt sich von aller Welt verfolgt und macht oft seinem qual- vollen Dasein durch Selbstmord ein Ende. Eigenthflmlich ist der unsinnige Eifersuchtswahn der Gocainisten. Bei alledem ist das BewuBstsein der Kranken andauernd so klar, dass sie über Allerlei ziemlich geordnet Auskunft zu geben vermögen; doch be- steht niemals klare Krankheitseinsicht. Die ganze Entwickloo; des Cocainwahnsinns vollzieht sich meist binnen wenigen Wochen. Sobald das Cocain ausgesetzt wird, pflegen die stürmischen deli- rösen Zustände meist innerhalb weniger Tage zu verschwinden, während die Wahnideen erst nach Wochen oder Monaten und die Erscheinungen psychischer Entartung noch weit langsamer sich verlieren. Unterhaltungen über Themata aus der Arzneimittellehre. Von Dn Dahlke. B.: Ist die Auswahl Ihrer Stickhusten -Mittel eine sehr grosse? A«: Rein theoretisch könnten wohl eine unendliche Zahl voa Mitteln in Frage kommen; denn Sie dürfen nicht vergessen, dass Sie nicht den Begriff „Stickhusten* behandeln, sondern unter be- stimmten ErscheinuDgen erkrankte Individuen, weil das Ensemble dieser Krankheits-Erscheinungen in unendlicher Weise varüren mag, darum auch die zu wählenden Mittel. Vom praktischen Standpunkt aus lässt sich aber Ihre Frage etwas anderes beantworten. Thatsächlich hat sich in der laogeü Beihe von Jahren durch Beobachtung und Erfahrung gezeigt, dass Dr. Dahlke, ünterhaltimgeii ftber Theaata avi d«r AnmelaituillehTe. 345 eine bestimmte Anzahl von If itteb besonders h&ufig indicirt sind. Das ist, wenn Sie mir den Sehers erlauben wollen, eine Art Gat- mathigkeit der Natur, die eine Reihe einzelner Fälle nach dem gleichen Schema ablaufen Ittsst, um dem Arzt die Mfibe des Mit- telsuchens nicht zu schwer zu machen. Beiläufig ist der Stickhusten kein fibles Beispiel, die Unter- schiede allopathischer und homöopatischer Handlungsweise zu illustriren. Fflr den Allopathen ist mit der meist ja nicht schwer za stellenden Diagnose yStickhusten*^ die Sache erledigt. Die Wahl des Heilmittels ist wahrscheinlich von irgend einer chemischen Fabrik fflr die nächsten Monate festgelegt, f&r den Homöopathen filngt jetzt erst die eigentliche Arbeit an. Die Diagnose an sich sagt fBr die Wahl des Heilmittels gar nichts. A«: Die Anzahl derjenigen Mittel, welche Stickhusten hervor- gerufen haben, kann aber wohl kaum sehr gross sein? B.: „Stickhusten^ hat Oberhaupt kein Mittel hervorgebracht, ebenso wenig wie es Typhus oder Malaria hervorgebracht hat. Schon daraus geht hervor, dass unser, der Homöopathen Heil nicht im pathologisch-anatomischen Begrifif Hegt. Die von Hahnemann ge- lehrte Kunst, ich möchte fast sagen, der Eunstkniff besteht ja gerade darin, diesen Begrifif, um den sich fftr den Allopathen alles dreht, herausfallen zu lassen, zu eliminiren, weil unsysher und der Hypo- these unterworfen, und sich an das zu klammern, was danach noch übrig geblieben ist B.: Ist denn dieses Uebrige nicht „unsicher und der Hypo- these unterworfen'? A.: Wenn Sie richtig verstanden hätten, würden Sie diese Frage gar nicht thun ; denn was nach Ausfall dieses „wissenschaft- lichen* Erankheits-BegrifiTes noch bleibt, das sind die reinen, von der Natur gelieferten Symptome, die Sie mit ihren fünf Sinnen auffassen können. Freilich gehört dazu, dass diese fünf Sinne gesund sind. Die Summe derjenigen geistigen Prozesse, die ihren äusseren Abschluss in der Benennung der Krankheit finden, sind für uns werthlos, weil menschliches Machwerk und als solches ewigem Wechsel unterworfen. Für uns hat nur Werth, was die Natur liefert. Der oben angewandte Ausdruck „eliminiren* ist vielleicht nicht ganz passend, er könnte falsche Vorstellungen er- wecken. Durch vorstehende Anwendung des Simile-Gesetzes wird der Erankheitsbegriff, wie er sich im Kunstausdruck concentrirt, eigentlich nicht eliminirti sondern er löst sich spurlos auf; wie 246 Zeitiehrift des Berliner VereineB homOopftthiieher Aeme. in einer arithmetischen Aufgabe, die in Folge eines Bechenfehien mit einem Zayiel abschliesst, die richtige Lösung nicht dareli einfaches Wegstreichen dieses unbequemen Plus erzielt worden kann. Es gehört die Revision der ganzen Aufgabe dazu, und mit Entdeckung des Fehlers Ter seh windet das Plus von selbst So löst sich in richtiger Anschauung des Simile-Gesetzes der kfinst- lich producirte Erankheitsname auf; es bleibt kein Platz mehr f&r so etwas. Und damit f&Ut auch die Möglichkeit, nach derartigen Begriffen seine Arzneien zu wählen. B»: So sehe ich aber wirklich nicht, wie es bei solcher Auf- fassung jemals zu einer Verständigung zwischen Allopathie und Homöopathie kommen sollt A.: Ich auch nicht, und zwar aus dem einfochen Gmnde, weil eines das andere ausschliesst. Einer, der beide mit ein- ander vereinigen will, der ist wie jemand, der eine Hand voll Schnee nimmt und denkt: Ich will doch versuchen, ob ich diesem Schnee nicht die Temperatur meiner Hand beibringen kann. Msg er es noch so schonend, noch so vorsichtig, noch so wissen- schaftlich anstellen, die Sache wird immer zu Wasser werden. Man bemttht sich seit langer Zeit, dieses Kunststückchen fertig tn bringen, aber dasselbe kommt mir vor wie jenes Kunststfickcben chinesischer Köche, die in eine Pastete ein Stückchen Eis hinein- backen und auf die Tafel bringen; und alles mit solcher Ge- schwindigkeit, dass der Gourmand beim Verspeisen des heissen Gebäckes noch das Eis in den Mund bekommt. Diejenigen; welche Allopathie und Homöopathie zusammenschmeissen wollen, die müssten schon bei solchem mongolischen Tausendkünstler in die Lehre gehen; denn anders lässt sich's nicht machen. Wenn ich aber Ihre einleitende Frage richtig verstanden habe, so wünschten Sie einen üeberblick der bei uns erfahrangs- gemäss am häufigsten beim Stickhusten zur Verwendung kom- menden Mittel? B.: Freilich, freilich 1 Aber ich weiss ja schon, dass Sie gern vor dem Regnen ein Bischen blitzen und donnern. — Ich lu vor längerer Zeit in einer populären Zeitschrift, dass ein Arzt, von einem bekannten Patienten an zugiger Strassenecke mit der Frage überrumpelt wurde: „Doktor, wissen Sie ein Mittel gegen Stickhusten?^ Der Doktor liess nur das eine Wort „Belladonna' dem Gehäge der Zähne entfliehen und schwenkte dann scbleo- nigst in den Windschatten hinein. Dr. Dablke, Ünterhaltimgen über Themata aus dar Anneimittellelire« 247 A.: Nun, fOr die zugige StrasseDecke, allenfalia noch fQr's Examen ist die Antwort gut genug. Thataächlich arbeitet die Nator häufig nach dem Belladonna-Schema. Ich will veraucheni in kurzen Zügen das Belladv-Stickhustenbild zu konatruiren. Wenn Ihnen solch ein Kind Torgef&hrt wird in der anfalla- freien Zeit, so sehen Sie ihm nichts an. Es gleicht völlig einem gesunden Kinde. Die Mutter sagt Ihnen, dass das Kind hustet Sie untersuchen die Brustorgane und finden entweder gar nichts, oder einige spärliche Geräusche in den Bronchien. Aber dem Kind behagt das Untersuchen nicht; es fängt an zu schreien, und dadurch wird ein heftiger, krampfartiger Hustenanfall ausgelöst. Das Kind wird dunkelroth im Gesicht, die Augen quellen heraus. Die Heftig- keit des Anfalls mag Nasenbluten oder Erbrechen hervorrufen, ja in hochgradigen Fällen sogar AUgemeinconvulsionen. Ist der Anfall beendet, so ist das Kind matt und will schlafen. Achten Sie auf diesen Unterschied zwischen der Frische und der Mattig- keit resp. Schläfrigkeit nach dem Anfall. Er ist f&r das Bella- donna-Bild bezeichnend. Auf Ihr Befragen giebt Ihnen die Mutter an, dass das Kind Nachts mehr hustet, als am Tage, und dass 68 lediglich in Anfällen hustet, dass Katarrhhusten zwischendurch nicht besteht. Oft wird Ihnen die Mutter auch sagen, dass im Anfall der Kopf sich auffallend heiss anffihlt, und dass heisser Schweiss ausbricht, am ganzen Körper oder am Kopf. Wenn Sie im Beobachten schon gettbter sind, so werden Sie merken, dass das Kind, wenn nach dem Anfall von der Mutter ans Fenster gebracht, sich abwendet oder plinkert. Die Angen sind lichtscheu geworden. Sagt Ihnen die Mutter ausserdem, dass das Kind in jedem Anfall sich nass macht, so merken Sie um so deutlicher, dass Sie auf der richtigen Fährte sind. B.: So wäre die Belladonna der Typus der krampfhaften Form des Stickhustens? A.: Ganz recht, der krampfhaften Form massigen Grades. Werfen wir nun einen Blick auf die Mittel, die sich in dieser Hinsicht um die Belladonna gruppiren: Das ist vor allem Stramo-. nium. Es ist bei allen Leiden, die ins Krampfartige ausarten, eins der gewaltigsten Mittel und flbt vielleicht eine tiefere Ein- wirkung auf den menschlichen Körper aus, als Belladonna. Zum mindesten wird die letztere oft da gegeben, wo das erstere am Platze wäre. Bei dem hier besprochenen Leiden repräsentirt der Stramon.- 248 Zeitadliriit des Berliner Vereines homöopathiiclier Aerste. Fall etwas auffallend Heftiges. Die Anfälle sind sehr beftigi das Kind selber wird ungebärdig, unbändig dabei, es macht sich steif, ohne Gonvulsion; aber leichter als bei der Beilad. geht dieser Zustand in die echte Gonvulsion Ober. Die Böthe und GFedunsen- heit des Gesichts, die injicirten Augen, die Lichtscheu dfiiften bei beiden die gleichen sein. In gewisser Hinsicht entspricht so Stramon. der Hohe des Krampfstadiums. Achten Sie aber auf den Unterschied zwischen ihm und Guprum, welches ebenfalls, aber unter anderem Bilde daa ausgebildete Krampfstadium repräsentirt. Solch ein Kupferkind mag auch ein sonst gesundes kräftiges Kind sein ; jetzt kommt der Anfall. Mit Verwunderung sehen Sie, dass schon bei relativ massigen Husten»tössen Gesicht und vor Allem Lippen sich blfta- lich färben ; jetzt scheint sich die Glottis im Krampf zu schliessen, der Athem bleibt fort, das Kind wird steif und liegt wie todt da. Damit Sie richtig verstehen: In diesem Typus stehen all diefe gefahrdrohenden Erscheinungen in gar keinem Verhältniss xor Heftigkeit der AnßUle. Der Organismus scheint nur auf einen Anstoss gewartet zu haben, um in Krämpfe überzugehen. Sie sehen also den Unterschied zwischen ihm und Stramon., wo die Gonvulsion den Eindruck macht, als ob sie mechanisch durch die Heftigkeit des Zustandes hervorgerufen wäre. Dass die Gyanose einen weiteren grossen Unterschied zwischen beiden konstrairt» daran brauche ich Sie kaum zu erinnern. B.: Hat Guprum nicht auch eine besondere Art von Krämpfen? A. : Sie meinen das Beginnen in den Extremitäten, vor Allem Fingern und Zehen, und das Sichausdehnen in centripetaler Bich- tuDg. Dieses Moment wird hier seltener zur Entwicklung kommeD, und wir bedürfen desselben kaum^ das Bild ist auch so charakte- ristisch genug. Nun giebt es aber noch einen anderen Guprum-Typus, der eigentlich nichts ist, als ein forcirter Bellad.-Typus, charakterisirt durch die Gyanose. Das Kind wird von ausserordentlich heftigen, anstrengenden Attaquen überfallen, es hustet bis zum gewaltsasiefl Brechen, resp. Würgen (beiläufig, im obigen Guprum-Bild kommt es erst gar nicht zur mechanischen Höhe des Brechens, die Glottis hat sich schon vorher zusammengekrampft), wird braun und blaa im Gesicht und sinkt nach dem Anfall ermattet um. Allenfalls könnte man sogar noch einen dritten Kupfer-Typos konstruiren. Es ist die Komplikation des Stickhustens mit Bron- Dr. Dihlke, ünterhaltiingeii Aber Themata aoB der Ameimittellehre. 249 chitis oder BroDchopneumonie. Hier wird es sich stets um Fälle bandelii, ^ei denen man sofort sieht, dass die Sache gefahrdrohend ist. Das Kind sieht blass, elend, um die Lippen leicht cyanotisch aas; das am meisten Charakteristische ist aber eine auffallende Dyspnoei die zu den lokalen Veränderungen in den Luftorganen kaum in richtigem Verh<niss steht. Schon ein massiger Husten- anfall steigert Cyanose und Dyspnoe hochgradig, und bei heftigen Anfällen ist der Angehörige in der qualvollen Situation, einem mit dem Erstickungstode ringenden Kinde hülflos gegenftber- zustehen. B.: Steht hier Guprum nicht der Ipecac. nahe? A.: Ohne Fraget Schon die Cyanose bringt beide nahe, die Erampfheigung ebenfalls, und jetzt die katarrhsdische Komplikation noch mehr, aber wir wollen die Ipecac. in anderer Umgebung ab- handeln. Wir wollen hier yersuchen, die reinen Erampfmittel zu- sammenzustellen. Als Abart des Bellad.-Stramon.^Falles kommt nicht selten Hyoscy., als Abart des Cuprnm-Falles nicht selten Zink in Frage, aber es wQrde zu weit führen, hier die feineren Unterschiede anzugeben. Ein Einblick in die Arzneimittellehre wird Sie Orientiren. Ferner will ich im Anschluss an den Olottis- Erampf beim Cuprum zwei andere Mittel erwähnoD, die freilich mehr beim reinen Spasmus glottid. indizirt sind, ich meine Sam- bucusy charakterisirt durch das Symptom: Das Kind wacht stets aus dem Schlaf mit dem Anfall auf; und Moschus, offenbar eins der wichtigsten Mittel bei Stimmritzenkrampf und allen mit Stimm- ritzenkrampf komplizirten Leiden. Von hier gehen wir zu einer Gruppe von Mitteln über, die gut ausgesprochene Anfälle mit Erampf der Glottis hervorrufen, welcher letztere sich abermals in lebhaft krähender Inspiration äussert. Es sind Mephit, Cocc. cact. und Drosera. Mephit hat von diesen dreien vielleicht den stärksten Kehl- kopfkrampf; daher Erstickungsgefühl, schlimmer nach dem Nieder- legen. Die Verschlimmerungszeit fällt auf die Nacht. Ausserdem wird angegeben, dass der Krampf beim Ausathmen schlimmer ist, als beim Einathmen. Den Symptomen nach am nächsten steht wohl ein anderes Thiermittel: Corall. rnbr. Ich kann Ihnen aber von demselben nichts geben, als den Namen. Viel bedeutungsvoller ist ein drittes Thiermittel: Cocc. cact. Dasselbe ist gut charakterisirt durch diese Hustenanftllei die besonders Morgens beim Erwachen kommen Bd. XX 17 250 Zeitiohrift des Berliner Yereinei homöopathiBoher Aenfci. ff und in dem Ausbrechen eines klaren, fadenziehendon SchlmmeB endigen, der in Strähnen abwärts hängt Trotz dieser Schleim- produktion ist der typische Gocc.-cacti-Fali ein rein krampfortiger, wie bei Mephitis, ohne katarrhalische Beimischung. Es giebtaber noch ein zweites Cocc.-cact.-Bild, und das präsentirt sich folgender- massen: Der kleine Kranke hat Masern überstanden und der Husten bleibt, ja er wird schlimmer, und das kundige Ohr hört bald den keimenden Stickhusten heraus. Das ist der katarrha- lische Cocc.-cact.-Fall. Unser Mittel ist eins der besten bei Ma- sern-Husten; es wirkt aber, um das hier anzukn&pfen, noch viel tiefer: es beeinflusst den krampfhaften, schweren Husten bei Lungen- spitzenkatarrh. Es hat jene stechenden Schmerzen durch die Brust, jene Frostigkeit, und trotzdem jene Abneigung gegen warme Luft, gegen Warmes in jeder Form, die Sie an welches Mittel erinnern? B.: Ohne Frage an Pulsat. A.: Ganz recht. Unterschieden ist es durch die Morgen ver- schlimmerung und durch die Beschaffenheit des Sputums. Die oben als dritte erwähnte Drosera wird von einigen, be- sonders den Aelteren als Hauptmittel im Stickhusten empfohlen. Der AnfoU bei der Drosera verläuft etwas anders, als bei allen, bisher erwähnten Mitteln. Das Kind spielt meinethalben auf der Strasse. Jetzt fängt der Husten an, kurze Rucke, immer schneUer, immer heftiger kommend, so dass das Kind nicht Zeit hat da- zwischen Athem zu holen und ihm in Folge dessen die Luft weg bleibt. Das Oesicht färbt sich heftig roth, es kann bis zum Nasen- bluten kommen oder bis zum Würgen und Erbrechen. Wie heftig die Erschütterung des ganzen Körpers ist, geht daraus hervor, dass das Kind instinktiv die Seiten mit beiden Händen stützt. Sobald aber der Anfall vorüber ist, nimmt der Kleine sein Spiel wieder auf, als ob nichts gewesen wäre. Das ist ein guter Hin- weis auf Drosera. Aehnlich dem Gocc-cacti hat Drosera auch die mit Katarrh-Er- scheinungen komplizirte Form. Sie entwickelt sich auch mit Vor- liebe nach Masern, wird aber, zum Unterschied von obigem Mittel, mit Heiserkeit komplizirt sein, abgesehen von der Verschieden- artigkeit des Sputums. Unter den reinen Krampfinitteln sind femer Gina und Magnes. phosph. zu nennen. Die Vorliebe für Gina im Stickhusten scheint gegen früher sehr nachgelassen zu haben. Immerhin wird man es mit Nutzen verwenden können, wenn es sich um blasse, tiefäugige. Dr. Dalilke, U]it«r]uJta]igtt& über Themato ans der Ameinittallahre. 251 DervSse Kinder handelt» die an sich schon zu krankhaften Affek- tionen, Mnskelzuckangen n. & w. neigen. Im Anfall wird das Kind steif am ganzen Körper nnd das Gesicht erhält eine blass- bläu- liche Färbung. Mit Beendigung des Anfalls wird man oft ein glucksendes Geräusch zum Magen hinunter hören. Der Husten- Anfall ist bisweilen mit krampfartigem Niesen yerbunden oder endet damit, ein Symptom, das sich im Kreis der hier zur Sprache kommenden Mittel nur noch bei Beilad. findet. Das Gina-Kind hat meist einen harten, aufgetriebenen Leib, leidet an wässrigen Stflhlen, die charakteristisch weisslich gefärbt sind, leidet an nächtlichem Bettnässen, hat unruhigen Schlaf mit Zähneknirschen, und isst mal mit Heisshunger, mal gar nicht. Dass solche Konstitution einen guten Nährboden für Wfirmer abgiebt, ist ja bekannt, und daher kann man kurz sagen: Stickhusten in Komplikation mit Wurm- leiden passt fflr Cina. Sie wissen jetzt, dass nicht die Würmer das Massgebende sind, sondern die Symptome, wie sie erfahrungs- gemäss oft mit Wurmleiden Yergesellschaftet sind. Es giebt auch Kinder, die trotz ihrer Würmer völlig gesund sind. Diese haben mit Cina nichts zu thun. Die Magnes. phosph. ist ein Erampfmittel par ezcellence. Es passt für krampfhafte Neuralgien sowohl, als für Zustände wie Veits- und Schreibkrampf. Alle Symptome des Mittels sind schlimmer Nachts und besser durch Wärme und Druck. Die beiden ersten Momente gelten auch für den Stickhusten. Dass dieses Mittel die rein krampfhafte Foqp des Leidens erfordert, geht schon daraus henror, dass die Hustenanfälle trocken, ohne jeden Auswurf yer- laufen. Fällt bei dieser krampfhaften Form des Stickhustens der Schwerpunkt röllig auf die Nacht, so mögen Sie auch an Conium denken. Zum Schluss soll hier noch Arnica genannt werden, welches charakterisirt ist durch das Symptom: das Kind merkt die Anfälle Torher und giebt dieses durch Weinen zu erkennen. (Auch der Cocc, cacti-Kranke fühlt das Nahen des Anfalles.) Femer müssen Sie im Arnica-Fall Blut in irgend einer Form yerUngen, zum mindesten wird das Mittel dann am besten passen, z. B. Nasen- bluten, oder blutstreifiges Sputum, resp. Erbrechen, oder Gefäss- zerreissungen in der ConjunctiTai oder Durchfälle mit blutigem Schleim u. s. w. Wir könnten unter den Krampfmitteln noch Nux vom. und 17* 252 ZeiUohrift des Berliner Vereines homöopaÜuBoher Aente. Ignat. erwähnen, aber ich fürchte, wir werden zn weitlinfig* Also gehen wir zur Katarrh-Gruppe über, deren Hauptvertreter die Ipecac. ist. Beim Ipecac.-Kind braucht Ihnen die Mutter nicht zu sagen, dass das Eind hustet; Sie hören das Rasseln auf den Luftröhren« Es kommen auch zwischendurch kleine katarrhalische Hastenstösse, die nicht zum Anfall ausarten. Wird dieser schliesslich aosgelöBt, so wird das Kind athemlos, macht sich steif und wird blass-bULu- lich im Gesicht. Der Anfall endet mit Erbrechen von Speise oder ein wenig Schleim. Während das Kind hustete, hörte es sich an, als ob die ganze Brust yoUgefüllt voll Schleim wäre and jetzt wird nur ein wenig herausbefördert. Es ist eine Art „partnriont montes*'. Das ist sehr charakteristisch fOr das Mittel. Der An- fall im Ipecac.-Fall tritt nicht immer so heftig auf, wie eben be- schrieben, aber auch im relativ leichten Anfall tritt Erbrechen ein. Das ist das zweite Gharakteristicum der Ipecac, diese leichte Mit- betheiligung des Magens, die zur Intensität des Anfalles in keinem Verhältniss steht. Blutungen irgend welcher Art sprechen wie f&r die Amica, so auch für die Ipecac. Das typische Ipecac.-Eind ist blass, schwächlich, verdriesslich, wählerisch in den Speisen, Leckereien und Sussigkeiten zugethan. An die Ipecac. schliesst sich in erster Linie die Pu^satilla. Sie passt auch fflr die katarrhalische Form des Stickhustens^ und ähnlich dem Cocc. cacti besonders fttr die nach Masern auftretende Form. Verschlimmerung fällt auf die Nachtzeit. Der Auswarf ist reichlich, eitrig. Entsteht Eiterung der Conjunctiva oder des Ohres, so spricht das um so mehr fttr Pulsatilla. Dass, wie jede andere Beschwerde, so auch der Husten sich durch frische Laft bessert, ist Ihnen ja bekannt. Nächtliche Durchfälle werden nicht selten den Fall begleiten. Tart. emet. passt fflr die Formen, bei denen man nicht mehr unterscheiden kann, ob die Katarrh-Erscheinungen oder der Stick- husten das Wichtigste ist. Der Zustand ist, wie der beim Cuprum geschilderte, gefahrdrohend. Die eigentlichen Stickhusten-Anf&lle werden seltener, schwächer, die Brust immer voller, das Schleim- rassein immer lauter; das Kind wird schwach, schläfrig, kalte Schweisse zeigen sich, das Herz droht zu erlahmen. Hier leistet unser Mittel jene grossartigen Dienste, die man als ein allgemeines Auffrischen bezeichnen kann. Das Kind wird munterer, die Athmung freier, und es ist wieder Kraft da» einen richtigen Hustenanfall Dr. Dalüke, ünterlMltnngeB ttber Themata au der Anneimittellehre. 253 herrorzabringen. Wie lange Sie nan den Tartarus weiter geben, mtLsaen Sie selber ermessen. Es kann wohl mal passiren, dass auch der Stickhusten beim Weitergebrauch gflnstig abläuft, meist werden Sie aber noch ein zweites Mittel wählen mfissen. Hier ist der Phosphor anzuschliessen. Er repräsentirt jenen Zustand, in dem sich neben dem Stickhusten broncho-pneumonische Komplikationen entwickelt haben. Meist wird die Krankheit schon längere Zeit gedauert haben, das Kind mager, elend, neryös, schlaf- lOB geworden sein. Hier können Sie wohl mal allein mit Phosphor eine glänzende Heilung erzielen, nicht allein der Komplikation, Bondern auch des Stickhustens selber. Ich entsinne mich eines Bolchen Falles bei einem Kind im zweiten Lebensjahr, wo Phosphor (in 30. Verdünnung) offenbar lebensrettend gewirkt hat. Ich sagte eben: „Das Phosphor-Kind ist mager und elend ge- worden.' Das bringt mich auf Veratrum, dem ich gerade auf diesem Gebiet vielen Dank schulde. ^ Es giebt einen Zustand, den man fast als chronischen Stick- husten bezeichnen kann. Die Kinder magern durch die lange Dauer der Krankheit ab, in hochgradigen Fällen bis zum Skelett. Es besteht YÖllige Appetitlosigkeit, Apathie und zwischendurch unerträgliche Verdriesslichkeit, Schleimrasseln. Der Laie sagt: ,,da8 Kind hat die Abzehrung". Alle Lebenskraft scheint in den Anfällen verbraucht zu werden, die trotz der hochgradigen Schwäche mit nicht nachlassender Heftigkeit auftreten. Der ganze elende Körper wird erschüttert, kalter Schweiss bricht aus, Urin, ja bis- weilen sogar der Stuhl werden unwillkürlich entleert. Auf diese konvulsivische Anstrengung folgt äusserste Prostration, von der das Kind sich nur sehr langsam wieder erholt. Solche Fälle sind gerade nicht häufig, aber ich entsinne mich doch etwa eines halben Dutzend aus meiner Praxis, und alle sind sie Paradefälle, die der Homöopathie Ehre einbringen; denn was in solchem Zustand Veratrum thut, das grenzt oft ans Wunderbare. B.: Geben Sie dasselbe auch hoch, wie den Phosphor? A«: Ich habe hier mit einer gewissen Einseitigkeit stets die 6. Verdünnung gegeben. Nun achten Sie ja auf den Unterschied zwischen diesem Mittel und etwa Tartar. stibiat. Sie sehen dieses elende, apathische Kind, das die Brust voll Schleim hat. Das ist bei beiden gleich. Wenn Sie einen HustenanfaU zu sehen bekommen, kann Ihnen so leicht kein Missgriff passiren. Beim Tartar.-Kind ist es gerade 254 ' Zeitfobrift d«i Beriinor VertiBes honSopatlüMher Aoorta. das Malheur, dass es keinen ordentlichen Anfall mehr prodnsirai kann. Jener eigenartige EatarrhzaBtand, der die Bronchien big in ihre feinsten Verzweigungen mit Schleim gefüllt hat und die Kar- bonisation des Blutes herbeifUirty hat die Oberhand gewonnen. NatnrgemäBS wird sich hier der gefahrdrohende Zustand in koner Zeit, in ein paar Tagen entwickeln, weil durch die Komplikation bedingt, während der typische Veratrum-Fall Wochen, ja Monate zu seiner Entwickelung braucht Das ist das Charakteristische bei diesem Zustand, dass er durch keine Komplikationen hervo^erofen ist Es ist der reine, unkomplizirte Stickhusten-Fall, und der Körper ist so sehr heruntergekommen, nur weil er seit Monaten yergeblich mit dem Krankheitsstoflf ringt. Das unterscheidet von allen anderen Mitteln, die einem ähn- lichen Schwächezustand entsprechen würden. Allenfalls wäre noch Garbo yeg. zum Vergleich heranzuziehen. Sie wissen, Garbo spielt eine ähnliche Bolle wie Sulfur: Es facht die erloschene Beaktiona- kraft des Körpers an. So kann es auch bei solchem yerschleppten Stickhustenfall, bei dem nichts hat anschlagen wollen, und der Kranke immer elender geworden ist, in Frage konunen. Spalte der Körperoberfläche, besonders Ton den Knien abwärts und Neigung zu jenen dunklen, flüssigen Blutungen würden für das Mittel gegenüber dem Veratr. sprechen. Den Anftllen fehlt die conyol- siyisohe Heftigkeit Das ist aber nicht das eigentliche Gebiet der Garbo im Stick- husten. Nehmen Sie einen Fall, der schon eine Reihe yon Wo- chen gedauert hat. Alles ist in der Besserung, nur das Erbrechen will nicht nachlassen. Das wird oft ein Hinweis auf Garbo sein. Oder nehmen Sie einen Fall ganz im Beginn, so dass sie selber noch nicht wissen, ob Stickhusten oder nicht; auch in diesem Stadium ist Garbo oft ein vorzügliches Mittel Nur dürfen Sie sie sich nicht einfallen lassen, das Mittel in derber Verreibung zn geben; hier ist die hohe Verdünnung am Platz. So passt Garbo für den Anfang und für das Endstadium. Bei ungebührlich lange sich hinschleppenden Fällen, bei denen die krampfhaften Erscheinungen längst Yerschwunden sind, aber die Sache doch nicht zum Abschlnss kommen will, denken Sie auch an Sulf., Hepar, Sepia und Ghina. 69. Gtoneral-Vers. das HomOop. Zentral-VereiiiB in Frankfurt a. H« 255 Die 69. Generalversaminlung des Homöopathischen Zentral-Yereins in Frankfurt a. M. Tom 9.— 11. August 190L I. OeschSftliche Sitzimg. Recht zahlreich besucht war die diesjährige Versammlang. Es waren laut Präsenzliste anwesend die Herren: Windelband-Berlin. Mossa Stuttgart. Grunewald- Frankfurt a. M. Hen gstebeck-Leipzig. Schwabe-Leipzig. Steinmetz -Leipzig. Wapler-Leipzig. Veith-Breslau. Leeser-Bonn. Kirn-Pforzheim. Schwarz- Brandenburg. Schwarz-Baden-Baden. Eröner-Potsdam. Dammholz-Berlin. Oisevius I-Berlin. Gisevius II-Berlin. Jahn-Berlin. Hermanns-Goesfeld i. W. Lorenz-Stuttgart. Göhrum -Stuttgart. Stiegele I-Stuttgart. Weiss-Schwäbisch-Gmünd. Fischer-Bochum. Marenbach-Dierdorf b. Coblenz. Sellentin-Darmstadt. BSsser- Chemnitz. Schier-Mainz. JeuBch-Naumburg. H ammerschmidt-Elberf eld. Groos-Barmen. Schnütgen-Münster i. W. Schönebeck-Strassburg. Kranz-Busch- Wiesbaden. Gebauer-Meseritz. Mattes-Ravensburg. Elb-Dresden. Dünninghaus-Siegen. Kemler- Weingarten. Nebel-Montreux. Delosea» ) 202 » / 250 l> / 246 >» / 238 >» / 270 1» / 304 « ) 260 Zeitsolirif t des Beriiner Veminet homOopathinlier Aenrte. daher auf einige ergftniende Mittheilongen. Aas der üebersieht der Frequenz haben Sie ersehen, dass das Jahr 1900/1901 Abs günstigste ist, so lange das Krankenhaus besteht Diese ZaU wäre noch grösser, wenn wir aus der Zahl der poliklinischen Patienten die Freibetten hätten stärker belegen wollen. Wir haben dies nicht gethan aus Sparsamkeitsrücksichten. „Die Zahlen gewinnen erst Leben, wenn wir sehen, dass wir durchschnittlich 25—26, im Winter bis zu 36 Betten belegt hatten. Aber damit bekommen Sie keinen Begriff von der Schwierigkeit, welche dieser Betrieb macht, und welche in der gänzlich ▼ er- fehlten Anlage des Instituts wurzelt. Die Heizungsanlage ist vollständig ungenügend. Die Badeeinrichtung für Syphilitiker konnte im Winter nicht benutzt werden. Noch grössere Schwierig- keiten bereiten die Aborte, die auch bei nieht besetztem Hause nicht ausreichen; es sind nur zwei Closets in jedem Stockwerk. Die Ventilation lässt alles zu wünschen übrig. Alle diese Schwierig- keiten treten aber hinter der zurück, dass sich bei besetztem Hause die einzelnen Kategorien von Kranken nicht auseinander halten lassen. Ich verlangte daher und verlange noch einen ein- geschränkten Betrieb. Die Hoffnung auf einen Neubau habe ich noch nicht aufgegeben. Es wäre eine Schande für die Homöo- pathie, wenn das Leipziger Krankenhaus eingehen sollte wegen Mangel an Oeld. Ein neues Krankenhaus liesse sioh schon durch die Verpflegungsgelder von Patienten erster und zweiter Klasse betreiben; allein die Frequenz aus Bussland würde genügen. Wenn jedes Zentralvereinsmitglied jährlich nur einen Patienten zweiter Klasse schickte, so wäre der Bestand schon gesichert „Wo wäre nun der Platz zu einem Neubau? Das Areal in Paunsdorf, das Herr Kommerzienrath Schwabe sich unter um- ständen zu schenken bereit erklärt hat, liegt hygienisch nicht un- günstig; die Verbindung ist aber bisher noch nicht genügend, und der leitende Arzt wäre unter 8000 Mark nicht zu haben. Das einzig passende Terrain liegt nicht weit vom Napoleonsstein, bei der Landesheilanstalt Thonberg. Bei den Verbindungen, die Herr Schwabe besitzt, würde es wohl nicht schwer sein, von diesem in städtischem Besitz befindlichen Terrain ein Stück zu erwerben. „Sie werden mir entgegenhalten : Was hat das homöopathische Krankenhaus bisher genützt? Ich habe mir auch diese Frage vor- gelegt. Abgesehen von einer Anzahl hier ausgebildeter Kollegen hat es nicht viel in der Oeffentlichkeit von sich reden geuiacht 96- Genend-Ten. des Hom5op. Zentral-VereinB in FrftBkfnrt a. M. 261 Die Ursache davon liegt in einer unangebrachten Sparsamkeit. Der Chefarzt hatte keine genügende AsBiBtens, um das Material wissenBchaftlich su verwerthen. Es wftre ferner leicht, ein Labo- ratorium einzurichten. Die auBserordentliche Bedeutung dieser wissenschaftlichen Bestrebungen ist leider im homöopathischen Lager nicht fiberall verstanden und am wenigsten von denen ge- würdigt worden, die durch ihre soziale Stellung am leich- testen uns helfen könnten. Ich meine in erster Linie Herrn Schwabe. Er hat bisher immer nur freundliche Worte gehabt. Warum, das ist mir erst in neuerer Zeit klar geworden. Er wollte erst eine mustergiltige Pharmacopoe schaffen: diese Arbeit ist jetzt beendet und glänzend gelungen. Es fehlt aber noch die Arena, in welcher dieses Rfistzeug zur Anwendung kommt. Herr Schwabe kann nicht anders, als dafOr eintreten, dass das neue Kranken- haus zur Thatsache wird.'' Herr Steinmetz bedauert, dass der von ihm vorgeschlagene Weg (Aufnahme einer Anleihe von 120 000 Mark) nicht acceptirt worden sei. Er habe dadurch vor allem eine Anzahl von Aerzten fflr das Gedeihen des Krankenhauses persönlich interessiren wollen. Herr Windel band wendet sich gegen die Aeusserung des Herrn Steinmetz, dass der Berliner Verein homöopathischer Aerzte die Thätigkeit des Kuratoriums unterbunden habe. Derselbe kennt vielmehr nur das Bestreben, dem Krankenhaus auf die Beine zu helfen. Aber mit dem vom Kuratorium vorgeschlagenen Weg ist dies unsres Erachtens nicht möglich. Der Werth des Grundstücks ist von dem Kuratorium mit 220000 Mark viel zu hoch angesetzt, da bei einem Verkauf nur der Grund und Boden bezahlt wird. Eine Beschlussfassung wird einstweilen zurückgestellt. Der Bericht fiber die Poliklinik giebt zu Erörterungen weiter keinen Anlass. Hierauf wird dem Kassenverwalter, Herrn Steinmetz, fflr seine umsichtige Verwaltung der Dank der Versammlung ausgesprochen und Entlastung ertheilt. Dem Bericht Aber die Vereinsbibliothek entnehmen wir die Angabe, dass im vergangenen Jahre die beiden werthvollen Werke von Hughes (Gyclopaedia of Drug Pathogenesy) und Allen (En- cyclopaedia of Pure Materia Medica) angeschafft worden sind. Die Bibliothek ist — zweifellos wegen der Arbeit an der ^deutschen homöopathischen Arzneimittellehre'' im vergangenen Jahre recht stark benutzt worden. 262 Zeitaehrift des Bariiner Vereinef homOopathiiehfir Aentdi Als nächster Versammlangsort wird Edln auf Antrag des Rheinisch -Westfälischen Vereins bestimmt. Als Ehrenpriaidont wird Herr Weber -Köln — seine Zustimmung Yorausgesetst — gewählt. Es folgt jetzt die Besprechung der gestellten Anträge. 1. Antrag des Berliner Vereins homöopathischer Aerzte auf Abänderung der §§ 7 und 13 der Satzungen, dahin gehend, dass künftig das geschäflsführende Mitglied des Direktoriums seinen Sitz nicht mehr in Leipzig zu haben braucht Der Antrag ist im letzten Jahre bereits zum ersten Male angenommen, und es muss satzungsgemäss zum zweiten Male darüber abgestimmt werden. Er wird mit allen gegen 6 Stimmen angenommen. 2. Antrag des Vereins homöopathischer Aerzte Rheinland- Westfalens: ,,Die Wiederanmeldung freiwillig ausgeschiedener Mit- glieder des Centralvereins erfolgt unter Einhaltung der satzungsmässigen Bestimmungen für die erste Anmel- dung. Der Generalyersammlung bleibt es Yorbehalten, den Erlass der Bürgenstellung und des Eintrittsgeldes zu bewilligen. Wird ohne erhebliche Debatte angenommen. 3. Antrag des Berliner Vereins homöopathischer Aerzte. a) Beschlussfassung über das Anerbieten des Herrn Eom- merzienrath Dr. W. Schwabe, es von dem Beschlüsse des Centralvereins abhängig zu machen, ob seine Poli- klinik, bez. Berathungsanstalt weiter bestehen soll oder nicht. b) Eingehende Prüfung der finanziellen Verhältnisse des homöopathischen Krankenhauses in Leipzig in Bezug auf die Möglichkeit seines Weiterbestehens. Zum Verständniss dieses Antrags sei hier bemerkt, dass der Berliner Verein homöopathischer Aerzte ein Rundschreiben an sämmtliche Mitglieder des Centralvereins abgesandt hat, worin er den Vorschlag des Kuratoriums (Aufnahme einer Anleihe Ton 120 000 Mark, für die ersten Jahre unverzinslich, gesichert durch hypothekarische Eintragung) für ungeeignet hält. Er sieht den Hauptfehler für die finanziell ungenügenden Erfolge des Kranken- hauses darin, dass die Poliklinik nicht das leistet, was sie sollte und könnte. Der Grund dafür wieder ist in ihrer ungünstigen 69. Giii«ral*Va8. des HomOop. Zeniral-TereiiiB in Frankfurt a. IL 263 Lage zu sucheD, sowie vor allem aber in der m&chtigeD Kon- kurrenz der Schwabeachen Poliklinik, welche dem Vereins- institut Yor allem alle zahlenden Patienten wegnimmt. Daraufhin hatte das Kuratorium (Bundschreiben vom 25. April 1901) erklärt: »Um jedoch allen Anfeindungen und Verdächtigungen fftr die Zukunft Yorzubeugen und den Beweis zu liefenii. dass nicht selbstsüchtige Zwecke durch dieses Institut verfolgt werden, ins- besondere keine Schädigung der GentralYereinspoliklinik beabsichtigt ist, legt der Besitzer der Gentral-ApothekOi Dr. Wihnar Schwabe, in voller Uebereinstimmung mit dem leitenden Arzte, Dr. Hengste- back, das Verfügungsrecht über Fortbestehen oder Schluss dieser Poliklinik in die Hände der nächsten General -Versammlung des homöopathischen Centralvereins Deutschlands zu Frankfurt a. M.^' Herr Qisevius II weist darauf hin, dass bereits auf der Salzburger Versammlung beunruhigende Gerüchte über die finan- zielle Lage des Leipziger Ejrankenhauses sich erhoben hätten, und dass damals, speziell auch von Seiten des Herrn Schwabe, beru- higende Versicherungen und Versprechungen abgegeben wurden. Dieselben wurden noch im letzten Jahre öffentlich wiederholt; w&hrend in dem Bundschreiben des Kuratoriums, das 120000 Mk. aus den Taschen der Kollegen ziehen will, kein Wort davon ent- halten ist Wenn wir uns fragen, wie dem Leipziger Krankenhause auf- geholfen werden kann, so lag es für die Berliner Kollegen nahe, an die Wirksamkeit ihrer Poliklinik zu denken, welche in den letzten 20 Jahren fast ausschliesslich die Mittel zu einer ganz er- heblichen Förderung der Homöopathie aufgebracht hat. Die Zersplitterung in Leipzig schädigt unzweifelhaft das Ge- deihen der Homöopathie. Erstens kann kein Standescodex das Nebeneinanderbehandeln von Privat- und poliklinischen Patienten, wie es an der Schwabeschen Anstalt gehandhabt wird, billigen. Zweitens wird die Ausnutzung der Schwabeschen Poliklinik zu Lehrzwecken dadurch wesentlich beeinträchtigt, dass zu gleicher Zeit stets nur ein Arzt zum Hospitiren zugelassen werden kann. „Ich schlage daher vor, dass die Schwabesche und die Vereins- poliklinik verschmolzen werden — den näheren Modus haben die betheiligten Faktoren zu bestimmen. Vielleicht liesse es sich so arrangiren, dass die beiden jetzigen Leiter der getrennten Poli- kliniken gemeinsam das neue Institut dirigirten. Ferner beantrage ich, das alte Krankenhaus vorläufig zu schliessen und baldmöglichst 264 Zeitschrift des Berliner Vereines homSopathiseher AiSfite. zu verkaufen, dagegen angesäumt ein neues Terrain zu erwerben. Bis das neue Krankenhaus fertig isty könnten einige Zimmer zur Aufnahme von Kranken bereit gestellt werden. Auch wir haben das Vertrauen, dass ein neues zeitgemäss eingerichtetes Institut sich durch Patienten erster und zweiter Klasse wird halten können." Herr Bösser rechnet aus, dass eine Frequenz von 6000 Pa- tienten (die Zahlen der Schwabeschen und der Vereinspoliklinik addirt), einschliesslich des Staatsbeitrages von 900 Blark, dem Verein mindestens 1200 Mark einbrächten. Wenn die Leipziger Kollegen, nach dem Muster der Berliner, umsonst arbeiteten, so liesse sich noch ein kleiner Ueberschuss herauswirthscIuuEten. Schon dadurch wäre ein erklecklicher Zuschuss für das Kranken- haus möglich. Herr Leeser wendet sich gegen den Antrag des Berliner Vereins. Eine Schädigung des Centralvereins durch die Schwa- besche Poliklinik sei nicht nachgewiesen ; auch bei Weiterbestehen der Schwabeschen Poliklinik könne die des Vereins energischer forcirt werden. Herr Hengstebeck betont, dass die Schwabesche Poliklinik gegründet sei mit dem ausgesprochenen Zweck, Homöopathen heran- zubilden, und diesem Zwecke sei sie auch stets treu geblieben. Im Uebrigen seien ^ der von ihm behandelten Kranken seine eigenen Privatpatienten. Die geringere Frequenz der Gentral- vereinspoliklinik ist die Folge ihrer ungünstigen Lage und des Kassenwesens. Herr Krön er sucht nachzuweisen, dass die Schwabesche Poliklinik nicht bloss die Leipziger homöopathischen Verhältnisse, sondern die Interessen der homöopathischen Aerzte überhaupt schädige, Herr Gisevius IL hebt ausdrücklich hervor, dass die vorge- brachten Gravamina gegen die Schwabesche Poliklinik sich nicht gegen deren ärztlichen Leiter, Dr. Hengstebeck, sondern den Be- sitzer richten. Herr Windelband betont, dass die Errichtung der Schwabe- schen Poliklinik seiner Zeit ein Schlag gegen den homöopathischen Zentralverein gewesen sei. Der verstorbene Heinigke war vom Zentralverein als üniversitätsdocent ausersehen worden, und als die Fakultät ihn ablehnte, hat er als vom Zentralverein angestellter Docent an dessen Poliklinik gewirkt Ihn hat Herr Schwabe dem 69. General-Vart. des HomOop. Zentral- Vereini in Frankfort a. IL 265 Zentralverein abspenstig gemacht, und letzterer ist so schwach gewesen, dieses Unrecht zu dulden. Aber desshalb ist es trotzdem ein Unrecht geblieben und wir haben unter den gegenwärtigen Verhältnissen die Pflicht, dagegen zu remonstriren* Bei der Abstimmung Ober Theil a. des Berliner Antrages stimmen 18 dafür, 14 dagegen. Die Mehrheit des Vereins hat also ihr Votum dahin abgegeben, dass die Existenz der Schwabe- schen Poliklinik eine Schädigung des Zentralvereins bedeutet. Was Punkt b. betrifift, so war die Versammlung darüber einig, dass das Krankenhaus in seiner jetzigen Gestalt nicht weiter lebensfähig ist. Da wir aber, so lange nicht das alte Grundstück Terkaoft ist, ein neues Institut nicht bauen können, so wird ein- stimmig beschlossen, das Krankenhaus zu schliessen und bald- möglichst zu annehmbarem Preis zu yerkaufen. Inzwischen werden die Zinsen kapitalisirt und sollen weitere Kreise für das Zustande- kommen des neuen Instituts interessirt werden. Die Neuwahlen ergeben an Stelle des Herrn Hengstebeck, der sein Amt niederlegt, Herrn Weiss- Schwäbisch Gmünd als Direktoriumsmitgliod für das laufende Geschäftsjahr; für die vom 9. August 19Q2 an laufenden drei Jahre werden die drei jetzigen Direktoren Windelband, Schnütgen und Weiss bestätigt. Da Herr Steinmetz eine Wiederwahl nicht annehmen will, so soll das Direktorium bis 1. Oktober in Leipzig einen geeigneten Kassenyerwalter suchen (der nicht nothwendig Mitglied des Zentral- vereins zu sein braucht). An Stelle des verstorbenen Herrn v. Sick wird Herr Hofrath Stiegele I (Stuttgart) in den Ehrenrath gewählt. Herr Stifft und Herr Wapler werden als leitende Aerzte der Poliklinik bestätigt. Die geschäftliche Sitzung hat insofern mit einem betrübenden Resultate geendet, als das einzige grössere homöopathische Spital Deutsehlands seine Pforten schliesst. Trotzdem ist kein Anlass zum Verzagen. Dass für ein homöopathisches Krankenhaus auch in Leipzig Patienten genug da sind, hat die in der ganzen Zeit seines Bestehens trotz aller seiner Mängel stetig wachsende Erankenziffer bewiesen. Dass sich aber das Institut nicht allein erhalten konnte, liegt vor Allem an seiner verfehlten Anlage, welche die Aufnahme von gut zahlenden Patienten erster und zweiter Klasse, zumal in den letzten Jahren unmöglich machte. Hoffen wir, dass in nicht langer Zeit ein neues, zeitgemässes Krankenhaus die Interessen Bd.ZJL 18 266 Zeitflohrift des Berliner VereineB homöopAthiflolier Aente. der Homöopathie weiter fördert. Nicht zu yergesBen ist überdiaB, dasB nunmehr das Zustandekommen eines Berliner homöopathiadheii Krankenhauses gesichert ist» so dass wir hoffentlich statt einer Anstalt bald deren zwei haben werden. n. Wissenscliafillche Sitzimg am 10. Aikgust, Tormittags 9 Uhr, im PahnengarteB. 1. Vortrag des Herrn Kröner ftber periphere Nemren- IShmnngen. (Erscheint in dieser Zeitschrift.) Discussion: Herr Oiseyius IL: Carboneum sulfuratum wurde Ton De- venter gern als Lösungsmitteli z. B. fflr Phosphor, benutzt, aber auch selbständig als Neryentonicum verwendet Ich habe G. s. in einem merkwürdigen Fall TOn hysterischer Lähmung Terwendet und glaube die Krankheit dadurch beeinflusst zu haben. Es haaddt sich um eine Dame, welche seit 22 Jahreui nach ihrer ersten Ent- bindung, an einer progressiyen Lähmung der Beine leidet und eine absolute Willenslähmung hat, sonst geistig sehr lebendig ist, aber die üblichen hysterischen psychischen Symptome zeigt. Die Krank- heit hatte bereits zu nutritiyen Störungen geführt. Ich hatte sie bereits seit einigen Jahren erfolglos behandelt, als es nach Ein- nehmen yon Schwefelkohlenstoff (D. 7.) auffiUlig besser mit ihr ging. Meines Erachtens ist an einer Arzneiwirkung hier nicht zu zweifeln. Zweitens: Ein PhosphorfalL Die hereditäre progressiye Muskelatrophie ist eine Krankheit, welche erst seit drei bis yier Jahren bekannt ist und bis jetzt ausnahmslos zum Tode ge- führt hat. Das Leiden beginnt in den Beinen und schreitet nach oben fort; die Kinder können sich nicht mehr bewegen, bis der Tod durch Athmungslähmung erfolgt Es handelte sich bei mir um einen Jungen yon Vl% Jahren, der seit einiger Zeit nicht mehr laufen konnte. Auch die Arme waren schon beträchtlich gelähmt Der Vater war schon bei Professor F. gewesen, der eine absolut ungünstige Prognose gestellt hatte. Ich gab ezperimenti causa Phosphor D. 8., welcher in 6 Wochen das Kind yollständig wieder herstellte. Neben meinem Vertrauen, das ich überhaupt auf Phosphor als Neryenheilmittel setze, brachte mich auf das Mittel eine eigenthümliche Hautyerfärbung, welche ich auf kleine Blut- austritte bezog, sowie der starke Schweiss des kleinen Patienten. 69. Gtaieral-yaig. im HoaOop. ZtatnlTefiiiii in Wnäktwii ». M. 267 In einem Fall Ton Neoritit aseendeDS (fortschreitende LUimang and Atrophie der ArmmoBkalatnr) brachten Arnica und Ganaticnm erheblichen Nutzen. Herr MoBsa: Bei progresaifer Moakelatrophie hat sich Phosphor tielfach bew&hrt. Herr Schier berichtet sodann ftber die im teiigaiigeneB Jahre mit Cytisns labnmnm Torgenommenen Frtiftmgen« Der Vortrag^ der mit lebhaftem Beifall aufgenommen wordoi eignet sich nicht SU einer knrzen Wiedergabe« Ans den Prfifiings- nnd Vergiftangsbildem schloss Schier, dass das Mittel sich besonders eignen mfisse snr Bekämpfang cerebraler snd sonstiger nenröser Symptome. Als ein Leiden, bei dem es, nach der Symptomenähnlichkeit zu schliesseoi Gutes leisten mflsse, hebt Vortragender die Seekrankheit henror. Apomorphin wiifce thnlich, bewirke aber eine Abnahme des Blutdruckes und wirke auch mehr auf die Bronchialschleimhaut« Coecnlus zeichne sich aus durch die tödtliche Blässe. Nux vomica ist in Be- liehnng auf die Beeinflussung der Respiration und die Krämpfe Ihnlich dem GoldregeUi unterscheidet sich aber Ten letzterem da- durchi dass es primär auf den Magendarmkanal wirkt. Curare lUunt blos die motorischen Nerrenendigungen, Cytisus auch die sensiblen. Jedenfalls, schliesst Vortragender seinen Bericht, haben wir in G. ein Mittel, welches geeignet ist, eine Lficke in unserer Arzneimittellehre auszufBllen. Herr Weiss: Das Prflfungsbild des Goldregens ähnelt sehr einem Symptomenkomplex, wie er Öfters bei der Influenza gefunden wird (sogenannte ner?5se Influenza). In geeigneten Fällen dieser Art wäre wohl an Cytisus zu denken« Herr Wapler: Mir ist interessant der Vergleich mit Apo- morphin als Mittel gegen Seekrankheit. Ein Klient Yon mir wurde jedesmal fikrehterlich seekrank, wobei als aufiaUendes Symptom sich jedesmal profuser Schweiss einstellte. Der Erfolg von Apomorphin D. 6 war ein durchschlagender. Herr Kröner bestätigt die Wirkung des Apomorphins gegen Seekrankheit und macht darauf aufmerksam, dass sowohl wässerige, wie weingeistige L&sungen sich sehr rasch zersetzen. Das Mittel soDle deshalb blos in Verreibung, vor Licht gesehfltzt und gut verschlossen aufbewahrt und abgegeben werden. Hierauf berichtet Herr Wapler ftber einige interessaate nils ans dem Leipiigor Krankenkaiiie. IS* 268 Zeitsehlift des Beriiner Vereines homöopatUsoher Aente. 1. Fall voD nervöser Polyurie mit HarnYerhaltang. Ein junges Mädchen hatte längere Zeit an Gelenkschwellongen ge- litteu, bekam später Polyurie mit Nierenschmerzen und Ham- yerhaltungy so dass yerschiedene Male mit dem Katheter grosse Hammengen entfernt werden mussten. Alle Mittel halfen nichts, dagegen brachte einfache Isolirung in 24 Stunden einen voll- ständigen Umschlag hervor. 2. Die Influenzaerkrankungen befielen in diesem Jabre vorzugsweise den Rachen und Kehlkopt Kali bichromicum D. 4 half meist rasch. 3. Supraorbitalneuralgien im Anschluss an Influenza wurden durch Spigelia 4, meist nach anfänglicher Erstverschlimme- rungi geheilt. 4. Syphilis wui'de in der Hälfte der Fälle durch innerliche Behandlung allein zum Verschwinden gebracht Am wirksamsten schien Mercurius dulcis D. 2, 0,2 gr 3 mal täglich. In schweren Fällen, zumal bei bestehenden Knochenaffektionen, kann man ohoe Schmierkur kaum fertig werden; ebenso bei den Hautulcerationeo. Es wäre dem Vortragenden interessant zu erfahreu, ob Hocb- potenzen bei Syphilis wirklich Nutzen schaffen können. 6. Ein Neuras theniker, ausgesprochener Nux vomica-Typus, wurde durch das Mittel nicht wesentlich gebessert, während nach dem Gebrauch einer passenden Brille alle Erscheinungen ver- schwanden. 6. Tuberkulose. Hier möchte W. auf die nicht blos dia- gnostische, sondern auch prognostische Wichtigkeit der Sputum« Untersuchung aufmerksam machen. Dr. Haupt^Chemnita hat sich speziell mit dem Studium des Sputums in prognostischer Hinsicht mit schönem Erfolg beschäftigt. — Ein grosses pleuritisches Ex- sudat mit sehr starker Athemnoth und schlechtem Ernährungs- zustand des Kranken heilte unter Arsenicum jodatum D. 4 und Phosphor in 5 Wochen. — In einem Fall von Darmtuberkulose hat er von Haematoxylum D. 2 guten palliativen Erfolg gesehen. Eine schwere gonorrhoische Gystitis, die vergeblich mit verschiedenen homöopathischen Mitteln behandelt war, besserte sich schliesslich rasch auf grosse Dosen Lindenbl&tenthee. Ein grosses perimetritisches Exsudat mit Abmagerung und auffälligem nächtlichem Durst wurde in fünf Wochen durch Arsenicum jodatum 4. und Phosphor 6. geheilt. Ein Ulcus cruris» das als charakteristische Symptome grosse 69. General-y«» . des HomOop. Zentral- Vereins in Frankfurt a. M. 269 Empfindlichkeit und Neigung tu Blatnng zeigte, wurde mit Hepar solforis 4. geheilt. Die Hittheilnngen wurden mit Beifall aufgenommen; die Dis- kussion brachte noch manches Interessante zu Tage. Herr Krön er berichtete Ober drei abnorm verlaufene Fälle Yon Gelenkrheumatismus (erscheint in dieser Zeitschrift), sowie Aber einen tOdtlich verlaufenen Fall von Appendicitis. Der Pa- tienty ein zwanzigjähriger kräftiger Mann, erkrankte unter den Zeichen einer massig schweren Blinddarmentzfindung, die unter Bryonia und Mercur in einigen Tagen fieberfrei wurde. Plötzlich begann aber das Fieber wieder anzusteigen und Anzeichen einer Eiterung stellten sich ein. Die Operation ergab einen grossen tiefeitzenden Abscess, in welchem der Processus vermiformis, gan- gränös und spontan abgestossen, schwamm. Da die Eiterung nicht aufhören wollte, wurde eine zweite Operation vollzogen, an deren Folgen (eitrige Peritonitis) leider der Patient starb. Die Obduk- tion zeigte, dass der Abscess hinter den Eingeweiden lag und in den M. üeopsoas eine etwa eigrosse Höhle eingefressen hatte. In Beziehung auf die diagnostische und prognostische Be- deutung der Sputumuntersuchung kann er sich Herrn Wapler voll- ständig anschliessen und erzählt von einem Fall von anscheinender diffuser Bronchitis mit typischen Asthmaanfällen, der nur durch die Sputumuntersuchung als tuberkulös nachgewiesen wurde. Femer bemerkt er, dass ihm vorkomme, als ob von den verschiedenen Yerdbnnnngen von Arsenicum jodatum die mit Weingeist und einem kleinen Zusatz von Aether hergestellte am meisten gegen Tuber- kolose leiste, obgleich er wisse, dass bei dieser Zubereitungsart das Jod zum grossen Theil abgespalten werde und sich niemals alles Arsen löse. Das wässrige Präparat, obgleich dieses alles Arsen in Lösung habe, schien ihm nicht so gut zu sein. Es liege ihm fern, seine Beobachtungen als Thatsachen vorführen zu wollen, er möchte nur wissen, ob die Herren Kollegen vielleicht Aehnliches erfahren hätten. Herr Kittel betont, dass die weingeistig-ätherische Lösung kein unzersetztes Präparat liefere, dass aus der wässrigen Lösung sich bald Jodwasserstoffsäure abspalte, dass demnach das ratio- nellste Präparat die Verreibung sei, welche allerdings auch stets frisch herzustellen sei. Herr Schwarz-Baden-Baden bestätigt den prognostischen Werth der Sputum-Untersuchung. Bei Neurasthenikern finde man 270 Zeitiehiilt dai Bwliner V«raiiM lioiii5op«ÜiiMlier Acnto. oft Nax-Kon8iitation6B| ohne dass das Mittel im Mindesten etwu leiste. Man mflsse da genau nach den Ursachen des Leidens for- schen. Ein Patienti der sich an Spermatorrhoe leidend glnnbtei und dadurch in eine Yerzweifelte GemfitsYerfassung kam, wurde schon wesentlich gebessert, als ihm nachgewiesen wurde, dans der Abgang bloss Prostatasaft sei. Durch Acidum phosphoricum wurde er geheilt. Herr Leeser: Der Fall passte augenscheinlich so für Phos- phorsäure, dass auch ohne eine mikroskopische Untersuchung das Mittel gegeben worden wäre. Herr Göhrum glaubt die Frage, ob bei Syphilis die Hoch- potenzen etwas leisten, mit Ja beantworten zu können, wihrend Herr Gisevius n bemerkt, dass Kollege Dahlke-Berlin, sonst ausgesprochener Hochpotenzier, Yon seinen Erfolgen bei Sjphihs wenig erbaut sei und die Schmierkur nicht Yerwerfe. Herr Wapler giebt Arsenicum jodatum gegen DurchfiUIe nidit unter der sechsten Verdünnung. Herr Sellentin weist auf die Wichtigkeit einer rationellen physikalisch-difttetischen Therapie gegen Sjrphilis hin. Zum Min- desten bereite sie Yor und erleichtere die homöopathische Be- handlung. Hierauf folgt der Vortrag des Herrn Kittel aber „li#mi#- pafUsehe Pharmseie mit besonderer BerfteksiehtlgaBc der Br- fUinugen nüt DeYenter-GiseYlnssdien fttherlsehen Ttnetnea. Bisher, so führt Vortragender aus, waren in Deutschland in der Hauptsache zwei Pharmacopoeen, nach denen gearbeitet wurde, die Grunersche und die Schwabesche. Beide unterschieden sich hauptsächlich in der Zubereitung der Tincturen aus firischen Pflanzen. Letztere lässt (nach Hahnemannscher Vorschrift) die frische Pflanze auspressen und Yermengt den Saft mit gleichen Theilen Alkohol, während nach Grüner der Pressrttckstand zuerst noch 24 Stunden mit Alkohol macerirt, dann ausgepresst und dann erst die Vermischung mit dem zuerst ausgepressten Saft yoU- zogen werde. Inzwischen haben sich die Anschauungen noch weiter zu Gunsten der Maceration geändert. Alle neueren Pharmacopoeen, Yoran das grosse Werk des American Institute, haben dieHahne- mannsche OriginalYorschrift aufgegeben. DeYenter fiigt zu den bisherigen Vorschriften noch das Extrahiren der pflanzlichen Stoffe mit Aether hinzu, dessen Er- •9. Geiend-yen. des Homöop. Zentral-yereiiui In FrankAirt a. M. 271 er mit der alkohoUschen Tinctor Yermischt GiseTius II hat diese Methode mit gutem Erfolge wieder aufgenommen und jetst stellt Kittel eine Reihe vorzüglicher Tincturen nach der Dementer- GiseTiusschen Yorgchrift her. Die Deventersche Vor- schrift strebt auch nach Möglichkeit alle wirksamen Bestandtheile der Pflanze zur Arzneibereitung zu verwenden, nicht bloss einzelne TheUe. In der letzten Zeit siud nun die deutschen Homöopathen mit zwei neuen Pharmacopoeen beschenkt worden; 1) der neuen Schwa- besehen, 2) der vom deutschen Apothekerverein herausgegebenen. Die Schwabesche Pharmacopoe ist ein wissenschaftlich hochbe- deatendes Werk, wenngleich es für eine Pharmacopoe zu viel über- flassiges gelehrtes Beiwerk enthält. Die von Hahnemann einge- führte ,p Valenzberechnung* der Arzneien hält Vortragender für nicht mehr zeitgemäss, die Tincturen-(Essenzen)-Bereitung für um- ständlicher und nicht mehr leistend, als die Macerationsmethode. Die vom Apothekerverein unter Mitwirkung von homöopathischen Aerzten und Apothekern ausgearbeitete Pharmacopoe ist in ihrem allgemeinen Theile vorzüglich, einheitlich und einfach. Sie stellt auch die für Bevisionen wichtige Frage zum ersten Male fest, welche Mittel unter die Separanda und Venena gehören. In ihrem Bpeziellen Theile dagegen ist sie nicht frei von Fehlem, insofern die Beschreibung der Farbe der Tincturen öfters nicht mit ihrer wirklichen Beschaffenheit übereinstimmt Wahrscheinlich hat man Manches, ohne selbst Versuche anzustellen, aus der amerikanischen Pharmacopoe übernommen.*) Mit der Grunerschen, immer noch in einem Theile Deutsch- lands in Gültigkeit befindlichen Pharmacopoe hätten wir nun glücklich drei Arzneibücher, von denen jedes seine Vorzüge hat, aber keines allen Anforderungen der Vollkommenheit entspricht Ein vollkommenes Werk zu schaffen wird also erst der Zukunft überlassen bleiben.^ *) Diese Bemerkong kann sieh nur anf abweiehende Angaben bei der Farbe einiger weziger gebr&nehliehen Tincturen, wie Nnphar Int. und Cancer flny., besiehen, die in Folge des Dnrchsehens durch eine sn dttnnei etwa 1 cm starke Schicht, statt durch eine 6 cm starke, entstanden sein mögen. Windelband. **) Bs wird jedenfalls Sache aller, namentlich der dispensirenden homöo- pathischen Aerste sein, sich fUr die Branchbarkeit des einen oder des anderen Werkes in entscheiden. Binseine Urtheile dürften kaum massgebend sein. Windelband. 272 Zeitsolirift des Berliner Vereines homöopathisolier Aeiste. Herr Leeser fürchtet, wenn die Phannacopoe der Berliner Kommission vom preussischen Kultusminister sanktionirt wftrde, fBr unser Dispensirrecht, ebenso Herr Schnütgen, welcher das Votion des Rheinisch-Westfälischen Vereins zu Gunsten der Schwabesclien Arbeit aufrecht erhält. Für diese Befürchtung liegt kein Grund Tor. Herr Veith glaubt, dass die nach dem Berliner Arzneibacli hergestellten Arzneien andere seien als die, mit denen Hahnemann seine Prüfungen angestellt habe, und dass deshalb, um nach der neuen Methode hergestellte Arzneien anwenden zu dürfen, auch neue Prüfungen angestellt werden müssten. Ausserdem seien uns die Schwabeschen Präparate alte Bekannte. Herr Krön er bemerkt, dass die Hahnemannschen und vor Allem eine ganze Reihe von anderen Autoren gewonnene Prüfungen durchaus nicht alle mit nach seiner Vorschrift hergestellten Tino- turen gewonnen sind, und was die Anwendung in der Praxis be- trifft, so dürfe man nicht Tergesseu, dass vor Erscheinen der Schwabeschen Pharmacopoe, speziell auch zu der Zeit, in welcher das wissenschaftliche Leben in der Homöopathie am regsten war, kein Mensch nach Hahnemann-Schwabescher Methode gearbeitet habe. Ausserdem bediene sich ein grosser Theil der deutschen Aerzte (so z. B. sämmtliche württembergische) nicht der Schwabe- schen Präparate, und wenn sich ein Arzt selber Tincturen aus frischen Pflanzen hersteUe, so falle es ihm nicht ein, die blos im Grossbetrieb mögliche Schwabesche Vorschrift zu befolgen. Herr Gisevius II., sowie Herr Stiegele weisen auf die guten praktischen Erfolge mit den ätherischen Tincturen hin, die übrigens auch in dem „Deutschen hom. Arzneibuch des deutschen Apotheker- Vereins'^ als zulässig angegeben sind. Referat über den 3. Tag der diefiijSlirigeii Tagung des ZentralvereinB. Von Dr. Gisevius II. Allmählich sammelten sich die übrig gebliebenen Getareuen, um im Palmengarten die beiden Torgeschlagenen Diskussionsthemata zu erörtern. Kollege Schnütgen als übrig gebliebenes Hitglied des Vorstandes -eröffnete die Sitzung und ertheilte dem Referenten das W^ort zu seinem einleitenden Referat über das Thema: 89. Oenenl-Ven. dei HomOop. Zentral-Yeraiiii in Franktot a. M. 273 Wie fUrt Bum am besten in die AmeimltteneliTe ein? Meine Herren! Obiges Thema Ihnen zur Diskussion vonnsohlageni bestimmten mich verschiedene Gründe. Zunächst die Wichtigkeit der Frage an und f&r sich. Hängt es doch yon ihrer zweckmässigen Lösung ab, ob der angehende SchUer Hahnemanns ein öder Schematiker wird^ in angestammt allopathischen Bahnen weiter wandelnd oder ob er ein wirkliches Yerständniss der Arzneimittelwirkungen erlangt und damit in den wahren Geist unserer Heillehre eindringt. Bei der mageren Zeit, die für wissenschaftliche Besprechungen auf unsern Versammlungen bleibt, bei dem mangelnden Interesse fbr die Fort- bildung der Homöopathie in Deutschland überhaupt, ist dieses Problem, soweit meine Eenntniss reicht, seit unzähligen Jahren hier überhaupt nicht erörtert Die Frage ist brennend geworden, seitdem überhaupt zum ersten Male seit dem Bestehen der Homöopathie in ihrem Geburts- land der Versuch gemacht worden ist, eine grössere Zahl yon Adepten zugleich in die schwierige, ihnen so fremdartige Materie einzuführen. Die praktischen Erfahrungen in den Berliner Ferienkursen und das einschlägige Material in der Literatur des In- und Aus- landes sollen die Basis bilden für die folgenden kurzen Anregungen. Die Schwierigkeiten, eine einigermassen gründliche Eenntniss der Arzneiwirkungen sich anzueignen, ist mit der enormen Aus- dehnung der Materia medica in gleicher Weise gewachsen. Ein- zelne besonders Begabte oder Wissensdurstige bahnen sich einen Weg durch die Schwierigkeiten. Allein bei vielen erlahmt der Eifer. Man erfährt nicht selten, dass Kollegen schon auf eigene Faust yersuchten, sich einzuarbeiten, allein bald ermatteten. Unsere gebräuchlichen Arzneimittellehrer Jahr, Noack und Trincks, Hering, mehr oder weniger dem alten Hahnemann'schen Schema entsprechend, sind für den Neuling wahre Irrgärten. Sie stolpern darin herum, können sich aber nicht ein einziges Mittel zu eigen machen. Besonders häufig hört man die Klage: man erfahre gar nicht, welche Symptome reine Prüfungssjmptome seien, da eine grosse Reihe mehr empirisch gewonnen zu sein schienen. Es fehlten für den Anfänger die organischen Binde- glieder, die das scheinbare Gtowirr willkürlich auseinandergerissener Symptome verbinden. 274 Zeiftfokrift ies BerUiier TwelBM iMaOopatUMlwr Aaste. El fehlt ihnra dts Bild der Annei — der UnsOicheD Knnk- heit| die HaasBmftnn so sehr betont. Diese Schwierigkeiten sind TOn jeher wohl gewürdigt worden* Es hat nicht an Versuchen gefehlti sie zu beseitigen. Wohl das Vollkommenste, was auf diesem Gebiete existirti ist die „Klinische Arzneimittellehre* von Farrington. Dieses geradesn geniale Werk steht einzig da in unserer Literatur. Es ist nicht zu viel gesagt, wenn ich behaupte, dass die erdrückende Mehr- zahl der jungen HomOopathen ihre Eenntniss der Arzneimittel- lehre zum allergrdssten Theil diesem einzigen Buche verdankt Mag man die Fehler der Uebersetzung tadeln, das steht fest, auf die Angaben von Farrington ist Verlass, er ist fOr den Homöo- pathen von heute der unentbehrliche Freund und Rathgeber. Allein im Laufe der Kurse wurden zahlreich fiOagen laut darflber, dass durch die Nebeneinanderstellung ähnlich wirkender Mittel das Verständniss des einzelnen Mittels zu sehr erschwert wird. Es ist nicht die unmittelbare Stimme der Natur, wie Hah- nemann die Angaben der Prüfer nennt, sondern die Resultatei die Farrington aus denselben gezogen hat, die dem Leser vor- getragen werden. Ein unentbehrliches, aber nicht ausreichendes Buch. Femer sind hier zu nennen die geistreichen Versuche von Dahlke, durch Hervorhebung der ähnlichen Wirkungen chemisch oder botanisch verwandter Mittel das Verständniss zu erleichfavn. Es hat ihm das im vorigen Jahre in Paris grosses Lob ein- getragen. Allein unser weltendurcheilender Berufsgenosse hat uns bisher nur Torsi geliefert, wohl weil er mflndlichen Aensserungen gemäss erkannt hat, dass man den Dingen Qewalt anthun mOsse, wenn man sie in diese Formen pressen woUte. Auf die vergleichende Arzneimittellehre von Hering und Gross passt mutatis mutandis, was ich oben von unseren älteren Arsnei- mittellehren sagte. Schliesslich der neueste Versuch: „Die neue deutsche homöo- pathische Arzneimittellehre.** Ich halte in Bezug auf dieselbe vollkommen an der Meinung fest, die wohl von den Kollegen meistens getheilt wird, dass sie mit den verschiedenen Abthei- lungen, dem physiologischen und dem vergleichenden Theil, eis wichtiges Hfllfsmittel f&r das Studium und die praktische Ve^ Wendung unserer Heilmitteliehre, einen ftberzengenden Beweis für 99. G«R«nJ-yen, dm HoaOop. Ztntnl-Vareuii in Fnäkiwxi a. M. 275 ihre Bichtigkeit bilden wird. Allein trotz aller Sorgfalt, die an! das Arzneimittelschema verwendet wird, bleibt das Werk im Grande doch immer eine Arzneimittellehre» nnentbehrlich, aber doch mit den Mängebi die eben dieser Darstellungsform anhaften. Wie wichtig flbrigens besonders der physiologische Theil ist, geht daraus hervor, dass Kollege Tan der Heuvel auf dem Pariser Kon- gresB bei der Besprechung der Gyclopaedie von Hughes den diesem Theil zu Orunde liegenden Plan f&r die beste Darstellungsart der Arzneimittellehre erklärte. Damit sind wir» soweit meine Kenntniss reicht, mit unserer bezflglichen Literatur zu Ende. In der ausländischen ist ausser den Werken, die den er- wähnten entsprechen, eines vorhanden, dem wir nichts Aehnliches an die Seite zu setzen haben. Es ist dies die »Cydopaedia of drug Pathogenesie^ von Hughes. Wie Sie, m. H., wissen, bringt dieses Werk alle vorhandenen Prflfungsgeschicbten und ausgewählte Vergiftungsfälle in der ursprünglichen Form; ausserdem bezflgliche Thierversuche. 9 Leitsätze sind bei der Abfassung massgebend gewesen, aus denen noch hervorgeht, dass nur auf das betreffende Mittel ganz sicher zu beziehende Symptome aufgenommen sind, z. B. keine Ton Kranken; femer von denen durch Hochpotenzen Aber die 12. De. hervorgebrachten nur solche, die auch bei niederen Po- tenzen sich finden; femer wurden solche, die nur bei einem Prüfer sich zeigten, ausgeschlossen. — Hahnemann fehlt demnach voll- kommen. Dieses Werk hat eine ganze Beihe von Diskussionen hervor- gerufen. — Hören wir zunächst, was der Verfasser selbst von dem Gebrauche desselben sagt: Vorrede Seite 15: „Einige scheinen der Meinung zu sein, dass die Gyclopedy ein Luxus ist, ganz ungeeignet fflr den Studenten und den Praktiker, allein werthvoU für den Lehrer und den Schriftr steller. Diese Ansicht erscheint uns gänzlich irrig. Sie beweist den unheilvollen Einfluss der Schemas, welche bisher in der homöopathischen Schule herrschend gewesen sind, so dass wenig Geschmack an der Kenntniss der reinen Pathogenese vorhanden ist, wenn sie in ihrer ursprünglichen Form dargeboten wird. Wir gUuben, dass der richtige Weg, die physiologische Wirkung der Mittel zu lemen, der ist, eine Reihe von Fällen zu Studiren, die die Störungen zeigen, die sie verursachen. Es müssten 276 ZeÜscluift des Berliner Vereinei homöopathiBeher Aente. einleitende Vorträge vorhergehen , wie sie der Student in den Vor- lesungen hört; Eommentare sollten folgen, analytische und esage- tische, die er am besten selbst anfertigt an der Hand der Text- bücher, wie sie ihm reichlich zu (rebote stehen. Z?rischen beiden indessen sollen, wie für das Studium der Krankheit die klinische Beobachtung am Krankenbett, so für das Studium der Arznei- mittellehre die klinischen Ergebnisse der Pathogenese liegen, wie sie in diesen Bänden niedergelegt sind. Sie sind voll Interesse und Leben; und so wird die Materia medica, bisher dunkel and farblos, das Interessanteste am ganzen Studium. Für den Studirenden, sowohl für den werdenden Mediainer, wie für den Homöopathie lernenden Arzt, ist dieses Werk be- stimmt. Es soll ihm die schrecklichen Symptomen- Verzeichnisse ersetzen, mit denen er so lange belastet worden ist. Für den Praktiker ist es nicht so unbedingt geeignet, er muss warten, bis der fertige Index dasselbe für den täglichen Grebrauch geeignet macht (ist jetzt erschienen, Ois.). In der Zwischenzeit muss er noch in gewissem Sinne Student bleiben und manche neue Wahrheit bezüglich seiner vertrautesten Mittel lernen, wenn er diese Zeugnisse ihrer Wirkungen liest — nicht zu sprechen Ton der Beseitigung mancher Illusionen.* Dieses Werk ist im vorigen Jahre auf dem Pariser Kongress Gegenstand einer sehr interessanten Debatte gewesen. Frank Kraft hatte einen Vortrag über dasselbe eingereicht; er führte in dem- selben aus, dass er früher ein grosser Gegner des Buches gewesen sei; allein er habe sich von der Vorzüglichkeit desselben über- zeugt; seine Ausführungen bewegten sich indessen nur in der Ge- dankenlinie, dass die Cyklopädie durch ihre absolute Zuverlässig- keit, die nur durch Prüfungen gewonnenen Symptome au&sunehmen, in vielen Fällen den Praktiker vor schweren Irrthümem bewahre, die durch eine Reihe unzuverlässiger Symptome hervorgebracht würden, die sich im Laufe der Jahre in die Materia medica ein- geschlichen hätten. Die folgenden Redner vertraten im Ganzen denselben Standpunkt; und es endete die Diskussion in einer feier- lichen Danksagung für den Verfasser. M. H. Auch ich habe erfahren, wie ausgezeichnet sich das Werk zu einem einwandsfreien und lohnenden praktischen Ar- beiten eignet. Ich verweise diesbezüglich auf das, was ich in meinem Referat über einige Magenkrankheiten über Guprum arse- nicosum im Berliner Verein gesagt habe. 69. GenenJ-Venu des HomOop. Zentfal-VereüiB in Frankfurt a. K. 277 Allein diese Erwägungen betreffen die andere Seite des Werkes nicht, die f&r den vorliegenden Zweck die wichtigste ist und von Haghes in dem Angeführten an erster Stelle betont wird: Für den angehenden Homöopathen kein besseres Lehrmittel als das Studium der Prüfangsgeschichten. Ich bin zu derselben Ansicht gekommen, ehe ich obiges geleseui aus prak- tischer Erfahrung. Die Berliner Ferienkurse funktioniren sehr befriedigend, es findet sich regelmässig eine hübsche Anzahl von Kollegen dazu ein. Aber man sieht, wie trotz unserer publizistischen Anstren- gungen, die ärztliche Welt immer noch viel zu wenig von der ge- botenen Gelegenheit erfährt. So waren in diesem Sommer eine Reihe von Adepten noch nach den Kursen in Berlin versammelt; zu diesen kamen einige jflngere wissensdurstige Mitglieder unsere Vereins. Zwar wird das ganze Jahr hindurch in den alle 2 Wo- chen stattfindenden Vereins -Versammlungen abwechselnd immer ein klinisches und ein Arzneimittelthema besprochen; allein wir ent- schlossen uns, auch noch die dazwischenliegenden Donnerstag- Abende den Kollegen zu weihen. Ich schlug vor, zunächst die Wiener Arzneiprüfungen an der Hand der veröffentlichten Prüfungs- geschichten gemeinsam zu studiren. Der Erfolg war ein augen- scheinlicher. Die Adepten, die bis dahio, trotzdem sie theilweis schon an den Kursen theilgenommen hatten, UDablässig darüber geklagt hatten, dass sie kein Mittel klar im Kopfe hätten, alle durcheinander im Wirrwar tobten, waren entzückt über die Leich- tigkeit des Verständnisses. Durch weitere Erfahrung und Studium bin ich zu der Ueber- zeugung gekommen, dass die Ansicht völlig richtig ist: das Stu* dium der Prüfungsgeschichten ist ein unentbehrliches Hnlfsmittel, um sich in die Arzneimittellehre einzu- arbeiten. Vorliegenden Qedankengang habe ich kurz im Berliner Verein vorgetragen ; die Kollegen Kröner und Dammholz, die sich an den Vorträgen über die Wiener Prüfungen betheiligt hatten, unter- stfitzten diese Ansicht. Die Versammlung billigte dieselbe und trat in eine Besprechung ein, wie man, angesichts unserer grossen anderweitigen Unternehmungen, Heillehre und Arzneimittellehre, ein kleines, aber für den praktischen Zweck brauchbares Buch schaffen könne. 278 Zeitiehiift des Bwliser Yerdnes homöopathitditt Aente. Denn bei der Seltenheit unserer Üteren Literatur und den weiten Zerstreuungen der einseinen Prfifungen geht es nicht an, die Interessenten einfach auf die Urquellen zu Terweisen. Es ist als praktisch befunden und demgemäss beschlossen worden, die wichtigsten und am besten geprüften Mittel unter Benutzung der neuesten Prüfungen unserer Literatur und der Gy- klopaedie und nach dem Plane derselben lu einem handlichen Bach zu Yereinigen. Gerade für jüngere, des Englischen mächtige Kollegen ist diese einfache Eompilir- Arbeit sehr belehrend und es seien hiermit dieselben gebeten, sich bei der in nftchster Zeit bekannt zu gebenden Stelle zur Mitarbeit zu melden. Ich möchte noch hinzulügen, dass die ganzen Yorstehenden Ausführungen beweisen, wie nöthig und nützlich es ist, selbst zu prüfen. Ich bitte nun di6 Herren sich über die vorgetragenen Sitze zu äussern. Oiseyius der Jüngere. Die vorgetragenen Ideen fanden ungetheilte Zustimmung. Es sprachen die Herren Elb, Gisevius senior, Schnütgen, Leeser, Gi- sevius jun. Zunächst wurde die Absicht des Berliner Vereins all- seitig gebilligt, die Prüfungsgeschichten der wesentlichsten Mittel unter Benutzung der Cyclopaedie von Hughes in einem kleinen Buch zu veröffentlichen. Allein die Versammlung erwärmte sich so für die Idee, dass beschlossen wurde, die Herausgabe der ganzen Prüfungsgeschichten nach dem Muster der Cyclopaedie dem Zentral- verein zu empfehlen. Der rheinisch-westfälische Verein übernahm die Vorbereitung, sobald Berlin die Namen der von ihm in dem kleinen Buche zu bearbeitenden Mittel eingesendet habe. Es sprach noch Kollege Leeser den Wunsch aus, die leitenden Symp- tome der Arzneimittel in einem kleinen Buche vereinigt zu sehen; was er als das geeignetste bezeichnen würde, vielleicht im An- schluss an die Neuherausgabe der 30 Mittel von Chlothar Müller. Ferner wurde die neue Ausgabe von Bönnighausen's Taschenbuch bemängelt, worüber Schnütgen Interessantes mittheilte. Das zweite Thema lautete: „Ueber Organotherapie, Isopatbie und Serumtherapie." Das Referat erstattete gleichfalls Referent und folgt dasselbe an dieser Stelle. 69. OeMia^Ten. das HomDop. ZeBtral-TtNini in Vnäkfni a. K. 279 Orguothtrftpie^ iMpafhie waA Sdrunthertpie. EinftthrendeB Referat in derS. Sitsang der 69. Vefsammlang des Zentralvereins. M. H.1 Durch die ätiologischen Forschongen der heutigeB Wissenschaft ist Aber ein altes Gebiet unserer Heilmethode neues Licht verbreitet; mit grossem Eifer und Erfolg hat sich die Schulmedizin desselben bemächtigt; vorher und nachher sind von homöopathischer Seite werthvolle Arbeiten geliefert, und so ist es dringend geboten, dass gerade in dieser Versammlung dieses Thema eingehend erOrtert wird. Einige kurze praktische und theoretische Bemerkungen sollen nur als Orientirung für die Diskussion dienen und einen praktischen Vorschlag begrflnden, der die werthvoUen neuesten homöopathischen Arbeiten fftr unsere Sache fruchtbar machen soll Es handelt sich hier hauptsächlich um drei Oebiete: Or- ganotherapie, Isopathie und Serumtherapie. Die Organotherapie, auch Opotherapie genannt, verleiht dem Körper die Bestandtheile oder Absonderungen der Organe. Die Isopathie stfitzt sich auf die die betreffenden Krankheiten ver- ursachenden Stoffe. Die Serumtherapie verwendet die nach Ein- verleibung der letzteren im Tierkörper entstehenden Produkte. MoBsa in der «Allgemeinen'', Nebel in der Berliner Zeitschrift haben einen Ueberblick gegeben über alle in der altern homöo- pathischen Literatur vorhandenen diesbezftglichen Bestrebungen. Von der neuen Literatur Aber die Organtkeraple ist mir bekannt eine Prüfung des Thyreoidin von Clarke in der Homoeo- pathic World, eine Arbeit von Mac Jousset vom Pariser Kongress des letzten Jahres und die Diskussion darüber, in der Nebel die isopathischen und organtherapeutischen Bestrebungen als alte Besitzthümer der Homöopathie warm empfahl. Es gehört hierher die Biochemie von Schüssler und einige Bemerkungen von Grau- vogl in seinem Lehrbuch, worin er ausdrücklich betont, dass eine Reihe homöopathischer Mittel fnnctioneU und andere nutritiv wirksam seien. Schliesslich Bemerkungen über Pancreatin und Hepatin von Röhrig in seiner Diabetesarbeit in der Berliner Zeitschrift. Marc Jousset unterscheidet eine doppelte <}ebrauchsweise dieser Mittel, die völlig dasselbe besagt, wie die OrauvogVsche Nomenklatur. 280 Zeitflehiift des Beriiiier VereiiieB homdopathiseker Aantt. Welche Mittel kommen hier hauptsächlich in Betracht? Zu- nächst die Organmittel in engerm Sinne: Hierher gehören Thyreoidin, Pancreas-, Leber- und Ovarium-Extrakt, Dann Hoden- saft, Extrakte vom Gehirn, dem verlängerten Mark, der Nieren, der Nebennieren u. s. w. Ich rechne hierher auch die Calculi biliares. Ferner würden eyentuell heranzuziehen sein die an- ormnischen Salze Schüssler's als physiologische Bestandtheile des Körpers, wenn auch nicht der Organe in engerm Sinne, eine Auf- fassung, die in beschränkterem Maasse schon Grauvogl lange vor SchAssler ausgesprochen hatte, wie erwähnt. Eigene Erfahrungen besitze ich nur von dem Thyreoidin, den Calculi biliares, in beschränktem Maasse von Hepatin und Pancreatin, den Mitteln Schüssler's und einigen eigenen Thierver- suchen über einige anorganische Salze; dann erinnere ich noch an die letzte Arbeit von Schulz über das Vorkommen von Silicea in thierischen und menschlichen Geweben. Zunächst die theoretische Deutung des organtherapeutischen Verfahrens: Mittels des Arzneimittelversuchs am gesunden Menschen stellt die Homöopathie die Wirkung der arzneilichen Stoffe nach 2 Richtungen hin fest 1) die spezifischen Beziehungen zu den Organen, mit welchen das betreffende Mittel im engen Zusammenhange steht, z. B. Ghelidonium und Phosphor zur Leber, letzteres auch zum Nervengewebe, Bryonia zu den serösen Häuten etc., 2) unter welchen Bedingungen dieser Zusammenhaog in die Erscheinung tritt. Der Zweck No. 1 des Arzneimittelversuches ist bei den organtherapeutischen Mitteln schon von vornherein erfüllt durch ihre Lokalisation im Körper. Das rein organtherapeutische Kalkül ersetzt nun einfach das Defizit an physiologischen Bestandtheilen durch die eingeführten Stoffe. Ob das in einzelnen Fällen richtig ist, lasse ich dahingestellt, zumal hier Grauvogl's mächtige Autorität uns entgegentritt. (Nebenbei bemerkt, stimmt das nicht so recht mit seiner Auffassung der Krankheit als gestörter Bewegung.) — M. E. nach sind die darauf aufgebauten Erfolge im Wesentlichen palliativer Art. Zunächst spricht a priori schon der ganze Gedankengang dafür, der völlig dem sonstigen schul- gemässen entspricht. Dann habe ich aus eigener Erfahrung häufig gesehen, wie Thyreoidin-Darreichung in grossen Dosen, unter Erregung der nachher zu erwähnenden Neben-Erscheinungen, zeitlich das Struma bessert, sehr selten beseitigt. Ich erinnere 69. Genenl-Ven. des Homöop^ Zentfal-Yoeins in Fnmkftart 4. H. 281 an Kocbars AuBfAhrungen auf dem letzten ChirorgenkongreBB, dar anstatt der SchilddrflBen-Behandlang wieder Jodkali empiahl; mehr noch das phosphorsaure Natron. Femer aber habe ich bei Patienten, die die Thyreoid- Tabletten in allopathischer Dosis erhalten hatten, entweder bei Struma oder bei Obesitas, Vergiftungserscheinungen auftreten sehen, die denen bei dem Morbus Basedowü ausserordentlich ähnlich waren. Marc Jousset bringt aus allop. Zeitschriften eine Reihe von Symptomen nach Anwendung von Thyreoidin, die zusammen das Bild des Leidens ToUig zusammensetzen, selbst mit Struma und Exophthalmus. Diese Thatsachen entsprechen dem No. 2 des homöop. Ver- fahrens. Wenn nun das Thyreoidin gegen den Basedow hilft, so haben wir bei dem einzig feststehenden Mittel der rein organthera- pentischen Beihe als heilendes Prinzip das rein homöop., während das organtherapeutische Bäsonnement, über welches in anderen Formen schon in unserer älteren Literatur sich Angaben finden, wohl einen palliativen Werth besitzt in Folge seiner spezifischen Organbeziehungen, wie wu: sie im homöop. Bäsonnement als No. 1 bezeichnet haben, aber keinen HeUwerth. Als praktischen Beleg zunächst dafür, dass Halogen-Präparate helfen, wo Thyreoidin versagte und nur die angeführten Vergif- tnngserscheinungen hervorbrachte, der Fall eines jungen Mädchens von 22 Jahren, das sich mit einem doppelseitigen Struma vorstellte von MannskopfgröBse. Dasselbe war augeboren. Sie war in mehreren üniversitätsUiniken mit Elektrizität und operativ behandelt worden. Ausserdem hatte sie vor Jahren Schilddrüsen genommen. Die- selben bewirkten Abnahme der Geschwulst, nebenbei starke Magen- und Herzbeschwerden. Nach Aussetzen des Mittels sofort Wieder- kehr in alter Orösse. Monatelange Behandlung mit Thyreoidin 3 dilut. meinerseits nützte nichts. Dabei brachte die stark Jod- ond Bromhaltige Adelheidsquelle ein staunenswerthes Resultat. Dieser Fall für eine Beihe anderer. Es sei bemerkt, dass Thyreoidin in der angegebenen Dosis bisweilen besserte, doch nie heute, aber, es sei noch einmal hervorgehoben, bei idiopathischem Struma. Ganz andere Wirkungen sah ich bei Morbus Basedowü. Dieses Leiden ist in Berlin und Umgegend, Städten sowohl wie Land, von einer geradezu unheimlichen Häufigkeit Es tritt in wech- selnder Schwere auf, von der leichtesten bis schwersten Form. Die Mannigfaltigkeit der auftretenden Symptome ist bekannt. Die Bd. xz. 19 282 Zeitschrift des Berliner Vereiiea homöopathischer Aente. Angaben in unserer Literatur sind immer noch mager, am meisten bringt Kröner in der neuen Heillehre; doch fehlt eine Monographie. Da es hier nicht auf eine Darstellung der Therapie des Leidens ankommt, sei nur das für unser Thema nöthige angeführt. Es giebt nicht typische Mittel für den Basedow. Entsprechend der Vielgestaltigkeit, muss in jedem Fall eine genaue Vergleichung mit den Mittelbildern durchgeführt werden. Doch habe ich eine grosse Gruppe zusammenstellen kSoneo, für die Aconit das Heilmittel ist, Aconit, welches das Sympa- thicus-Mittel par excellence ist. Es sind dies Fälle mit absolut kräftiger Herzthätigkeit; bei der von einer grossen Erregbarkeit des Blutgefässsystems die Beschwerden sich herleiten lassen. Bei einer andern Gruppe ist dagegen Thyreoidin sehr wirksam. In den meisten Fällen ist man genöthigt« je nach den wechselnden Erscheinungen im Laufe der Behandlung verschiedene Mittd an- zuwenden, aber trotzdem ist man immer im Stande, in jedem ein- zelnen Moment das passende Mittel zu finden» Das Thyreoidin scheint nach meiner Erfahrung dann zu passen, wenn das Symptomenbild dem des Jod gleicht Es beeinflusst das Struma, der drttsenbeeinflussenden Kraft des Mittels ent- sprechend, dann die Störung der Herzthätigkeit, die MagenstSrungen, die Gemüthssymptome. Ich muss allerdings zugeben, dass ein starkes Struma immer ein sehr wichtiger Hinweis ist. Kasuistik eventuell später. Der ausbleibende Erfolg seitens der Schulmedizin erklärt sich durch die Dosis. In starken Gaben muss das Mittel nach dem Vorgetragenen geradezu verschlimmern. Ich gab immer die S. d. trit Soweit das Thyreoidin. Nun noch einige Bemerkungen über die Schüssler -Mittel. Einen Theil gebrauchen wir alle nach den in der Homöopathie seit jeher feststehenden Prüfungen, andere, wie z. B. das auege- zeichnete Ferrum phosphoricum, zeigen in den wenigen Prüfungs- angaben den therapeutischen Maximen genau entsprechende Eigen- schaften. Doch gebe ich den auf die magern Ergebnisse der letzten, allerdings sehr oberflächlichen, Silicea-Prüfung im Berliner Verein sich berufenden gern zu, dass die bisweilen gewaltigen therapeu- tischen Wirkungen des Mittels (z. B. eine mir gelungene Heilung eines über Mannskopf grossen Lipoms; femer erzählte mir Kollege Fischer-Bochum noch jüngst einen ausgezeichneten Silicea-Fall, den ich ihn zu berichten bitte, er ist wichtig für die theoretische 69. General-Vers, des Hom5op. Zentral-Vereins in Frankfurt a. H. 283 Detttnng der MittelwirkuDg) darauf hinweisen^ dass hier die organ- spexifisclien Beziehangeo, No. 1 des homöop. Kalküls^ hier zum Bindegewebe (ich erinnere an die Arbeit von Scl^ulz) an Wichtigkeit die Bedingungen, No. 2, überwiegen. Allein bedenken Sie m. H. wiederum, dass das Bindegewebe zu den niedrigst organisirten Körper^Bestandtheilen gehört, von ihm also auch keine fein differenzirten Arzneiwirkungen zu er- warten sind, während bei den andern Geweben, auf die die Silicea noch wirkt, solche nicht ausbleiben; ich erinnere an die Nerven- symptome des Mittels. Soweit die Organ-Therapie heilt, scheint mir das homöop. Prinzip vorzuwiegen. Isopathie. Hier sind zunächst zu nennen wieder die Eingangs erwähnten allgemeinen Arbeiten von Mossa und Nebel. Ferner finden Sie im Aprilheft 1898 des Journal pf the British Homoeo- pathic Society zwei Arbeiten über die Nosoden, wie sie dort ge- nannt werden, von Mahony und Hughes. Letzterer bringt eine ganze Reihe Literatur. Er bespricht verschiedene Mittel, die ich hier übergehe, weil ich keine praktische Erfahrung darüber besitze. Von dem Psorin möchte ich nur bemerken, dass mir die Ab- neigung, die in Deutschland im Allgemeinen gegen das Mittel herrscht, vollauf berechtigt zu sein scheint, nach dem, was Hughes bezüglich der Präparate vorbringt. Es ist das ein Punkt, der sehr wichtig ist und auf den Kern meines Referates losgeht, wo- von nachher mehr. Ton Arbeiten über das Tuberkulin erwähnt er die von Clarke und Amulphy, welche mit Eoch'schem Tuberkulin arbeiteten. Bumetts Buch über das Bacillin erschien im Jahre 1900 als Er- gebniss einer 5jährigen Arbeit, also unabhängig von Eoch, dessen erste Veröffentlichung ebenfalls in dieses Jahr fällt. Besonders Dr. Cartier hat gleichfalls mit diesem Präparat gearbeitet und seine Erfahrungen auf dem Internationalen Eongress in London vorgetragen. Es schliessen sich dann die deutschen Arbeiten an, die mit der Rede Nebels auf dem Pariser Kongress beginnen; es folgen seine Arbeiten, die Prüfung des Tuberkulin, seine Thierversuche, seine Kasuistik; ausserdem erschienen im vergangenen Jahre Mit- theilungen über Prüfungen und Kasuistik von Mau und Kasuistik 19* 284 ZeitBohrift des Bdrliner Vereines homöopathiseher Aente. Yon Boesser und Schlegel. Von einzelnen Kollegen wie Hofrath Schwarz und Layer weiss ich, dass sie in ausgedehntem Ifaaase das Mittel angewendet haben. Das zweite wichtige isopathischis Mittel ist das SyphiÜD, von dessen Literatnr ich nichts weiss; es ist mir nnr bekannt^ dass Barnett es angewendet hat und diesem wohl seine Einftthnuig zu danken ist. Diese sind die beiden einzigen isopathischen Mittd, über die ich eigene Erfahrungen besitze. Allerdings reichen dieselben ent- fernt nicht an die erwähnten Mittheilungen in unserer Literatur heran; ich betone daher noch einmaly dass ich nur ein Befoat bringOi um mit demselben die Diskussion einleiten zu können. Zunächst theilweise nur summarisch^ theilweise kasulatisch meine praktischen Beobachtungen. Das Eoch'sche Tuberkulin habe ich wenig angewendet. Her- Torgehoben sei, dass ich in einigen einwandsfreien Fällen die be- kannte gewaltige Reaktion tou Lupus auf subkutane Anwendung hin beobachtet habe. Die Dosen bestanden in einigen Tropfen der 4. d. d. Rings um die erkrankten Stellen bildete sich ein gewaltiger entzündlicher Demarkationsring , das Gewebe selber blähte sich auf und zeigte eine glasige Verfärbung. Aeuasere Umstände hielten mich von der Fortsetzung ab. M. E. nach dürften bedeutend kleinere Dosen mit ein- bis mehrwöchentlichem Zwischenraum und Interponirung sonstiger homöopathischer Mittel therapeutisch sehr wirksam sein. — Nebenbei sei bemerkt, dass Hydrastis und Aurum in niedrigen Potenzen innerlich^ Hydrastis äusserlich auch ohne Tuberkulin bei mittelschwerem Lupus der Nase sehr Gutes leisteten. Ich bin dann durch Kollegen Layer auf das Burnett'sche Tu- berkulin hingewiesen worden und habe die späteren Versuche aus- schliesslich mit der 00, 200 alle 3 Wochen einige Körner ange- stellt, ohne bezüglich Dosis und Präparat vorgreifen zu wollen. Es giebt bisher keine bessere Charakteristik des Mittels als den Ausspruch von Nebel, „das Tuberkulin ist der isopathische Sulfur«. Die Mehrzahl meiner Fälle bestanden in ähnlichen Lokalisationen wie sie Boesser und Mau berichteten. Tuberkulose anderer Organe als der Lungen; hauptsächlich Knochen-, Gelenk- und Bauchfell-Tuberkulose. Der beste Erfolg wurde erzielt, wenn das Tb. gleich dem Sulfur als Reaktionsmittel gegeben wurde, welches 69. G«E«ral-Ven. des H Stunde etwss Schmerz im Magen (83); dumpfes Brennen an der Gardia (29 wiederholt); Magenkrampf (11); Abends od im Magen (29); etwas wunderlich im Magen (33); Knurren im Magen (29); dauernde Gastritis (bei 9 Knaben nach Vergiftung mit den Samen (3). Klinische Anwendung, Erbrechen ist das zuerst auf- tretende und auffallendste Symptom von Cytisus, Die Magen- beschwerden des Goldregens überhaupt können wohl primSr durch Magenaffektion bedingt sein, pflegen aber, wie namentlich durch Dr. S«iii«r, QTtlra« Lalmniiim. Goldiegw, KImIwiiii. 326 Thieryenuche bewiesen ist, meiet seknndftrer Natur za sein, in- sofern sie von dem Zentralnervensystem ausgelöst werden. In therapeutischer Hinsicht kommen sie meist als Begleiterscheinungen des sog. Meningotyphus in Betracht, ferner der Meningitis cere- brospinalis epidemica, der flirnerschOtterung, der Seekrankheit, der nervösen Influenza, event. auch epileptischer Zustände. 16. Bauch. Leibschmerzen (4, 10); Leibschmerzen und Durchfall (31); leichte Krämpfe im Leibe, besonders links (32); Morgens leichtes Ziehen im Unterleibe mit folgendem reichlichem weichem Stuhl (32); Abends unbehagliches Oefühl ziehender krampfartiger Natur im Leibe, hält V« Stunde an (82); frflh 9 Uhr leichter Durchfall, gegen 11 Uhr wieder Drang zum StuhL Abends 10 Uhr äusserst heftiger Durchfalli Abgang von wässeriger Masse, stark kneifendes Oefühl im Leibe, dabei viel Jächwindel (32); weicher Stuhl mit starkem Schwächegefflhl im Leibe (32); Durchfall mit vorhergehenden kolikartigen Schmerzen (32); unbehag- liches Gefflhl im Leibe (32); Krämpfe im Leibe ziehender Art ohne Stuhl (32); Stuhlgang mit gelindem Leib weh (17). Ourren im Darm (29); Kollern und Schmerz im Unterleibe (37); starke Blähungen (37); Leibschmerzen mit YSlle- gefahl (37). Schmerzen im Epigastrium (6, 8); Stechen in beiden Seiten des Unterleibes (87). Abends 10 Uhr Drang zu Stuhl, dabei Kneifen in der Nabel- gegend (82). Schmerz im Hypogastrium (1); Klinische Anwendung. Bei akuten und subakuten ent- z&ndliohen Aflfektionen des Darms mit gleichzeitiger und vor- wiegender Betheiligung des Zentralnervensystems, vor Allem also bei typhftsen Erscheinungen. 17. Beetmn mid Anw. Abends 10 Uhr Drang zu Stuhl, dabei Kneifen in der Nabel- gegend (32); Tenesmus des Darms (18); heftiger Tenesmus (21); Gefühl des Tenesmus (32) ; Abends beim Niederlegen krampfhaftes QefOhl im Blasenhalse wie im Mastdarm bei der Urinentleerung (84); Afterzwang (37). 326 Zeitoolirift des Beriiatf VeNiaM komOopatiüsohtt Aenlt. 18. Stau. Durchfall (2, 7, 9, 17); Nachmittags 5 Uhr: Diarrhoe (87); Purgieren (10); Diarrhoe mit Blutbeimischung (19); Durchfälle 12 Tage lang mit heftigem Tenesmus und ruhrihnlichem Charakter (21); Stuhlgang unter gelindem Leibweh (17); Durch- fall mit vorhergehenden kolikartigen Schmersen (32); weicher Stuhl mit starkem Schwächegefflhl im Leibe (32); Leib- schmerzen und Durchfall (31); Morgens leichtes Ziehen im Unter- leibe mit folgendem, reichlichem, weichem Stuhl (32); frflb 9 Uhr leichter Durchfall, gegen 11 Uhr wieder Drang zum Stuhl Abends 10 Uhr äusserst heftiger Durchfall, Abgang von wässer^r Masse, stark kneifendes Gefühl im Leibe, dabei viel Schwindel (32); am 1. Tage dreimal Stuhl, die ersten beiden Male DurchfoU, zuletzt etwas konsistenter (32); zweimal leichter breiiger Stuhlgang^ 4 Tage hintereinander (32); weicher Stuhl mit wenig Drang vor- her, desgleichen Abends 6 Uhr (32); während der ganzen Prft- fungszeit ist der Stuhlgang entschieden beschleunigt, statt sonst in 2 Tagen einmal, jetzt an einem Tage zwei- bis dreimal (37) ; auffallend regelmässiger geformter Stuhl während der ganzen Prüfungszeit (24); der Stuhl, der sonst meist angehalten war, oft sehr verstopft sogar, war während der ganzen Prüfungszeit (18. Dez. — 27. Jan.) immer normal und hatte gut geformte Eon- siütenz — ausser einmal Diarrhoe (27). Klinische Anwendung« Bei Steigerung der Darmthätigkdt bis zu ruhrähnlichen Durchfällen infolge von akuten oder subakuten Entzündungen mit gleichzeitiger Betheiligung des Zentralnerven- systems. 19. Hanorgaiie. Nachmittags dumpfes Stechen in der Nierengegend (26); in der Mittagszeit Stiche in der linken Nierengegend (25); Stiche in der Gegend der linken Niere, nur Vormittags (25). Anurie (21); Oligurie (21). Abends beim Niederlegen krampfhaftes Gefühl im Blasenhalse wie im Mastdarm bei der Urinentleerung (24)« Harn grasgrün (18); blutiger Harn (19). Klinische Anwendung. Bei akuter Beizung der Nieren. 20« GeschleelitsorgaBe. Erektion (18). Weissfluss auffallend stark (37), mehrmals. 0r. flohiefi Oytiiiu Labtmiim. QMngULi Kleebftiim. 327 21. AfhmmigMrgaiie. Qeffthl Ton Konstriktion der Kehle (3); Respiration beschlea- Digt (U); Bespi/ation oberflächlich (16); Bespiration mfihsam (3); langsames, stertoröses Athmen (3); beim Tiefathmen Schwere unter den Rippen links (88). Klinische Anwendung. Bei erschwertem Athmen infolge ▼on Affektion des Athmnngszentrums. Brnfi Beengung auf der Brust (87); starke Brustbeklem- mung (23); Pulsation im Brustraum (29); krampfhafte Erschei- nungen in der Brust (26). Vormittags dumpfer Schmers in der Brustbeingegend mit erschwertem Athmen (25). Stechen in der Herzgegend (22); Schmerzen in der Herz- grube (10). Morgens beim Aufstehen und Tiefathmen stechender Schmerz unter den Rippen (83); Vormittags rechtsseitige Bruststich« (26); beim Athmen Schmerz in den Brustmuskeln rechts (38); Stechen unter der untersten rechten Rippe (26) ; beim Tiefathmen Schwere unter den Rippen links (83) ; Nachmittags Stiche wechselnd in der linken bez. rechten Lungengegend (26). 81. Kreidrafiirgaiie. Herzklopfen (29, 37); Herzklopfen bei Ruhe (37); nach leichter Bewegung schon stärkeres Herzklopfen (29); Geftthl des Herzversagens (29); schon Vormittags starker Blutandrang nach dem Herzen (37); Schmerzen in der Herzgrube (10); Stechen in der Herzgegend (22). Puls beschleunigt (8); Puls beschleunigt und klein (6); Puls sehr schwach, etwas beschleunigt (1); Puls UeiUi schwach (10); Puls unrhythmisch und klein (16); Pulsfrequenz verringert (16); Pulsation im Brustraum (29); Klopfen in allen Gliedern (37); den ganzen Tag stechender linksseitiger Kopfschmerz, Nach- mittags stärker, mit Klopfen in der Schlafengegend (87); Klopfen der Halsarterien, so dass der Kopf bewegt wird (29). Nasenbluten (37, mehrfach); Abends heftiger linksseitiger Kopfschmerz mit Nasenbluten (37); heftiges Erbrechen mit Blut (18); Diarrhoe mit Blutbeimischung (19); blutiger Harn (19) 398 ZeitMhrift des Bertinw VereiiiM honiBopAtldfeker Äento. schon Vormittags starker Blutandrang nach dem Kopfe (S7); Be- freiung Ton Wassersucht (T, 0). (?) Red. Klinische Anwendung. Bei Herzschwäche infolge tob akuten und subakuten Erkrankungen des Zentralnervensystems. 84. Naekem ind Bfteken. Steif im Nacken (83); Abends einige Steifigkeit im Nacken (34); etwas steif im Nacken (33); die Steifheit des Nackens breitet sich aus nach dem ROcken (33); Schmens im Nacken (33); Genickschmerzen (37); reissender Schmerz tom Ge- nick bis tief in den Hinterkopf (37). Leichter stechender Schmerz in der Mitte der Wirbelsäule (35); andauerndes Ziehen zwischen den Schultern (30); Schmerzen unter den Schulterblättern, links mehr (30); Reissen im linken Schulterblatt (31); steif in der linken Schulter (33); Abends stechender Schmerz in der Gegend des linken Schulter- blattes, anscheinend in der Muskulatur (35); dumpfe Stiche unter dem linken Schulterblatt (35); Kälteflberlaufen über den Rftcken (29); fliegende Hitze den Rflcken hinauf und hinab (29); leichter Rfickenschweiss (29). In der Mittagszeit Stiche in der linken Nierengegend (26); Stiche in der Gegend der linken Niere, nur Vormittags (25); Kreuzschmerz (33); andauerndes Ziehen im Kreuz (30); Elreuz- schmerzen tou früh bis Abends (30); entsetzliche Kreuz- schmerzen (31). Klinische Anwendung. Bei schmerzhafter Nacken- und Schultersteifigkeity die durch Erkrankungen des Nenrensystems bedingt sind, z. B. durch ErschQtterung des Hirns und RQcken- marks, bei der Neurasthenia spinalis, vor Allem bei der Meningitis cerebrospinalis epidemica sowie bei gewissen Influenzaformen. 26. Extremitäten. Extremitäten schlaff (16), schwach (17); Extremit&ten kühl (4, 7, 12, 17); Klopfen in allen Gliedern (37); Gliederreisaen (31); Zerschlagenheit der Glieder (37); ausnehmend starke Zerschlagenheit in allen Gliedern, besonders im linken Arm, Yom Ellenbogen bis zum Handgelenk, reissende und stechende Schmerzen (37); Zerschlagenheit in Armen und Beinen, bei Ruhe schlimmer (37); Ziehen in den Armen und Beinen den ganzen Nach- mittag (87). Dr. SoUer, Oytifiui lAtoBim. 0«Mng»D, Kleebanm. 329 Die Anne haben etwas Oefthl von Steifheit (88); Schmerz im linken Arm beim Anfassen Yon Gegenständen (26); Nachmittags Schmerzen im linken Arm bedeutend stärker, erstrecken sich auf den ganzen Arm (37); auch im rechten Arme leichter stechender^ Schmerz, bei Rahe schlimmer (37); Schweregefühl im linken Arme (33, mehrmals); Steifigkeit nnd Schmers im linken Arme (38) ; schmerzhaftes Reissen in der rechten Schulter- und Oberarm- muskulatur, bei Bewegung und Berührung verschlimmert, im Bett verschwindend (36); Abends hatte er einen steifen rechten Biceps (34); Steifheit und Schmerz im linken Arme, vornehmlich an der Innenseite des Oberarms (33); ziehende Schmerzen in der linken Hand und im Oberarm (27); schmerzhaftes Ziehen vom Ellenbogen bis zum Handgelenk (37); Schmerzen im rechten Unterarm einige Minuten (27) ; Schmerz im rechten Unterarm und Hand (27, mehr- mab); leichte Steifigkeit im linken Vorderarme (Ulnarseite der Eztensoren) (34); ruckweise ziehende Schmerzen im Unterarm und im kleinen Finger einige Minuten (27); Schmerzen im rechten Handgelenk einige Minuten (27); Reissen im linken Daumen (35); Reissen im rechten 4. und 5. Finger nach der Ulnarseite des Vorderarms ausstrahlend (35). Grosse Schwäche in den Beinen (9); Mfidigkeits- geffthl der Beine (28); Kälte der Beine (10); schlimm steif und etwas schmerzhaft in den Beinen; die Steifheit bei Anfang von Bewegung am schlimmsten und das linke Bein auch das schlimmste (33); Nachmittags auffallende Müdigkeit in den unteren Extremitäten, besonders fOhlbar in den Beugemuskehi (36); etwas steif und schmerzhaft in den Beinen (33, mehrmals); die Steifheit und Schmerzhaftigkeit der Beine sind im Laufe des Tages schlimmer geworden, gegen Abend etwas verbessert (33); Morgens beim Aufstehen steif in den Beinen mit Schmerz im linken Hinterbacken (33); Steifheit und Schmerz im linken Oberbein und in der Hinterbacke (33); Jucken, besonders am linken Bein (27); Intertrigo zwischen Hoden und rechtem Bein einige Tage lang (27). Sclmierzen im rechten Knie und Fussgelenk (27); Schmerzen im rechten Knie (30); Schmerz des linken Knies (27); stechender Schmerz im linken Kniegelenk einige Sekunden lang (27, mehr- mals); Zerschlagenheit und Schwere in den Beinen, haupt- sächlich am Fusse bis zum Kniegelenk (37); Ermüdungs- gefühl in beiden • Unterschenkehi (24); Schmerzen des rechten 330 . Zeitiehrift des Berliner Yereinee homöopathiMlier Amte. Unterschenkels (27); schmerzhaftes Ziehen in den Waden (37); krampfhafte Erscheinungen in der rechten Wade (26); Nachmittags lähmiger Schmerz in der oberen Hälfte der rechten Wade vom Knie an; Gefühl, als ob der M. gastrocnemias gelähmt wäre, am schlimmsten beim Aufstehen vom Sitzen; von 4 ühr ab besser bei Bewegung im Freien, nachher bei Schreibtischarbeit von 5^/s ühr ab wieder schlimmer, besonders beim Aufstehen (36); Nachmittags zu derselben Stunde wie am Tage vorher krampfhafter Schmerz an derselben Stelle, durch Berahrung und Druck ge- steigert, beim Gehen schlimmen Abends von 6 ühr ab ist der Schmerz verschwunden (36); Morgens nach dem Auf- stehen dumpfe Schmerzen in der linken Wade von flachtiger Dauer (24). Mattigkeit, hauptsächlich in den Fassen (26); die ganze Nacht kalte Füsse (29); Morgens Ermfidungsgeffthl in beiden Fussgelenken (24); dumpfes Gefühl in beiden Fussgelenken (24); Stechen in den Fflssen, besonders den Fusssohlen (37); Schmerzen plötzlich Morgens im rechten Fussgeleok, die durch Gehen den Tag über gemildert wurden (27); heftige Scbmersen im rechten Fussgelenk, besonders Morgens, so dass das Stiefel- anziehen sehr erschwert war (27); Abends 8 ühr plötzlich heftige stechende Schmerzen im rechten Fuss unter der Fusssohle einige Minuten (27); Reissen im linken Fuss (31). Klinische Anwendung. Bei Zerschlagenheit, Bchmerzhafter Steifigkeit und Mattigkeit der Glieder, namentlich der Unterglieder, wie sie z. B. bei akuten und subakuten Erkrankungen des Zentral- nervensystems, der Verdauungsorgane, sowie bei gewissen Inflnenza- formen vorkommen, aber auch bei Affektion der peripheren, moto- rischen und sensiblen Nerven, z. B. Ischias. 26. Nähere Umstände. k. TeracUlmmemng. Den ganzen Tag hindurch leichte Schwindelanfälle; 1 — IVs Stunde nach dem Essen ist der Schwindel am stärksten (32); Abends starker Schwindel (37); Schwindel besonders beim Drehen und Aufwärtsbewegen des Kopfes (29). Den ganzen Tag stechender linksseitiger Kopfschmerz, Nachmittags stärker, mit Klopfen in der Schläfengegend (87). Dr. Sehto, Qytirat Lalmnitm. (Misngmi, Kleebaiuk 381 Beissende Sehmefeea, gleich rbenmatiBcheo, vom Halse bis in die Zähne, bei Bewegung und Bücken schlimmer (37); Stechen links im Halsei schmerzhafter bei Bewegung (37). Leichte Krämpfe im Leibe, besonders links (32). Zerschlagenheit in Armen und Beinen, bei Ruhe schlimmer (37); schmerzhaftes Reissen in der rechten Schulter und Oberarmmusknlatur, bei Bewegung und Berfihrung Ter- schlimmert (36); auch im rechten Arm leichter stechender Schmerz, bei Buhe schlimmer (37); Nachmittags Schmerzen im linken Arm bedeutend stärker, erstrecken sich auf den ganzen Arm (37); schlimm steif und etwas schmerzhaft in den Beinen; die Steif- heit bei Anfang von Bewegung am schlimmsten und das linke Bein auch das schlimmste (33); die Steifheit und Schmerzhaftig- keit der Beine sind im Laufe des Tages schlimmer geworden (33); Nachmittags lähmiger Schmerz in der oberen Hälfte der rechten Wade YomEnie an; Gefühl, als ob der M. gastrocoemius gelähmt wäre, am schlimmsten beim Aufstehen vom Sitzen; von 4 Uhr ab besser bei Bewegung im Freieui nachher bei Schreibtischarbeit von Ö^s Uhr ab wieder schlimmer, besonders beim Aufstehen (36); Nachmittags zu derselben Stunde wie am Tage vorher krampf- hafter Schmerz an derselben Stelle, durch BerOhrung und Druck gesteigert, beim Gehen schlimmer (36). Allgemeine Verschlimmerung. Machmittags und Abends, sowie linkerseits. B. *BeiBeruig. Frühmorgens dumpfes Gefühl der Schädeldecke, Mittags nachlassend (26). Schmerzhaftes Reissen in der rechten Schulter- und Ober- arm-Muskulatur, im Bette verschwindend (36); die Steifheit und Schmerzhaftigkeit der Beine gegen Abend etwas gebessert (33); Nachmittags lähmiger Schmerz in der oberen Hälfte der rechten Wade vom Knie an; Gefühl, als ob der M. gastrocnemius gelähmt wäre, von 4 Uhr ab besser bei Bewegung im Freien (36); Nachmittags zu derselben Stunde wie am Tage vorher krampf- hafter Sehmerz an derselben Stelle, Abends von 6 Uhr ab ist der Schmerz verschwunden (36); Schmerzen plötzlich Morgens im rechten Fussgelenk, die durch Geben den Tag Aber gemildert wurden (27). 3S2 Ztitiehrift des Beilmer Vereines homlk>patUedher Aeiifee. lU. Physiologlseher ThelL Von der giftigen bezw. therapeutiechen Wirkung der Cytisii»- arten hatten schon Theophraet, Dioscorides, Plinius, Ga- lenuB und Andere eine freilich unklare Vorstellung. Nachdem in den letzten Jahrhunderten der Goldregen als Zierfitranch in uoBeren Gärten und Anlagen kultivirt wurde, mehrte sich die Gelegenheit zu zufälligen Vergiftungen, sowohl bei Kindern, welche die Rinde Yon den Stämmchen abnagten oder die schönen Blüihen und Samen anfassen, als auch bei Erwachsenen durch Verzehren yon Gebäck, zu dessen Bereitung statt Akazienblüthen solche YOn Goldregen Yerwendet wurden. Im Gefolge dieser Vergiftungen fand unsere Pflanze auch als Volksheilmittel Verwendung, namentlich gegen Kopfschmerzen, und wir können uns aus den Symptomen des Mittels überzeugen, dase diese empirische Anwendung nicht unrichtig war. Wissenschaftliche Untersuchungen der Pflanze hinsichtlich ihrer pharmakologischen Eigenschaften wurden erst in den letzten Jahr- zehnten angestellt, namentlich von Scott, Husemann, Marm6, ProYOst und Einet, Streng, Saake. Die ausfflhrlichste und beste Arbeit über das Mittel, in Gestalt des Alkaloids, ist die Dissertation, welche 1887 unter der Aegide Yon Professor Robert in Dorpat verfasst wurde yon Bafael Badzivillowicz. Die toxische bezw. letale Dosis des Mittels ist relativ Uein; Hunde unter 10 kg Gewicht sterben schon nach Injektion von 1,2—2 mg Gytisinnitrat in die Jugularvene. Der Moment dee Sterbens ist schwer zu konstatiren, da allmählich Athmung und Beflexerregbarkeit auf Null herabsinken. Sehr kleine Mengen reichen schon aus, um bedrohliche Erscheinungen hervorzumfen. So ist ein Vergiftungsfall bekannt, in welchem mehrere Menschen schwer erkrankten, nachdem sie Brod aus einer Mühle gegessen hatten, in welcher Goldregen zum Zwecke chemischer Unter- suchungen gemahlen worden, obwohl die Mühlsteine vor dem Mahlen des Mehles gereinigt waren. In Dalmatien macht man nicht selten die Beobachtung, dass nach Genuss yon Ziegenmilch heftiger Kopf- schmerz entsteht, wenn die Ziegen von dem dort einheimischen Gytisus gefressen haben. Als hauptsächlich wirksames toxisches Prinzip ist das Cytisin, eine der stärksten Pflanzenbasen, anzusehen, welches in neuerer Zeit von Merck in Darmstadt rein dargestellt und namentlich in Dr. Beider, Gytunis Labumim. Geltegen, KleebftQm. 333 der Form des Balpetersaaren Alkaloids experimentell Ter- werthet wird. Das Alkaloid findet sich in allen Theilen der Pflanze, in der Wurzel, Binde, den Bl&ttern, Blumen und Samen. Mit der Zu- nahme des Cytisingehaltes der letzteren beim Beifwerden geht Abnahme des Giftes in Blättern und HCdsen Hand in Hand. Die Blätter enthalten daher im Mai zehnmal mehr Oift als im August. Fflr die vergleichende therapeutische Wirkung sowohl als auch zur neuen Bestätigung unserer Anschauung, dass das reine Alkaloid durchaus nicht immer mit der Pflanze identisch wirkt, ist uns Homöopathen interessant der umstand, dass das Cytisin in zahl- reichen anderen Pflanzen als toxisches Hauptprinzip nachgewiesen ist; zwei niederländische Forscher, Flügge und Bauwerda, haben Cytisin konstatirt in den Samen von 38 Cytisus-, 35 Genista-, 4 Ulex-, 10 Baptisia* und 11 Sophoraarten und zwar z. Th. in Mengen, welche dessen Gehalt im Goldregen stark fiberschritten ; so fand Plugge in den Samen von Baptisia tinctoria 2,85% Baptitoxin, welches er fflr identisch mit Cytisin erklärt, während die Samen des Goldregens nur 1,7—1,8% Cytisin enthalten. Nach Plugge ist Cytisin auch das Alkaloid der die sog. Giftbohnen liefernden, in Texas und Mexico wachsenden Saphora speciosa und seeundiflora, deren sich die Indianer zur Berauschung be- dienten; der Alkaloidgehalt dieser Bohnen ist 3,23 und 3,37 7o. Auffallender Weise enthalten verschiedene ostasiatische Arten kein Cytisin. Die Symptome bleiben — nach Badzivillowicz — immer dieselben, ganz gleich auf welchem Wege man das Gift dem Orga- nismus einverleibt. Interessant sind die Experimente, welche Spangenberg (Inaugoral-Dissertation, Kiel 1891) mit dem Cytisin bei Tauben angestellt hat; als letale Dosis für diese relativ widerstandsfähigen Thiere fand er 4,4 mg; bereits nach 37o der letalen Gabe wurde die Athmung ausserordentlich beschleunigt, später verlangsamt und gelähmt; Erbrechen trat nach ^/e der letalen Dosis ein, bei '/s der letalen Dosis zeigte sich krampfhafte Streckung der Beine. Diese Erscheinungen sind vorwiegend auf die Affektion des Nerven- systems zurückzuführen, welches sowohl in seinen centralen als peripheren Theilen sehr stark von dem Gifte beeinflusst wird. Die excitirende, erregende Wirkung ist sehr kurz und weicht um so rascher einer völligen Depression, eventuell sogar 334 Zeitschrift des Berliner VereiuM homöopAthiaelier AenCe. einer voUkommeDen Lähmung, je grösser die zar Resorption langende Giftmenge ist; diese Depression betrifft sowohl dia psychische als die animale Sphäre. In den Krankengeschichten der mit Cytisin Torgifteten MonsoheD wird angegeben, dass zuweilen zuerst eine leichte Excitation, Mgur Hallucination eintritt, welcher bald Somnolens, Torpor oiid Goma folgt In entsprechend geringerem Grade fand Scott dies bestätigt bei Menschen, denen er experimenti causa Oytisusdecoct gegeben hatte« Auch in unseren Protokollen finden sich häufig die Symptome: Aufregung der Nerven, Klopfen in allen Gliedern, Schwindel, Eingenommenheit des Kopfes, Deok- trägheit, Mattigkeit und Schläfrigkeit. Das auffallendste Symptom einer Goldregenvergiftung ist Er- brechen; es bleibt oft auch das einzige, weil mit dem Erbrochenen das Gift aus dem Organismus grdsstentheils entfernt wird; nor hierdurch erklärt sich der vergleichsweise seltene tödtliche Aas- gang der zahlreichen Vergiftungen. Dieses konstante^ auch bei allen Thieren, die erbrechen können, vorkommende Symptom ist vorzugsweise centralen Ursprungs; denn es zeigt sich sowohl bei Applikation des Giftes per os wie bei subkutaner oder intravenöser Einspritzung. Ein Hund von 8600 gr Gewicht, dem Badzivillo- wicz 0,01 Cytisinum nitricum subkutan beibrachte, erbrach binnen 1 Stunde 8 mal. Thiere, denen vor der Vergiftung die beiden N. Vagi am Halse durchschnitten werden, erbrechen nicht (Marmd). Bei unseren Prüfungen ist es selbstverständlich bis zum Er- brechen nicht gekommen, da wir es nicht wagen konnten, den PrOfern das Experimentiren mit starken Dosen zu empfehlen. Doch notirt z. B. Kollege Bischer in Aachen das Symptom: Uebelkeit in der Magengegend, so dass er einen VomituB be- fürchtete. Dem Erbrechen geht ein angestrengtes, aus der Ent- fernung hörbares und beschleunigtes Athmen voraus, durch Er- regung des Athmungscentrums in der Medulla oblongata; dieser Erregung folgt bald eine Lähmung des Athmangs- centrums, welche, wenn sie vollständig wird, die Todesursache darstellt; da nachher das Herz noch lange Zeit kräftig und rhyth- misch schlägt, so ist es möglich, durch Einleitung der kftnstlichen Athmung das Individuum am Leben zu erhalten« Die Sekticm pflegt daher auch keine wesentlichen pathologischen Veränderungen aufzuweisen und nur die Zeichen des asphyktischen Todel^ su bieten, nämlich BlutflberfüUung des rechten Herzens und der Lunge. Dr. 8oider, Cytigna L&bnrnam« Goldregen, Kleebaui. 336 Zeitlich später als da9 respiratorische wird das vasomo- torische Zentrum anfäDglich stark gereizt, nachher mehr oder mreniger gelähmt; das Gift wirkt sogar auf die peripherischen Vasomotoreo. Bei Applikation eines Tröpfchens einer yöllig neu- tralisirten Lösung des Giftes auf eine Arterie des Froschmesen- teriums sieht man alsbald eine lokale Kontraktion des Gefäss- lomens eintreten. Durch die Erregung des vasomotorischen Zentrums nnd die lokale Einwirkung auf die Gefässnerven wird eine erheb- liche Verkleinerung der Blutbahn unter gewaltiger Steigerung des Blutdrucks herbeigeführt. Einige Symptome der Goldregen- vergiftung, wie Blässe, Schwindel, Ohnmacht sind hierdurch leicht erklärlich, vielleicht auch die Kopfschmerzen; — zumeist links- seitiger und stechender Art, — welche von vielen unserer PrQfer DOtirt sind, sowie Nasenbluten, welches sich zuweilen findet. Das Rückenmark, sowie das periphere Nervensystem werden ebenso affizirt. Der Reizung, welche in Zuckungen, Konvulsionen — bei Thierversuchen ganz ähnlich den durch Strychnin erzeugten — event Tetanns sich zeigt, folgt alsbald eine mehr oder weniger vollständige Lähmung der motorischen Nerven, welche vom Zentrum nach der Peripherie fortschreitet. Die Nerven und nicht die Muskeln sind es, welche durch das Gift affizirt werden; denn nachdem die betreffenden Nerven gelähmt sind, gelingt es, in den Muskeln noch eine Zeit lang Kontraktionen durch Induk- tionsströme hervorzurufen. Schwere und Müdigkeit namentlich in den unteren Extremitäten ist eines der hervorstechendsten Sym- ptome in unseren Prüfungsprotokollen. Bei Tauben kommt es — nach Prevost und Binet — zu einer eigenthttmlichen Steifigkeit der Ffisse« Dass die sensiblen Nerven auf dieselbe Weise durch den Goldregen beeinträchtigt werden, lässt sich auch experimentell nachweisen. Bei einem mit Gytisin vergifteten Frosche vermag man durch Reizung des nicht unterbundenen Beines keine Zuckungen im unterbundenen Beine hervorzurufen. Auch Hyperästhesien — wie Stechen in den Füssen und Fusssohlen — sind häufig in unseren Protokollen angeführt; charakteristisch ist die Be- vorzugung der linken Seite. Hitze, Fieber mit kaltem Schweisse und bei kalten Extremitäten finden sich in manchen Vergiftungsgeschichten erwähnt, desgleichen Trocken- heit im Halse und Gefühl von Gonstriction im Kehlkopf. Die Erregung des Magendarmtraktns ist, wie schon be- merkt, das auffallendste Symptom des Goldregens; da sie vor* 336 Zaitiohrift des Beiliner VereiBef homOopathiioher Aente. wiegend zentralen ürsprangs ist, so zeigen sich in yielen FiHen keine typischen anatomischen Veränderongen. Anaser dem Er- brechen pflegt auch die Darmthätigkeit gesteigert zu sein; bei Sektionen der an Goldregenvergiftung Gestorbenen findet man manchmal eine hochgradige Entzflndung des Dflnndarms und dei Mesenterinms ; doch können auch trotz heftiger Diarrhoen typische anatomische Veränderungen im Intestinaltraktus völlig fehlen. Zu- weilen gestaltet sich die Erregung des Plexus mesentericus zu stürmischen Bewegungen mit Kollern in den Gedärmen und kann selbst zu krampfhafter Zusammenziehung der Darmmuskulatur fahren; einige Protokolle weisen in der That das Symptom des Tenesmus auf. Auch die Harnsekretion zeigt sich in manchen FäUen ge- steigert, sei es durch den Einfluss des Mittels auf die vasomoto- rischen Nerven, sei es durch eine spezifische Einwirkung auf das Nierenepithel; durch die Nieren wird das Gift auch aus der Blat- bahn ausgeschieden, und zwar so rasch, dass es 15 Hinuten nach der Einverleibung im Harn nachzuweisen ist; im üebrigen sind die Symptome seitens der Harnorgane wenig konstant Wie bereits bemerkt, entsteht die Blutdrucksteigerung durch Beeinflussung der vasomotorischen Nerven; das Herz selbst ist dabei wenig betheiligt und sein automatisches Nervensystem wider- steht lange Zeit der Einwirkung der Giftes; die anfängliche, sehr bald vorabergehende Steigerung der Pulsfrequenz ist rein zentraler Natur. IT. Yergleichender TheiL Unter den akuten bezw. subakuten Affektionen des Zentral- nervensystems, bei welchen Cytisus in Frage konunen kann, haben wir vor allem die Meningitis, am ausgesprochensten in der Form der M. cerebrospinalis epidemica zu erwähnen« Die dieser Krankheit zukommenden Symptome: Fieber mit sehr ungleichmässigem Verlaufe, heftiger Kopfschmerz, mit ver- engerten oder erweiterten Pupillen, Schwindel, Erbrechen, schmerz- hafte Steifigkeit der Nacken* und Rückenmuskulatur, Benonmien- heit, Delirien, erschwertes Athmen, tonische und klonische Krämpfe in den Extremitäten, schliesslich Lähmungen der letzteren, finden sich sehr präzis bei Cytisus. Mit ihm konkurriren hier in erster Linie die Zinkpräparate, zumal wegen der ebenfalls sehr akuten Wirkung und der hervorragenden Betheiligung des Athmongi- Dr. Sehier, Cytisvi Labnrnnm. 0oldiegei, Kleebanm. 3S7 zentnuDB, das Zincum cyauatum. Die Unterscliiede bestehen haupt- sXcUieh in den nnrnhigen rasUosen Bewegungen der FfiBse bei Zink, die CytiBus nicht hat, ferner in der Art der Kopfschmerzen, welche bei Zink hauptsächlich in der Basis des Hirns sitzen und mit einem sehr quälenden krampfähnlichen Schmerz in der Nasen- wurzel einhergehen, während der Cytisus-Kopfschmerz die Schläfen- und Stimgegend und zwar vorzugsweise Imkerseits befällt Der durch Zink erzeugten Stuhlverstopfung steht die entschieden be« sebleunigte Darmfnnktion des Goldregens gegenüber. Dass die noch nicht genfigend geprüfte Baptisia tinctoria hier ebenfalls in Betracht kommen kann, ist leicht erklärlich, wenn Plugge*s Behauptung, dasAlkaloid der Baptisia sei identisch mit dem Cytisin, sich bestätigt. Die primäre Kongestion des Cytisus macht sehr bald einer asthenischen Depression mit hochgradiger Blässe Platz; bei Bella* donna ist diese Kongestion weit mehr ausgesprochen, die Ent- zftndung des Hirns aber unbedeutender, weniger tiefgreifend als bei Cytisus. Belladonna bevorzugt die rechte, Cytisus die linke Seite. Symptome seitens des Halses stehen bei Belladonna weit mehr im Vordergrunde als bei Cytisus. Schwindel, Schwere des Kopfes, heftige Schmerzen in der Schläfengegend mit Bevorzugung der linken Seite, schmerzhafte Affektion der Nacken- und Rflckenmuskulatur sowie Zerschlagen- heitsschmerz in den Gliedern hat auch Eupatorium perfoliatum, welches in diesen Symptomen mit dem Goldregen bei Himaffektionen sowohl, als bei der nervösen Form der Influenza konkurriren kann. Die Unterschiede bestehen hauptsächlich in dem regel- mässigen periodischen Fieber, sowie der deutlich ausgesprochenen katarrhalischen Affektion des Kehlkopfes und der LuftrOhre bei Eupatorium, Symptome, welche wir beim Goldregen mehr oder weniger vermissen. Beim Typhus, namentlich bei dem sog. Meningotyphus, ver- spricht Cytisus viel zu leisten. Die dieser Krankheit zukommenden Symptome, wie grosse Mattigkeit, unruhiger Schlaf mit aufregenden Träumen, Muskelzuckungen, Stupor, Schwindel, Stirn- und Schläfen- kopfschmerz, Schlingbeschwerden, Erbrechen und Abweichen finden sich beim Goldregen sehr präcis. Die von den holländischen Forschem behauptete Identität des Cytisins mit dem Alkaloid der Baptisia tinctoria, welche sich amerikanischen Aerzten beim Typhus häufig bewährt hat, erscheint uns von diesem Gesichts- Bd. zz BS 338 Zeitsokrift des Berliner Vereineg homöopAthlMher AeKfee. pankt aus recht plausibel, wenngleich damit f&r uns die identische Gesammtwirkung der betreffenden Tinkturen bezw. Essenaen nock nicht feststeht Die Differentialsymptome des hier gleichfalls in Betracht kommenden Zincum cyanatum sind bereits oben erwähnt. Einen spharfen Wettbewerber hat der Goldregen bei dieser Krankheit im Arsen, alb., welches freilich den Magendannkanal prim&r und intensiver affizirt als Cytisus; auch den fast unaufhör* liehen Durst, sowie die al^emeine Reizbarkeit des Arsens, seine Empfindlichkeit gegen Kälte, die nächtliche Verschlimmerung haben wir beim Goldregen nicht. Bei Behandlung der Seekrankheit wird Cytisus erfolgreich konkurriren mit Gocculus; das kongestionirte feurig-rothe Gesicht des letzteren ist jedenfalls weit seltener bei dieser Krankheit so finden, als die unserem Mittel entsprechende Blässe. Das bei derselben Krankheit angewandte Apomorphin hat wie Cytisus ebenfalls Erbrechen, welches reflektorisch vom Zentral- nervensystem aus verursacht wird; es bewirkt aber im Gegensatz sEum Cytisus schon primär eine Abnahme des Blutdrucks, auch ist sein beruhigender Einfluss auf das Nervensystem der Bronchien deuüicher. In der Wirkung auf die Respiration, die Lähmungen und Krämpfe steht Cytisus der Nux vomica sehr nahe, bez. der Er- scheinungen seitens des Magens und Darms aber differiren sie insofern, als die Nux vomica diese Organe auch primär deutlich affizirt, der Goldregen mehr durch Vermittelung des Zentralnerven- systems. In seiner lähmenden Wirkung auf das periphere Nerven- system ähnelt unser Mittel sehr dem Curare; während aber das letztere nur die motorischen Nerven lähmt, beeinflusst der Gold- regen auch das sensible Nervensystem, hat also einen grösseren Wirkungskreis. Y. Lltteraturyerzelcliiiiss. Aoeser den bereits im Texte, sxunal beim VerzeiohniBS der Prdfer enge» gebenen Gew&hrem&nnem sind beeondere heryonraheben: 1) W. Marm6, Neuere üntemaohnngen über die Wirkung des Cytisin- nitrat in den GOttinger Naehrichten auB dem Jahre 1887. 2) Baphael Badsiwillowicz, Ueber Nachweis und Wirkung des Qf- tisins, I.-D., Dorpat 1887. Eine yonttglicbe Arbeit, enthalt auch einen Ajuag des grOssten Theils der einschlagigen Litteratur. 3) B. y. Jaksoh, Die Vergiftungen. Bd. I der spesiellen Pathologie nnl Therapie yon H. Nothnagel. Wien 1897. Dr. BMUBier, Ist die toamthempfo hoBOopftlhiidi? 389 Ist die Serumtlierapie homöopathisch!^ Von Dr. Bastanler^ Berlin. 1. Die Homöotberapie benatzt znr Bek&mpfang der Krank- heiten kleine Gaben arzneilicher Stoffe, welche in grossen Dosen dem gesunden Organismus einYerleibt, Zustande hervorrufen, die den betreffenden natfirlichen Erankheitssuständen nach Sitz, Art und Charakter ähnlich sind. Die Heilung vollzieht sich hier wahrscheinlich im Sinne der natfirlichen Heilbestrebungen durch Weckung resp. Unterstfitzung der HeUreaktion. 2. Zum unterschied von der Homöotherapie benutzt die moderne Isotherapie nicht ähnlich wirkende Arzneien, sondern das wirksame Prinzip des Krankheitserregers*) oder ihn selbst**) zur Weckung der Heibreaktion, bezüglich zur Bildung von Heilkörpem (Immunstoffen). Aus dem Yergleich dieser beiden Definitionen geht die auf- fallende Analogie beider therapeutischen Methoden ohne Weiteres hervor: einerseits simiUa-similibus, andererseits aequalia^aequalibus. Diese Analogie ist wohl kaum nur eine äusserliche, sondern sie beruht voraussichtlich auf gemeinsamer naturgesetzlicher Grundlage. Während nun die Paradoxie der Isotherapie durch die Resul- tate der Heilserumforschung bis zu einem gewissen Grade erklärt worden ist, indem man die Bildung von Antitoxinen nachgewiesen hat, fehlt eine solche experimentelle Grundlage fflr die Erklärung der Wirkungsweise des Simile. Den besten theoretischen Er- klärungsversuch bietet vorläufig das Amdt-Schulz'sche biologische Grundgesetz von der gegensätzlichen Wirkung schwächster und starker Reize. 3. Die Serumtherapie endlich benutzt nicht Mittel, welche im kranken Organismus die Heilwirkung bez. die Bildung von Heil- kSrpem durch eine spezifische Reaktion hervorrufen, sondern sie *) Tuberkulin bei Tuberkulose. ♦«) Bebrmg's Heilung ehroniseh diphtberiekranker Sobafe dunb Diphtherie* knltnr. 840 Zieitiehrift das Berliner Vereines homOopathiieher Aente. fflhrt in einem anderen Organismus auf isopathischon Wege er- zeugte und angehäufte Heilkörper (Immunstoffe, Antitoxine) fertig in den kranken Organismus ein, wo nach dem jetsigen Stande unserer Erkenntniss im Wesentlichen eine quaiititatiw Koopen- sirung zwischen Toxin und Antitoxin (oder Bakteriengift and Heilserum) stattfindet Wollte man diesem Verfahren einen Namen geben, analog den Namen Hom5o- und Isotherapie, so mfisste man es „Antitherapie*' nennen. Aus dieser Definition der Serumtherapie geht die prinzipielle Verschiedenheit derselben als therapeutisches Verfahren gegenfiber der Homöo- und Isotherapie ganz unzweifd- haft hervor. Nur insofern die Serumtherapie eine Tochter der Isotherapie ist, da ja das Serum auf isopathischem (richtiger ieo- therapeutischem) Wege gewonnen wird*), ist die Serumtherapie im letzten Grunde auch mit der Homöotherapie, die wir als Schwester der Isotherapie bezeichnen möchten, verwandt. Hier mnss jedoch noch einmal daran erinnert werden, dass wir noch keinen exakten Beweis f&r die innere Verwandtschaft zirischen Homöotherapie und Isotherapie haben. Auf einen nicht wegzuleugnenden unterschied zwischen Homöo- therapie und Isotherapie weist Dr. Wapler hin, * nämlich zur Er- zielung der isopathischen Heilwirkung muss nach der bisherigen Erfahrung**) die Dosis des Ison gesteigert werden, während die Oabe des Simile gemäss Übereinstimmender Erfahrung aller homöo- pathischen Aerzte seltener verabreicht wird, sobald die Heilwirkang sich bemerkbar macht. Solange eine exakte Erklärung ffir die Wirkungsweise des *) All Beiipiel diene die Hentellmig des DiphtheneheUseriDis: FMi. Binder oder Sehafe werden mit Beinknltnren (oder deren Virne), deren Virvicu auf ehemieehem oder thermisohem Wege abgeschw&cht ist, geimpft. Kaek TOlüger üeberwindnng der darauffolgenden BeiJction wird die Impfung holt mit einer weniger abgeeehw&ehten Kultur and so fort, bii rar ToUtimlenten Kateriaie, welehee in Toreiehtig steigender Quantität wird, bis der gewUnsehte ImmnnisirimgBgrad erreiekt ist. Derselbe wird ge- messen dnreh Injektion einer Misehong des ra prftfenden Seroms mit der tdd(- liehea Qiftdosis in ein gesnndes Thier. ^ ef. besonders Deutsehe medisinisehe Wocbensehrift, 1901, No. S6: ,|Uaker die Behandlung der Lungentuberkulose mit Tuberknlin" Ton Goeteeh in SUwm- tiiti mit einer Naehsebrift Ton Bob. Koeh. Die Erfabrangen der homttopatbisoben Aerste über Tnberknlia (nsp. Be- eillin) und die anderen Isa (wie Sypbilin ete.) habe idb hier nieht bertekriehti^; ieh halte ihr Beweismateriai fUr nieht exakt genug und daher dem der Allo- pathen gegenüber nieht genügend sohwerwiegend. Dr. Bisuuiiar, Ist dis Senimtheriipie homOopftthiieh? 341 Simile fehlt, wird man nicht benrtheilen können, ob dieser Unter- schied ein wesentlicher ist oder nicht Am Schiasse mögen hier einige Worte Platz finden Ober die in der homöopaitbiechen Utteratnr hftufig wiederkehrende Forderung, die Isa oder Toxine am Gesunden zu prttfen. Das Simile wird als solches erst dordi die Prüfung erkannt; das laon ist als solches schon gegeben; wie es wirkt, wissen wir; daher ist seine Prüfung Tor seiner therapeutischen Verwendung ganz überflflssig. Sie kann^ das soll nicht geleugnet werden, theo- retisch sehr interessant sein. Frfiher, in Torbakteriologischer Zeit, als man die spezifischen Krankheitsstoffa nicht zu isoliren Terstand (d. h. keine Reinkulturen der Krankheitserreger und ihrer Toxine herstellen konnte), war eine Prtkfung der Krankheitsprodukte nothwendigi um sich zu fiber- zeugen, ob man in ihnen das Ison hatte. Was nun die Antitoxine (die Heilsera) anlangt, so kann eine Prüfung derselben am Oesunden in grossen ^osen nur den Zweck haben, oYent. Nebenwirkungen zu eruiren. Als solche haben sich beim Diphtherieheilserum rheumatoide Gelenkschwellungen und urticaria-artige Hautaffektionen herausgestellt. Gegen ähnliche Krankheitsformen, wenn sie idiopathisch auftreten, kleine Dosen von Diphtherieheilserum als Simile anzuwenden, steht prinzipiell nichts im Wege. Jedenfalls muss man bei der Prflfung und thera- peutischen Verwendung des Heilserums nach homöopathischer Methode ganz ton seinen isopathischen Beziehungen absehen und es einfach als zu prftfende neue Substanz betrachten. Sehr zu empfehlen wire die Prfifung des Diphtherieheilserums Solchen, welche es ffir möglich halten, dass dasaelbe ein diphtherieähnliches Krankbeitsbild machen kann, und die es deshalb ffir ein Simile bei Diphtherie halten, um sie Ton diesem bedenklichen MissTor- Btändniss zu befreien. ZeiUolirift im Beitinat Terei>M homMpatkiiehM i^ fuhrt in einem anderen OrganismuB aal ieopj "* zeugte nnd angehäufte Heilkörper (Immanfi^ in den kranken Organismus ein, wo i anaerer Erkenntoisa im Wesentlichen Bimng «wischen Toxin und AntitoxioA V^- "^ "^ "^ Heilserum) stattfindet Wollte man ^i\% ^ ^ %^ geben, analog den Namen HomBo- ^\%%l 4; » * ^t es „Äntitherapie" nennen. Aus di(«i f * * * ** --- geht die priniipielle Verschieden^ Terbhren gegenüber der HomP \ haft herror. Nur insofern,' Isother&pie ist, da ja d-° ^ \ therapeutiBchem) Wege i \ letzten Orunde auch mil der Isotherapie noch einmal Beweis und Isotherapie Auf einen therapie und zielaog der \wi^ Grunde auch mil ,« * % A' lerapie bexeicb '^ V ^ mal daran e^ | W fOr die inr^ d & * herapie ha^p ^ linen mri i t indlp/jr Erfahrung**) i Oaha des y patbischtf sich beir Sr ^keaTage .^lUffl foUstlndii .^end. Die Sehmeneo, .. anfgehört hatten, stellten ein. 34 Stunden lang war der ^ac, dann aber stieg die Temperatur .>ne, die Krämpfe kehrten mit erneuter .a der Kranke ging in tiefem Coma xu Grande. A.t 45 Jahre alt. HeurMtheniker, hatte in den .a mehr&ch Inflnenza durehgemaeht, wobei er jedes Qj, .tt Fieber nnd kolossale Scbweieae gehabt nnd sich ziem- ■r ..«gsam erholt hatte; er erkrankte im Kin 1901 an fieberhaftoB ' ^krbeamatismnB, nachdem demselben etwa acht Tage laag i^ten vorausgegangen waren. Fieber bis 39o; befallen warea pgptsächlißh die Kniee and auerst die linke, dann auch die rechte Wolter. Unter Bryonia, Mercur, Acidum benzoicum war der Zustand die ersten fönf Tage ganz erträglich; Patient war sogar )>ei guter Laune nnd zu ScherEen angelegt. Am fünften Abend plötalicher Anstieg des Fiebers auf 41'', Patient f&hlt keine Schmerzen mehr, will aas dem Bett, wehrt eich gegen die PSegerin, blickt starr und wild umher. Ord. nyoscyamus D. 3., halbstOndlicb mit Lachesis D. 6. im Wechsel. Am nächsten Morgen Temperatur 38°, N„ tt Oelenkrheimatigmiu mit almormem YerUvfl 348 ^^ Uar; die Schmersen waren wiedergekehrt, ^i^befinden gnt. Abends 890| am nächsten wfgeregt Abends setste wieder hohes n, Goma, leichte Krämpfe» Morgens drei d stellte sich noch an der Leiche Tages (dranssen herrschte meist -^ Fenster waren Tag und Nacht Aagenlieder gedunsen und s Eissen, anscheinend ans ^ holen. Vier Standen, ^ ^ ^ «^ ^ Oesicht nicht mehr ^ ^ ^ so dass die Nase ''rte schwärslich- ^"♦4'^ ^uschwarz ver- ^ .ecrächtlich Termehrt. wd eine tiefe Schnflrforche. «.aderungen am übrigen Körper. Konsnltirte mich in der Sprechstande 4dcher Schmerzen in den Oelenken; gleich- .Ad auffällig der Penis gezeigt, an dessen Yor- otecknadelkop^OBse Hautblutungen sichtbar waren. von yornherein eine schwere Infektion vermuthete, liess den Knaben za Bett bringen und Terordnete Phosphor und kZgen 6. Nach einigen Tagen wurde ich gerufen. Es bestand «nässiges Fieber und Schmerzen in verschiedenen Oelenken; femer liatten sich leichte Krämpfe in verschiedenen Körpertheilen ge- s^gt. Acht Tage nach dem ersten Auftreten der Blutungen stieg das Fieber rapide auf 41 <> an, und gleichzeitig stellten sich heftige Krämpfe des ganzen Körpers ein. Ich beobachtete dieselben zwei Standen lang und muss bekennen, nie etwas Derartiges gesehen 2a haben. Kein Muskel schien davon verschont geblieben zu sein* bald war mehr die rechte, bald die linke Seite, bald mjehr der Kopf, bald Hand oder Fuss ergriffen. Sechs Stunden lang tobte der Krampf unaufhörlich; der Puls war jagend, schliesslich nicht mehr zu f&hlen; der Athem setzte aus, so dass ich den Eltern bereits den eingetretenen Tod verkündigte. Nach einigen Minuten kehrte jedoch das Leben wieder zurftck und die Zuckungen, wenngleich schwächer, setzten wieder ein. Ich hatte Guprum 6 und Laehesis 12 im Wechsel verordnet. Als ich um vier Uhr 844 Z«it8ohrift des Beriinw Teioiiiet homöop&thisdier Aenfee. Nachts den Knaben verliesB, glaubte ich ihn Morgens nicht mehr am Leben %u finden. Aber merkwürdigerweifie lag er nm 10 Ubr bei Yollem Bewnsstsein, mit missigen Gliederschmerzen, ca. 38® Fieber im Bett; seine Hauptklage waren starke Kop&chmerxen. Die nächsten Tage brachten fortschreitende Besserung, ak etwa am fftnften Tage neue Petechien, hauptsXchlich wieder am Praeputium, auftraten. Der erwartete Bftckfall stellte sich genau 7 Tage nach dem ersten Anfall mit hohem Fieber und aUgemeinen Krämpfen ein, die bloss viel milder und kürzer waren als die ersten. Und so wiederholten sich die Nachschübe, jedes Hai durch Petechien angekündigt, pünktlich jeden Sonnabend, im Ganzen sechs Mal. In der dritten Woche trat eine schwere haemorrhagische Nephritis eiil, etwa acht Tage später eine akmte Hersdehnung, so dass der Spitzenstoss bis zur linken Azillar- linie reichte. Elappengeräusche waren nicht yorhanden« Wider Erwarten überstand der kleine Patient auch diese Komplikationen. Aber er hat als Residuum seiner Ejrankheit eine kortikale Epil^sie der rechten KSrperhälfte behalten, die ihn vielleicht alle 6 bis 10 Wochen heimsucht. Sonst ist er gwz gesund, auch die Herz- erweiterung ist Yollkommen zurückgegangen» Die Gelenkaffektioa ist während der ganzen Erankheitsdauer sehr massig gewesen. Vom Auftreten der schweren Allgemein- Infektion bekam Patient in der Hauptsache Arsen, Lachesis, Guprum. Bei dem dritten Fall kann es zweifelhaft sein, ob er zum echten Gelenkrheumatismus oder zu den unter dem Namen Morbus macu- losus Werlhoffii bekannten Affektionen zu zählen ist, da die örtlichen Erscheinungen nie einen hohen Grad erreichten; dagegen Terli^en die beiden ersten Fälle anfänglich als ganz typische Gelenk- rheumatismen. Nun ist es ja längst bekaAnt, dass der akute Ge- lenkrheumatismus in seltenen Fällen in ein Stadium der Hyper- pyrezie übergeht, wobei die Prognose sehr trübe ist Dagegen habe ich bis jetzt nirgends einen Hinweis darauf gefunden, daas die schweren Symptome, die nach allgemeiner Annahme einer all- gemeinen Bakterieninvasion (Streptococcen) zugeschrieben werden, so in einzelnen Schüben auftreten. Am eklatantesten zeigte sich diese Periodizität im dritten Falle, welcher gerade einen sieben- tägigen Typus zeigte. In den beiden anderen FäUen könnte man von einem Tertiantypus sprechen. Was die Therapie solcher Fälle betrifft, so kann es sich meines Erachtens nur um die Wahl energischer Blutgifte handeli: SitnBgsbtriohte des BerÜBer VtfeiMe homflopfttkisehtf Attiia. 345 des AnenikB and der SohUngengifte. Sind sie auch in den beiden ersten Fällen nntslos geweeeni so bin ich doch geneigt, an ihre Wirksamkeit im dritten Fall zu glanben. Die erwähnten Fälle sind aach prognoBtisch lehrreich. Ich war in den beiden ersten Fällen geneigt, nachdem der erste An&ll glücklich Yerlaufen war und auch kein einziges Sym- ptom mehr für eine schwere Allgemeininfektion sprach, die Prognose günstig zu stellen. Leider wurde ich in dieser An- nahme grausam getäuscht: Und daraus ergiebt sich wohl für alle derartigen Fälle die Begel, auch wenn einmal der Sturm vorüber ist, dennoch die Sachlage pessimistisch zu beurtheilen. Sitzungsberichte des Berliner Vereines homöopathischer Aerzte. Sltioag am 18. Juni 190t Anwesend: DDr. Bastanier, Burkhard, Dammholz, Dermitzel, Gisevius sen., Gisevius jun«, Jahn, Eleinschmidt, Eröner, Leuger- maDn, Müller- Eypke, Windelband; a. 6.: Becker, Craner, Eauf- Der Vorsitzende verliest die von ihm formulirten Anträge, welche der Berliner Verein auf der boTorstehenden ZentralTereins- Sitzung zu stellen beabsichtigt Der erste lautet auf Aufhebung der Dr. Mf. Schwabe'schen Berathungsanstalt im Interesse der Zentralvereins-Poliklinik, entsprechend dem Anerbieten des Kom- merzienraths Schwabe; der zweite auf eingehende Prüfung der finaDziellen Verhältnisse des homöopathischen Krankenhauses zu Leipzig, Beide Anträge werden einstimmig angenonmien. Gi- sevius jun. wird zum Referenten des ersten Antrages ernannt. Eröner verliest einen Brief des Eoll. Gottschalk aus GoUnow, die Zulassung zum Dispensir-Examen betreffend« Dr. Windelband wird im Ministerium Erkundigungen darüber einziehen. Die Ferien in der Poliklinik werden festgesetzt für die Zeit Yom 3. August bis zum 7. September. 846 Zeitsobrift des Berliner Yereinea hom5opathiMher Aente. Dftnn folgt die Besprecbung der MagenkranUieiteii. Beferent: OiseTioB Jan. L Neurosen. Dieselben sind sehr hänfig und gehen leicht in organische Erkrankungen über. Sie leisten der Therapie oft hart- näckigen Widerstand, zumal, wenn ihr event Zusammenhang mit Allgemeinleiden Übersehen wird. Solche Allgemeinleiden können sein: 1. Gicht, bes. larvirte, irreguläre Formen (Ebstein). Es finden sicK üeberschoss von Harnsäure im Urin mit Muskelschmerzen, Hantjucken, Urticaria, Iritis, Neuralgien, Neuritis, Arteriosklerose! hohe Arterienspannung, Klappen* und Muskelerkrankungen des Herzens. 2. Hämorrhoiden. 3. Neurasthenie. 4. Syphilis; neuropathische Syphilitiker mit gastrischer Neu- rose werden häufig Yerkannt Klinische Formen: 1. Am häufigsten findet sich vermehrte Sekretion und Moti- lität und zwar entweder während der Verdauung, so dass die Be- schwerden bei leerem Magen schwinden, Essen aber verschlimmert, oder während der Verdauungspausen bei leerem Magen, so dass Essen bessert. Letztere Form ist die sog. Beichmann'sche Krank- heit und wird von den Spezialisten fflr unheilbar gehalten. Die Patienten empfinden dabei die heftigsten Beschwerden vor den regelmässigen grossen Mahlzeiten; sie schlafen schlecht; Essen (einiger Gakes z. B.) während der Nacht erleichtert. Dabei trotz guten Appetits hochgradige Abmagerung, so dass man an Maligni- tät denkt. — Infolge der gesteigerten Motilität hypertrophirt die Muskulatur der Magen wand; die Bewegungen theilen sich dem Oesophagus mit nnd fuhren so zur Entstehung des sogen. Kloss- gefQhls. Erbrechen fehlt oft selbst in schweren Fällen. Druck und Unbehagen in der Magengegend können sich bis zu den heftigsten Schmerzen steigern. Vermehrter Speichelfluss (Wflrmerbeseigen) findet sich besonders Nachts zwischen 8 und 4 Uhr. Sodbrennen. Verstopfung findet sich bisweilen in schweren Fällen.*) Vielleicht ist die Verstopfung bisweilen der Grund des Magenfibels. Die Superacidität kann zu Ulcus ventriculi fnhren; sie ist sicher der wichtigste, vielleicht der einzige ätiologische Faktor bei *) Naek Lenbe beitekt Ventopftuig „bei den meiitei Magaürnnkea". Sttoiniffiberiehte des Beriinor VereinM homOop«tliii^«r Aente. 347 der Entstehang desselben. Der üebergang macht wenig bezeich- nende Symptome, weshalb man immer an diese Möglichkeit denken mussy besonders bei weiblichen Personen. Gesichert wird die Diagnose der Superacidität durch die quantitative Bestimmung der freien Salzsftnre im zufällig er- brochenen oder mit Hfilfe des weichen Magenschlauches exprimirten oder aspirirten Mageninhalts während resp. nach Ablauf der Ver- dauung einer Probemahlzeit. Der qualitative Nachweis der Salz- säure wird mittels verschiedener Farbenreaktionen erbracht. Methylviolett und Congoroth werden bei Anwesenheit von Salz- säure blau, die tiefgelbe Tropäolinlösung roth. Das feinste Rea- gens auf freie Salzs&ure ist Ottnzburg's Phloroglucin- Vanillinprobe; einige Tropfen dieses Reagens mit einigen Tropfen des Magen- saftes auf einem Porzellansch&lchen erhitzt, giebt schöne Roth- f&rbungy wenn Salzsäure vorhanden; andernfalls trocknet es gelb an. 2. Andere Formen der Neurosen sind reine Oastralgieen ohne anatonusche. Veränderungen des Magens (wie Eatarrhi UlcuSi Car- cinoma und ohne Störungen der Funktionen (wie Superacidität). Dieselben sind meist reflektorisch bedingt durch irgend ein anderes Organ- oder Allgemeinleiden, wie Uterus- Verlagerungen^ Erosionen des Portio, Endometritis, MenstmatioDSstörungen, Rückenmarks- leideui psychische Depression, Ekzeme, Ulcus cruris, Hämorrhoiden, Hysterie, Neurasthenie^ Chlorose, Arthritis. „Der anfallsweise auftretende heftige krampfhafte Schmerz in der Magengrube, vom proc. xiphoideus bis zum Rficken aus- strahlend, der sich bis zum höchsten Grade schmerzhafter Empfin- dung steigern kann (verbunden mit dem Gefühl der Vernichtung und mit CoJlapserscheinungen), unvermittelt plötzlich auftretend oder eingeleitet durch Druck im Epigastrium, Salivation und ähn- liches, zuweilen begleitet von Globus, Heisshunger, Harndrang, Erbrechen, ist so charakteristisch, dass ein Uebersehen der Neu- rose unmöglich ist. Dagegen kommt eine Verwechslung der Gast- ndgie mit anderen unter heftigen Schmerzen verlaufenden ünter- leibskrankheiten sehr leicht vor, und ist deswegen die exklusiv vorgehende Differentialdiagnose die Hauptsache bei der Diagnose der Gastralgie^ (Leube). Differentialdiagnostisch kommen in Be- tracht: Interostalneuralgieeu; Ulcus ventriculi, Gallensteinkoliken, Darmkoliken. Ganz geringe Diätfehler oder etwas harte Ingesta genügen, um einen Anfall auszulösen. S48 ZeitMhrift des Berliner VeieiMee hoBSopAtfaiaolier Aento, Morphium liest oft in Stich, weil die Patientea neisC schon daran gewöhnt eiad. Therapie: Bei den Nearosen ist die attgemeine Therapie, die Hautpflege, die Diät etc. betreffend, von grösster Wichtigkeit Oft erweist sich eine schroffe und völlige Aenderung der Diit d. h. Umwandlung einer vegetarischen in vorwiegende Fleischkost ufid umgekehrt^ ev. auch Trockendiät sehr ntttalich. An die Gefiihr eines Ulcus ist auch hier zu denken. Die Magenausspttlung (Magenpumpe) wendet Gis* nur an, wenn gleichzeitig Ectasie besteht, hat dann aber vorzfigliche Re- sultate gesehen. Bei Gastralgieen wird man die den AnM auslösenden Schäd- lichkeiten zu meiden suchen. DasB man das der Neurose ev. zu Grunde liegende Organ- oder Allgemeinleiden in erster Linie in Behandluog nehmen wird, ist selbstverständlich. Arzneimittel: 1. Bei Formen der Superacidität: Atropin sulfur. trit. Dt empfohlen zu mehreren Tablets vor oder nach dem Essen, ev. vorm Schlafengehen bei nächtlichen Anfällen. Gisevius giebt dil. Di. Es ist nicht nur ein gutes Palliativ-, sondern manchmal auch Heilmittel (bes. bei zu Gmnde liegender Gicht). Gisevius hat bei unfreiwilliger Fraiiing von Atropin Da Elossgeftthl bekommen. Anacardium Jh besonders bei Säufern, ev. mit Nux vom. im Wechsel. Lycopodium, vorztgliches Mittel bei «i Grunde liegender Gicht. Dso 1 Leitsymptome: Urin trübe; Vollsein gleich nach dem Essen (im Gegensatz zu Nux), ftihle Hautfarbe, grosse Abmagerung. Iris hat Gisevius nicht erprobt. Cocculus: Unbehagen im Magen, Flatulenz, Erbrechen; Waeser- Buiammenlaufen; passt bei Frauen mit schwacher Menstruation, Kreoaschmerzen, Hinterkopfscbmerzen und auch bei neurasthen. Männern. Argent. nitr.: Flatulenz; scharf ziehende Schrnwaen, Kälte- geftthli Träume. Phosphor: Sodbrennen; Schmerz unmittelbar nach dem Esten. Sitnmgsberiehte des Berliner VereineB homOopathiMher Aente. 349 Ignatia: Druck nach dem Essen an der Cardia, der Magen scheint schlaff herabxuh&ngen. Garbo vegetab.: Sodbrennen, schlechtes Aufschwulken, hoch- gradige Fiatolens. Hepar: besonders bei Syphilitikern, die zuviel Hg bekommen haben. Saurer Geschmack. Verlangen nach Pikantem. Jod: Heisshnnger; aber nach dem ersten Bissen ist der HttBger fort 2. Bei reiner Gastralgie weist GiioTius auf Bryonia hin, die nach seber Meinung zu oft vernachlässigt wird. Bismut. Bubnitr.: hat Wasserzusammenlaufen und Durchfall, sonst aber nicht gestörte Magenthätigkeit. Arsen und Bellad. im Wechsel in der 6. D. gegeben, haben sich vielfach bewährt. Atropin ist auch bei der Gastralgie ein wichtiges Mittel. Magn. Phosphor, Dioscorea, Zinc. cyan. und viele andere empfohlene Mittel hat Gisevius noch nicht anzuwenden Gelegen- heit gehabt. Mit besonderem Nachdruck hebt Gisevius Cuprum arsenicosum hervor, auf dessen Verwendbarkeit als homöopathisches Mittel bei den Neurosen des Magens er durch das Studium der Prüfungen in der Cyclopaedia of Drug pathogenesj aufmerksam geworden ist. Die betreffenden Symptome aus den einzelnen Prüfungen folgen hier in wörtlicher Uebersetzung: 1. a) Zunge stark belegt, schmutzig braun; es besteht Reiz- barkeit, Verstopfung, dummes Gefühl im Kopf, Hinfälligkeit, Appetitlosigkeit. b) Zunge stark belegt; viel Aufrfllpsen; unruhig, nervös; Zunge weiss belegt; Foetor ex ore; metallischer Geschmack; Zunge weiss. Poltern in den Eingeweiden mit scharfen, schiessenden Schmerzen im ünterleibe. Heftiger Schmerz unter dem unteren Winkel des linken Schulterblattes, schlimmer bei Bewegung oder Athmen; kann nicht tief athmen. Beklemmungsgeffihl auf der Brost. 2. Schwäche, schneidender Schmerz im Magen, Urin riecht streng wie der nach Enoblaochgenuss, Nausea mit Lahmheit im Rücken. Schmerzen in der Lumbargegend und in den vorderen Weichtheilen des Oberschenkeis. Knoblaucbgeruch des Urins. Ungewöhnlicher Durst. Die Rückenlahmheit hält an. 350 Zeitschrift des Berliner Veremes homOopathiseher Aente. 3. VergiftangBBymptome: a) Heftige Debelkeit und Erbrechen von gallig-grttnem Wasser; sie spie ganze Mundvoll Wasser; viel Durst und Wassertrinken; Schmerz in den Eingeweiden ; reichlicher anormaler Stuhl, danach Nachlass . des Schmerzes. b) Magengegend gegen Druck sehr empfindlich. Gisevius empfiehlt auf Orund vorstehender Symptome Guprum arsenicosum gegen schmerzhafte Formen von Neurosen und gegen die Erscheinungen der Enteroptose. In der Praxis hat es ihm bereits ausgezeichnete Dienste geleistet^ wie nachstehende Kasuistik beweist. 1. Magenkrampf: Beamter, 38 J., leidet seit langer Zeit an in grösseren Zwischenräumen auftretender Eardialgie, die gelegent- lich massiger Diätfehler auftritt. Meist wurden vom allop. Arzt Narcotica verschrieben, zuletzt Morphium-Injektionen verordnet, die jedoch nur Bewusstlosigkeit brachten, ohne den Zustand zu bessern. Die Symptome waren schwerster Art; der Schmerz unerträg* lieh, unbeschreiblich; das Erbrechen unaufhörlich; unglaubliche Quantitäten grflnlich gefärbter Flüssigkeit wurden herausgebracht Nahrungsauifnahme wurde gänzlich versagt. Dauer der Anfälle 2—6 Tage. Nach dem Anfall blieb längere Zeit eine gewisse Empfindlichkeit, die vorsichtige Diät nöthig machte. Objektiv keine anatomischen Veränderungen, Magensaft normal. Bei den ersten Anfällen wurden Arsen, Belladonna, Atropin mit gutem Erfolge gegeben. Das letzte Mal versagten diese MitteL Cuprum arsenicosum brachte sofortige Beseitigung der Beschwerden und definitive Heilung, sehr bemerkenswerth bei der Schwerci dem typischen Verlauf der Anfälle und gegenüber dem gänzlichen Versagen des Morphium. 2. Kardialgische Beschwerden bei einem höheren Beamten, 33 J., etwas neurasthenisch, gichtisch belastet. Der Magen ver- trägt nur ganz allmähliche Speisenzufuhr und sehr milde Diät Sehr selten traten allgemeine Krämpfe auf. Das Leiden besteht seit 20 Jahren und ist von ersten Autoritäten vergebens behandelt worden. Bismut. subnitr. brachte lange Zeit die Beschwerden zum Schweigen. Nach einer starken Erkältung schwerer akuter Magenkatarrh mit heftigen Nierenkoliken ; danach heftige Empfind- lichkeit der Brustwirbelsäule und heftiger Schmerz vom Magen Sitnuigiberiolite des Beriiner Vereines homöopathisoher Ainte. 351 a nach der Wirbelsiole. Alle Mittel venagten. Gapnun arsenicos. heilte. 3. Enteroptosei Wandemiere. Kaofinanny 55 Jahroi war wiederholt an Blinddarmentzfindang erkrankt, Dezember 1900 starker Anfall derselben. Hohes Fieber, Dämpfung in der Ueo- coecalgegend, hartnäckige Verstopfung. Starke Bauchfelbreizang. Die schliesslich abgehenden dflrftigen Stühle waren charakterisirt durch klumpige, gallig grün gefärbte Schleimstücke. Leber em- pfindlich. Mercur solub. (nächtliche Schmerzen und Schweisse), Bryonia (Zungenbelag, Bauchfellreizung), Opium Ds (zur Anregung der Peristaltik) beseitigten die Krankheit in 14 Tagen. Nach 8 Tagen BückfalL Die Anfälle wiederholten sich in Stägigen Pansen immer mehr abklingend, so dass sie schliesslich in perio- discher Verstopfung mit Schmerzen bestanden, die auch Nachts kamen, vom rechten Hypochondrium bis zur rechten Scapula. Ge- naue Palpation ergab einen rundlichen, glatten, resistenten Tumor, der unterhalb der Gallenblase bei Respirationen unter dem tastenden Finger auf und nieder rollte (Niere). Schliesslich ergab die Anamnese, dass Pat. vor ^4 Jahr einen Deichselstoss gegen die rechte Bauchseite bekommen hatte. Guprum arsenicosum. Der einem Todeskandidaten gleichende, gänzlich abgemagerte Patient war seine Schmerzen los und wurde wieder völlig leistungsfähig. 4. Neuralgie in der Gegend des Plexus solaris nach Blind- dannentzündung und Bandwurm: Lehrer, 30 Jahre, sonst gesund, erkrankte an leichter Perityphlitis und hatte seit Jahren einen vergeblich behandelten Bandwurm. Die Perityphlitis heilte in 12 Tagen. Es blieb jedoch der Bandwurm und es trat jede Nacht von 12--2 ein krampfartiger Schmerz in der Gegend des Plexus solaris auf. Anorexie, Abmagerung. Nach 5 wöchentlichem Kranken- lager wurde zu Cuprum arsenicosum gegriffen. Nach 3 Tagen war der Schmerz fort. Nach 8 Tagen zeigten sich keine Glieder mehr und Pat. ist bis heut (seit einem halben Jahr) völlig gesund. 5. 10. Juli 1901. Frau G., 51 J. Früher gesund. Grosser Kummer vor 10 Wochen. Vor 8 Wochen intensive Schmerzen im Abdomen, von einem Arzt als Blähungsschmerzen, von einem andern als Gallensteinkolik bezeichnet. Nach mehrwöchentlicher Morphiumbehandlung wurden sie geringer. Sind seit 14 Tagen wiedergekehrt. Morphium beseitigt die Schmerzen, die jedoch täglich immer wiederkehren. Sie stellen sich gegen Abend ein. Sie gehen aus von einer Stelle rechts neben dem Nabel und 352 Zeitoelirift des Berliner Vereines homOopathiieher Aeritt. scbieBsen nach der Brust und dem Rflcken« Dabei Üebetk6it und ObBtipation. Die Sebmerzeu sind sehr intensiv. Die üntersacbong ergiebt im üebrigen gesunde Organe. Im Abdomen rechts neben dem Nabel eine fanstgrosse, sehr empfind- liche, sehr beweglichei harte Geschwulst, die mit der Athmang nicht beweglich ist. Leber anscheinend frei. Der sehr hochge- stellte Urin enthält keine abnormen Bestandtheile, besonders keinem Gallenfarbstoff. T. normal. Faeces hart, doch normal. Plumbum 5. d. trit 11. Juli. Anfall wie gewöhnlich. Morphium genommen. Bei der heutigen Untersuchung (in der schmerzfreien Zeit) kein Tumor. 12. Juli. Anfall wie gewöhnlich. Patientin nimmt seit dem Morgen des 12ten Cup r um arsenicosum 4 d. trit. 2 stündlich erbsengross. 13. Juli. Kein Anfall. Patientin ist bis heute, 26. Joli, schmerzfrei. Epicrise: Bemerkens wer th ist das klinische Bild einer krampfigen Contractur eines bestimmten Darm- abschnittes, die einen soliden Tumor Yortftuschte. Bemerkens- werth ist die sofortige heilende Wirkung des Mittels gegenüber der rein palliatiTen Morphiumwirkung. 6. Der folgende Fall illustrirt die schlagende Wirkung YOn Guprum arsenicosum bei schweren neurasthenischen Magen- Darmstörungen : Student von 20 Jahren. Mutter schwer hysterisch seit 20 Jahren: an Gemflthsstörungen und L&hmungserscheinungen leidend. Patient seit Jahren mit hartnäckigen Bfagen-Darm-Sjm- ptomen behaftet, die vergeblich homöopathisch behandelt wurden, auch seit Monaten vom Verf. Vor ca. 3 Monaten eine 2 Wochen Bettruhe erfordernde, einer leichten Blinddarmerkrankung gleichende Darmaffektion. Schwächlicher, sehr stark neurasthenisch aussehender Jüngling. Organe anscheinend normal Magensaftuntersuchung ergiebt reich- liche Salzsäuremengen. Gemüthszustand etwas hypochondrisch, achtet sehr genau auf sich. Infolge jahrelanger Misserfolge schwer zu einem weiteren therapeutischen Versuch zu bewegen. Symptome: Schmerzen nach Druck auf die Magengegend schneidend bis zur Brust; beim Aufrichten und Athmen schlimmer. Ferner Schmerzen vom rechten Hypochondrium bis zur Grista ilei (vergleiche Prüfung). Beim schneUen Gehen mit leerem Magen in Sitengiheikhte im Btdioer Terases hmdopAlUMte Amte. 868 dieser Gegend sehr befuge Stiche, die inm Stehenbleiben zwingen ; ebenso nieh dem Stahlgang nnd nach dem Esaeni besondere Nach- mittags« Nach dem Drinlassen Schmenen in der Blasengegend. — StnUgang Morgens immer Dnrchfidl, Kollern im Leibe, jedoch^ nicht TölUg befriedigende Oeffiinng. Oft in einer Stvnde iweimaL Nachmittags oft BUhongen; atte Anstrengungen (Ac), in denen dieselben yerleiten, ohne Erfolg. Bei Aofregongen, ULngerem Warten anf Jemand heftiger Drang (Blihnngen). — Keine Uebd- keit; manchmal beim Stehen oder Gehen schneU Torflbergehender SchwindeL Nachts immer anfregende TriLomOi so dass er Morgens mftder als Abends ist Geht frtth ins Bett, trinkt keinen Alkohol. — Kopfschmerzen, wenn er Morgens wenig, Nachmittags nichts, Mittags au ^iel isst Appetit gnt — Nach kaltem Baden heftiger DnrcbfalL — Zunge Vormittags belegt Dies war der Status nach monatelanger homSop. Behandlung mit entsprechender DÜt. Guprum arsenicos. 4 d. trit Drei- mal täglich erbsengross beseitigte alle Beschwerden in 2 Wochen. Die Hartnäckigkeit dieses seit Jahren bestehenden Durch- falls, die auch sonst beseichnend ist ffir diese neurasthenischen Diarrhöen, empfiehlt Versuche mit dem Mittel f&r solche Fälle. Wir lassen hier noch zwei weitere Heilungsgeschichten des Beferenten folgen, welche sich nicht mehr auf Cuprum arsenicosum bcsiehen. 7. Beamter, 45 J., frtther gesund; seit ^/t Jahr Verstopfung, Kopbchmers, Sodbrennen, Magenschmerzen, auch Nachts; Be- schwerden schlimmer durch Essen: Patient hat 32 Pfd. abge- nommen. Verordnung: MitÜere Diät, Hautpflege, frische Luft Bryonia 3; apiter Lycopodium 30, Calcarea 30. Heilung in 6 Wochen. 8. Superaciditäts-Neurose(Beichmann'sche Krankheit). Händler, 48 J., mittelgross, trotzdem nur 108 Pfd. Gewicht Dr&ckender Schmerz in der Magengrube, bitterer saurer Oeschmack. Muss seit 10 Jahren täglich den Magensaft mit dem Schlauch aushebern, sogar auch Nachts. Nach dem Essen hat er eine Stunde lang Buhe. Dann folgt Furcht, Unbehagen, Obstipation mit Diarrhoe abwechselnd und die Übrigen Beschw<»rden, wenn er nicht ana- hebert. Der Urin riecht streng und lässt rothen Satz Men. Vor M.ZZ. u 354 ZeitBehrifl des Barliner Vereines homSopAthiaeher kenbd. 16 Jahren MageDgeschwfir. Vor 1 Jahr ist yod hiesigem groMen Spezialisten Magenkrebs konstatirt worden. Der ausgeheberte Magensaft zeigt erhöhte Aeiditlt D«r . Fundus hängt in unaufgebULhtem Zustand links bis zar Mitte dee Unterleibes herab. Starke Plätschergeräusche. (Oiseyius Tmnnthet Sanduhrmagen.) In 4 Wochen brachte Lycopodium 6 ausgezeichnete Besserung. Pat. ist noch in Behandlung. n. Gastrectasie« Dieselbe wird diagnostizirt durch Inspek* tion (Auftreibung des Epigastriums), Palpation (das SuccussiODs- geräusch ist jedoch oft tragerisch), und Perkussion (im Stehen und Liegen, Eingiessen von Wasser, Einblasen von Luft). Der Golonton ist Tom Magenton deutlich zu unterscheiden, wofern der ganze Bauch nicht zu prall und gleichmässig gespannt ist; in letzterem Fall ist der Schallunterschied jedenfalls nicht mehr deutlich. Aetiologisch kommen in Betracht: 1. Verengerung des Pylorus und zwar durch Geschwülste, durch Narben, angeborene Enge durch spastische Eontraktion in Folge Yon Superacidität. Auch Ren mobilia macht nach GisefiaB* üeberzeugung reflektorisch spastische Pylorusenge. 2. Atonie der Magenmuskulatur und zwar in Folge von Chlorose, Nervenleiden, Magenkatarrh, Superacidität. Symptome: Dyspeptische Erscheinungen; Eopfischmerzen, Druck im Epigastrium, Buctus, habituelles Erbrechen, das später aofhört in Folge Schwäche der Magenwand. Der erbrochene oder künst- lieh herausgeholte Mageninhalt enthält Beste vor längerer Zeit genossener Speisen, alle Arten niederer Pilze, Milchsäure, Butter- säure, Essigsäure, Wasserstoff, Kohlensäure und freie Salzsäure in allen Mengenverhältnissen, d. h. sie kann auch ganz fehlen. Später kann schwerer Marasmus eintreten. (Verstopfung, trockene Haut, Krämpfe nach Leube.) Therapie: Diät wenig voluminös, daher auch wenig FlQssig- keit Peptone, Fleischsaft, Eiweisspräparate. Hier leistet die Magenpumpe Vorzügliches, indem sie die stagnirenden Beste fortschafft. Es giebt Patienten, welche sich ihren Magen selbst aos- apUen, was ihnen ebenso Bedflrfniss ist, wie Andesen das Zähne- putzen. Sit^oagiberiahte dei Beriiner yer«lie§ homSopfttUi^bir Afiiite. 85& GiseTius berichtet Yon einem Arbeiter, der iq der Zdti als er in einer SelterBweseerfabrifc arbeitete» tftg|lic)i bis 20 Flaechen Seltenwasaer getrunken hatte. Sein Magen reichte bei AufbÜhnng bis rar Symphyse herunter. Gesicht erdfahl, hochgradige Ab- magerung. Speisen wurden bis ra 72 Stunden im Magen zurilck- gehalten und dann noch erbrochen. Appetitlosigkeit; krampfartige Sclunerzen in der Magengrube. Er war, ehe er zu Gisevius kami ▼on Aerzten mit 31asenpflastem behandelt worden. Giseyius spfilte ihm 8 Wochen lang 2 mal wöchentlich den Magen aus und stellte ihn im Laufe Yon 2 Jahren gänzlich wieder her» vorwiegend mit {[reosot 4. Ein FaU von Gastrectasie, der ohne Magenpumpe geheilt wurde, ist der folgende: Ackerbürger, 54 J. Seit Jahren magenleidend. Kein Appetit, Zunge etwas belegt, saures Aufstossen, Wasserzusammenlaufen mit nachfolgendem Erbrechen von saurem Schleim und Magendruck. Im Epigastrium Pulsiren; Druck auf die Bauohaorta (Plexus solaris) sehr empfindlich. Die untere Grenze des aufgeblähten Magens reicht bis zur Mitte zwischen Nabel und Symphyse. Die ausgestossenen Gase riechen intensiv nach Schwefelwasserstoff. Kreosot 6 beseitigt binnen 8 Wochen das Erbrechen; Appetit gut. Kein Aufstossen. Doch bleiben Nachts ziehende Schmerzen im Bauch von der Blasengegend her. Guprum arseniqosum beeilte diese in 2 Wochen. Antimonium crudum vollendete die Heilung. XII. Enteroptoee (eigentlich Gastroptose) ist oft mit Ben mobilia vergesellschaftet. Siehe oben die 8. Krankengeschichte. In einem anderen Fall, der mit Hämorrhoiden vergesellschaftet war, half Hypericum. Ausserdem kommen noch Atropin, Stramonium, Sepia und Nux venu häufiger zur Wahl IV. Gardnonu Bei der palliativen Behandlung haben sich bewährt: Gerium oxalicum und Kreosot (gegen Erbrechen), anselerdem Arsen, Phosphor, Beilad., Atropin, Gonium, Hydrastis, Condurango, Garbo. Ulcus und Magenkatarrh sind erst vor Kurzem im Verein besprochen worden, weshalb Gisevins auf ihre Beeprechung ver- zichtet 84* 366 Zeitsehrlft des Beriiner Vereiftes homSopatluflebar Aaste. DiBkuBBion: . Windelband hKlt Atropin fttr ein ausgesprocheneB Heil- mittel auch bei Magenkatarrh; Schmerzen unmittelbar nach Speise- aufnähme^ in den Bflcken ausstrahlend sind charakteristisch fttr dasBelbe. Mit Atropin konkurriren zunächst Phosphor und Lyco- podium, welche beide den Schmerz erat eine Weile nach der Speiseaufnahme heben; für Phosphor ist höchst charakteristiBch, dass Essen anfänglich sogar erleichtert Bismuthnm snbnitr. hat auch Schmerz unmittelbar nach dem Essen, jedoch nicht Aub- Btrahlen in den Bflcken^ wie Atropin. Kröner empfiehlt bei reiner Neuroee Arg. nitr. und Bismuth« als Hauptmittel. Bei Ghlorotischen findet man oft unmäsaigeB Wassertrinken ; Einschränkung desselben heilt prompt. Windelband: Der Durst und die HerzBchwäche der Ghloro- tischen weist auf Arsen hin. Krön er: Bei motorischer Insuffizienz leistet die Vibrations- massage Gutes; sie kann durch Badein (auf schlechtem Pflaster!) ersetzt werden. Bei Ectasie empfiehlt er Kreosot Das einfachste^ weil mdst yorräthige oder leicht zu beschaflfende Beagens auf Salzsäure im Magensi^t ist der Tintenstift, dessen Farbstoff Methylviolett ist (s. 0.). Kr. bestätigt die Indikation für Lycopodium: Schmerz bald, aber nicht unmittelbar nach dem Essen. Burkhard wendet Bismuth. dann an, wenn der Schmerz eine Stunde nach dem Essen kommt (s. o. Windelband). Gegen die Schmerzen bei Ulcus ventriculi empfiehlt er sehr: Cocain. 1:50 bis 100 WasBer 2stdl. ein paar Tropfen (die Wirkung soll nach Borchmann eine homöopathische sein). Seine Indikationen f&r Phosphor sind Heisshungeri AuftreibungsgefBhl, Poltern und Kollern im Leibe ; Phosphor passt auch bei Gastrectasie infolge unmässigen Essens. Lycopodium hat nicht Eollem und Poltern, sondern lähmige Auftreibung. Atropin ist charakterisirt durch das Be- dOrfnisSy sich nach rückwärts zu biegen ; Nux hat Besserung durch Vorwärtskrflmmen. B. warnt vor Verwechselung der Gastralgie mit Qallensteinkolik. Bei letzterer strahlt der Schmerz nach dem rechten Schulterblatt aus, und in der schmerzfreien Zeit ist die Gegend der Gallenblase druckempfindlich. B. hat Öfter beobachtet, dass Essbach's Beagens neben dem Eiweiss auch fiberschttssige Ham- Bäure niederschlägt^ wodurch die Diagnose auf gichtische Diathese unter Umständen sehr erleichtert wird* SltfOiigBberiohte dee Berliner VereJaee homOopfttlilielier Aente. 357 Dermitzel berichtet einen Fall von heftigster Oastnlgie bei Schwangerschaft, die er dnrch Magenansspfllong beseitigte. Er möchte die Ausspfllong nicht nur auf die Ektasieen beschränkt sehen; dieselbe hat ihm in Verbindung mit Yibrationsmassage so- gar in einem Fall h&ufig rezidivirender Magengeschwüre gute Dienste geleistet. Ein alter Herr, unbeweglich infolge heftigster Gastralgie, wurde durch Rumpfbäder und Massage in 6 Wochen dienstiUiig hergestellt. Gisevius jun. ist der Meinung, dass die homSopathischen Arzneien der Kagenpumpe wohl meist überlegen sind, so hoch er ihren Werth als mechanisches Beinigungs- und als lokales An- regungsmittel auch anschlägt. Windelband hat in seiner Praxis hunderte von Fällen ge- sehen, die Ton ersten Spezialisten vergeblich mit der Magenpumpe behandelt wurden und die durch homöopathische Behandlung Heilung fanden. Bei Schwangerschaftserbrechen hat er am meisten von Jod und Ipecac. gesehen ; bei fauligem Erbrechen von Kreosot. Bastanier berichtet die Erfahrungen des Berliner Gynäko- logen Gottschalk, welcher mit Menthol und in den schlimmsten Fällen durch die absichtlich ungeschickt ausgeführte Magen- ausspfllung und Androhung der täglichen Wiederholung — also auf suggestivem Wege — noch stets des Schwangerschafts- erbrechens Herr geworden ist. Gisevius jun. hält die Bekämpfung des Erbrechens der Schwangeren nicht für die schwierigste Aufgabe, sondern das bei Carcinoma ventriculi. Dabei habe sich ihm Gerium oxalicum und Kreosot sehr bewährt. Gisevius sen. berichtet von einer alten Dame, welche nach dem Essen Erbrechen und Aufschwulken mit lautem Bölksen bekam und dadurch jahrelang gequält wurde. Sie konsultirte die berühmtesten Spezialisten vergebens. Homöopathie besserte ihren Zustand, aber erst eine Magenausspülung befreite sie wie durch Zauber von ihrem Leiden. Gegen Sodbrennen infolge Säureüberschuss empfiehlt Gisevius sen. Natr. phosphor. Windelband: Natr. phosphor. wirkt gegen Sodbrennen in- folge von Säureüberschuss nicht etwa chemisch neutralisirend, denn es wirkt auch in der 4. Dezimalverdünnung. Er empfiehlt gegen Sodbrennen besonders acidum muriat. und überhaupt alle Säuren. Bei starkem Schleimwürgen Arg. nitr. 858 Zeitsehlift dee Beriinef Verefaee lioiiöopatUscker Aente. Schlnss der IHskuBBion. Für die nächste Sitzung wird als Thema aufgeeteUt: ^Einige seltenere amerikaniBche Mittel*. Referent: Dr. Er6ner. Bitsmig am 27. Juni 190L Anwesend sind die Herren DDr.: Breustedti Barkhardi Damm- hohsi Dermitiel, Gisevius I| Giseyius 11, Jahn, Eleinschmidti KrOner, Leogennann, Windelband; als Gftste: Becker and Welsch. um VtlO Uhr eröffnet der Vorsitsende die Versammhmg mit der Besprechung der Anträge des Berliner Vereins f&r die Zentral- ▼ereiosYersammlung. Femer berichtet der Vorsitsende, dass Kollege Mittelstaedt nicht der Sache wegen (Abhaltung von Sprechatonden an einem anderen Orte), sondern weil er die Sprechstundea in einem Botel abgebalten hat, zu Verwarnung und Tragung der Kosten yerurtbeUt wurdet Er soll sioh bei diesem Urtheit be- ruhigen. Kröner scbliessi hieran einen Bericht Aber 3 interessante FUle von akutem GMenkrheumatismus, die Torstehend abgedruckt stnd. In der anschliessenden Diskussion bemerkt Windelband, dan er in Fällen, wo Schweisse Yorhanden sind» Ac. salieyL stets mit Erfolg gebraucht hat. Einen schweren Fall, der sich schon Aber 6 Wochen Uasieht, behandelt er sur Zeit noch, allerdings sind die akuten Erschei- nungen schon nach Ac. sslicyL und Acid. bensoic. gewichen. Burkhard sah eine schöne Heilung in einem Fall mit Hera« komplikationen von Hjoscjam. 3. Hinweis auf die Mittelwahl war stetiges Zucken der Arme und Flockenlesen. Es traten sehr hohe Pulse ein, darnach CoUaps, pulslos, Patientin glich einer Leiche. Aether brachte Besserung. Dies wiederholte sich mehrere Male, dann traten Zuckungen und ELrämpfe ein. Auf Bath eines jetit konsultirten Professors wurde 8 Tage lang Morph, ohnt joden Erfolg versucht Es stellte sich nun das charakteristische Flocken- lesen ein, worauf Hyoscyam. gewählt wurde. Giseyius II empfiehlt zur Lektüre die Besprechung des Rheu- matismus im Württembergischen Verein in der Allgemeinen homöo- pathischen Zeitung. Giseyius und Windelband haben mehrfach Rheumatismus auf scarlatindse und andere schwere Anginen felgoa sehen. SUmgiberiolite des Borliaer YereiiiM homgopathiichMr Aoito. 350 Burkhard hat emmal Vereiterang Bämmtlicher Qelenke nach Scarlatina beobachtet Dammhola hat einen VarioU^Fall unter Bhus schnell und leicht verlaufen sehen. Die Diagnose auf Variola stellte er erst nachtrii^ch auf Grund der Mittheilung, dass eine kleine Variola- Epidenue in Berlin aufgetreten war. Schluss der Sitiung. Sitnuig am IL JoU 1901. Anwesend sind die Herren DDr.: Breustedti Burkhard^ Damm- holS| Dermitzel, Gisevius I, Gisevius 11, Jahn, Eröner, Windel- band; a. O.: Becker, Guyet, Stemberg. um V^IO eröffnet der Vorsitsende die Sitzung. Kröner trägt Aber Ailanthus glandulbsus vor. Der Vortrag wird als Artikel in der „Arzneimittellehre' erscheinen. Diskussion: Gisevius I hat das Mittel in ScharlachflUlen ma- ligner Natur ohne nennenswerthen Einfluss gefunden. Dammhobs hat in 2 schweren Diphtheriefällen mit typhösem Charakter und starker Prostration gute Erfolge gesehen. Gisevius II hat Ailanthus noch nicht gebraucht, doch empfiehlt er, das Mittel nicht ausser Acht zu lassen, wie Oberhaupt alle Mittel, welche eingreifende Prüfungssymptome machen. Er empfiehlt insbesondere das l^udium der Cyclopaedia von Hughes aus eigener Erfahrung aufs Wärmste. Das Studium guter Pr&fungen, wfe sie sich in diesem Werk gesammelt finden, ist die bette Methode dw Einführung in die Arzneimittellehre und giebt die beste Anregung zu selbständigem therapeutischem Handehi. Auch auf dem Pariser Kongress ist das Werk sehr gerfihmt worden. Gisevins II beantragt event. einen Auszug aus Hughes anzu- fertigen. KrOner scUiesst sich Gisevius in jeder Hinsicht an. Burkhard bestätigt die Vorzftge des Studiums der Prflfungen und bemerkt, dass vor Allem auch die Oabengrösse zu thera- peutischen Zwecken sich aus den Prfifungsdosen abstrahiren lasse. Gisevius II kömmt auf seine Anregung zurtlck und schlägt vor, zunächst nur die Polychreste ttbersetzen zu lassen. Bastanier wird für diese Arbeit in Aussicht genommen. 360 ZeltMhrift ies Berliner 7«ielnei honOopetUMlier Aente. Auf Anregung von Dammholz yerpflichten sich, Ferienkone sa lesen: die Herren Br^e 1 Thema, Breustedt 1 Thema, Burkhard 2 Themata, Oisevius II 3 Themata, ErSner 3 Themata. Dahlks soll um seine Mitwirkung gebeten werden. • Nachdem noch ein Brief des Kollegen Boesser aus Chemnitz und ein Brief des Kollegen Schnütgen verlesen und besprochen worden sind, beschliesst die Versammlung, den Theilnehmem an der diesjährigen Zentralvereins- Versammlung freie Bttckbhrkarten zu bewilligen. Danach Schluss der Sitzung. Sitzung «n 19. September 1901« Anwesend sind die Herren DDr. Borchmann, Breustedt, Burk- hard, Dammholz, Dermitzel, Oisevius I, Gisevius U, Jahn, Eröner, Leugermann, Schäfer, Windelband; a. G.: Honcamp, Kauflfmann^ Sternberg. Der Vorsitzende begrflsst die Versammlung als erste nach den Ferien und eröffnet die Sitzung um 9.*^. Er theilt mit, dass sich Kollege Sternberg zur Aufhahme gemeldet. Der Beschluss des Vereins wird ihm in den nächsten Tagen zugehen. Eröner refe- rirt fiber die Zentralvereins-Sitzung. Eröner, Bastanier und Der^ mitzel wollen die üebersetzung der Polychreste nach Hughes Ober- nehmen und dem Verein in der zweitfolgenden Sitzung einen Arbeitsplan vorlegen. Als nächsten Vortrag hat KoU. Bree das Thema „Schlaf- losigkeit'* flbemommen. Windelband theilt mit, dass ein definitiver Abschluss der Berliner Krankenhaus-Frage bevorstehe und zwar in gfinstigem Sinne. Fttr ein im Anschluss an das Krankenhaus zu errichtendes Laboratorium hat Herr Weymar 1000 M. bewilligt. Aufiiahme des KoU. Stemberg in den Verein soll erfolgen unter der Bedingung, dass derselbe seine Assistentenstelle bei Dr. Schaper aufgiebt. Ueber das Programm der Ferienkurse berichtet Dammholz; Breustedt erbietet sich einen Beservevortrag zu abernehmen. Schluss der Sitzung. Sitzung am 10. Oktober 19QL Anwesend sind die Herren DDr. Bastanier, Borchmann, Bree, Breustedt, Burkhard, Dammholz, Gisevius U, Jahn^ Eleinschmidt^ ^ SÜnngsImlehta des Beriiner VeitiaM liMDOopatliiielier Aento. S61 Kröner, Leügennann, Mfiner^Eypke, Schwarsi Windelband; a. G.: Gnyot, Hftwer, Nagel. Der Vorsitsende, Herr Dr. Windelband, eröffnet die Sitinng mit der Mittheilang, daes EolL Schäfer seine Thätigkeit an der Poliklinik des Vereins niedergelegt hat und dass Koll. Bastanier fflr ihn eingetreten ist, womit die Versammlung sich einverstanden erklärt. Dt. Stemberg bleibt Assistent des Dr. Schaper und ver- liebtet demgemäss auf den Eintritt in den Verein. Vorträge im kommenden Winter in dem 1. Berliner Laien- verein zu halten verpflichten sich die Herren: Bastanier, Bree, Dammholz, Oisevins, Kröner, Leugermann, Schwarz. Dr. Thomm, aus Saarbrücken, hat beim Verein angefragt wegen der Verpflichtung die Arzneien zu etikettiren. Windelband kon- statirt, dass eine dahingehende Verordnung für Apotheker existire, dass jedoch die Durchführung derselben in den einzelnen Re- gierungsbezirken verschieden sei und dass er eine Interpellation des Ministeriums IRlr zwecklos lialte. Schwarz hält das Etikettiren für nfltzlich zur Orientirung am Erankenbett und in der Sprechstunde. Gisevius II hält die Verordnung f&r unverbindlich für die homöopathischen Aerzte. Ihre eyentuelle Einf&hrung wäre eine energisch zu bekämpfende Einschränkung der Vorzflge des Dis- pensirrechts, ganz abgesehen davon, dass das Etikettiren ungemein zeitraubend ist. ErÖner: Die unter Umständen unerwflnschte Eenntnissnahme der Patienten von der Art des Medikaments lässt sich durch Chifiriren vermeiden. Windelband ist derselben Meinung; ausserdem gebe es den Laien unbekannte Eunstausdrttcke wie Geffium f&r Arsen etc. Dammhohs bemerkt, dass solche Eunstausdrttcke durch eine vor Jahresfrist erschienene Verordnung gestattet seien. Eröner erbietet sich, alle Forderungen, wie sie bei der Revision der hemöop. Apotheken in den einzelnen Regierungsbezirken ttblich sind, zusammenzustellen und schlägt vor, diese Zusammenstellung auf Eosten des Vereins drucken zu lassen und den homöopathischen Eollegen im Lande zu dediziren. Die uneingebundenen Werke der Bibliothek sollen brochirt werden ; es werden pro Band 50 Pf. vom Eassenffthrer resp. Verein bewilligt 362 Zeitflohrift des Berliner Vereise« hom9ep«tliieolier Aeiste. Aus fremden Zeitschriften. A. ArznelmitteUelire. Zwei HeparfUle. (Med. Cent. Aug. 1901.) Vor mehreren Jahren bekam Dr. Selfridge einen Fall von Pyelitis in Behandlang, bei dem bereits die Exstirpation vorge- schlagen war. Nachdem er den Pat. eine kurze Zeit ohne sicht- lichen Erfolg behandelt hatte, brachte ihn folgendes Symptom aof die richtige Mitteldiagnose« Obgleich sich nämlich der Kranke im warmen Bette befand, klagte er doch über ein Geffthl, ak ob seine Beine vom Wind getroffen würden. Dieses Symptom ist charakteristisoh für Hepar, und thatsächlich trat unter Anwendung dieses Mittels (200 Pot.) yöllige Heilung ein. Im zweiten Falle handelte es sich um chronisches Aaihma, welches schon längere Zeit vom Autor selbst und auch vom ver- storbenen Dr. Hering vergeblich behandelt worden war. An einem warmen Sommertage bemerkte nun Dr. S., dass sich die Dame in ein warmes Tuch eingehüllt hatte. Befragt, ob sie denn so sehr fröre, antwortete sie, sie litte schon lange an einem Gefühl von Zugwind zwischen den Schulterblättern, hätte diese Empfindung aber für nebensächlich gehalten und deshalb nie erwähnt. Auch hier war Hep. (200 Pot.) hülfreich. Or. Behandlung von Hfanorrlioiden. (Med. Cent. Aug. 1901.) Dass Hämorrhoiden der homöop. Behandlungaweise recht sa- gänglich sind, beweisen folgende Heilungsberichte von Dr. Stanffer. Allerdings gilt es auch hier, wie überall in der Homöopathie, streng zu individualisiren. Hat man aber das richtige Mittel ge- funden, so soll man auch einige Ausdauer zeigen und nicht gleich wechseln, wenn nicht sofort ein Erfolg eintritt. Oft liegt der Grund des Misserfolges in der Dosirung der Arznei, und führt dann nicht selten eine andere Potenz desselben Mittels zum er- wünschten Ziele. 1. Eine Dame litt seit 6 Monaten an Hämorrhoiden, die wand und äusserst empfindlich waren, so dass die Pat. vor einer Unter- suchung zurückschreckte; ausserdem geringe Entleerung von Blut X A«s fremdea ZeltMliriftoi. 368 beim StahlgftBg. Arn« 90 4 mal tftgl. und Arnica-Süppoeitarien 8 mal tägl. beseitigten das Leiden in 3 Wochen. 2. Fat. leidet seit mehreren Jahren zeitweise an Hämorrhoiden. Dieselben treten in grosser Zahl herTor nnd sind von bläulicher Farbe. Es besteht stark ausgesprochenes Wundheitsgef&hl und intensiyes Brennen; das Brennen ist nach dem Stuhl stark Ter- schlimmert. Ordination d. 10. Juli 1899: Muriat. ac. 80 3 stfindl. 17. Juli leichte Besserung. Als am 24. Juli noch immer ttber sebr hefttges Wundheitsgefthl geUast wurde, gab Dr. S. Mur. acid. m (?) jeden zweiten Abend 1 Pulver, worauf wesentliche Besse- rung und unter dem Fortgebrauch des Mittels allmähliche Heilung eintrat. 8. Fran H. klagt, dass sie seit 4 Jahren mit chronischem Durchfall behaftet und bisher Tergeblich allopathisch behandelt worden seL Die Untersuchung ergiebt einen Mastdarm ToUer ulcerirter Mmorrhoidalknoten. Die Stühle dind dton, i^ehlieimig, oft unfreiwillig. Sie erhielt d. 9. Febr. 1898 Aloe 30 4 mal tägl. und wurde dieses Mittel mehrere Monate fortgebraucht. Der Er- folg war über Erwarten gfinstig. Seitdem stellen sich wohl ab und zu die alten Beschwerden wieder ein, die aber stets in kurzer Zeit durch einige Oaben Aloe beseitigt werden. 4. Em Droguisty der schon mancherlei Medikamente gebraucht hatte, klagte über folgende Symptome: Schmerzen im Bttcken« schreckliches Pressen und VoUheitsgeffthl im Mastdänta; stechender Schmerz im Rectum. Vollheit, WundheitsgefOhl und Empfindlich- keit im rechten E^poehondrium; hartnäckige Verstopfung. Aescul. 30 4 mal tägl. und Aescul.-Suppositorien wurden v^ordnet. Es stellte sich allmähliche Besserung ein, und nach 6 Wochen fühlte sich Pat. wohler, als je lUTor. 5. Ein 4 jähriges Kind leidet seit 11 Monaten an Hämor- rhoiden und Afterfissuren. Die Mutter msählty düss die Knoten jedesmal beim Stuhlgang heraustreten und jeder Versuch, dieselben zu reinigen, Tom Kinde äusserst schmerzhaft empfunden wird. Batanhia 80 brachte in einigen Wochen wesentliche Erleichterung. Es folgte Sulf. 200. 6. Ein Qeschäftsmann konsultirte Dr. St wegen seines Hl^ morrhoidalleidens. Er war reizbar, gegen Morgen schlaflos, beim Aufitehen mfide; dazu kamen Rttckenschmerzen und häufiger, er- Mgloetr Stahldrang. Die Häaiorrhoiden waren gross und hart. 364 Zeiuwlirift doi Beriinflr V«i«inM iioiii0op«tlüMh«r AMito. Nnx vom. 30| erst 4 mal täf^.» spftter 2 mal tSgL, erwies sieh hfilf- reich. 7. S. klagt seit 3 Jahren zeitweilig über H&moirhoidal- heschwerden. Es bestehen ziemlich starke Blntnngen bei jedem Stuhlgang, grosses WundheitsgefQhl and Empfindlichkeit« schmerz- hafte Defäcation. Hamam. 6 4 mal tägl. und Hamant-Sapposi- torien 2 mal tägl. behoben das Leiden. Or. Kai. earb. bei Bhenmattemiui. (Med. Cent. Ang. 1901.) Eine 50-j. Frau litt bereits seit 10 Jahren an rheumatischen Beschwerden. Sie konnte nieht arbeiten» nicht Treppen steigen^ wurde jede Nacht gegen 2—8 Dhr durch die Schmerzen aus dem Bette getrieben. Eine 6-wöchentliche Behandlung mit KaL carb. 2 beseitigte das Leiden. Or. Ledum paL bei KtaEem. (Med. Gent. Ang. 1901.) Ein 50-j. Schmied war seit 2 Jahren wegen eines Haut- ausschlags vergeblich allopathisch behandelt worden. Am Nacken, an Schultern und Vorderarmen bildeten sich Bläschen, die an manchen Stellen zusammenflössen. Die Hautoberfläche war er- höht und verhärtet. Das Jucken war unerträglich, wurde am ganzen Körper gef&hlt und durch heisses Wetter und warme Kleidung verschlimmert. Led. pal. äusserlich und D 3 innerlich heilte in 10 Tagen unter Abschuppong. Das Leiden hat nicht wieder gezeigt Seitdem hat Dr. Owen das Mittel bei Rhus- Vergiftungen wendet und die ErfUimng gemacht, dass das Jucken sehr bald nachläBst, die Krankheit sogar im Keime erstickt werden kann, wenn mit der Behandlung frühzeitig genug begonnen wird. Ghr. Kill Fall TOn Chngribi. (Hahn. Advocate. Aug. 1901.) Am 24. Juli 1898 wurde Dr. Haynes von einem 28-j. Herrn konsultirt. Patient war gracil gebaut, hatte hellen Teint und hell- braunes Haar und war stark abgemagert. An der Aussenseite des linken Kniegelenks hatte er ein grosses gangränöses Geschwür. Das letztere war von einem grünlich-schwarzen Band umschlossen, der seinerseits wieder von einem hell-rothen Saum umgeben war. Die Muskeln und Bänder -waren zerstört, so dass die Knochen su Tage traten. Die Enden des Femur und der Tibia waren an Aus temdfin Zeitichriflen. 365 ihrem doppelten ümfaDge verdickt Das Bein war halb gebeugt, bei Bewegnng äüBBerst« schmerzhaft und konnte nicht die geringste Last tragen. In der gangränösen Partie war die Sensibilität fast gänzlich erloschen, die Umgebung des Geschwürs dagegen ausser- ordentlich empfindlich. Das Sekret war reichlich, wässerig, grün- lich, von höchster Putreszenz. Ausserdem geringer Appetit, Wider* wiUe gegen Speisen, kalter Schweiss an Stirn und Gesicht, grosse Prostration, mangelhafter Schlaf. Es bestand häufiger Harndrang, wurden aber immer nur wenige Tropfen dunkel gefärbten Urins entleert. Die Gesammtheit der Symptome, besonders aber die Maligni- tät liess ein Schlangengift indizirt erscheinen, es fragte sich nur welches. Denn wenn auch alle Schlangengifte Gangrän, Hä- morrhagien, putride Sekretion und grosse Prostration hervorrufen, so sind doch wesentliche Unterschiede vorhanden, die sehr wohl eine Differentialdiagnose ermöglichen. Lachesis hat grosse Affinität zur linken Seite; die gangrä- nösen Stellen sind bläulich-cyanotisch gefiü*bt. Die Putreszenz ist nicht sehr ausgesprochen, die Hämorrhagien sind nicht besonders stark, und das Blut ist nicht sehr dunkelfarbig. Bei Bothrops ist die gangränöse Partie mahagonifarben ; Hä- morrhagien sind gering, hellfarbig; das Sekret ist nicht ausge- sprochen putrid und scharf. Vipera hat mehr Affinität zur rechten Seite und weniger Blutungen; auch ist das Sekret weniger scharf und putrid. Bei Naja noch weniger Hämorrhagien und Gangrän, aber das Sekret reichlich, ichorös, und besonders charakteristisch ist eine Neigung zu Metastasen, die in allen Eörpertheilen auftreten können. Crotal. horrid. hat grosse Affinität zur rechten Eörperseite. Blutungen sind stark ; das Blut fast schwarz, intensive Putreszenz, Sekretion wässerig und stark reizend, grosse Erschöpfung und Abmagerung, Lähmung in den unteren Extremitäten beginnend, nach oben fortschreitend. Im obigen Fall entschied sich Dr. H. für Orot, horrid. SO, und erhielt Patient von diesem Mittel täglich 1 Pulver. 31. Juli: Geringe Besserung; der putride Geruch ist nicht mehr so ausge- sprochen. 7. August: Schlaf und Appetit besser, fühlt sich kräf- tiger. 14. August: Weitere Besserung. 21. August: Stat. id. CroL 100. Fortgesetzte Besserung. Der gangränöse Geruch liess mehr und mehr oacb, die Sekretion nahm ab, und das Geschwür 366 ZeitMhrift des BiiUatr Veniiias iMHuSopatkiMher Aento. gewann eine natfirlichsre Farbe mi fing «n n heilen« Als mtA 2 Wochen kein Fortschritt mehr in yerzeichnen w, erhidt Fat. CSrot. 1000 nnd spSter noch höher, nnd wnrde auf diese Weke das Oeechwflr in 2—3 Monaten gtnslich geheilti so dase Pattent ungehindert wieder gehen konnte. Die Enochenterdickong war aber durch die bisherige Therapie nicht beeinfluest worden und bestand nach wie vor. Die Aussichten auf gftnaliche Beduktioa der JBjnochenhyperplasie schienen gering su sein; indess Dr. H. besoUoss einen Versuch zu machen und Terordnete nach ein- gehendem Studium des Falles Symphyt. 6 zweimal täglidi« Er war angenehm überrascht, als unter der Wirkung dieses Mittels die Enochenverdickungen zurückgingen nnd schliesdich die Gelenk- enden wieder ihre normale Form annahmen. Gr. B. Therapie. Mittel gegen rhensiatlsehe Heraentiflndnng. (Minneap. Homoeop. Magaz. Oktober 1901.) Dr. Leonard hält Veratr. vir. bei rhemnatischen Herzerkran- kungen für das wichtigste Mittel. Es ist angezeigt bei heftigem Fieber; vollem, hartem, hüpfendem Puls mit grosser arterieller Erregung, dagegen ohne Angst und Unruhe. Fat fühlt sich am wohbten, wenn er ruhig liegen kann und ist leicht benommen. Starker Earotidenpuls und Eongestion nach dem Kopfe, aber keine Delirien. Beständiger Brennschmerz mit Beengung auf der Brust oder Lastgefühl in der Präkordialgegend; Respiration be- schleunigt oder seufzend. Obgleich dieser Symptomenkomplez ganz Yerschieden ist von d«n Aconitbilde, so finden doch Ver- wechselungen häufig statt. Verfasser meint aber, dass sich akute Herzentzündungen beim Rheumatismus selten unter Aconit- symptomen entwickeln. Ein weiteres wichtiges Mittel ist Lachesis, die in henror- ragender Weise auf die nerrösen Elemente des Herzens einwirkt Sehr charakteristisch ist bei den Lachesiskranken, dass sie sich in die Verschlimmerung hineinschlafen. Häufig hat Dr. L. bei Rheumatismuskranken die Beobachtung gemacht, dass »e nach einem Schlafe mit Symptomen von Herzentzündung erwachten, die Torher nicht in Erscheinung getreten waren. Es wird in solchen Am fremdeB ZeiUehriften. 367 Fätten aber ZusainmeDBchnflnmgBgefahl am Herzen geklagt, oder aber das Herz scbeint zu grosa zu sein. Ausserdem Herzklopfen mit viel Angst; häufiges, tiefes Aufseufzen; gelegentliche Er- stickungs- und Ohnmachtsanf&lle mit unregelmässigem, schwachem oder intermittirendem Puls. An Hals und Brust wird kein Druck vertragen. Fat. muss aufsitzen oder auf der rechten Seite liegen. Betäubungsgef&hl im linken Arm. Kommen zu diesen Erscheinungen noch hohes Fieber und> Verdacht auf Sepsis, so ist Lach, noch mehr angezeigt. Ealmia wird bei Herzaffektionen Unverdientermassen vernach- lässigt, da wenige Mittel im Prflfungsbilde so ausgesprochene Herzsymptome hervorrufen. Charakteristisch für Kahnia sind scharfe wechselnde Schmerzen in der Herzgegend. Diese Schmer- zen sind regelmässig vorhanden, kommen und vergehen plötzlich, verschlimmem sich bei der geringsten Bewegung. OewShnlich sind sie begleitet von grosser Schwäche, erschwertem Athem und heftigem, sichtbarem Herzklopfen; nach jedem 3. oder 4. Schlag aus- setzender Puls. Wenn im Verlaufe von rheumatischen Affek- tionen die Schmerzen plötzlich aus den Gliedern verschwinden und sich aufe Herz werfen, soll man stets in erster Linie an Kalmia denken. Obgleich das Symptomenbild der Spigelia dem der Kalmia sehr nahe steht, so ist doch Spig. weniger gegen den Entzfindungs- zustand selbst angezeigt, tritt vielmehr hauptsächlich in Wirkung, wenn das Unheil bereits geschehen ist und die Herzklappen lädirt sind. Spig. ist also indizirt nach einem Anfall von Endocarditis, bevor Herzhypertrophie eingetreten ist, bei zittrigem, wogendem, schnurrendem OefBhl im Herzen, im Liegen wie im Aufsitzen. Der Radialpuls ist nicht synchron mit dem Herzschlag. Ver- schlimmerung aller Erscheinungen durch Bewegung mit Athemnotb, Angst und Stichen in der Herzgegend, ünregelmässiger, kräftiger, aber langsamer Pub; dQr Herzschlag ist hllufig durch die Kleidung hindurch wahrnehmbar. In solchen Fällen wirkt Spig. regulirend und stärkend auf die Herzthätigkeit. Qei Cact grandifl. ist besonders hervorstechendes Symptom das Oefühl, als ob das Herz durch ein eisernes Band in seiner Thätigkeit gehemmt wärde. Ausserdem heftige Schmerzen, Stiche, Athemnotb, kalter Schweiss und sehr schwacher Puls. Alle diese Erscheinungen werden verschlimmert bei beginnender Bewegung, 868 Zeitflohrift de> Berliner VereineB^hamffopethffiohftr Awite« z. B. beim Bflcken^ aber nieht wenn der Ennke eini^ Zeit im Bewegung ist Grataeg. oxyac. ist noch nicht geprfifti wird aber ipit Erfolg als Herztonicam angewendet Dn L. ist mit diesen 6 Mitteln stets ausgekommen« Gr. Aufruf Auf Antrag des Herrn Dr. Breustedt beschliesst der Verein, die Herren Kollegen zu ersuchen, in dieser Zeitschrift jetzt und in den zukünftigen Jahren ihre Erfahrungen, die dieselben auf dem Oebiete der Erkrankungen an malignen Tumoren und der Syphilis gemacht haben, ganz kurz und objekti? yerdffentlichen an wollen. Bei den malignen Tumoren: Art der Erkrankung, wann die Diagnose gestellti wie behandelt, wann operirt, ob ein Recidir eingetreten ist oder nicht, und wie lange der Patient noch ge- lebt hat Bei der Syphilis wäre mitzutheilen die Zeit der Infektion^ Art der Behandlung, wie viele Recidive und welcher Art und ob gummöse Neubildungen aufgetreten sind. Femer wären die para- syphilitischen Erscheinungen zu berflcksichtigen und die Folgen, die auf eine übermässige Quecksilber-Anwendung zurückzuführen sind. Ein schematischer Fragebogen wird allen Herren Kollegen zu- .gehen. « Kleine Mittheilungen. Das homöopathische Dispensirexamen haben am 18. Nov. d. J. bestanden: die Herren Dr. Höwer, Königsberg, Dr. Müller, Wilster, und Dr. Nagel, Stettin. r iJiiJJJllJliJillJ 102 993 243 r |i I r «« • 1^' * '^.